Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will mich jetzt nur noch auf einige Punkte beschränken, weil ich glaube, es ist müßig, alles noch einmal zu wiederholen, was hier richtigerweise auch von mehreren gesagt worden ist. Ein Punkt ist sicherlich richtig und wichtig: Es ist ganz viel an Verunsicherung und auch an Ängsten spürbar, wenn man mit den Menschen diskutiert, denn es ist eine sehr umfassende Reform, die wir hier auf den Weg bringen, die auch in den Details sehr schwierig nachzuvollziehen ist und die, darum darf man auch nicht herumreden, in vielen Fällen auch tatsächlich mit ganz persönlichen Härten verbunden ist. Da verwundert es nicht, dass Menschen besorgt sind. Das können wir auch nachvollziehen. Aber darum ist es gerade unsere Aufgabe als Politikerinnen und Politiker, nach außen zu gehen und mit den Menschen darüber zu diskutieren, Fragen zu beantworten und auch natürlich eine kritische politische Auseinandersetzung zu führen.
Dieser Prozess hat jetzt, Gott sei Dank, nach der Sommerpause auch begonnen. Wir sind, denke ich, in der Vermittlung doch deutlich besser geworden, aber ich teile die Kritik, man hätte es eigentlich von Anfang an erkennen müssen, dass hier viel an Aufklärungsarbeit zu leisten ist.
Wir haben auch wenig Zeit, das ist auch gesagt worden. Wir haben ganz wenig Zeit für diese – ich will jetzt nicht darüber streiten, ob es die größte oder zweitgrößte ist – jedenfalls sehr umfassende Reform. Wenn zwei historisch gewachsene Systeme, einmal die Arbeitslosenhilfe und einmal die Sozialhilfe, zusammengeführt werden zu einem völlig neuen Rechtssystem, das ist nicht nur für die betroffenen Menschen eine große Herausforderung, sondern natürlich auch für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zum einen in der Agentur für
Arbeit und zum anderen in den Sozialämtern oder Sozialzentren arbeiten. Alle müssen sich auf diese neuen Strukturen, auf das neue Rechtssystem einstellen, und das mit einem wahnsinnigen Zeitdruck.
Deswegen bin ich auch, ich möchte mich dem ausdrücklich anschließen, sehr dankbar für das ungeheure Engagement, was wir sowohl bei den Agenturmitarbeiterinnen und -mitarbeitern als auch bei den Sozialzentrum- und Sozialamtmitarbeiterinnen und -mitarbeitern in Bremen und Bremerhaven vorfinden, Gott sei Dank vorfinden. Ohne dieses Engagement, ohne dieses Wollen, es zu schaffen zum 1. Januar 2005, wäre das, was wir hier vor uns haben und was wir uns fest vorgenommen haben, nicht möglich. Deswegen auch ganz herzlichen Dank von dieser Stelle aus! Da beziehe ich auch ganz ausdrücklich die Personalrätinnen und Personalräte ein, die diesen Prozess, der auch aus ihrer Sicht ganz schwierig ist, sehr konstruktiv begleiten.
Verständlich ist natürlich die Sorge der Menschen, die betroffen sind. Sie stellen die Frage, ob sie zum 1. Januar tatsächlich auch das Geld für ihre Wohnung, für ihren Lebensunterhalt bekommen, ob sie damit auch wirtschaften können, denn überall in der Presse ist natürlich immer wieder zu lesen, dass die Softwareentwicklung schleppend oder gar nicht funktioniert. Da wird viel spekuliert. Wir wollen als Kommune Bremen mit dabei sein, wenn am 18. Oktober, das ist jetzt das neue Datum, diese neue Software, deren Titel mir jetzt gerade wieder entfallen ist, richtig vor Ort ausprobiert wird, auch mit Belastung von Fallzahlen ausprobiert wird. Dann können wir hier auch vor Ort in Bremen ganz genau verfolgen: Funktioniert das neue System, funktioniert es nicht? Hat es Schwächen, wo muss noch etwas ausgebügelt werden? Wir haben uns auch darum beworben, dass wir das hautnah mitgestalten und miterleben können. Dann wissen wir auch nach dem 18. mehr.
