Was die Kosten angeht, darüber muss man reden. Unserer Erkenntnis nach ist es so, dass etwa fünf Prozent Kosten dadurch verursacht werden. Das sind die Zahlen der Bundesregierung. Das ist kein besonders großer Overhead. Dass das an diesem Punkt so hochgespielt wird, können wir nicht ganz verstehen.
Zum Schluss noch zu dem Antrag von Herrn Wedler! Es ist klar, Herr Wedler, den lehnen wir ab! Er steht im diametralen Gegensatz zu dem, was wir hier fordern. Die meisten Behauptungen, die Sie darin aufstellen, sind auch durch nichts belegt, sie sind teilweise sachlich falsch. Was uns unterscheidet, ist auch, dass Sie von der Wirtschaft gar nichts fordern wollen, während wir finden, dass die Wirtschaft Verantwortung übernehmen muss. Das ist auch richtig und gut so.
In dem Sinne appeliere ich auch gerade noch einmal an die SPD, die sich in der Aktuellen Stunde so vehement für die Ausbildungsplatzabgabe ausgesprochen hat. Ich habe da noch Herrn Böhrnsen sehr deutlich in Erinnerung und auch vor ein paar Tagen Frau Ziegert. Beide äußerten sich deutlich für die Ausbildungsplatzabgabe. Sie haben auch einen Landesparteitagsbeschluss, der ziemlich exakt das aussagt, was wir in dem Antrag formuliert haben. Ich bin sehr gespannt, was gleich die SPD zu unserem Antrag sagen wird. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Schön, nur einmal so viel am Anfang: Ich glaube sagen zu können, dass die Ausbildungsplatzabgabe im Bundestag verabschiedet wird und durch den Bundesrat gehen wird, auch ohne dass wir Ihrem Antrag hier und heute unbedingt zustimmen.
Herr Wedler, zu Ihrem Antrag! Vielleicht erweise ich Ihnen zu viel der Ehre, aber das finde ich schon wirklich krass: Sie stellen einen Antrag nach einem so langen Vorspann, was die Bürgerschaft alles feststellt, und der Antrag soll dahin gehen, dass die Bürgerschaft jetzt alle Kräfte darauf richten soll, dass die Ausbildungsplatzabgabe nicht erhoben wird. Ich hätte ja verstanden, wenn Sie gesagt hätten, wir setzen alle Kräfte daran, dass wir hier in Bremen ein ausreichendes Ausbildungsangebot für unsere jungen Menschen bekommen,
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Zuruf des Abg. C r u e g e r [Bündnis 90/Die Grünen])
Da muss ich auch zu Ihnen sagen, Frau Winther: Letzten Endes atmet auch Ihr Beitrag eigentlich denselben Geist. Sie haben sich zu 95 Prozent Ihres Beitrags damit auseinander gesetzt, warum eine Ausbildungsplatzabgabe nicht geht, was hier nicht ist und da nicht ist und die Begleitumstände. Zu der Frage aber, wie wir es denn schaffen können, dass junge Menschen, die ausbildungsfähig und ausbildungswillig sind, die auch in unserer Wirtschaft gebraucht werden, auch eine qualifizierte Ausbildung bekommen, antworten Sie nur, dass die konjunkturellen Bedingungen eigentlich verbessert werden müssten.
Da sage ich Ihnen jetzt einmal andersherum, Frau Winther: Ohne gut ausgebildete Fachkräfte werden wir auch kein Wirtschaftswachstum bekommen. Das heißt letzten Endes, wenn die Wirtschaft so weitermacht wie bisher, nämlich ihre Ausbildung an der konjunkturellen Lage auszurichten, dann werden wir das auf Dauer mit mangelndem Wirtschaftswachstum und mit höherer Arbeitslosigkeit bezahlen.
Es ist ja nicht so, dass die Bundesregierung oder die rotgrüne Mehrheit dieses Gesetz im Bundestag einbringt um der Ausbildungsplatzabgabe willen oder weil man eine Abgabe erheben will. Es ist auch nicht so, dass man ein an sich funktionierendes duales Berufsausbildungssystem bürokratisch gängeln will, sondern wir müssen doch feststellen, dass dieses an sich gute – und ich denke, da sind wir durchaus einer Meinung – und weltweit eigentlich einmalige und sehr konkurrenzfähige System der dualen Ausbildung durch das Verhalten der Betriebe in den letzten zehn Jahren systematisch ausgehöhlt wird.
