Protokoll der Sitzung vom 03.04.2003

Er erwartet, dass der Senat baldmöglichst die Finanzierung einer unabhängigen Beratungsstelle für diesen Personenkreis sicherstellt.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Haushaltsgesetzgeber sind wir hier!)

Richtig, Frau Linnert, das setzt voraus, dass das Parlament natürlich auch die Mittel bereitstellt!

Bis heute wird Gleichstellungspolitik noch nicht von allen Politikfeldern als Aufgabe verstanden. Gender Mainstreaming soll bestehende Nachteile für beide Geschlechter abbauen helfen und zugleich der Prävention von sich abzeichnenden Diskriminierungen dienen. Soweit es um die bestehende Benachteiligung geht, ergänzt Gender Mainstreaming die Frauenfördermaßnahmen, es ersetzt sie aber nicht. Hier besteht trotz des großen Engagements der ZGF noch erheblicher Handlungsbedarf. Der Ausschuss fordert die ZGF auf, im Senat, bei den Behörden und in der Öffentlichkeit weiterhin darauf hinzuwirken, dass das Bewusstsein für Gender Mainstreaming gebildet und es immer mehr zu einem öffentlichen Thema wird.

(Beifall)

Noch nicht befriedigend gelöst ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in unserer Gesellschaft, so auch nicht im Lande Bremen. Hier reicht es nicht allein aus, die Rahmenbedingungen, also zum Beispiel die Kinderbetreuungsangebote, zu verbessern. Wichtig ist auch, ein öffentliches Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Kindererziehung und Familienarbeit auch eine Aufgabe der Väter ist.

Insoweit erwartet der Ausschuss klare Signale durch die ZGF. Damit ist gemeint, eventuell eine Kampagne in dieser Richtung zu initiieren. Da sich Frauen noch immer auf zu wenige Berufsfelder konzentrieren, erscheinen dem Ausschuss die Aktivitäten der ZGF, die darauf abzielen, mehr Frauen an die IT-Technologien heranzuführen, als wesentlich und begrüßenswert. Die ZGF sollte dafür Sorge tragen, dass das Bremer Landesportal und Online-Magazin für Frauen in Bremen, Gesche.online, auch künftig ein breites Angebot für Frauen bereithält und von Frauen umfassend genutzt werden kann.

Ebenso wie im vorigen Bericht liegt in Bremerhaven der Anteil von Frauen an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen unter ihrem Anteil an den Arbeitslosen im Gegensatz zu dem Anteil in der Stadt Bremen. Hier gibt es eine bessere Situation. Damit wird, wie auch in den Vorjahren, die nach SGB III vorgeschlagene Sollquote nicht erreicht. Insofern fordert der Ausschuss sowohl die ZGF als auch die Vertreter und Vertreterinnen des Senats in den Gremien der Arbeitsverwaltung auf, sich dafür einzusetzen, dass künftig der gesetzliche Auftrag erfüllt wird.

(Beifall bei der SPD)

Die Mädchenarbeit in der Jugendarbeit muss trotz geringer werdender Mittel weiterhin ein Arbeitsschwerpunkt der ZGF bleiben. Hier muss der Blick insbesondere auf die Berufsorientierung für Mädchen gelenkt werden, da Frauen und Mädchen die vorhandene Bandbreite an Ausbildungsmöglichkeiten nicht ansatzweise ausschöpfen. Der Ausschuss erwartet, dass die Zentralstelle ihre gute Arbeit der letzten Jahre fortsetzt. Insbesondere der so genannte Girls‘ Day, in diesem Jahr wieder am 8. Mai 2003, sollte auch künftig jährlich und in größerem Rahmen durchgeführt werden.

Nach Auffassung des Ausschusses stellte die Formulierung und Durchsetzung einer frauengerechten Gesundheitspolitik einen wichtigen Schwerpunkt der Arbeit der ZGF dar. Der Ausschuss fordert, dass der Frauengesundheitsbericht für das Land Bremen, der erstmals im August 2001 vorgelegt wurde, in regelmäßigen Abständen fortgeschrieben und thematisch erweitert wird.

