Protokoll der Sitzung vom 07.10.2004

Ich habe über dieses Thema in der Presse alles Mögliche gelesen. Jeder interpretiert diesen Kabinettsbeschluss, wie er will. Jetzt kommen Sie noch dazu, Herr Günthner. Jetzt interpretieren Sie auch noch eine verkürzte Darstellung in der Presse als

eine Position von Herrn Trittin, und das muss ich hier natürlich klarstellen. Da zitieren Sie nicht vollständig, wenn Herr Trittin sagt, die Außenweservertiefung ist im Vergleich zur Elbe natürlich nicht so umwelterheblich. Das ist so! Das ist auch okay, aber deswegen das so zu interpretieren, jetzt ist Trittin auch für die Außenweservertiefung, das ist weit hergeholt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich möchte deswegen aus einer Klarstellung des Bundesumweltministeriums aus einem Brief vom 27. September zitieren, wie denn der Kabintettsbeschluss zu verstehen ist. Die richtige Interpretation ist nämlich:

„Zwar können bereits jetzt Detailplanungen und Untersuchungen zu den Vorhaben aufgenommen werden, um eine Basis für spätere Planfeststellungsverfahren zu gewährleisten, die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens setzt aber voraus, dass die Gleichstellung mit dem vordringlichen Bedarf erfolgt ist, die Vorhaben also als prioritär festgelegt wurden. Demnach müssen alle oben genannten Voraussetzungen erfüllt sein. Das positive Ergebnis der Untersuchung ist mit dem Bundesumweltministerium festzustellen. Vor Einleitung des Planfeststellungsverfahrens ist daher eine Abstimmung mit dem Bundesumweltministerium und gegebenenfalls ein weiterer Kabinettsbeschluss erforderlich.“ Soweit die Aussage!

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Günthner?

Ja, bitte!

Bitte sehr!

Frau Kollegin Dr. Mathes, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass nach einem Absatz, bevor Herr Trittin sich zur Elbe äußert, es dann heißt: „Neue Baggerungen in der Außenweser hält Trittin hingegen für weniger kritisch, auch wegen der Kosten.“? Nur das habe ich vorhin zitiert und nichts anderes.

Gut, dann sind wir uns da einig! Wenn man also Außenweservertiefung und Elbevertiefung vergleicht, ist festzustellen, die Außenweservertiefung ist viel billiger, nämlich um den Faktor zehn, und sie ist viel weniger umwelterheblich, insbesondere was das Hochwasserrisiko betrifft. Das ist so! Trotzdem ist das so, weil die Elbevertiefung ein Wahnsinnseingriff wäre, auch was die Frage des Hochwasserschutzes und die Kosten betrifft, die betragen bis zu 350 Millionen Euro. Das sind doch ganz andere Dimen

sionen, aber weil das eine so wahnsinnig teuer und ein wahnsinniger Eingriff in die Umwelt ist, kann ich doch nicht sagen, das andere ist deswegen umweltunerheblich. Ich muss mich doch an die Fakten halten.

Ich komme zum Schluss! Die Position, die ich eben noch einmal dargelegt habe, insbesondere auch die Position des Bundesumweltministeriums ist die Position der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hier in der Bremischen Bürgerschaft, und unser Ziel ist keine Verhinderungspolitik, sondern unser Ziel ist es, Wege zu finden, die mehr Arbeit schaffen und die Umwelt schützen. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Bödeker.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen, meine sehr geehrten Herren! Jetzt muss ich erst einmal sortieren, das ist alles ziemlich unübersichtlich geworden. Zunächst einmal, liebe Frau Dr. Mathes, ist natürlich klar, dass die Außenweservertiefung kein kleiner Eingriff ist. Das hat auch nie jemand gesagt. Wir sprechen hier von einer 120 Kilometer langen Ausbaustrecke. Das ist kein kleiner Eingriff.

Herr Dr. Güldner hatte vorhin die Zwischenfrage gestellt, woher wir wissen, dass die Vorprüfungen positiv gewesen sind. Es gab eine Presseerklärung des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe e. V., in der das einmal erwähnt wird, und zum anderen sagt die Wasser- und Schifffahrtsdirektion, dass im Bereich der Vorprüfung positive Ergebnisse erzielt worden sind. Wir sagen sogar, dass Tidenwertänderungen im unteren Bereich der Zentimetergrenze erreicht werden bei Vertiefung. Das muss man, denke ich, doch einmal zur Kenntnis nehmen.

