Protokoll der Sitzung vom 29.06.2004

Ich bin da optimistisch, wir stehen vor Herausforderungen insgesamt in der Haushaltspolitik, wir stehen auch vor Herausforderungen im Justizhaushalt, aber ich bin davon überzeugt, dass das Justizressort dies auch in den Griff bekommen wird. Herr Köhler, wir haben schon letztes Mal die Debatte geführt um die Verlagerung des Justizvollzugs, und ich glaube, dass der Kollege der SPD und auch unsere Fraktion deutlich gemacht haben, dass dort noch sehr viele Fragezeichen sind. Sie sehen auch selbst, dass dieser Bereich nicht im Haushalt genannt ist, es sind keine Mittel dafür vorgesehen bisher, und der Senat steht davor, erst einmal ein Konzept dafür zu entwickeln und die Finanzierung auf die Beine zu stellen. Ich glaube auch, dies sollten wir abwarten und uns dann auf die Diskussion einlassen, wenn wir eine vernünftige Basis haben, eine vernünftige Zahlenbasis haben, eine vernünftige Finanzierungsbasis haben.

Ich möchte aber noch einmal ganz deutlich machen, weil ich ehrlich gesagt auch sagen muss, dass es mir langsam auf den Geist geht, hier von Ihnen immer zu hören, dass wir die Partei wären, die nur an Wegsperren denkt: Ich stimme Ihnen zu, ich bin dafür, dass Kriminelle auch in den Strafvollzug gehören und auch ihre Strafe abzusitzen haben.

(Beifall bei der CDU)

Das ist im Übrigen auch die gesetzliche Grundlage, auf der wir alle hier auch Politik machen, dass derjenige, der eine Straftat begangen hat, für diese Straftat auch bestraft wird, und dazu gehört auch der Strafvollzug.

(Abg. K n ä p p e r [CDU]: Das weiß er nur nicht!)

Bei denjenigen, die auf Bewährung hinausgelassen werden, ist es etwas anderes, aber letztendlich ist es eine Entscheidung, die der Richter trifft.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Allerdings!)

Die treffen nicht Sie, die treffe nicht ich als Person, sondern der unabhängige Richter macht in seinem Urteil klar, ob derjenige, der eine Straftat begangen hat, in den Strafvollzug geht, ob er eine Geldstrafe zahlen muss oder ob eine Strafe auf Bewährung ausgesetzt wird. Ich finde, da machen Sie es sich hier etwas sehr leicht, indem Sie einfach in dieser polemischen Formulierung versuchen, Haushaltspolitik zu machen, ohne einen einzigen alternativen Antrag zu diesem Bereich vorzulegen, ohne eine einzige Alternative in diesem Bereich vorzulegen! Das machen Sie sich wirklich viel zu einfach!

(Beifall bei der CDU)

Auch zu diesem Bereich liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zum Bereich fünf, Bau, Umwelt und Verkehr.

Das Wort erhält Frau Abgeordnete Krusche.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bausenator!

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Er ist doch da!)

Ja, ich sehe ihn! Das Bauressort, das für meine Begriffe die Zukunft der Stadt mitgestalten soll, das neue Initiativen ergreifen muss vor dem Hintergrund des demographischen Wandels, des Strukturwandels in der Stadt, der Konkurrenz der Städte untereinander, ist sowohl personell als auch finanziell in arger Bedrängnis. Die finanziellen Risiken sind erheblich. Als Stichworte seien hier nur genannt die steigenden Zahlen beim Wohngeld oder die Erbringung der Minderausgabe von 3,6 Millionen Euro in 2004 und 7,1 Millionen Euro in 2005. Dann gibt es den Weidedamm III als ewige Dauerlast, pro Jahr muss eine Million Euro an Zinsen gezahlt werden, und damit das nicht so auffällt, packt man eben die Zinsen in das Sondervermögen Infrastruktur. Mindereinnahmen gibt es bei den Baugenehmigungen, Mehrausgaben bei unserem Lieblingsprojekt SiemensHochhaus, das sind nur einige Probleme, die das Bauressort zu bewältigen hat. Wir Grünen erwarten, dass bei all den finanziellen Risiken nicht das Wohnen-in-Nachbarschaften-Programm, kurz genannt WiN, hinten herunterfällt, denn das wäre für viele Stadtteile fatal.