(Beifall bei der SPD)

Die ZGF hat die Einführung des Bremer Brustkrebs-Screening-Projektes kritisch begleitet. So ist es auch maßgeblich auf die Arbeit der ZGF zurückzuführen, dass bei der Bremer Krebsgesellschaft und beim Frauen-Gesundheitszentrum eine unabhängige und frauenspezifische Beratung eingerichtet wurde, die einen wichtigen Beitrag zur persönlichen Entscheidungsfindung der einzelnen Frau leistet.

(Beifall bei der SPD)

Der Ausschuss begrüßt, dass es der Zentralstelle im Berichtszeitraum wiederum gelungen ist, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln umfangreiche Tätigkeiten zu entfalten, wie sie im Bericht dargestellt sind. Vor dem Hintergrund der insgesamt erfolgreichen Arbeit der ZGF hätte sich der Ausschuss auch konkrete Angaben dazu gewünscht, wie die Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft zur Förderung der Chancengleichheit in der Privatwirtschaft, die vom 2. Juli 2001 datiert ist, umgesetzt wird. In

soweit erwartet der Ausschuss, dass die ZGF auf lokaler Ebene einen Arbeitskreis initiiert, an dem sich hochrangige Vertreter der Arbeitgeberverbände und auch des Senators für Wirtschaft und Häfen beteiligen sollten. Kritikwürdig erscheint dem Ausschuss die lange Zeitspanne zwischen dem Berichtszeitraum und der Vorlage des Berichtes. Der Ausschuss bittet die ZGF, künftig die Berichte zeitnäher vorzulegen, wobei wir wissen, dass es nicht allein an der ZGF liegt, es ist ein längeres Verfahren, weil ja immer alles auch durch den Senat muss und durch die Gremien im Parlament. Aber wir Parlamentarierinnen brauchen auch Zeit, um das zu beraten. Wir haben, wenn Sie sich die Daten ansehen, den Bericht schon beraten, bevor er uns offiziell zugeleitet wurde. Da haben wir schon angefangen und sind trotzdem nicht so schnell damit durchgekommen. Außerdem würde es der Ausschuss sehr begrüßen, wenn sich die Arbeit der ZGF und auch die Darstellung im Tätigkeitsbericht künftig mehr auf Schwerpunkte konzentrieren würde. Diese bilden nach Auffassung des Ausschusses die Bereiche Gender Mainstreaming, Gewaltschutz, Mädchenarbeit und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Abschließend empfiehlt der Ausschuss der Bürgerschaft (Landtag) gegen die Stimme der Vertreterin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, sich den Anregungen der Mehrheit des Ausschusses anzuschließen. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Hoch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Wulff hat schon vieles über den dreizehnten Bericht der ZGF gesagt, der Ihnen allen als Drucksache vorliegt. Ich möchte noch ein paar Sachen unterstreichen. Ich finde, dass der dreizehnte Bericht eine gute Ist-Analyse ist. Aber er ist auch problemorientiert und zeigt auch Handlungsbedarf, wo es nötig ist. Leider ist das noch in vielen Fällen. Besonders erfreulich finde ich, dass die ZGF mit ihren, sagen wir einmal, nicht gerade gut ausgerüsteten Haushaltsmitteln wieder viele Fachtagungen und Projekte initiieren konnte, viele Broschüren aufgelegt hat, auch jetzt wieder eine, die wir uns alle vier Jahre lang ansehen dürfen und sehen müssen, ob wir auch dementsprechend diese Ziele umsetzen werden. Dazu möchte ich nur noch sagen, dass vieles von diesen Broschüren natürlich auch nur möglich war, weil viele Drittmittel eingeworben wurden. Jetzt hat Frau Wulff auch schon darauf hingewiesen, dass ich beziehungsweise die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem Bericht des Ausschusses für die ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Gleichberechtigung der Frau und den Ausführungen dazu nicht zustimmen wird, und ich werde Ihnen jetzt auch erklären, warum. Wir haben eine differenzierte Auseinandersetzung gehabt, die auch sehr gut war, aber sind dann doch in vielen Punkten nicht mehr zueinander gekommen. Es ging wieder um das Thema Frauenhandel und Zwangsprostitution. Das haben wir in diesem Haus reichlich und oft behandelt, und ich denke, hier in diesem Haus hätte endlich einmal der Beschluss gefasst werden müssen, dass diese Beratungsstelle auch finanziert wird.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich denke, das haben wir vor vielen Jahren schon angefangen, und das hätte endlich einmal zu Ende gebracht werden müssen.