Zum anderen sagt Ralf Nagel, der Staatssekretär beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, dass der Planungsauftrag erteilt worden ist. Ich weiß nicht, wie Sie mit Ihren Ministern der Bundesregierung kontaktieren. Hier ist ein klarer Auftrag an die Wasser- und Schifffahrtsdirektion gegeben worden. Das ist festzuhalten.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt einmal zur Frage der Position vom Bündnis 90/Die Grünen! Ich denke, eine politische Diskussion ist eine, in der jeder Argumente bringt, und die anderen hören zu. Ich höre immer sehr gut zu, und ich habe gut zugehört, und ich wundere mich immer, wer eigentlich bei Ihnen bei Hafenangelegenheiten spricht. Da weiß man auch nicht so genau, an wen man sich eigentlich wendet, aber ich habe gut zugehört.

Sie sagen, wir stehen dem nicht im Wege, wir prüfen einmal. Ihr Herr Lehmann hat gesagt, ein Tiefwasserhafen, und er hat gesagt, Wilhelmshaven ist der neu zu bauende Tiefwasserhafen,

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Soll Bremerhaven jetzt so tief wer- den wie Wilhelmshaven?)

und dementsprechend ist natürlich der Versuch, den Sie machen, hier ziemlich deutlich geworden, dass Sie durch die Hintertür die für Bremen und Bremerhaven wichtige Außenweservertiefung verhindern wollen.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort Herr Bürgermeister Dr. Gloystein.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Noch einmal zur Klärung der Sachlage! Zitat: „Das Bundeskabinett hat festgelegt, den Beschluss zur Aufnahme der Planungen für das Planfeststellungsverfahren zu erlassen.“ Das ist der wörtliche Beschluss. Dieser Auftrag ist an Aurich ergangen.

Jetzt noch einmal ein paar Eckpunkte aus Sicht des Senats! Ich glaube, dass die Außenweservertiefung erstens ökonomisch sinnvoll ist, daran kann es wenig Zweifel geben, dass es zweitens vom ökonomischen Aufwand her relativ günstig ist, diese Fahrrinne mit ungefähr 30 Millionen Euro auszubaggern, ist, glaube ich, auch deutlich.

Der dritte Punkt ist die Ökologie. Natürlich ist es auch, obwohl die Eingriffe relativ zu anderen eher geringer sind, ein Eingriff, aber der größte Teil der Einwendungen und Kommentare, die da eben gemacht wurden, wird in der Art der Ausbaggerung und in der Art des ganzen Projektes selbst behoben. Es geht nicht darum, dass einfach nur eine Rinne gebaggert ist, durch die die Containerschiffe fahren, sondern es geht auch darum, dass unter Wasser eine Wasserführung erreicht wird, die übrigens relativ aufwendig ist, die einen großen Teil dieser Dinge dann abdeckt, und das ist in dem Projekt enthalten.

Es ist natürlich richtig, dass dieser ganze Beschluss durchaus interpretationsfähig ist. Das ist in der Öffentlichkeit auch genügend gemacht worden. Unsere Informationen und auch die Informationen der Nachbarressorts in Hamburg und auch aus dem Bundesverkehrsministerium und der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Aurich sind positiv. Wir haben dort nachhaltig nachgefragt, wie denn das alles zu interpretieren sei, und die Per-Saldo-Wertung ist positiv. Das ist das eine.

Das Zweite ist, dass der Beschluss in der Essenz, im Wesentlichen nur eines bedingt, dass ein Verfah

ren eingeleitet worden ist, das frühestens 2007 einen Anfang der Bauarbeiten ermöglicht. Ob das nun kommt, ist eine andere Beschlusslage. Wenn dies jetzt nicht am 15. September so beschlossen worden wäre, wäre unter keinen Umständen ein Baubeginn 2007 möglich gewesen. Wir haben also eine Voraussetzung geschaffen, diese Bedingung ist aber nicht ausreichend.

Meine Bitte an alle Beteiligten wäre schon die, dass wir nicht durch Relativierungen und Infragestellungen dieses Projekt nach hinten ziehen. Natürlich ist die Neigung auch beim Bund, bei allen da, dies allein aus Haushaltsgründen nach hinten zu ziehen. Je weiter wir es nach hinten ziehen, umso mehr kommen wir in eine Marktsituation, ich habe es bei einem anderen Tagesordnungspunkt schon dargelegt, in der die Alleinstellung Bremerhavens, die 2008 erreichbar wäre, nicht mehr gegeben ist.