Ich will da als Beispiel nicht nur die ständig wachsende Zahl der jungen Menschen nehmen, die am Ende eines Jahres effektiv statistisch ohne Ausbildung bleiben – und das sind im Land Bremen immerhin an die 400 gewesen –, sondern wir müssen ja noch zusätzlich sehen, dass hier der Staat immer stärker in die Lücke springt und wir allein im Land Bremen im Jahr 2002 31 Millionen Euro für Jugendliche ausgegeben haben durch verschiedene Arbeitsmarktprogramme des Landes Bremen, des Magistrats Bremerhaven und der Arbeitsämter. Dazu gibt der Senator für Bildung noch etwa 80 Millionen Euro für Berufsausbildung in halbtags- und vollzeitschulischer Ausbildung aus. Wir erleben doch hier eine schleichende Verstaatlichung unseres Systems der Berufsausbildung. Die Staatsquote in der beruflichen Ausbildung ist auf über zehn Prozent von 2002 auf 2003 gestiegen. Das ist eigentlich der Punkt, wo wir sagen, hier muss gehandelt werden, und wir müssen Anreize dafür setzen, dass die Wirtschaft wieder stärker ihrer Pflicht zur Ausbildung nachkommt.
Ausbildung ist doch für Unternehmen eigentlich keine lästige Pflicht, sondern Ausbildung rechnet sich langfristig sogar betriebswirtschaftlich, und sie rechnet sich natürlich für die Wirtschaft allemal. Unser duales System der Verbindung von praktischer und theoretischer Ausbildung sichert die Wettbewerbsfähigkeit, den Wettbewerbsvorsprung der deutschen Wirtschaft, es erleichtert den Jugendlichen den Übergang in die Arbeitswelt. Wir haben nicht umsonst auf europäischer Ebene mit die niedrigsten Zahlen an Jugendarbeitslosigkeit, weil dieser Übergang eben sehr viel besser funktioniert als in anderen Systemen. Die breite Qualifizierung des Facharbeiternachwuchses erlaubt es den Betrieben, Führungspersonal auch aus ihren eigenen Reihen zu rekrutieren und nicht Akademiker in den Betrieb
einarbeiten zu müssen, und sie ermöglicht vor allen Dingen auch moderne Formen der Produktionsorganisation wie zum Beispiel integrierte Teamarbeit.
Das hat auch lange Jahre dadurch funktioniert, dass die Selbstverpflichtung der deutschen Wirtschaft funktioniert hat. Sie funktioniert aber eben immer weniger, und das nicht nur zum Schaden für die jungen Menschen, die keinen Ausbildungsplatz bekommen, sondern auch zum Schaden für die deutsche Wirtschaft.
Es ist sicher notwendig, das System der beruflichen Bildung zu reformieren. Da sind wir, glaube ich, einer Meinung. Wir müssen viele Dinge vereinfachen und müssen auch unsere Programme vereinfachen, und wir werden dies auch auf den Weg bringen. Da kommen wir sicher zusammen und werden demnächst auch ein Landesprogramm auf den Weg bringen.
Dies alles reicht aber offensichtlich nicht aus, und da genau setzt die Bundesregierung mit diesem Gesetz zur Ausbildungsförderung an. Die Lage ist jetzt mittlerweile klar. Wie es aussieht, wird es morgen auch verabschiedet werden. Es gibt sicher einige Unebenheiten in diesem Gesetz. Nicht zuletzt sind sie auch mit dadurch befördert worden, will ich einmal sagen, dass Sie von der CDU diese Blockadepolitik auf der Bundesebene angekündigt haben und das Gesetz letzten Endes dann so konstruiert werden muss, dass es ohne Ihre Zustimmung durch den Bundesrat geht. Das wissen Sie ganz genau.
(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Weil Ihre Ministerpräsidenten nein gesagt haben! Das ist der Grund!)
erstens nämlich die Fondslösung, das heißt, es ist sicher, dass das Geld, das aus der Wirtschaft eingenommen wird, dann auch wieder für betriebliche Ausbildungsplätze verwendet wird, also in der Wirtschaft bleibt oder dahin wieder zurückfließt. Zweitens sind die Sozialpartner über den Beirat, ebenso wie Bund und Länder, an der Verteilung der Fondsmittel beteiligt, und drittens gibt es ganz klar den Vorrang von Branchen- und tariflichen Lösungen. Das wird besonders von den Gewerkschaften begrüßt, und da gibt es schon Tarifverträge, die auch funktionieren. Dies wird weiter so gehen und kann auch ausgebaut werden. Viertens, das will ich noch sagen, wird die Abgabe nur dann erhoben, wenn die Wirtschaft kein ausreichendes und auswahlfä
Dass ein solches System durchaus funktioniert und dass das, was Sie jetzt vorhersagen, nämlich dass die Unternehmen sich aufgrund einer solchen Abgabe irrational verhalten werden und aus Trotz sagen, wir bilden nicht mehr aus, zeigen ja Beispiele, wo dies schon praktiziert wird. In Frankreich passiert das für die betriebliche Weiterbildung oder in Dänemark auch für die Ausbildung,
(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Da sind sie auch zurückgegangen, Frau Ziegert! – Zu- ruf des Abg. F o c k e [CDU])
will ich Ihnen hier noch einmal ganz deutlich sagen, dass die Baubranche trotz der schlechten finanziellen Lage in der Bauwirtschaft immer noch eine Ausbildungsquote von 7,5 Prozent hat, während die übrige Wirtschaft eine Ausbildungsquote von 4,1 Prozent hat.