Positives gibt es allerdings auch zu vermelden zur BSAG. Sie haben als Koalition noch vor ein paar Wochen unseren Antrag zur Zukunft der BSAG abgelehnt, jetzt kann man erfreulicherweise hören, dass das Bauressort und der Vorstand der BSAG sich doch darauf zubewegen, den Verlustausgleich erheblich zu reduzieren, das begrüßen wir ausdrücklich. Noch eine andere Nachricht hat uns erfreut, das ist die Nachricht aus Lilienthal, dass die Lilienthaler Bürgerinnen und Bürger nun endlich sagen, jawohl, wir wollen die Linie vier. Wir Grünen wollen allerdings jetzt auch vom Bauressort, dass es die Initiative ergreift und die Mittel für den Weiterbau der Linie vier in Lilienthal baldmöglichst bereitstellt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir fordern im Übrigen, dass bei den begrenzten Mitteln ein Umsteuern in der Verkehrspolitik stattfindet. Wir sind sehr dafür, dass in Zukunft mehr Geld für den ÖPNV und weniger für den Straßenbau und Straßenumbauprojekte ausgegeben wird. Die große Koalition hat in den vergangenen Jahren das Geld für teure und unserer Meinung nach auch unsinnige Verkehrsprojekte ausgegeben. Jede erdenkliche Kreuzung in Bremen wurde ausgeweitet, zusätzliche, überflüssige Linksabbiegerspuren wie jetzt Am Wall eingerichtet,

(Abg. F o c k e [CDU]: Völlig richtig!)

die Schwachhauser Heerstraße ist zur Rennstrecke degeneriert, und in der Ostertorstraße sollen, wenn es nach dem Willen von Herrn Focke geht, die Autofahrer Vorrang vor den Fußgängern haben. Das halten wir nicht für richtig.

(Abg. F o c k e [CDU]: Völliger Unsinn!)

Sie können gleich dazu Stellung nehmen! Der Hemelinger Tunnel gleicht noch immer eher einem Geistertunnel, gleichzeitig wird die Funkschneisentrasse als Konkurrenzunternehmen aufgebaut, und gleichzeitig donnern Nacht für Nacht hunderte von Lastern weiter durch die Osterholzer Heerstraße, die von Schlaglöchern durchzogen ist.

Millionen für eine Verkehrsmanagementzentrale ja, aber für die Sanierung des vorhandenen Straßennetzes fehlt das Geld! Wir wollen, dass die vorhandene Verkehrsinfrastruktur erhalten und saniert wird. Die Pflege und der Erhalt des Bestandes einer Stadt, und zwar egal, ob es sich dabei um Gebäude oder aber auch um Straßen handelt, haben für uns Vorrang vor immer weiterem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dafür sind wir auch bereit, viel Geld in die Hand zu nehmen. Wir haben einen Haushaltsantrag vorlie

