Protokoll der Sitzung vom 18.12.2003

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich werde eine andere Rede halten als Sie, Herr Oppermann, und als Sie, Herr Pietrzok! Ich werde keine große Soße darüber gießen, keine allgemeinen Stellungnahmen darüber abgeben, wie toll wir sind, sondern ich werde diesen Senat für das, was er hier heute vorlegt, scharf angreifen, auch wenn Sie – das fand ich auch nett von Ihnen, Herr Pietrzok – sich eben auf meine Rede von vor ein paar Monaten bezogen haben. Da gab es ja auch noch die Hoffnung, dass man zu einer vernünftigen Lösung kommt. Dafür bedanke ich mich, aber milde stimmen können Sie mich hier heute damit nicht.

Ich werde die Geschichte erzählen über den Weg, wie in Bremen in diesen Zeiten die Vorgaben der Landesverfassung, nämlich behinderte Menschen gleichzustellen und ihren Nachteil, den sie am Teilhaben im Leben in der Gemeinschaft haben, auszugleichen, umgesetzt werden und wie in Bremen in diesen Zeiten die Vorgaben des Bundesgleichstellungsgesetzes umgesetzt werden!

Ich werde Ihnen die Geschichte erzählen, wie das Signal an behinderte Menschen – und das war geplant, das war Auftrag des Bundesgesetzgebers, das war Auftrag der Landesverfassung, das war unser eigener Wunsch –, ihr gehört zu uns, ihr seid ein geachteter Teil unserer Gesellschaft, ihr seid erwünscht, der Staat gleicht Nachteile aus, er sorgt dafür, dass Menschen im Rollstuhl öffentliche Gebäude betreten können, er sorgt dafür, dass sich blinde Menschen zurechtfinden können, auch im öffentlichen Raum, wie das Signal, dass gehörlose Menschen mit den Verwaltungen kommunizieren können sollen und wie das Signal, dass geistig behinderte Menschen die Lebensumgebung besser verstehen können, hier in Bremen umgesetzt wird.

Die ganze Sache war, von heute betrachtet, ein trostloses Gezerre, das Ergebnis ist unbefriedigend. Im Handstreich wurde ein mühsam erzielter Kompromiss, der dort beschlossen worden ist, Herr Pietrzok, nicht einfach nur, auf einmal haben alle noch Dissens angemeldet, aufgekündigt.

Es wird für dieses Gesetz von Ihnen keine Zustimmung der Grünen geben, denn es verbessert überhaupt nichts, im Gegenteil, es verschlechtert. Es gibt behindertenpolitische Errungenschaften in Bremen, das ist wahr, aber das, was Sie hier machen, ist nicht die Auffüllung der Landesverfassung, sondern ihre Verwässerung. Das wird auf Dauer keinen Segen haben, und die Zustimmung der Grünen wird es dafür nicht geben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die zentralen Punkte, meine Vorredner haben darauf hingewiesen – das ist in den Beratungen ja auch deutlich geworden und wird auch von den Behindertenverbänden stark kritisiert –, sind erstens der ins Gesetz im Handstreich hineinformulierte Haushaltsvorbehalt und zweitens die Tatsache, dass der Geltungsbereich des Gesetzes nicht für die bremischen Gesellschaften gilt. Ich werde das jetzt hier noch einmal genauer erklären, warum wir dagegen sind und welche Folgen das hier haben wird, was Sie hier hineinbasteln.

Erst einmal ist darauf hingewiesen worden, ich sei Haushaltsausschussvorsitzende, ich wüsste ja, wie die finanzielle Lage Bremens ist. Ja, das wäre ziemlich gut! Wenn es noch ein paar mehr Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus gäbe, die das auch wüssten, dann wäre es nicht möglich, dass Wirtschaftsförderungsausschüsse im Handstreich, ohne

irgendwelche Deckungen zu benennen, kurz vor Ende des Haushaltsjahres für alle möglichen netten Dinge noch einmal eben 80 Millionen Euro ausgeben!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Finanzlage ist dramatisch, das ist in der Tat richtig, aber Sie messen mit zweierlei Maß! Das Finanzargument kommt immer nur dann auf den Tisch, wenn es darum geht, Sachen, die Ihnen nicht in den Kram passen, abzuwehren. Das wird auf Dauer von der Bevölkerung so nicht mitgemacht werden, da seien Sie sich einmal sicher! Weil ich die Finanzlage kenne, weil ich Haushaltsausschussvorsitzende bin, weiß ich, wie Sie hier mit Geld umgehen und welche Kriterien bei den einen und welche bei den anderen gelten.