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. F o c k e [CDU]: Das sind ja weniger Beschäftigte, die absoluten Zahlen sind wichtig!)
Die Sozialpartner haben es in der Hand, ob diese Ausbildungsabgabe erhoben wird oder nicht, aber ich will Ihnen jetzt auch einmal ganz deutlich sagen, warum ich dagegen bin: weil die Industrie einmal wieder damit wedelt und sagt, wir sind bereit, bei einer freiwilligen Fondslösung auf das Gesetz zu verzichten. Diese Versprechen der Wirtschaft, ausreichend Ausbildungsplätze bereitzustellen, gibt es ja nicht erst jetzt, und die gibt es auch nicht erst seit der rotgrünen Regierung, sondern wenn ich mich richtig erinnere, hat das erste Bündnis für Arbeit schon unter der Regierung Kohl stattgefunden. Da hat es schon die ersten Versprechungen gegeben, dass jeder Jugendliche, der ausbildungsfähig und -willig ist, einen Ausbildungsplatz bekommt. Wir haben jedes Jahr feststellen müssen, dass das nicht funktioniert hat. Diese Versprechungen sind zahlreiche Male wiederholt worden und haben nicht zu dem gewünschten und notwendigen Ergebnis geführt.
Ich bin nicht dagegen, weiterhin alle Anstrengungen – auch auf der regionalen Ebene – dahingehend zu machen. Ich mache unseren regionalen Partnern im Bündnis für Arbeit hier in Bremen auch überhaupt keine Vorwürfe. Ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen, dass sowohl die Arbeitgeberverbände als auch die Kammern große Anstrengungen unternommen haben, mit staatlicher Unterstützung und auch mit Unterstützung der Gewerkschaften für mehr Ausbildungsplätze zu sorgen, aber die Reichweite in die Betriebe hinein ist offensichtlich nicht ausreichend. Es gibt eben zu viele Betriebe, die sich dem bisher immer noch entziehen.
Natürlich sind weiterhin alle aufgefordert, mehr Ausbildungsplätze bereitzustellen. Ich sage ausdrücklich, dass dies natürlich auch für den öffentlichen Dienst gilt. Hier in Bremen ist das auch sehr positiv.
Es gilt auch für uns Gewerkschaften. Ich gehe ja schon einmal mit gutem Beispiel voran. Beim DGB Bremen beträgt die Ausbildungsquote zehn Prozent, und wenn die anderen nachziehen, dann sind sie bald auch dabei, sonst müssen sie eben die Ausbildungsabgabe zahlen.
Zusammengefasst: Ich glaube, dass bei der Situation, die wir im Augenblick haben, sich die Parole „Weitermachen wie bisher, auf freiwillige Versprechungen setzen und abwarten“ verbietet. Ich glaube, dass die Bundesregierung und die Mehrheit im Bundestag verpflichtet sind zu handeln, nicht nur den jungen Menschen gegenüber – und das ist wichtig genug –, sondern auch im Interesse der Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Deswegen muss dieses Gesetz verabschiedet werden. Ich bin auch zuversichtlich, dass es dazu beitragen und sich so einspielen wird, dass wir eine erhöhte Ausbildungsquote bekommen und dass wir zum nächsten Ausbildungsjahr ein Angebot an Ausbildungsplätzen haben, das jungen Leuten auch wirklich Perspektiven und Chancen und eine Ausbildung nach ihren Begabungen und Fähigkeiten bietet. Jetzt noch einmal ganz kurz zu den Anträgen! Dass wir den Antrag des Abgeordneten Wedler leider ablehnen, hat sich schon ergeben, das habe ich schon am Anfang gesagt. Wir lehnen auch den Antrag der Grünen ab.
(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist bedauerlich! – Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie ha- ben nichts anderes erzählt als ich auch!)
Gut, das ist bedauerlich, aber ich habe gesagt, es hängt nicht von uns ab, ob das Gesetz verabschiedet wird, das ist klar! Gerade am Punkt eins, den Sie hier aufgerufen haben, sind wir diametral zu unserem Koalitionspartner, und insofern – wir sind ja koalitionstreu – lehnen wir es ab.
Punkt zwei: Ich denke einmal, dass das mit den sieben Prozent angestrebt ist. Darüber haben wir heute auch gesprochen. Es müsste in den Gesellschaften sowieso eingehalten werden, wenn das Gesetz kommt. Das Programm wird auch so auf den Weg gebracht. Von daher passiert dies alles ohnehin.