Protokoll der Sitzung vom 20.02.2003

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Wir hoffen nur, dass der Kollege Roh- meyer vorher fertig werden wird!)

Das können Sie ja mit ihm im Dialog klären!

Das halten wir für sinnvoll, ich möchte jetzt aber darauf verzichten, hier schon eine Detaildebatte zum Studienkontenmodell zu führen. Das vertagen wir auf die nächste Legislaturperiode. Schauen wir einmal, wer es dann in der Regierung umsetzen muss! Ich hoffe natürlich, wir können das so gestalten, wie wir es uns vorstellen, vielleicht gestalten wir es mit Ihnen von den Grünen, vielleicht gestalten wir es mit Ihnen von der CDU. In jedem Fall, glaube ich, ist das ein zukunftsweisender Weg! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Jäger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Manchmal wird ja der großen Koalition von SPD und CDU vorgeworfen, wir würden ein wenig zu viel kuscheln, nur, manchmal ist es durchaus auch angebracht zu kuscheln, insbesondere dann, wenn man etwas Vernünftiges zustande bringen will. Das aber, was der Geburt dieses Bremischen Hochschulgesetzes jetzt vorausging, ist doch schon einmal eine Nachbetrachtung wert. Manchmal weiß man erst nach Monaten, ob das, was man vorhatte, auch wirklich das wird, was man erwartet, manchmal gibt es da auch Überraschungen. Eine leichte Geburt war die Änderung des Bremischen Hochschulgesetzes jedenfalls nicht. Das, was jetzt das Licht der Welt erblickt hat, wird allerdings von uns mitgetragen, kann sich durchaus noch sehen lassen, obwohl das nicht immer klar war.

Meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir insbesondere die Studienzeiten verkürzen, die Studienberatung verbessern, die Hochschulleitungen stärken, die Dekane und ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Fachbereichsebenen stärken, mehr Verantwortung und Kompetenzen dort zuweisen und natürlich die bremischen Anpassungen in Sachen Juniorprofessur vornehmen und mehr Leistungsorientierung bei der Bezahlung der Professoren ermöglichen.

Ich habe keine Zeit, in dieser kurzen Debatte auf die Geburtsfehler der Dienstrechtsreform im Bund unter Rotgrün hinzuweisen, insofern beschränke ich mich auf die bremischen Dinge. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf war schon eine Schwangerschaft mit Komplikationen. Ich meine damit insbesondere die Diskussion um Studiengebühren versus Studienkontenmodell versus Zwangsberatung, um das Stichwort aufzugreifen. Die ursprüngliche Absicht der CDU war klar, ich möchte das noch einmal deutlich sagen: Wenn es nach uns allein ginge, hätten wir hier klassische Studiengebühren eingeführt. BadenWürttemberg hat gezeigt, dass man bereits im ersten Semester 43 Prozent der Langzeitstudierenden reduzieren konnte. Es war insofern klar, dass dort offenbar einige Studienplätze in Anspruch genommen haben, die nicht mehr so recht an den Hochschulen studiert haben.

Aber wie dem auch sei, die Koalitionsvereinbarung, und darauf hat sich die SPD berufen, hat gesagt, keine Studiengebühren in dieser Legislaturperiode! Die SPD hat Studiengebühren für tabu erklärt. Wir waren als CDU bereit, einen Sonderweg zu gehen, einen Sonderweg, der verpflichtende Studienberatung vorsieht. Die verpflichtende Studienberatung hätte sowohl Professoren als auch Studenten in die Pflicht genommen. Dieses Modell hätte dem Wunsch der CDU entsprochen. Unser CDU-Modell sah immer ein Drei-Stufen-Modell vor: Das Erste war bessere Studienberatung, verpflichtende Beratung für Studierende, das Zweite war die konsequente Einhaltung von Anmeldefristen für Studierende, die gibt es so durchgängig nämlich nicht, also, Studierende müssen auch unter Druck gesetzt werden, sich zur Prüfung anzumelden, denn nur, wer sich anmeldet, kann auch irgendwann einmal durchfallen oder auch bestehen. Das Dritte und das Letzte sind die Studiengebühren für Langzeitstudierende.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, was daraus geworden ist: Die SPD-Fraktion hat ihren Senator nach dem Deputationsbeschluss im Regen stehen lassen, die Zwangsberatung war von heute auf morgen vom Tisch, die Rektoren der bremischen Hochschulen haben der SPD sozusagen ein Kuckucksei ins Nest gelegt, und dementsprechend mussten wir uns neu verhalten. Die CDU hat sich diesem Weg nicht verwehrt, insofern hat der Senat dann anders beschlossen als die Deputation, und das Studienkontenmodell hat das Tageslicht erblickt. Meine Damen und Herren, Verlässlichkeit in Sachen Hochschulpolitik ist etwas anderes, das einmal ganz klar in Richtung SPD!