Sie haben in das Gesetz also einen Haushaltsvorbehalt eingebaut, was dazu führt, dass alle Maßnahmen, zu denen Sie nach diesem Gesetz verpflichtet sind, nur im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel durchgeführt werden können. Damit haben Sie die gesamte Zielsetzung des Gesetzes, nämlich dass der Staat maßvoll und schrittweise eigene Gebäude so umbaut, dass insbesondere Menschen im Rollstuhl sie benutzen können, vollständig konterkariert, obwohl vorher eine maßvolle Formulierung im Gesetz gestanden hat, nämlich es ging nur um vertretbare Mehraufwendungen.

Im Gesetz steht, dass gehörlose Menschen Anspruch darauf haben, dass Gebärdendolmetscher ihnen helfen, wenn sie mit Behörden kommunizieren. Wenn Sie den Haushaltsvorbehalt so ernst meinen, wie Sie ihn hineingeschrieben haben, dann heißt das, dass im Amt für Soziale Dienste, wo es möglicherweise ja ziemlich knapp ist mit dem Geld, vom Haushaltsgesetzgeber für Gebärdendolmetscher kein Geld bereitgestellt wurde und die Sozialhilfesachbearbeiter dort sagen müssen, natürlich gilt das Gleichstellungsgebot der Landesverfassung, aber wir haben keinen Haushaltstopf im Rahmen zur Verfügung stehender Haushaltsmittel, so wie die gesetzliche Formulierung hier ist, einen Gebärdendolmetscher können wir Ihnen leider nicht gewähren. Das ist doch wohl nicht – –.

(Zuruf)

Doch, das geht aus dem Gesetz so hervor! Dann wollen wir doch einmal sehen, wie es weitergeht. Das wollen Sie hier heute beschließen. Es ist unsozial und schofel, und es zeigt, dass genau mit diesem Haushaltsvorbehalt der gesamte Aufbau des Gesetzes, nämlich den Leuten zu zeigen, wir wollen euch, damit zerstört wird.

Haushaltsvorbehalt! Dann machen Sie doch Ernst damit, dann schreiben Sie den Haushaltsvorbehalt auch ins Beamtengesetz hinein, wir können die Damen und Herren nur dann bezahlen, wenn genü

gend Haushaltsmittel bereitgestellt wurden! Oder schreiben Sie ins Abgeordnetengesetz, Abgeordnete bekommen nur Diäten, wenn im Haushalt genügend Geld bereitgestellt wurde, oder ins Sportfördergesetz, dass das alles nur gilt, wenn genügend Haushaltsmittel bereitgestellt wurden! Oder bei der Förderung von Sozialwohnungen, wo ist denn da der Haushaltsvorbehalt? Oder, das hat Ralf Fücks vor Jahren einmal gefordert, da hat Herr Grobecker einen Ohnmachtsanfall bekommen, die Zinsen an die Banken zahlen wir, ob Geld da ist oder nicht, kein Haushaltsvorbehalt, aber hier bei den Behinderten wird damit angefangen – vielleicht –, auf jeden Fall wird ein Exempel statuiert, und es wird dieser Gruppe gezeigt, wie wenig wichtig sie Ihnen hier in Wirklichkeit ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Zuruf der Abg. Frau B u s c h [SPD])

Das gesamte Verbandsklagerecht, das hier gerade als ein Fortschritt abgefeiert wurde, läuft ins Leere, weil der Richter den Behinderten, wenn sie dann vor Gericht klagen werden, weil sie irgendwelche Einrichtungen nicht betreten können, auf der Basis dieses Gesetzes wird sagen müssen, dass ja keine Haushaltsmittel bereitgestellt wurden, und deshalb ist das damit vollkommen zerstört.

Ich finde es auch gegenüber dem Deputationsausschuss eine Unverschämtheit, was hier passiert, und Sie rechtfertigen das auch noch, Herr Pietrzok und Herr Oppermann, als hätten da Traumtänzer gesessen! Weder auf Seiten der Verwaltung noch bei den Abgeordneten gab es Leute, die nicht wussten, wie es in Bremen finanziell aussieht. Wir haben Formulierungen gefunden, die maßvolle Veränderungen im Rahmen dessen, was Bremen weiß Gott noch leisten kann, gefordert haben. Haushaltsvorbehalt, gut!

