und sich noch nicht einmal die Mühe gemacht haben, hier selbst einen Antrag vorzulegen. Ich meine, wenn man in dieser zentralen europapolitischen Frage nicht einmal weiß, welche Position die beiden großen Fraktionen vertreten, wie kann man sich dann am nächsten Feiertag hier hinstellen und sagen, wir wollen aber, dass die Bedeutung dieses Parlaments hier wieder richtig zur Geltung kommt! Ich meine, da muss man das eine oder das andere machen, entweder man ist der Meinung, was wir hier debattieren, oder in China fällt ein Sack Reis um. Ich bin dieser Meinung nicht. Die Chancen sind nicht groß, aber wenn wir hier nicht debattieren und sagen, was wir wollen, dann haben wir gar keine Chance.
Schade, dass ich jetzt nicht mit dem Kollegen Eckhoff direkt sprechen kann! Es ist immer unangenehm, über jemanden zu reden, aber dennoch muss ich ein paar Sätze dazu sagen. Ich habe mir bei seinen neuesten Äußerungen zu Europa doch ziemlich die Augen gerieben. Er hat gesagt, Bremen verschläft Europa. Donnerwetter! Ich frage mich nur, Herr Eckhoff, da muss ich jetzt die Fraktion der CDU fragen: Wo waren denn eigentlich in den vergange
Wo war denn Ihr Kampf um ein eigenständiges Gewicht des Parlaments in europapolitischen Fragen? Wo haben Sie denn dem Senat einmal klar gemacht, dass er den Standpunkt dieses Hauses ernst nehmen muss, indem wir einmal etwas beschließen, bevor er da drüben ins Reine gekommen ist? Ich kann mich partout nicht daran erinnern! Die europapolitischen Debatten gingen immer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen aus. Also, ich sage Herrn Eckhoff, wo immer er ist, guten Morgen, aber ich würde vorschlagen, Sie fangen bei sich selbst an!
Ich kann hier unmöglich alle inhaltlichen Fragen, die die Konventarbeit betreffen, aufrollen, ich will nur einige ganz zentrale jetzt aufgreifen. Im Zentrum steht natürlich wegen des Iraks die Frage einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. Wir Grünen sagen, eine solche gemeinsame Politik ist notwendig, auch eine gemeinsame Verteidigungspolitik ist notwendig. Man kann und wird vielleicht mit kleinen Schritten beginnen, vielleicht mit einer europäischen Agentur für Rüstung und strategische Forschung, man wird vielleicht zusteuern auf eine europäische Armee, jedenfalls in Teilen. Viele Zwischenschritte sind denkbar, und ich glaube auch, vielleicht wird nicht jeder von Anfang an alles mitmachen.
Drei Dinge finde ich aber bei der Diskussion unabdingbar. Es darf und soll keine Veranstaltung gegen die Nato sein, das wäre Unsinn. Es geht darum, den europäischen Part in der Nato zu stärken. Da gibt es so eine unselige französische Tradition, die kennen wir seit de Gaulle, die sich immer etwas anderes dabei gedacht hat, und Präsident Chirac hat das sehr schön auf einen Begriff gebracht, er hat gesagt, diese Verfassung müsste die „Unabhängigkeitserklärung Europas“ werden. Da denkt man, soll das vielleicht das Rückspiel zu 1776 werden, der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten? Ich halte das für sehr töricht.
Nicht nur, dass es zum Scheitern verurteilt ist, es wäre töricht. Europa ist ein Projekt für etwas, für Frieden, sehr erfolgreich, für Freiheit, sehr erfolgreich, und auch für solidarische Zusammenarbeit. Dabei muss es bleiben und nicht gegen jemanden. Wenn wir über europäische Außenpolitik reden, muss man auch die nächsten Schritte darauf abstimmen, dass sie die Zerstrittenheit überwinden helfen und nicht noch vertiefen, und da sage ich ganz ehr
Ganz zentral, die Außenpolitik darf nicht nur Sache der Zusammenarbeit zwischen Staaten bleiben, sondern muss Schritt für Schritt in gemeinsame gemeinschaftliche Politik überführt werden, und ein europäischer Außenminister als Teil der Kommission wäre ein guter Schritt dahin. Da werden jetzt auch Namen gehandelt. Ehrlich gesagt, diese Diskussion mit Namen ist auch nicht so furchtbar glücklich. Die Institution selbst halte ich für richtig und notwendig. Mit Namen sollte man sich vielleicht eher zurückhalten.