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, insofern mutet das jetzige Produkt angesichts der Entstehungsgeschichte so ein bisschen an wie ein Retortenprodukt, das muss man ganz deutlich sagen. Insofern war der Weg durchaus außergewöhnlich. Wir als CDU stehen durchaus in der Verantwortung. Wir haben uns hier als Geburtshelfer betätigt und der SPD bei der Einleitung dieser Sturzgeburt geholfen, anders kann ich es nicht bezeichnen.

(Beifall bei der CDU)

Angesichts der Wehen verstehe ich unter sanfter Geburt durchaus etwas anderes. Eine Sturzgeburt war schon deshalb notwendig, meine Damen und Herren, weil das, was an der Universität Bremen zwischen Akademischem Senat und Fachbereichen an Post hin- und hergeschickt wird, abenteuerlich ist. Mir liegen Schriftstücke vor, in denen es um Diplomprüfungsordnungen geht. Bei dem, was man da liest, wird einem angst und bange, da werden die Professoren wieder zu den potenziell Beschuldigten, egal, ob vorher schon Prüfungen abgenommen wurden, und Studenten sind die armen Opfer. Das, was da gemacht wird, ist teilweise Wiederbelebung der alten Achtundsechziger, und, Herr Dr. Domann-Käse, die Alt-Achtundsechziger möchte ich hier nicht wiederbelebt wissen, sie sind für den Ruf der Universität verantwortlich!

(Beifall bei der CDU – Widerspruch bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Schade, dass nicht die Zeichen der Zeit erkannt wurden, aber insofern war es unsere konstruktive Rolle, diesem Leiden zwischen Wissenschaftssenator, Hochschulleitung, Akademischem Senat und SPD-Fraktion nicht mehr länger zuzusehen, und deshalb erklären wir uns mit dem hier vorliegenden Modell einverstanden.

Das jetzige Bremische Hochschulgesetz ist damit zwar kein Wunschkind, aber etwas, was, wenn es konstruktiv begleitet wird, sich durchaus noch prächtig entwickeln kann. Die CDU wird ihren Anteil daran weiter wahrnehmen. Ein Studienkontenmodell in sich ist weder gut noch schlecht, auf die Ausgestaltung kommt es an, und darauf müssen wir in der nächsten Legislaturperiode in der Tat noch Wert legen. Da gibt es die unterschiedlichsten Interpretationen. Herr Dr. Kuhn hat ja heute dankenswerterweise seine Position zum Studienkontenmodell schon einmal per E-Mail herumgeschickt, mir ist zwar bald das Brötchen im Hals stecken geblieben, aber so ist das halt.

Wir hoffen, dass wir als CDU weiterhin als Erziehungsberechtigte dieses Bremischen Hochschulgesetzes beauftragt werden und auch in der nächsten

Legislaturperiode Verantwortung tragen, das ist meine Hoffnung!

(Beifall bei der CDU)

Insofern wollen wir das mit Leben erfüllen. Die Ausgestaltung des Studienkontenmodells kann man natürlich nicht so laissez faire machen, sondern dort muss der Verwaltungsaufwand gering gehalten werden, die Ausgestaltung muss mit stringenten und transparenten Regelungen versehen werden, aber darüber werden wir dann in der nächsten Debatte bei der nächsten Lesung auch noch einmal ausführlicher reden.

Deshalb nur in aller Kürze: Die CDU hat sich hier konstruktiv eingebracht. Die Anerkennung der Vaterschaft ist manchmal etwas schwierig, wenn man die Entstehungsgeschichte kennt. Wir werden trotzdem deutlich machen, dass es zahlreiche Punkte gibt, insbesondere Stärkung der Hochschulleitung, eine Position, die von der CDU ganz klar vertreten wird, Verkürzung der Studienzeit, und vor allem die Verbesserung der Studienberatung, die wir ganz deutlich mitmachen und unterstreichen.

