Herr Jäger, ich wollte Sie nicht umarmen, ich habe nur gedacht, dass Sie in der Deputation, als wir darüber gesprochen haben, das Gesetz schon gelesen hätten, denn dann hätten Sie alle Ihre Befürchtungen, Sorgen, Nöte und was Sie früher einmal wollten, schon da erwähnt. Ich habe das Gefühl, hier lässt man jetzt die Muskeln spielen. Das macht sich gut, der Kreis der Kollegen ist ein bisschen größer, und übertragen wird es ja auch noch.
Aber dass Sie sich hier hinstellen und in einer wirklich unverschämten Weise unsere jungen Leute, die ihr Abitur im Lande Bremen machen, so in Verruf bringen und diskreditieren, das finde ich unverschämt! Ich finde, das muss dieses Haus richtig stellen. Wir haben sicher schwache Studierende und Abiturienten, wir haben sehr gute, und wir haben auch
ein gesundes Mittelmaß, aber so etwas hier zu sagen, das finde ich unverschämt, und das gefällt mir nicht.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe nichts anderes gesagt als schon immer an der Stelle, und Studenten sind auch für die CDU weiß Gott keine Feindbilder.
Wir haben hoch motivierte Menschen, insbesondere in spezialisierten Fachbereichen, dort, wo die Hochschulen ihre Exzellenz bewiesen haben, ganz sicher dort, wo es Zulassungsbeschränkungen gibt, denn da muss man sich nämlich durchboxen, aber es gibt Studiengänge, da kommen die Studierenden an, weil sie woanders nicht angenommen werden,
weil sie dann am Ende noch zwischen den beiden öffentlichen Hochschulen und der Universität rotieren. Dann sitzen sie da, und irgendwann zum Hauptstudium kommt einmal die Idee, was ich eigentlich nach meinem Studium machen muss.
Was mich bedrückt: Ich selbst habe das erlebt, ich komme aus diesem System. Ich habe an dieser Universität im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften studiert. Ich dachte zu meiner Zeit, ich wäre die Studentenschwemme. Die ist ja jetzt gekommen, und jetzt hat das zu Zulassungsbeschränkungen in dem Fachbereich geführt. Es gibt zahlreiche Studierende, die gehen schlichtweg im Kreis, und irgendwo landen sie dann.
Genau darum geht es doch, wir wollen es passgenau machen. Wie bekommen wir die Erwartungshaltungen an den Hochschulen mit dem Interesse, mit der Motivation und mit den Vorkenntnissen der Studierenden zusammen? Da braucht man kein negatives oder schlechtes Urteil über Studierende, sondern damit muss man schlichtweg realistisch umgehen. Es dient den Hochschulen, und es dient dem Profil der Hochschulen. Das wollen wir, dass sie in einen Wettbewerb miteinander treten, und das wollen wir miteinander befördern.
Ich glaube, unverschämte Sachen habe ich nicht gesagt. Ich sage nur, und ich prophezeie es Ihnen, die ZVS wird irgendwann auch fallen. Wir sagen es eben schon heute. Wir haben auch gesagt, die ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Schulen müssen auswählen. Das haben wir vor drei Jahren schon gesagt, da wollte es keiner. Jetzt passiert es, und wir machen das hier mit diesem Gesetzentwurf mit der ersten und zweiten Lesung gemeinsam, Frau Berk!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sprechen über ein Gesetz, das wir in der Tat, sehr geehrte Frau Schön, in allererster Linie für die Studenten hier einbringen. Die Studenten sollen, wie Sie das richtig gesagt haben, im Vordergrund stehen. Wir sehen an unseren Hochschulen, dass wir leider die Studierenden dort zu lange studieren lassen. Wir erleben Abbrecherquoten in einigen Fächern, die liegen bei 33 und 35 Prozent, und das ist inakzeptabel für unser Land, das ist inakzeptabel für die Studierenden an unseren Hochschulen.
Insofern rede ich sehr wohl an dieser Stelle über die Studierenden, sie stehen im Mittelpunkt unseres Interesses. Deswegen haben wir dieses Gesetz hier auch eingebracht. Es wird übrigens auch, und da liegen wir in absoluter Übereinstimmung mit den Hochschulen, die Profile schärfen an unseren Hochschulen und, wie Herr Jäger das eben auch vorgetragen hat, den Wettbewerb zwischen den Universitäten eindeutig stärken. In der Frage, ob die Abiturnote nun das alles Entscheidende sein darf, muss ich Sie ein bisschen auf die umstrittene Funktion von Noten und die Ungerechtigkeit von Noten hinweisen. Das ist eigentlich immer Ihr Thema bei den Grünen und eher weniger unser Thema, und deshalb kann ich absolut nachempfinden – –.
Nein, nein! Da gibt es nicht nur diese Ungerechtigkeiten bei der Notengebung. Vielleicht sollten Sie nicht nur auf die Grundschulen schauen, Frau Stahmann. Fragen Sie einmal Ihre neben Ihnen sitzende Kollegin, die wird Ihnen das bestätigen, sie hat damit eine große Erfahrung, wie ungerecht Noten sind
und dass man innerhalb von Bremer Gymnasien gewaltige Unterschiede bei der Notengebung im Abitur feststellen kann. Selbstverständlich ist es so! Wenn man sich das im Bundesgebiet anschaut, wird diese Ungerechtigkeit dabei noch deutlicher.