Aber entscheidend ist, was die Gemeinschaftsinstitutionen der EU angeht, denn nur die gewährleisten gemeinsames Handeln, nur die gewährleisten den Erfolg. Es ist nicht erfolgreich die Zusammenarbeit zwischen Regierungen, wo man auf Räten zusammensitzt, Tauschhandel macht und womöglich Achsen bildet, so wie wir das erlebt haben. Das ist nicht der Kernpunkt des europäischen Erfolgsrezeptes gewesen, sondern die gemeinschaftlichen Institutionen. Deswegen wird auch gerade an diesem Punkt die zentrale Auseinandersetzung im Konvent ausgefochten, und da sollte sich auch Bremen positionieren zwischen denen, die mehr gemeinschaftliche Politik wollen, und denjenigen, die nur bei der Zusammenarbeit zwischen den Staaten stehen bleiben wollen.
Es ist auch kein Zufall, dass bei den Letzteren, die nur zusammenarbeiten wollen, die großen Staaten manchmal ganz vorn in der Reihe stehen, weil sie sich dadurch natürlich erhoffen, dass sie mehr Gewicht haben. Es war bestimmt kein Zufall, dass sich Deutschland und Frankreich diese Idee eines „Präsidenten“ der Europäischen Union ausgedacht haben, die bei den kleineren Mitgliedstaaten sofort auf ganz große Skepsis gestoßen ist. Ich muss Ihnen sagen, ich teile diese Skepsis.
Ein solcher Ratspräsident, egal, von wem er ausgedacht worden ist, das spielt gar keine Rolle, aber diese Skepsis ist da, darf daher nur, sagen wir in unserem Antrag, mit der Geschäftsführung des Rates beauftragt werden, das ist okay. Er darf keinen eigenen Apparat bekommen und darf nicht Konkurrenz zum demokratisch parlamentarisch gewählten Kommissionspräsidenten werden, denn entscheidend ist, die Gemeinschaftsorgane Kommission und Parlament zu stärken. Das gilt im Übrigen auch für die Bereiche Inneres und Justiz, wo heute, davon bin ich überzeugt, mehr Gemeinsamkeit, mehr Europa gefordert ist, mehr gemeinsame grenzüberschreitende Kriminalitätsbekämpfung, und das wird auch kommen.
heren Beschlüssen der Bürgerschaft aufgeführt, auch um zu zeigen, dass wir hier früh Debatten geführt haben, die sehr wohl auf der Linie eines klugen, integrativen Kurses gelegen haben. Diese Punkte, die jetzt im Konvent konsensfähig sind, sind eher mehr geworden. Das gilt für die Aufnahme der Grundrechtecharta in die Verfassung, es gilt für das Frühwarnsystem zur Überprüfung von Subsidiarität, es geht um das gleichberechtigte Miteinander von Parlament und Rat als Bürgerkammer und Staatenkammer, es geht um den europäischen Außenminister, den ich erwähnt habe, wahrscheinlich auch um eine Austrittsklausel.
Einige Punkte aus unserem Antrag haben allerdings, das muss man ganz klar so sagen, wenig Chancen und werden es eher schwer haben. Das gilt für die Forderung nach Einbeziehung der Euratomverträge in der Art und Weise, dass ausdrücklich eine Abwendung von der Kernenergie mit der Hinwendung zu einer Energiewende definiert wird. Ich fürchte, das wird nicht kommen, so sind die Verhältnisse zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Wir bedauern das, aber natürlich wird daran das Unternehmen Europäische Verfassung nicht scheitern.
Ich will jetzt über die Forderungen und Erwartungen reden, die die deutschen Länder vor allen Dingen formuliert haben. Zum Teil sind das die Gleichen, die ich eben erwähnt habe. Positiv im Sinn der Länderbeschlüsse finde ich das bisher Diskutierte, was das Verfahren zur Kontrolle der Subsidiarität angeht, auch die Vereinfachung der europäischen Rechtsverfahren, auch die klarere Abgrenzung der vorhandenen Kompetenzen, das war eine Kernforderung der Länder. Allerdings, und das finde ich nun wieder ganz richtig, wird es keinen starren Kompetenzkatalog geben, der sich nicht ändern lässt, und es wird auch weiterhin genügend Flexibilität geben, auf Neuentwicklungen zu reagieren. Das wollten die Länder ganz eng fassen, eigentlich abschaffen. Gott sei Dank wird das nicht kommen. Ob es exklusive Einwirkungsmöglichkeiten geben wird wie ein Klagerecht der Länder, das ist eher unwahrscheinlich. Auch daran, finde ich, darf es aus Sicht der Länder aber am Ende nicht scheitern.