Eines sage ich aber auch, denn es gibt so eine Position, so eine Ja-aber-Haltung, die auch von Herrn Dr. Kuhn kommt, mangelnde Orientierung, geringere Leistungserwartung und an der langen Leine führen, das ist allerdings auch nicht immer angesagt bei aller Autonomie der Hochschulen. Eine klare Orientierung für Professoren und für Studierende muss durchaus sein. Diese Diskussion werden wir weiter fortführen, und da sage ich nur, wehe den Achtundsechzigern, die hier eben schon in der Debatte herbeigeredet wurden! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Jäger, das finde ich nicht in Ordnung, dass ich Ihnen das Erstrederecht abtrete, und dann wollen Sie mich hier zum Abtreten bringen als Alt-Achtundsechziger, so war das nicht gemeint!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben uns überhaupt eben gefragt bei Ihrer Rede, Herr Kollege Jäger: Wo ist die Mutter? Da war so viel von Schwangerschaft und Vaterschaft die Rede und die schwere Geburt, irgendetwas muss da im Schwange sein. Wir sind gespannt!

Meine Damen und Herren, wir debattieren heute die Novelle in erster Lesung. Wir haben deswegen keine Änderungsanträge eingebracht. Ich will auch

nicht auf die vielen nach meiner Ansicht noch nicht ganz klaren Detailfragen eingehen, sondern mich auf die großen Linien beschränken. Wir haben vereinbart, dass wir zwischen erster und zweiter Lesung noch eine fachliche Beratung machen, und zur zweiten Lesung werden wir dann, wenn etwas übrig bleibt, wovon ich ausgehe, Änderungsanträge vorlegen.

Zum positiven Teil! Es hat mir natürlich gefallen, dass der Kollege Domann-Käse gesagt hat, dass ich jetzt kurz vor Ende meiner Laufbahn die Ernte dessen einfahren kann, was wir 1968 begonnen haben.

Es ist vielleicht nicht so ganz richtig. Wir haben noch ein bisschen mehr gewollt als die Abschaffung der Habilitation, aber immerhin ist ja etwas geschehen. Zum Teil ist es die Umsetzung der neuen Bundeshochschulgesetzgebung mit den Kernpunkten der Veränderung in der Personalstruktur, Einführung der Juniorprofessur und so weiter. Da haben wir übrigens auch auf Antrag unserer Fraktion, Herr Jäger, die notwendigen Korrekturen und Anpassungen in Bremen hier noch diskutiert und beschlossen. Das findet jetzt alles Eingang, das ist ein sehr guter und positiver Teil.

Das gilt auch für die Frage der Besoldung, das wird noch ganz schwierig werden. Da wünsche ich der Universität viel Glück und auch Stehvermögen, das umzusetzen. Das ist aber ein guter Weg. Ich sage noch einmal, das ist ein guter Weg, den Rot und Grün gemeinsam gegangen sind, und zwar gegen den hinhaltenden Widerstand von Ihrer Seite, Herr Jäger.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der zweite Punkt ist die Änderung, die gestuften Studienangebote Bachelor und Master vom Experimentierstadium in das Regelangebot aufzunehmen. Sie wissen, ich habe immer dafür gekämpft, dass wir da ein bisschen größere Schritte machen, ich glaube, dass jetzt mit den Vorschlägen zur Lehrerausbildung, die der Senat von uns übernommen hat, dort ein Durchbruch gelungen ist. Es gibt dabei allerdings ein Problem, auf das ich zurückkommen werde.

Ich sehe noch weitere positive Punkte: Übertragung von Entscheidungsbefugnissen an die Hochschulen, guter Punkt! Die Einführung von Dekanaten, das stand schon 1998 in unserem Entwurf, den wir hier zu dem Hochschulgesetz eingebracht haben. Sie haben dann nur fünf Jahre gebraucht, um uns zu folgen. Das ist für Sie eine gute Bilanz. Die Studienkommissionen müssten allerdings nach unserer Auffassung gestärkt werden.