Im Reedereigeschäft handelt es sich um ein Logistik-, um ein Systemgeschäft. Wenn bestimmte Routen und bestimmte Infrastrukturen einmal festgelegt werden, ist es relativ schwierig, wieder davon wegzukommen. Wenn wir, ich nenne einmal eine Zahl, in den Beginn des nächsten Jahrzehnts, 2012, 2013, kämen, weil immer wieder etwas verzögert wird und hier ein finanzieller Engpass ist und da noch ein Einwand zu berücksichtigen ist und so weiter, dann ist es in der Tat nicht mehr unbedingt sicher, dass diese Verkehre mit den Größtschiffen dann auch in Bremerhaven landen. Dann sind wir in einer Konkurrenzsituation mit anderen, die inzwischen den Vorteil, den wir uns durch eine kluge Politik herausgearbeitet haben, auch haben. Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt, und ich bitte alle, dies hier zu berücksichtigen.

Noch einmal zu der Frage mit dem einen Hafen! Wenn man weiß, welche Kapazitäten für diese großen Schiffe in Bremerhaven und in Wilhelmshaven geschaffen wurden, dann ist eigentlich klar, dass nach allen perspektivischen Überlegungen ab Anfang des nächsten Jahrzehnts diese Kapazitäten auch jetzt schon nicht mehr für einen Hafen ausreichen würden. Wir brauchen mindestens zwei, und wenn wir die brauchen, sollten wir alles daran setzen, dass Bremerhaven da die meisten Spielanteile hat.

(Beifall bei der CDU)

Das nationale Hafenkonzept: Theoretisch ist zunächst einmal nichts dagegen einzuwenden, nur, wir haben ein Gremium, das ist die Küstenwirtschaftsminister und -senatorenkonferenz, die Ministerpräsidentenkonferenz und die maritime Konferenz. In dieser Konferenz wird eigentlich alles das, was von einem nationalen Konzept gefordert wird, auf relativ unbürokratische Weise geleistet, aber, und das ist der entscheidende Punkt, mit der letzten Instanz, dass die Länder auch zuständig bleiben und in diesem Fall Bremen.

Ich stelle einmal die Gegenfrage: Meinen Sie denn, wenn wir vor zehn Jahren ein nationales Konzept gehabt hätten, dass in diesem nationalen Konzept Bremen und Bremerhaven in dieser Großschiffsfrage jetzt die Chance auf eine führende Position gehabt hätten? Die haben wir doch nur deshalb gehabt, weil hier unter vorausschauender Politik die Voraussetzungen geschaffen wurden, dass wir im Jahr 2008 frühestens hier in dieser Art aufgestellt sein können, dass wir eben dieses Alleinstellungsmerkmal haben! In einer ewigen Abstimmungsrunde mit den anderen und mit dem Bund wäre es irgendwo vermauschelt worden, und wir hätten unsere Quotenanteile bekommen. Wir hätten nie diese Chance gehabt, und das bitte ich hier doch einmal sehr nachhaltig zu berücksichtigen!

Letztendlich ist es schon der Vorteil, dass wir hier als letztentscheidendes Land unsere eigene Infrastruktur geschaffen haben. Wir brauchen allerdings in der Tat für die Weservertiefung natürlich den Bund, und damit wir diesen Beschluss bekommen, wäre es sehr von Nutzen, wenn wir hier mit einer einheitlichen und auch überparteilichen Stimme sprechen könnten, denn es ist ein Land-Bund-Projekt, und da sind wir gemeinsam sehr nachhaltig auf den Erfolg angewiesen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Lehmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Gloystein, bitte unterschätzen Sie die Wichtigkeit unseres Hafenkonzeptes nicht! Was heißt unseres, überhaupt des Hafenkonzeptes! Das soll noch erarbeitet werden, und es ist nicht nur eine Idee der Grünen. Die Fortsetzung dieses Konzeptes aus dem Bundesumweltministerium ist sinnvoll. Es ist kein Verzögerungsinstrument, sondern eine kluge und nachhaltige Lösung, und daher sollten Sie auch unserem Antrag zustimmen.

Noch ein Wort zum Thema Außenweser! Ich frage mich: Warum sollten wir nicht wenigstens abwarten mit der Vertiefung, bis ein weiteres ökologisches Gutachten da ist?

(Abg. F o c k e [CDU]: Das ist doch gera- de von Ihrer Kollegin zitiert worden! Wird doch alles gemacht!)

Wird gemacht! Sie fordern aber die Außenweservertiefung sofort, und das wollen wir natürlich nicht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Wir wollen vorher ein ökologisches Gutachten haben. (Zurufe von der CDU)

Daher noch einmal die Forderung an Sie, unserem Antrag zuzustimmen! – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Als Erstes lasse ich über den Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU abstimmen. Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU mit der Drucksachen-Nummer 16/426, Neufassung der Drucksache 16/391, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Abg. T i t t m a n n [DVU] und Abg. W e d l e r [FDP])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen Bündnis 90/Die Grünen)