Nicht erreichen werden die deutschen Länder aber mit Sicherheit eine Rückübertragung von Kompetenzen und Aufgaben von der Europäischen Union auf die deutschen Länder. Diese Rückübertragung war der Kern der Formulierung, die man in jedem Länderbeschluss findet, der leider über die CSU auf die Länder gekommen ist, nämlich „Beschränkung der EU auf ihre Kernaufgaben“. Da ging es immer um weniger Europa, mehr Macht den deutschen Ländern. Das war spätestens seit der Konferenz von Amsterdam immer die eigentliche politische Botschaft der deutschen Ministerpräsidenten.
Dafür aber, meine Damen und Herren, gibt es überhaupt keine Mehrheiten im Konvent. Die Überzeugung der Teilnehmer dieses Konventes, aber auch
die Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger sprechen dagegen. Die Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger mit den Schwierigkeiten, mit den Herausforderungen, auch mit den Katastrophen der Gegenwart sind doch im Gegenteil der Antrieb für etwas anderes. Das können Sie immer lesen. Wenn es irgendwo eine Katastrophe gibt, der erste Ruf ist, das müssen wir europäisch regeln. Das ist auch richtig. Nicht nur in der Frage der inneren und äußeren Sicherheit, auch in Fragen der Lebensmittelsicherheit, des Gesundheitsschutzes, des Klimaschutzes, überall dort sind doch gemeinsame Regelungen gefragt. Das sehen die Menschen auch.
Ich darf zitieren: „Gemeinsam stark oder allein marginalisiert“, das ist aus dem jüngsten Beschluss der CDU-Fraktions-Länderchefs, ist aber trotzdem richtig. Man muss es nur anwenden, zum Beispiel auch beim Umweltschutz. Das wird, meine Damen und Herren, der Konvent tun, und wir sagen, das darf für die deutschen Länder kein Grund für eine Blockadehaltung werden.
Wir sind heute so am Tag der Bilanzen. Deswegen will ich im letzten Drittel meines Beitrags zu einem Rückblick auf die Europapolitik Bremens in der vergangenen Legislaturperiode kommen. Ich sehe das so: Sie war auf der einen Seite geprägt durch eine solide Arbeit der zuständigen Verwaltung, vor allen Dingen der Verwaltung in Brüssel, aber auch vieler Ressortverwaltungen – wir haben gestern gerade das Beispiel der Gesundheitspolitik diskutiert –, das ist die eine Seite, und von starken Anti-Brüssel-Sprüchen des Präsidenten des Senats auf der anderen Seite. Dazwischen gab es noch ein weiteres Mitglied des Senats, Staatsrätin de luxe, Frau Kießler. Ich muss gestehen, darüber kann man nichts sagen, dazu fällt mir nichts ein. Sie war politisch nicht existent. Für die Staatsrätin ist es in Ordnung zu sagen, sie muss nur keine Fehler machen, aber von einem Mitglied des Senats erwarten wir allerdings politische Initiative, und davon war null zu sehen oder zu hören.
Meine Damen und Herren, ich bleibe nach vier Jahren bei meinem Urteil: Kein Bremer Regierungschef hatte jemals so wenig Gespür für den Wert europäischer Integration wie der jetzige. Ich darf Sie einmal an eines erinnern, ich darf zitieren! Am 23. März 2000 hat Dr. Scherf in einem Gespräch beim „Weser-Kurier“ von der „übermächtigen EU-Administration“ gesprochen und hat gesagt: „Die Deutschen haben zwei Zentralstaaten hinter sich: die Nazis und die Kommunisten! Es kann nicht angehen, dass wir jetzt in Europa in ein neues zentralstaatliches Gebilde hineinrutschen.“
Meine Damen und Herren, das war so infam und so an der Realität vorbei, dass Herr Scherf es damit zu trauriger Berühmtheit unter sozialdemokratischen Europapolitikern gebracht hat. Er hat auch noch daraufgesattelt. Er hat in den Diskussionen danach nichts zurückgenommen, nein, er ist bei dieser Auffassung geblieben und hat das in verschiedenen Varianten ausgeführt. In einer dieser Debatten hier, Herr Scherf, haben Sie zu dem eher ein bisschen – ich möchte einmal sagen – kindlichen Argument Zuflucht genommen und haben gesagt: „Mit mir hat der Prodi schon gesprochen, mit dem Kuhn ja nicht.“
Ja, das stimmt! Immer wieder haben Sie gesagt: Alle 16 Länderchefs sind meiner Meinung. Ein einziger kleiner Grüner, der will es besser wissen? Ich will Ihnen einmal rückblickend sagen, Herr Dr. Scherf: Nicht Sie, sondern wir haben in den wesentlichen europapolitischen Debatten und Streitfragen der letzten Jahre Recht behalten.