Sie haben auch die Forderung übernommen, die Studienberatung als verpflichtenden Bestandteil des Studienangebots und der Studienverpflichtung dort hineinzuschreiben, und zwar für beide Seiten. Das ist ja richtig, dies sowohl für die Studierenden als auch für die Lehrkörper als Verpflichtung, als Nor

malbestandteil des Studiums anzusehen. Auch das hatten wir schon 1998 darin. Ich finde es aber gut, dass es jetzt da hineinkommt, denn unsere Anhörung zum Studienabbruch hat noch einmal deutlich gezeigt, dass gerade im ersten Studienjahr eine durchgeführte Studienberatung erheblich dazu beitragen kann, Fehlentscheidungen in der Laufbahn und bei der Studienentscheidung zu korrigieren. Soweit die positiven Punkte!

Zur Geschichte, zu der von Ihnen so häufig berührten Geburt, Herr Kollege Jäger! Wir sind in der Tat heilfroh, und die Hochschulen sind jetzt heilfroh, dass dieses Monstrum einer Studienzwangsberatung und Exmatrikulationsdrohung, was in Ihrem ersten Entwurf noch enthalten war, doch noch verschwunden ist.

Ich will Ihnen etwas sagen: Was haben Sie mich in dieser unglückseligen Sitzung im November in der Deputation dafür abgebürstet, dass ich dies kritisiert habe! Auch die Hochschulen haben damals bereits Einspruch erhoben und haben gesagt: Was soll das, wie sollen wir das machen, die Universität allein pro Semester 3000 Leute, denn es ist doch fast jeder, der die Regelstudienzeit überschreitet, 3000 Leute in einem individuellen Studiengespräch, einen individuellen Vertrag schließen, der dann überprüft wird? Das ist ein monströses Vorhaben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das haben wir Ihnen da schon gesagt, und Sie haben mich wirklich in dieser Sitzung ziemlich grob abgebürstet, das werde ich Ihnen auch so bald nicht vergessen!

(Abg. B ü r g e r [CDU]: Na, wer wird denn so nachtragend sein?)

Es gibt bestimmte Dinge, die waren wirklich nicht schön, und diese Sitzung gehörte dazu!

Das war eine ziemlich pervers bürokratische Flucht aus der Verantwortung, was Sie da vorgeschlagen haben. Jetzt wollen Sie die Studienkonten machen. Ich darf aus der Begründung zitieren: „Durch die Einführung eines Studienkontenmodells für Studienguthaben wird zugleich ein Anreiz für die Studierenden geschaffen, ihr Studium zielgerecht, effizient und schnell zu absolvieren.“

Das Problem ist, glaube ich, Sie zäumen immer noch, so habe ich den Eindruck, das Pferd vom Schwanz her auf. Wenn wir über die Schwierigkeiten der Studierenden reden, und der Kollege Rohmeyer kann uns da vielleicht etwas vortragen, das Studium überhaupt erfolgreich zu beenden, wenn wir über die Schwierigkeiten reden, das Studium erfolgreich und in vernünftiger Zeit zu beenden, dann müssen wir zuerst darüber reden, wie es den Stu

dierenden möglich gemacht wird. Das ist, finde ich, nach wie vor die erste Diskussion.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dann müssen wir darüber reden, wie die Lehrpläne entrümpelt werden, dass Lehrangebot und Prüfung zueinander passen, dass die Lehrmittel da sind, dass wir moderne, vielfältige Studienangebote schaffen, deren Bezug auf berufliche Praxis auch deutlicher wird. Auch das ist doch eine riesige Aufgabe. Wir müssen sehen, dass durch eine flächendeckende Einführung von Bachelor und Master die Studienangebote klarer strukturiert und flexibler werden, und wir dürfen darüber auch nicht die soziale Lage der Studierenden vergessen.

In diesem Kontext, wenn wir das bedenken, wenn wir im Übrigen unsere Hausaufgaben gemacht haben, kann es dann auch durchaus sinnvoll sein, die Frage nach der Studienmotivation und den Anreizen unter Einbettung im kulturellen Umfeld zu stellen. In dem Zusammenhang kann man dann auch über Studienkonten reden, was Sie im Grundsatz in Ihr Gesetz schreiben wollen.