Zum Punkt Gender Mainstreaming: Hier fordert der Ausschuss die ZGF auf, dass im Senat, bei den Behörden und in der Öffentlichkeit darauf hingewirkt wird, dass das Bewusstsein für Gender Mainstreaming gebildet und es zu einem öffentlichen Thema wird. Ich denke, das ist passiert, und wir haben in diesem Haus auch schon Beschlüsse gefasst, dass das endlich umgesetzt werden muss, und zwar im Top-down-Prinzip, das heißt, dass die Verantwortung in den Ressorts liegt. Das heißt auch, dass diese für die Umsetzung verantwortlich sind.

Dann kommen wir noch einmal zum Punkt Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch dieses Thema hat uns in den letzten Jahren oft beschäftigt, und ich denke, das wird uns auch weiter beschäftigen müssen, wenn wir sehen, dass wir in Europa da Schlusslicht sind. Hier habe ich mich besonders an dem Satz gestört „Insoweit erwartet der Ausschuss klare Signale durch die ZGF“. Frau Wulff hat das vorhin ein bisschen relativiert, aber ich denke, klare Signale müssen auch aus der Politik kommen, damit es endlich umgesetzt wird, und auch in der Wirtschaft, wie die neueste Hertie-Studie jetzt auch zeigt.

Kommen wir jetzt noch einmal zu den Bremerhavener Anteilen an arbeitslosen Frauen! Hier wird auch die ZGF aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass dieser Anteil erhöht wird. Das ist leider nicht möglich, weil sie nicht über die AB-Maßnahmen oder über die anderen Maßnahmen bestimmen. Also können sie nur darauf hinwirken, dass es immer wieder ins Bewusstsein kommt, aber im Ausschuss sitzen andere und bestimmen auch über diese Maßnahmen.

Ich denke, der Girls‘ Day ist in den letzten Jahren ganz hervorragend angelaufen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich weiß gar nicht, das war eine große Anzahl von Mädchen, die daran teilgenommen haben, und wir werden dieses Jahr als Fraktion auch daran teilnehmen. Die Sichtweise, dass es noch verbessert wer

den kann, ich weiß nicht, wie man das Ding noch toppen kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wenn das in den Schulen noch nicht ganz angekommen ist, ich denke, dann ist das Sache des Senators für Bildung, das noch weiter publik zu machen, aber nicht Sache der ZGF.

(Senator L e m k e : Da mache ich kräftig mit!)

Er macht kräftig mit, wunderbar!

Jetzt lassen Sie mich noch einmal zur Vereinbarung der Bundesregierung mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft kommen! Wie Sie wissen, hat der Bundeskanzler mit den Spitzenverbänden eine Vereinbarung getroffen. Ich sage dazu Ablasshandel, aber gut, okay! Der Ausschuss erwartet insoweit, dass die Zentralstelle auf lokaler Ebene einen Arbeitskreis initiiert, an dem sich hochrangige Vertreter der Arbeitgeberverbände und des Senators für Wirtschaft und Häfen beteiligen. Das sehe ich nicht so. Diese Vereinbarung ist von den Spitzenverbänden der Wirtschaft getroffen worden, und die sind jetzt auch im Zugzwang, das einzulösen, was sich da bewegt hat.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das müssen die Kammern machen, soweit ich das sehe. Natürlich denke ich, dass die gern die ZGF auffordern können, dort mitzuwirken. Ich denke, das sollte dann auch so sein.