Nicht, weil man dazu besonders schlau sein musste, sondern weil man nur gegen populistische Versuchungen einmal wieder auf die Notwendigkeit gemeinsamen Handelns hinweisen musste, die sich am Ende doch immer wieder als stärker und kräftiger erweisen!
Wir haben Ihnen hier gesagt, dass die Bereiche der so genannten Daseinsvorsorge nicht insgesamt und undifferenziert außerhalb jeder Wettbewerbskontrolle gestellt werden können. Wenn Sie dann selbst so große ökonomische Spieler geworden sind, wie Sie es ja tatsächlich zu einem Teil sind, andere eben nicht, die Kommission hatte dafür immer eine differenzierte Betrachtung und hat sie so auch Schritt für Schritt weiterentwickelt.
Wir haben Sie davor gewarnt, die Kommission in der Frage der Landesbanken frontal anzugreifen. Was Sie da vor zwei, drei Jahren so großspurig angerichtet haben, das würde man heute mit „Friendly Fire“ bezeichnen, klassisch als Eigentor.
Das Ergebnis war nämlich das genaue Gegenteil von dem, was Sie wollten. Die Landesbanken werden jetzt als Großbanken behandelt, die sie auch sind. Wir haben gerade in den letzten Monaten die staatlichen Garantien abgeschafft.
Wir haben hier den Antrag eingebracht, dass Bremen nach der Erweiterung der EU an einer solidarischen Strukturpolitik festhalten soll. Sie haben hier eine Diskussion verhindert, bis sich das Rathaus dann dazu durchgerungen hatte, von dem Ausstieg daraus Abstand zu nehmen. Jetzt sind Sie zu unserer
Immer war Ihre Haltung defensiv, Ihre einzige Sorge war immer nur, was bedeutet das für meine Kompetenz, für meine Macht! Ich habe das nie geteilt, auch als Abgeordneter dieses Hauses nicht. Sie haben mir das einmal so gesagt: „Sie ziehen sich selbst den Stuhl weg, auf dem Sie sitzen.“ Darüber habe ich oft nachgedacht. Irgendwie sehe ich das nicht so richtig als meine wesentliche Aufgabe an, mich um meinen Stuhl zu sorgen. Ich hatte gedacht, wir kümmern uns darum, die politischen Regeln zu finden, die den Bürgern am ehesten ein Leben in Freiheit und Solidarität ermöglichen, weil unser Leben nun einmal so grenzüberschreitend ist. Heute kann man vieles nur noch gemeinsam in Europa regeln, und das ist auch der Grund für die europäische Erfolgsgeschichte.
Letzter Satz: Wir finden, dass das Land Bremen, die Bremische Bürgerschaft an dieser Erfolgsgeschichte weiter mitwirken sollte, Einfluss nehmen, gestalten und Bremen als europäische Stadt darstellen sollte. Das ist nicht nur die Aufgabe von Bürgerschaft und Senat, sondern einer aktiven Stadt insgesamt, und mit dieser Selbstverpflichtung tröste ich mich über das Ende meiner Arbeit hier an dieser Stelle und bedanke mich sehr für Ihre Geduld.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Es klingt ja so ein bisschen wie das Rufen im Walde, keiner hat mich gehört, wenn Herr Dr. Kuhn auch die letzte Debatte zu dem Thema leider nutzt, um sich im Grunde genommen nur selbst anzudienen, um auf irgendeiner Bundesliste der Grünen aufgestellt zu werden, um dort Europapolitik zu machen. Lieber Herr Dr. Kuhn, ich hätte das heute nicht gesagt,
aber Ihr Beitrag war eben so frech und so wenig im bremischen Interesse, dass Sie sich das leider gefallen lassen müssen: Wir sind bremische Parlamentarier, wir nehmen unsere Länderinteressen kompetent wahr
(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Machen Sie es doch einmal!) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. und kämpfen dafür und wollen nicht nur Herrn Fischer hinterherlaufen und der Politik der Bundesregierung. (Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen])
Wir reden hier gerade über die Kompetenzordnung, und das ist wichtiger Bestandteil der europapolitischen Debatte, es ist Kernkompetenz unserer politischen Auseinandersetzung hier auch im Hause. Wir haben immer wieder versucht, mit Ihnen auch in einen Konsens zu geraten, weil wir eigentlich davon überzeugt sind, dass es klug ist, dass es richtig ist, sich in den Landtagen zu versammeln, sich zu vereinen und zu einer gemeinsamen Entscheidung zu kommen, dass es klug ist, dass es richtig ist, dass die Landtage insgesamt, die Länder insgesamt gemeinsame Interessen formulieren, aber es sind eben auch Interessen, die nicht deckungsgleich sind mit den Interessen der Bundesregierung.