Jetzt zu den Gesellschaften! Jetzt wurde gesagt, na ja, für die beliehenen Gesellschaften gilt es ja. Ja, für die beliehenen Gesellschaften gilt es, aber nur für die Tätigkeit im Rahmen ihrer Beleihung. Also, was macht die BIG im Rahmen ihrer Beleihungsaufgaben? Sie erteilt Wirtschaftsförderungsbescheide. Dass die nun ausgerechnet und unbedingt in Brailleschrift stattfinden müssen, darauf wäre ich zuletzt gekommen. Dass aber die Baumaßnahmen, die die BIG als Eigengeschäfte durchführt, so sein müssen, dass behinderte Menschen die Gebäude betreten können, das finde ich allerdings!

Hier wird so viel vom Konzern Bremen geredet. Was machen Sie denn da? Immer dann, wenn es darum geht, die Gesellschaften wirklich an die Leine zu nehmen und zu verhindern, dass sich Staat und Gesellschaften auseinander entwickeln, dann kneifen Sie! Dreimal hat die SPD-Fraktion in Potsdam und anderswo martialische Beschlüsse gefasst, dass

man die Gesellschaften unter Kontrolle bekommen will. Immer, wenn es konkret wird, Fehlanzeige!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. P i e t r z o k [SPD]: Das steht doch längst in der Landesbauordnung! Das ist eine Luft- nummer, die Sie da machen!)

Es ist kein Zufall, dass das, was Sie hier treiben, ausgerechnet bei diesem Behindertengleichstellungsgesetz passiert ist, was für Bremen hätte eine Hoffnung sein können, dass nämlich die Entwicklung Bremens ganzheitlicher gesehen wird als Beton und Wirtschaftsförderung. Dass wir hier verstanden haben, dass es um einen Standort geht, in dem sich Menschen wohl fühlen sollen, haben Sie in diesem Gesetz leider verschenkt.

Ihr Ergebnis, das Sie hier vorlegen, ist kleingeistig und armselig. Ich will mir nicht verkneifen die Geschichte, wie es dazu kommen konnte, hier doch noch kurz zu erzählen! Es war nicht möglich, in diesem Haus eine Mehrheit dafür zu erzielen, dass man einen Parlamentsausschuss gründet. Wie in allen anderen Parlamenten in Deutschland gründet man für Gesetzesvorhaben, die das Parlament gern möchte, Parlamentsausschüsse. Man sitzt dann da ohne Gängelband eines Staatsrats, Teufel auch, und überlegt sich unter frei gewählten Abgeordneten, wie soll es hier eigentlich sein. Das wollte die CDU nicht. Natürlich nicht, es hätte ja sein können, dass da irgendjemand seinen Kopf unkontrolliert allein anstrengt! Dann haben wir uns darauf eingelassen, die Behinderten übrigens auch, dass wir einen Deputationsausschuss gründen, natürlich unter Vorsitz des Staatsrates, und dort ist ein Konsens erzielt worden, Herr Pietrzok. Das habe ich ganz anders in Erinnerung als Sie, und die Behinderten auch.

Da hat es in den Formulierungen ein Geben und Nehmen gegeben, auch bei der Frage, wie weit geht man eigentlich mit den Gesellschaften, auch bei den Formulierungen mit dem Verbandsklagerecht. Dann hat man gesagt, wir schaffen es vor der Wahl nicht mehr, das Gesetz einzubringen, die Behinderten haben sich darauf eingelassen, es nach der Wahl zu machen. Es ist ein Lehrstück in Demokratie, auch für das, was hier als Bürgerbeteiligung immer so hochgehalten wird. Der Gesetzesentwurf war in Ordnung. Natürlich kann man hinterher sagen, der Senat hat jetzt etwas Besseres vorgelegt. Das entspricht nicht der Wahrheit.

Dieser Gesetzentwurf dort ist einstimmig gewesen, er ist ein Konsens mit den Behindertenverbänden gewesen und war eine große Chance zu zeigen, dass es doch gehen kann, auch in diesen Zeiten und auch sogar zu Zeiten einer großen Koalition in Bremen. Was passiert? Bei der letzten Sitzung erklärt Staatsrat Dr. Knigge, dass es Schwierigkeiten mit anderen Ressorts gibt. Nun wollen wir doch einmal hören, wer die Ressorts denn eigentlich sind! Der Par

lamentsausschuss hatte alle Ressorts eingeladen, dort zu sagen, welche Bedenken und Schwierigkeiten sie haben. Die mächtigsten haben es gar nicht nötig, dort aufzutauchen!