Dann möchte ich noch einmal etwas zur Zeitschiene sagen. Frau Wulff hat das vorhin schon so ein bisschen gesagt. Das möchte ich auch nicht ganz unterstützen, weil ich denke, da müssen wir uns auch ein bisschen an die eigene Nase fassen, dass wir das in Zukunft ein bisschen zügiger machen. Von daher kann ich diese Kritik nicht teilen, und deshalb habe ich versucht, Ihnen in diesen Punkten klarzumachen, dass ich diesen Ausführungen nicht beitreten kann und meine Fraktion auch nicht. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schnakenberg.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die CDU-Fraktion bedankt sich bei der ZGF für den umfangreichen und inhaltsreichen dreizehnten Tätigkeitsbericht und hofft, dass es möglich ist, den nächsten Bericht zeitnah debattieren zu können. Der Ausschuss für die Gleichberechtigung der Frau hat in

seinem Bericht und Antrag in Kurzform einige Aktivitäten der ZGF aus dem umfangreichen Bericht herausgezogen und kommentiert. Die CDU-Fraktion hat sich diesen Ausführungen angeschlossen. Die Auffassung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Hoch eben dargestellt. Zu vielen der genannten Themenkomplexe hat der Ausschuss in seinen Sitzungen fachlich kompetente Frauen und Männer eingeladen, um sich persönlich ein Urteil bilden zu können. Die einzelnen Fraktionen haben dies ebenfalls getan.

Ich erspare es Ihnen, jetzt noch einmal alle Punkte des Berichts zu kommentieren, möchte aber zu einigen Punkten Anmerkungen aus Sicht der CDU machen. Das Thema häusliche Gewalt gegen Frauen wurde in den vergangenen Jahren schwerpunktmäßig behandelt. Ich komme auf diesen Punkt aber noch in der Debatte über den zweiten Bericht der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe zurück. Der Bereich Zwangsprostitution und Menschenhandel wurde ebenfalls mehrfach debattiert. Dieses Thema wird uns auch weiterhin begleiten. Aus den Erkenntnissen aus mehreren Debatten und Gesprächen mit den zuständigen Mitarbeitern aus dem Kommissariat drei beziehungsweise dem Kommissariat 32 unterstreicht die CDU-Fraktion die Notwendigkeit einer unabhängigen Beratungsstelle für die Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution.

Meine Damen und Herren, das gesellschaftliche Klima hat sich verändert, und manche Zielsetzungen sind überholt. Dafür haben sich neue Aufgaben ergeben. Bis heute wird Gleichstellungspolitik aber noch nicht von allen Politikfeldern als Aufgabe verstanden.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Bedauerlicherweise!)

Das Berufswahlverhalten von jungen Männern und Frauen ist immer noch sehr unterschiedlich, obwohl im Bereich Bildung und Ausbildung die Mädchen den Jungen in nichts nachstehen, teilweise sogar besser abschneiden. Allerdings konzentrieren sich junge Mädchen weiterhin auf die so genannten Frauenberufe, in denen die Bezahlung vergleichsweise niedrig ist. Daher muss eine Berufsorientierung möglichst früh beginnen, um die große Palette der Ausbildungsmöglichkeiten auch aufzeigen zu können.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dies gilt auch im Hinblick auf Abitur und Studium. Die CDU-Fraktion unterstützt daher die Forderung des Gleichstellungsausschusses, dass der Girls‘ Day auch künftig jährlich und in größerem Rahmen auch für jüngere Mädchen fortgeführt wird. Wenn wir versuchen, Mädchen stärker an naturwissenschaftliche und technische Berufe und Studiengänge her

anzuführen, warum entwickeln wir nicht gleichzeitig Strategien, um vermehrt jungen Männern, die gut mit kleinen Kindern umgehen können, die Ausbildung zum Erzieher nahe zu bringen, oder ermuntern sie verstärkt, ein Lehramtsstudium mit dem Ziel Grundschullehrer aufzunehmen!

(Beifall bei der CDU)

Dies könnte die Forderung nach einem neuen Rollenverständnis unterstützen, denn Erziehung und Bildung beginnen bereits in frühen Lebensjahren.

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion ist ebenfalls der Ansicht, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch nicht befriedigend gelöst worden ist, und hat deshalb eigene Schwerpunkte in diesem Bereich gesetzt.