Aber, meine Damen und Herren, bitte nur ein Faktor! Sie ist ein wichtiger Faktor, aber ich finde es völlig richtig, wenn wir zusätzlich, und ich wiederhole das noch einmal, das ist nicht etwa ein Petitum der Wissenschaftsbehörde, sondern das ist auf ausdrücklichen Wunsch der Hochschulen so hier eingebracht worden, in diesem Katalog von A bis F den Hochschulen die Möglichkeit geben, aus diesem Kriterienkatalog sich das herauszusuchen, was sie für ihren Studiengang für richtig erachten. Das haben sie uns, der Behörde, der Deputation vorzulegen, und das ist von uns dann noch einmal aus der Wissenschaftsbehörde zustimmungspflichtig.
Meine Damen und Herren, darum glaube ich, dass ich überhaupt nicht mit Ihrem Antrag leben kann. Bei den Hochschulen sagen Sie immer, liebe Frau Schön, da bin ich doch auch ganz auf Ihrer Seite, wir wollen sie in ihrer Autonomie unterstützen. Wir geben ihnen dieses Gesetz, wir geben ihnen die Möglichkeiten von A bis F, und hier heißt es: oder! Sie können wählen, was sie dort haben wollen. Da bin ich der Meinung, dass die Hochschulen, die Studiengänge es besser, schärfer, zielführender entscheiden können als die Deputation oder die Wissenschaftsbehörde. Ich stehe uneingeschränkt hinter unserem Gesetzentwurf und habe wenig Verständnis für Ihre Vorgaben, die die Autonomie der Hochschulen eindeutig einschränken.
Herr Wedler hat dankenswerterweise die Studienabbrecherquote, auf die ich eingangs auch hingewiesen habe, noch einmal ausdrücklich betont. Ich finde es sehr positiv, dass Sie diesem Gesetz zustimmen können. Frau Berk hat ausführlich auf die geschichtliche Entwicklung, die zu diesem Gesetz geführt hat, aufmerksam gemacht. Ich bin der Auffassung, dass es eindeutig im Interesse der Studierenden dazu führen wird, dass es weniger Abbrecher gibt. Die sind übrigens nicht nur für den Staat kontraproduktiv, sondern die sind auch für den einzelnen Lebenslauf eines Studierenden ganz schwierig und eben nicht zielführend, weil viele Karrieren an einem falsch gewählten Studium scheitern können.
Abschließend darf ich noch sagen, meine Erfahrung, die ich in Finnland bei der Lehramtstudentenauswahl gemacht habe, geht genau in diese Richtung. Frau Schön, vielleicht erkundigen Sie sich noch
einmal, wie differenziert die Lehramtsstudenten in Finnland ausgesucht werden! Sie haben sich einem mehrtägigen Test auszusetzen. Sie werden wirklich von A bis Z überprüft: Warum wollen sie Lehrer werden? Sind sie befähigt, Lehrer zu werden? Wie haben sie sich mit Pädagogik, mit Kindern et cetera beschäftigt? Wie ist die Motivation? Das ist absolut zielführend. Deshalb sind die finnischen Lehrer so hervorragend, deshalb haben sie so ein unglaubliches Ansehen.
Deshalb glaube ich, dass es richtig sein wird, diese Maßnahmen jetzt den Hochschulen anzubieten. Wie gesagt, es ist nicht zwingend, dass sie diese Maßnahmen nun alle umsetzen, sondern sie können sich aus diesem Angebot, aus dem Kriterienkatalog, das auswählen, was sie für zielführend erachten. Die Autonomie der Hochschule wird nicht eingeschränkt, sondern eher verstärkt. Deshalb wäre ich dankbar, wenn Sie diesem Gesetz so zustimmen könnten. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da alle zum Parlamentarischen Abend wollen, habe ich nur zwei Anmerkungen.
Ganz kurz zur Durchschnittsnote: Ich will hier keine Notendebatte führen und wie toll und objektiv Noten sind. Dass es da natürlich Unterschiede gibt, ist klar! Genauso klar ist, und der Wissenschaftsrat sagt das ganz deutlich, dadurch, dass an dieser Notengebung beim Abitur viele Lehrer beteiligt sind, wird der Subjektivitätsfaktor auch darüber heruntergesetzt, während in einem Test bei einem oder zwei Hochschullehrern der Subjektivitätsfaktor natürlich unendlich viel größer ist, und wenn ich gewichtete Einzelnoten habe, ist das genau das Gleiche. Das sind die Aussagen von Wissenschaftlern.
Jetzt noch einmal ganz kurz zu der Frage von Ursache und Wirkung! Sie, Herr Jäger, haben gesagt, die Abiturienten sind so schlecht, nein, das haben Sie gesagt, Herr Lemke, die Abiturienten sind teilweise zu schlecht, das Studium dauert zu lange, die Abbrecherzahlen sind zu hoch, Herr Jäger war desorientiert im Studium. Da frage ich mich: Ist das denn ein Problem der Studierenden, oder ist das nicht ein Problem der Hochschule, die an der Stelle auch besser werden muss?
Sie muss eine bessere Studienberatung anbieten, damit sie die Studierenden mitnimmt und nicht das Problem auf die Studierenden verlagert und sagt, wir nehmen lieber stromlinienförmige Studierende.
Jetzt noch einmal kurz zu diesem mehrtägigen Test in Finnland! Da frage ich mich auch: Ist das eher eine Frage, wenn man jemanden in den Lehrbetrieb einstellen will, oder ist das eine Frage bei der Ausbildung? Bisher ist es immer noch so, dass in Deutschland Berufsfreiheit gilt, dass man mit dem Abitur jemandem einen Studienplatz zur Verfügung stellen muss und nicht über mehrtägige Tests jemanden ausgrenzen muss. Da haben wir in der Tat bei bestimmten Fragen doch eine größere Differenz, als man manchmal glaubt. – Herzlichen Dank!
Gemäß Paragraph 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abstimmen.
Wer dem Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/544 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!