In einem Parlamentsausschuss hätte man das anders hinbekommen, aber das wollten wir ja nicht. Wir wollen dem Senat gegenüber ja nicht selbstbewusst sein, wir backen ja lieber ganz kleine Brötchen. Letztendlich entscheiden dann die Senatskanzlei und der Wirtschaftssenator darüber, was hier für ein Gesetz eingebracht wird, und die haben es noch nicht einmal nötig gehabt, in die Deputation, in den Ausschuss zu gehen und dort ihre Positionen darzustellen.

Die Akteure dieses Spiels waren hoffnungsfrohe, engagierte Behinderte, die Ihnen vertraut haben, die gedacht haben, okay, wir fordern nicht, dass es noch vor der Wahl passiert, was ja auch ein Pfund gewesen wäre, um Sie ein wenig unter Druck zu setzen, sondern wir wollen ein gutes Gesetz. Das waren die Akteure. Da sagt Herr Oppermann in der Sitzung der Bürgerschaft am 22. Januar 2003, ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin:

„Meine Damen und Herren, wir müssen, glaube ich, auch einen Dank an die Behindertenverbände richten, dass sie sich auf dieses Verfahren eingelassen haben, mit uns auf gleicher Augenhöhe – darauf legen wir immer sehr viel Wert – und gleichberechtigt in diesem Gremium zu sitzen, um mit uns dieses Gesetz zu bearbeiten. Die Zuarbeit einiger Ressorts hatten wir uns sicherlich etwas effektiver vorgestellt, und mir ist dabei auch klar geworden, dass einige Ressorts – Frau Senatorin, Sie werden es sicherlich am ehesten gemerkt haben – gar nicht die Sensibilität für dieses Thema hatten und vielleicht auch nicht die Fachleute, weil es sie in der Vergangenheit viel zu wenig berührt hat und es deswegen auch zu Anlaufschwierigkeiten in einigen Ressorts gekommen ist.“ Aus heutiger Sicht der blanke Hohn, Herr Oppermann!

(Abg. Karl Uwe O p p e r m a n n [CDU]: Habe ich heute bestätigt!)

Akteure waren weiterhin kleinmütige Abgeordnete, besonders bei der CDU, die bloß keinen Ausschuss wollten, sondern sich lieber am Gängelband des Senats bewegen, das ist sicherer. Sie, meine Damen und Herren, lassen sich fast alles gefallen, fast alles: dass Senatskanzlei und Wirtschaftsressort, die es noch nicht einmal für nötig befunden haben, dem Ausschuss klar von Angesicht zu Angesicht zu sagen, was sie denn eigentlich wollen, dass sie es noch nicht einmal nötig hatten, sich mit den Argumenten auseinander zu setzen, dann letztendlich darüber entscheiden, was das Parlament hier tut!

Es gibt eine wenig kämpferische Senatorin in diesem Spiel, die bringt nämlich in den Senat Einheitssoße, da darf man ja nicht mehr widersprechen, bringt

einen Gesetzentwurf ein, der gar nicht von dem Ausschuss erarbeitet wurde, sondern einen eigenen, wo dann vorher irgendwie abgekaspert wurde, welche Sachen man dann vielleicht irgendwie hätte durchbekommen können.

Die Grünen haben hier den Deputationsausschussentwurf eingebracht, bitten um Zustimmung gerade derjenigen, die ihn selbst mit erarbeitet haben. Mehrheitsfähig war er, er war in der Stadt akzeptiert, es war ein tragfähiger Kompromiss auch mit den Behinderten hier in dieser Stadt, und darauf sind sogar Sie wenigstens noch ein bisschen angewiesen.

Wir wollen einen parlamentarischen Behindertenbeauftragten. Herr Pietrzok ist schon darauf eingegangen. Wir finden es nicht richtig, die Sache jetzt noch einmal bis Ostern hinzuziehen. Wir wollen ihn mit einer geringen Ausstattung. Da folgen wir auch nicht den Vorstellungen der Behinderten. Wir wollen keinen, der Teil der Verwaltung ist. Wir wollen niemanden, der alle Gesetzesvorhaben, alles Verwaltungshandeln kontrolliert. Das geht meiner Meinung nach gar nicht. Wir möchten keinen Eingriff in die normale Verwaltungshierarchie machen, sondern wir möchten jemanden, der seine Funktion politisch versteht und dem Parlament berichtet und verantwortlich ist und hier für eine Politisierung der Behindertenpolitik in Bremen sorgt.