gen, mit dem wir zwölf Millionen Euro bereitstellen wollen, um das kaputte Straßennetz in Bremen zu sanieren, denn wer notwendige Sanierungsmaßnahmen hinauszögert, der wird in späteren Zeiten sehr viel mehr Geld für die Sanierung unseres Straßennetzes zur Verfügung stellen müssen. Eine ausufernde Flächenpolitik, die immer auch teure Verkehrsinfrastruktur bedeutet, muss endlich in Bremen ein Ende haben, und damit meinen wir sowohl die Westerweiterung des Technologieparks als auch die Bebauung der Osterholzer Feldmark. Beides kann sich Bremen finanziell nicht leisten. Allerdings will ich auch etwas sagen zu einem Verkehrsprojekt, das die Grünen immer nachhaltig unterstützt haben, das ist die Straßenanbindung an die Überseestadt. Diese Straße macht allerdings, das füge ich hier ausdrücklich hinzu, für uns nur mit Straßenbahn einen Sinn. Wir sagen auch, dass diese Straße nur dann einen Sinn macht, wenn die Stadtentwicklung sich in den kommenden Jahren auf die Entwicklung dieses Gebietes konzentriert und sich nicht anderswo in der Stadt eigene Konkurrenzflächen schafft.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Um diesen Prozess zu unterstützen, haben wir einen Haushaltsantrag gestellt, mit dem wir einen Betrag von 200 000 Euro Planungsmittel bereitstellen wollen für eine internationale Bauausstellung Überseestadt, etwa vergleichbar mit der damaligen erfolgreichen IBA-Emscher-Park-Ausstellung in Nordrhein-Westfalen. Unser Ziel ist dabei nicht, dass die Stadt oder wenige Einzelinvestoren hier neue Denkmäler bauen, sondern dass ein von der Stadt initiierter Prozess in Gang gesetzt wird, um eine nachhaltige Umnutzung der ehemaligen Hafenreviere mit hoher stadträumlicher und architektonischer Qualität zu ermöglichen. Wir wollen das auch gerade im Zusammenhang mit der Bewerbung Bremens zur Kulturhauptstadt sehen und glauben, dass dies ein erfolgreiches Projekt für Bremen und auch die Region werden kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dies, sagen wir aber auch ganz deutlich geht unserer Auffassung nach ganz eindeutig nicht unter Federführung der BIG, und wir hoffen, dass der Bausenator demnächst die Federführung für die weitere Entwicklung der Überseestadt unter seine Fittiche nimmt. Wir Grünen wollen bestehende Werte in der Stadt erhalten und Neues wagen und dabei an die vorhandenen Qualitäten Bremens anknüpfen, das ist auch das Ziel unserer beiden Haushaltsanträge, die wir hier zu diesen Haushaltsberatungen gestellt haben, und wir bedauern es ausdrücklich, wenn Sie beiden Anträgen nicht zustimmen sollten. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Dr. Sieling.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der hier vorliegende und zu beratende Teilhaushalt für Bau und Verkehr ist wie in anderen Bereichen auch nicht völlig ohne Risiken. Wenn Sie sich die Zahlen ansehen und die Diskussion vorher, ist völlig klar, dass in den nächsten Monaten der Bausenator die Aufgabe haben wird, die Auflösung von Minderausgaben noch vorzunehmen. Es bestehen gewisse Risiken auch im Bereich Wohngeld und anderen. Das will ich hier nur deutlich machen, denn es wird daran auch klar, dass bei diesem eng gestrickten Haushalt auch in den nächsten Monaten eine Reihe von Aufgaben anstehen wird. Wir beraten aber einen solchen Haushalt nicht mit Blick zurück, sondern mit Blick nach vorn für jetzt noch verbleibende eineinhalb Jahre, und ich möchte aus Sicht der SPD-Fraktion drei Punkte hier nur ansprechen.

Der erste Punkt ist, dass es darum gehen muss, die Stärkung Bremens als Oberzentrum weiter fortzuführen, aber in dem Zusammenhang einen Schwerpunkt zu setzen, den, glaube ich, mit Fug und Recht wir als Sozialdemokraten reklamieren können, weil wir ihn angeschoben haben. Wir müssen darauf setzen, die Stadtteile zu stärken, die Stadtteile und die ganze Stadt zu einer weiteren Entwicklung zu bringen – wir haben es vitale Stadtquartiere genannt, es ist jetzt in den letzten Wochen beschlossen worden und liegt hier auch als Haushaltsantrag vor –, dass begonnen wird mit einem sofortigen Programm Innenstadt und Stadtteile.

So sind die Beratungen in den Deputationen auch gelaufen, dass wir einen Schwerpunkt darauf setzen nach den vielen Jahren in der Innenstadt jetzt in den Stadtteilen die Infrastruktur zu verbessern, die wirtschaftliche Ansiedlung dort zu stärken, das Wohnen dort zu verbessern, die Lebensqualität zu steigern und so Bremen nicht nur zu einer lebenswerten Stadt zu machen, sondern in dem Zusammenhang auch zu einer Stadt, die attraktiv ist für Bürgerinnen und Bürger. Dasselbe gilt auch für Bremerhaven, wir diskutieren hier den Bereich zusammen, denn auch in Bremerhaven wird es darum gehen und geht es darum, Baugebiete auszuweisen und die Stadtteile am Ende des Tages zu stärken.

Man würde sich einen Bärendienst leisten, wenn man in den Stadtteilen die Strukturen, die man hat, gefährden würde. Darum haben wir uns sehr dafür eingesetzt, und ich finde, wir sind zu einem guten Ergebnis gekommen, das Programm „Wohnen in Nachbarschaften“ abzusichern. Wenn Sie in den ersten Haushaltsentwurf, den die Deputationen vorliegen gehabt haben, schauen, werden Sie sehen, dass damals noch gegenüber den ursprünglichen An––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

sätzen für 2004 300 000 Euro fehlten und für das Jahr 2005 sogar 600 000 Euro für das Programm „Wohnen in Nachbarschaften“ fehlten. Das hätte erfolgreiche Strukturen in vielen Stadtteilen gefährdet. Schon in dem Haushaltsentwurf, den der Senator in den Senat eingebracht hat, ist das im Wesentlichen korrigiert worden, und wir legen Ihnen hier als Koalition einen weiteren Antrag vor, wonach die ursprüngliche Lücke völlig geschlossen wird. Das Programm „Wohnen in Nachbarschaften“ wird fortgeführt. Ich finde, das ist ein gutes Signal, dass wir das als große Koalition hinbekommen haben.