Das heißt jetzt aber nicht, dass wir nicht auch mit dem Schlimmsten rechnen. Es ist natürlich so, dass wir uns auf diese Worst-case-Situation einstellen. Wir haben alle schon einmal unsere Erfahrungen mit ITSystemen gemacht und arbeiten daher auch an Notfallplänen oder, wie wir jetzt neuerdings immer sagen, am Plan B, dass für den Fall der Fälle, wenn irgendetwas nicht klappt, wir selbstverständlich sicherstellen wollen, dass die Menschen ihr Geld bekommen. Dafür stehe ich hier, und wir werden das auch gemeinsam mit der Agentur für Arbeit, da haben wir uns ganz fest verabredet, hinbekommen.
Es ist aber trotzdem eine gewaltige Aufgabe, das ist schon gesagt worden, es sind Datenmengen unglaublichen Ausmaßes zu bearbeiten. Es ist aber nicht nur die Leistungsseite zu bearbeiten, sondern es ist natürlich auch die inhaltliche, programmatische Seite zu bearbeiten, also ganz viel zu bewältigen innerhalb einer kurzen Zeit. Ich denke, dass wir in Bremen und Bremerhaven sehr gut aufgestellt sind, weil wir uns sehr frühzeitig, als noch gar nicht ganz klar war, wie das Ganze tatsächlich enden würde, auf diese Situation schon vorbereitet und in Projektgruppen mit Hochdruck daran gearbeitet haben. Herr Wedler, Bremerhaven war immer dabei, ist immer zeitnah informiert worden und hat auch an diesen Projektgruppen teilgenommen. Dass dort ein Informationsdefizit sei, das kann ich nicht nachvollziehen und wird auch von den Bremerhavenern im Übrigen, die dabei sind, so nicht gesehen.
Ansonsten, Herr Wedler, bitte ich um Verständnis, das ist in erster Linie einmal Angelegenheit der Kommune Bremerhaven, wie sie das regelt. Wir haben sowohl in der Deputation für Soziales als auch in der Deputation für Arbeit die entsprechenden Verantwortlichen eingeladen, sie haben berichtet, und beide Deputationen haben auch gesagt, dass sie das aufmerksam verfolgen wollen, wie sich dieser Prozess in Bremerhaven gestaltet. Die Bremerhavener haben uns versichert, dass sie das auch auf jeden Fall auf einem guten Weg sehen und entsprechend ihre Vorbereitungen treffen.
Durch die Zusammenlegung ist ein deutlicher Fortschritt erreicht ab 1. Januar. Es werden Leistungen aus einer Hand garantiert, und es werden vor allen Dingen die gleichen Leistungsspektren, die Angebote für alle Menschen, die erwerbsfähig sind, vorgehalten, vor allem durch Fallmanager, die qualifiziert sind, so dass wir endlich auch in diesem Bereich den europäischen Standard erreichen werden und hoffentlich auch die guten Erfolge erzielen, wie sie andere europäische Länder uns vorgemacht haben.
Wir sind in der Stadtgemeinde Bremen, mit der Bremer Arbeitsgemeinschaft für Integration und Soziales, Bagis, jetzt so weit, dass wir als eine der ersten Kommunen diesen Vertrag zunächst nur paraphiert haben. Das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen, weil der Haushalts- und Finanzausschuss selbstverständlich vorbehaltlich beteiligt wird, und erst dann ist der Vertrag sozusagen perfekt.
Liebe Frau Schön, ich möchte noch einmal ganz klarstellen, wir haben permanent über den Fortschritt dieser Verhandlung in der Deputation berichtet, und wir haben ausdrücklich gesagt, dass es in erster Linie drei rechtliche Möglichkeiten gibt, dieses Konstrukt zu gestalten, nämlich als GmbH, als
öffentlich-rechtliche Gesellschaft oder als BGB-Gesellschaft, und es ist so gewesen, dass in der Tat in einer Phase die GmbH favorisiert wurde, man aber dann noch einmal nach einer sehr genauen Prüfung abgeglichen hat, was sind eigentlich Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Modelle, und wir uns dann, sehr sorgfältig im Übrigen und nicht mit heißer Nadel gestrickt, für die öffentlich-rechtliche Gesellschaft entschieden haben. Wie Sie selbst gesagt haben, 79 Prozent der Arbeitsgemeinschaften haben sich für diese Form entschieden, so dass wir überhaupt nicht exotisch sind, nicht irgendetwas ganz Neues erfunden haben, sondern durchaus das, was auch im Mustervertrag vorgegeben ist, gewählt haben, so dass wir uns auf einer guten und sicheren Seite bewegen können.
(Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Nur komisch, dass man zwei Tage vor- her den GmbH-Vertragsentwurf bekommt!)
Ich weiß nicht, woher Sie den haben, ich habe den jedenfalls nicht bekommen, und in der Deputation haben wir auch nicht zwei Tage vorher die Vorlage vorgelegt. Also, es ist sehr sorgfältig und transparent die ganze Zeit über auch in der Deputation vermittelt worden, das möchte ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich darstellen, darauf lege ich auch großen Wert.
Wir werden also jetzt in Zukunft in der Stadt Bremen sechs Standorte haben, sechs Jobcenter, die dezentral für alle erreichbar sind, und wir werden auch alle Angebote aus einer Hand in diesen Jobcentern vorhalten. Die Kommune ist ja bekanntlich zuständig für die Kosten für Wohnung und Heizung, für Schuldnerberatung, Suchtberatung, psychosoziale Beratung und weitere Angebote. Das wird auch in diesen Jobcentern dann für die Menschen, die dort Angebote suchen, entsprechend bereitgehalten, so dass tatsächlich diese Leistungen sehr passgenau für sie entwickelt werden können.
Wir haben also mit der Basis die Rahmenbedingungen für eine effektive Vermittlung geschaffen. Wir haben auch, das ist schon gesagt worden, vom Bund eine richtig gute finanzielle Ausstattung mit 77,6 Millionen Euro für Bremen und 26,7 Millionen Euro für Bremerhaven. Das ist sogar noch etwas mehr als das Geld, das wir bis jetzt zur Verfügung hatten, und ich denke, damit können wir auch inhaltlich gute Angebote in der Arbeitsmarktpolitik gestalten und die Seite des Förderns durchaus so in den Mittelpunkt stellen, dass wir Qualifizierung und Beschäftigungsangebote zielgruppengerecht organisieren können.
Frau Ziegert hat noch einmal auf die Gruppe der Jugendlichen hingewiesen, das ist mir auch ganz wichtig – das ist auch ein Schwerpunkt von Hartz – und aus meiner Sicht ein wirklicher Fortschritt, dass die Menschen unter 25 Jahren einen Rechtsanspruch
haben auf einen Job, auf einen Ausbildungsplatz oder auf eine Qualifizierungsmaßnahme, je nach dem, was für sie das geeignete Instrument ist.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal ganz klar sagen, wie wir mit den Beratungsprojekten umgehen. Wir haben auch schon in der Antwort auf die Anfrage ausdrücklich ausgeführt, dass wir unsere regionalen Trägerstrukturen nutzen wollen, und wir sind zurzeit von der Arbeitsgemeinschaft in Gesprächen mit diesen Beratungsprojekten mit privaten Trägern, um das einzubeziehen und die guten Erfahrungen, die wir gemacht haben, hier auch in Bremen fortzusetzen. Ich kann Ihnen heute noch keinen Abschluss präsentieren, weil diese Gespräche noch laufen, aber ich bin ganz zuversichtlich, dass wir das hinbekommen.
Ich bin sofort fertig! Das sagt eigentlich schon alles. Sie stehen nämlich nicht an Priorität eins, liebe Frau Schön, sondern es ist erst dann auf eine der Maßnahmen zurückzugreifen, wenn die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt, die nämlich ganz oben steht, nicht klappt. Sie sind zusätzlich, und wir werden ganz genau darauf achten, die BAG hat gute Erfahrungen, dies zu kontrollieren. Sie sind gemeinnützig, und das ist mir auch noch ganz wichtig, sie haben eine hohe Wertschätzung, auch jetzt schon. Die Prämienarbeitsplätze werden von den Leuten gut angenommen, und es macht ihnen auch Spaß, an diesen Arbeitsplätzen zu arbeiten. Zu behaupten das sei nicht auf gleicher Augenhöhe und es habe keine Wertschätzung, finde ich ehrlich gesagt ziemlich schwierig. – Danke schön!
Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/423 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab. Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Land-tag) von der Antwort des Senats auf die Große An-frage der Fraktionen der CDU und der SPD Kenntnis.
Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Lühr. Gemäß Paragraph 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage mündlich zu wiederholen. Herr Staatsrat, ich gehe davon aus, dass Sie darauf verzichten wollen, so dass wir gleich in die Aussprache eintreten können. Als erste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mathes.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir Grünen haben diese Große Anfrage aus zwei Gründen gestellt: Der erste ist, um zu erkunden, ob es neben der Affäre der Bremer Entsorgungsbetriebe weitere Missbräuche und Verschwendungen gibt. Der zweite besteht darin, dass wir damit dazu beitragen wollen, dass die seit 1. April dieses Jahres gültige Handlungsanweisung zur Benutzung von Dienstwagen in Bremen auch umgesetzt wird. Meine Damen und Herren, wenn Sie bedenken, dass zurzeit 264 Dienstwagen gefahren werden, liegt hier die Bedeutung für den Bremer Haushalt und auch für die Umwelt auf der Hand. Mit der Antwort des Senats auf unsere Große Anfrage sind die Fakten endlich auf den Tisch gekommen. Weitere Grundlage für Verbesserungen ist die eingangs genannte Handlungsanleitung. Wir Grünen begrüßen ausdrücklich, dass diese Handlungsanleitung vom Finanzsenator auf den Weg gebracht wurde.
Ziel ist es eben, Kosten- und Energieeffizienz zu erreichen und die Privatnutzung von Dienstfahrzeugen einzuschränken und zu kontrollieren. Aus Sicht der Grünen kommt diese leider etwas spät, aber wie gesagt, ich will an der Stelle nicht meckern, sondern hier denjenigen, der das einmal in die Hand genommen hat, loben, nämlich Herrn Senator Nußbaum.
In der Handlungsanleitung heißt es unter anderem zum Umweltschutz: „Aus Gründen des Umweltschutzes sollen vorrangig öffentliche Verkehrsmittel bei der Erledigung von Dienstgeschäften benutzt werden. Dienstfahrzeuge dürfen nur dann eingesetzt werden, wenn die Art oder die Dringlichkeit der Dienstgeschäfte dies erfordert, ein wirtschaftlicher Einsatz gesichert ist, die entstehenden Mehrbelastungen gegenüber der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel in vertretbarem Verhältnis zur Zeitersparnis und zu den Beeinträchtigungen der Umwelt stehen. Dienstkraftfahrzeuge sind nach Möglichkeit auch dienststellenübergreifend zu nutzen.“
Weiter heißt es zu dem Bereich Car-Sharing: „Eine wirtschaftliche Alternative zur Haltung von Dienstkraftfahrzeugen, insbesondere bei vergleichsweise geringer Auslastung eigener oder geleaster Fahrzeuge, kann der Zugriff auf Car-Sharing-Angebote sein. Hierbei handelt es sich um die Möglichkeit, bei einem privaten Anbieter für Dienstfahrten ein Fahrzeug zu buchen.“ Soweit in der Handlungsanleitung!
Wenn man jetzt diese Handlungsanleitung mit der Praxis spiegelt, sieht man eigentlich, wie viele Defizite und wie viel Aufholbedarf es in diesem Bereich noch gibt. Lediglich fünf Dienststellen beziehungsweise Eigenbetriebe nutzen die Bremer Karte oder Car-Sharing. Lediglich fünf, und das, obwohl wir Grünen bereits im Dezember 2000 eine Kleine Anfrage gestellt haben unter anderem mit dem Ziel, CO2-Freisetzungen einzusparen und damit natürlich auch an dieser Stelle einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.