Sie werden, meine Damen und Herren, wenig Freude an Ihrem Gesetz haben, und Sie haben sich hier meiner Meinung nach selbst auch keinen Gefallen getan. Die Behinderten sind sauer, das Vertrauen ist zerstört. Eines sage ich Ihnen: Bei allen Haushaltsberatungen der nächsten Jahre, solange ich hier irgendwie agieren werde und solange es Grüne gibt, werden Sie bei allen Haushaltsberatungen sagen müssen, wie viel Geld Sie denn nun im Sinne dieses Gesetzes bereitstellen! Überlegen Sie sich einmal, ob das wirklich von Vorteil ist! Wenn Sie es nicht bereitstellen, dann verstoßen Sie gegen die Landesverfassung. Es ist an dem Punkt ziemlich einig. Rechtsstreite auf der Basis dieses Gesetzes sind vorprogrammiert, wenn Gehörlose Dolmetscher einklagen, wenn Rollstuhlfahrer klagen, dass sie Räume nicht betreten können, und vielleicht gibt es auch noch Konflikte mit dem ÖPNV.

Sie haben eine Chance vertan. Sie hätten nämlich mit sehr wenig Geld viel Freude und Optimismus in dieser Stadt fördern und ein Zeichen setzen können, nämlich dass man auf Bremen stolz sein kann. Dieser Senat hat mit seinem Kleingeist gezeigt, dass er dazu gar nicht in der Lage ist. Leider findet er hier im Parlament keine Mehrheit dafür vor, ihm wenigstens bei so etwas in den Arm zu fallen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Karl Uwe Oppermann.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Frau Linnert, ich nehme Ihnen ab, dass Sie eben bei dieser Debatte sehr aufgewühlt waren und dass es Ihnen sehr tief in Ihrem Herzen auch wirklich um die Sache der Behinderten geht. Gleichzeitig aber den Abgeordneten der Koalition, die sich auch vehement bemüht haben, Kleingeist und sonst etwas vorzuwerfen, ich glaube, da haben Sie die Rolle der Opposition in diesem Haus etwas überzogen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Bei diesem Gesetz, das wir auf den Weg geben, Herr Pietrzok hat gesagt, da fehlt der Behindertenbeauftragte, sind wir diesbezüglich noch nicht zu einer Lösung gekommen, weil auch die Häuser sagen, sie können die Wünsche nicht darstellen, jedenfalls zurzeit nicht. Wir arbeiten an dem Problem. Wir sind noch nicht zu einer Lösung gekommen, und die Betonung liegt auf „noch“, meine Damen und Herren, nicht auf „nicht“! Das will ich hier auch deutlich sagen!

Dieses Gesetz ist der erste Schritt auf einem langen Weg, und ich habe das in der Debatte gesagt, die Frau Linnert zitiert hat, dieses Gesetz muss auch dazu dienen, dass Barrieren in den Köpfen von Verantwortlichen verschwinden.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Landschaftsplaner und Architekten barrierefrei denken und künftig barrierefrei planen, dann muss das nicht mehr kosten. Herr Pietrzok hat darauf hingewiesen, es ist nicht die etwas breitere Tür oder die umgebaute Dusche, sondern es ist eine ganz alte Anlage. Das wird auch dauern. Wir sind bemüht, und wir wollen diesen Schritt auch durchaus gehen.

Wir legen Wert auf, ich sage das hier für die CDU, und bedanke mich auch für die kritische Begleitung der LAG Behinderter in diesen Ausschüssen. Frau Linnert, Sie können sich doch vorstellen, dass uns die Gespräche unter sechs oder zwölf Augen mit der LAG als Sozialpolitiker nicht immer Freude gemacht haben, aber wir müssen uns eben auch nach der bewussten Decke strecken, die Sie als Vorsitzende des Haushalts- und Finanzausschusses auch ganz besonders gut kennen. Danke schön für die kritische Begleitung, und es geht an einer weiteren Zusammenarbeit, das wissen auch die Verbände, sowohl bei Ihnen, Herr Pietrzok, als auch bei uns nichts vorbei!

Meine Damen und Herren, ich habe vorhin das Beispiel der Stadtmusikanten genannt, die sich auf den Weg nach Bremen gemacht haben, weil es ihnen dort besser gehen würde, weil sie woanders keine so gute Situation hatten. Die Bremer Stadtmusikanten konnten ihren Traum auch nicht erfüllen. Sie sind nicht nach Bremen gekommen, aber ich habe mir sagen lassen, sie sind in dem Räuberhaus sehr

glücklich gewesen. Mit diesem Gesetz machen wir den Schritt in eine bessere Zukunft. – Ich danke Ihnen!