(Beifall bei der SPD)

Zur Verkehrspolitik! Die Projekte, die hier anstehen, werden im Wesentlichen über das Nachfolgeprogramm des Investitionssonderprogramms, also das Anschlussinvestitionsprogramm, finanziert werden. Wir haben in diesen Haushaltberatungen viel über Investitionen diskutiert. Hier wird man alles kritisch auf den Prüfstand stellen müssen, was darin steht. Ich will aber deutlich sagen, in den nächsten anderthalb, zwei Jahren wird es deutliche Fortschritte bei dem wichtigen Projekt A 281 geben. Daran halten wir fest. Das ist das Kernprojekt der Verkehrspolitik, jedenfalls des Straßenausbaus.

Ich will als Zweites sagen, in der Tat müssen wir, Frau Krusche sprach das auch an, vorankommen beim ÖPNV. Die Entscheidung in Lilienthal ist hervorragend. Wir haben in den letzten Jahren die Linie sechs ausgebaut, die Linie vier ist in zwei Bauabschnitten fortgeführt worden. Jetzt kann dieses Projekt zu einem erfolgreichen Ende geführt werden. Ich sage auch deutlich, wir müssen auch in Bremen weitermachen und müssen schnell zu Entscheidungen kommen. Zu dem Ausbau der Linie eins, will ich klar sagen, dass die Priorität auf dem erfolgreichen und wirtschaftlich tragfähigen Ast in Osterholz nach Mahndorf liegt. Dort müssen wir als Erstes zu vernünftigen Ergebnissen kommen. Ich bin der Auffassung, weil die Verkehrsinfrastruktur insbesondere im Bremer Osten angespannt ist, wird es auch um die Fortsetzung der Linien zwei und zehn im Bremer Osten gehen. Das ist das vorrangige Paket des ÖPNV-Ausbaus, und daran müssen wir arbeiten.

(Beifall bei der SPD)

Letzter Punkt! In vielen Stadtteilen und Wohngebieten sehen Sie, in welchem Zustand unsere Straßen mittlerweile sind. Im Bereich der Straßenreparatur muss etwas passieren. Wir hatten innerhalb der Koalition eine Diskussion, wie wir das jetzt schon verankern können. Ich vertrete die Auffassung, dass dies auch ein Thema ist für das Anschlussinvestitionsprogramm Verkehr. Wir müssen dort die Vorhaben der Straßenreparaturen verstärken. Das, was vorbereitet worden ist als Pavement-Management

System, neudeutsch nennt man das heutzutage so, wonach man dann weiß, welche Straßen als Erste anfallen, das muss man angehen, das muss man unterstützen, aber es ist eine Angelegenheit, die aus dem großen Investitionsprogramm darzustellen ist und nicht aus irgendwelchen weiteren, mittlerweile ja kleinen Bereichen des Grundinvestitionsprogramms.

Insgesamt bitte ich um Zustimmung heute am späten Abend zu den Anträgen der großen Koalition, die hier von SPD und CDU vorgelegt wurden, und natürlich um Zustimmung auch zu diesem Haushaltsbereich. – Danke sehr!

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Focke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Je weiter die Zeit fortschreitet, je weniger Redezeit steht den Fraktionen zur Verfügung. Das ist so ein Wettlauf mit der Zeit, den man machen muss. Deswegen muss ich das auch ganz schnell machen.

Zu Frau Krusche zwei Punkte! Frau Krusche, der Hemelinger Tunnel, der hier so viel malträtiert worden ist, ist in Wirklichkeit das Erfolgsprojekt der letzten Jahre

(Beifall bei der CDU)

und sichert zigtausend Arbeitsplätze. Das muss immer wieder gesagt werden. Wenn das Kleeblatt ausgebaut worden ist und der Brüggeweg zurückgebaut worden ist, dann werden heute nicht nur 8000 bis 9000, sondern weit über 12 000 Autos da durchfahren. Dann ist der Tunnel ausgelastet, und die Verkehre laufen nicht mehr durch die Stadtteile. Das ist doch ein ganz wichtiger Punkt.

(Beifall bei der CDU)