Protokoll der Sitzung vom 16.03.2005

Zu Frage eins: Der Erlass des Auswärtigen Amtes an die Auslandsvertretungen zur Erleichterung der Reisemöglichkeiten im Rahmen der Visumerteilung aus dem Jahre 2000 hatte offenkundig insbesondere in einzelnen Ländern einen überproportionalen Anstieg der Visumanträge zur Folge. Nach Medienberichten wird davon ausgegangen, dass eine ordnungsgemäße Prüfung der Visumanträge vor allem unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten durch die Auslandsvertretungen über einen längeren Zeitraum nicht erfolgt ist. Verstärkt wurde die Problematik offenbar durch den Missbrauch so genannter Reiseschutzpässe, deren Anerkennung bereits im Jahr 2003 durch das Auswärtige Amt selbst zurückgezogen wurde. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen dem Senat zurzeit jedoch nicht vor. Insofern ist eine abschließende Bewertung des Gesamtvorgangs erst möglich, wenn der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages vorliegt.

Zu Frage zwei: Die durch den Erlass veränderte Visumpraxis wirkte sich vorrangig auf die Erteilung von Besuchsvisa mit einer Gültigkeit bis zu drei Monaten aus. Derartige Visa werden ohne Beteiligung der Ausländerbehörden von den deutschen Auslandsvertretungen in eigener Zuständigkeit erteilt. Es liegen keine statistischen Angaben über die Zahl der ausländischen Besucher vor, die bei ihrer Antragstellung das Land Bremen als vorgesehenen Aufenthaltsort angegeben haben.

Zu Frage drei: Die polizeilichen Erfassungssysteme wie Polizeiliche Kriminalstatistik, PKS, und Informationssystem Anzeige, ISA, weisen zwar Kriminalitätsdaten über illegale Einreise und Aufenthalt, über den Grund der legalen Einreise und des Aufenthalts sowie über die Staatsangehörigkeit von Straftätern aus, nicht aber über das Verfahren zur Erlangung von Visa in deutschen Auslandsvertretungen mit dem Ziel der erlaubten Einreise in das Bundesgebiet.

Auftrag des Untersuchungsausschusses ist es festzustellen, ob durch die Visaerteilungspraxis einzelner Auslandsvertretungen Schwarzarbeit, Prostitution, Frauenhandel, terroristische Handlungen oder sonstige Kriminalität – auch in der Form der organisierten Kriminalität – wie zum Beispiel gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen von Ausländern ermöglicht oder erleichtert wurden. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dies stattfand, werden Ermittlungen im Zuge der Arbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses ergeben. Konkrete Daten für das Land Bremen liegen zurzeit nicht vor. – Soweit die Antwort des Senats!

Eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Liegen dem Senat Erkenntnisse vor, dass Strafurteile in Bremen wegen dieses Erlasses beziehungsweise unter Hinweis auf diesen Erlass strafmildernd ausgesprochen wurden?

Bitte, Herr Senator!

Mir liegen solche Erkenntnisse nicht vor. Ob es solche Erkenntnisse aus dem Justizressort gibt, kann ich zurzeit nicht beantworten.

(Abg. W e d l e r [FDP]: Dem Mailing konnte man es aber entnehmen!)

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die achte Anfrage trägt die Überschrift „Konsequenzen des so genannten Kleinen Waffenscheins“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Dr. Güldner, Frau Linnert und Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen.

Bitte, Herr Kollege Dr. Güldner!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Mit wie vielen Anträgen auf Erteilung eines so genannten Kleinen Waffenscheins hat der Senat nach dem 1. April 2003 gerechnet, wie viele wurden in diesem Zeitraum tatsächlich gestellt, und wie wirkte sich dies auf die erwarteten Einnahmen aus?

Zweitens: Plant der Senat eine stärkere Kontrolle des Besitzes oder Erwerbs von Wurfsternen, Butterflymessern und Gas- beziehungsweise Luftdruckschusswaffen, für die der Kleine Waffenschein erforderlich ist?

Drittens: Wie beurteilt der Senat die Forderung nach Nachbesserungen, vor allen Dingen im Hinblick auf die bestehende Verfahrenspraxis – Erwerb des Kleinen Waffenscheins erst nach Kauf der Waffe – oder auf ein mögliches Verbot einiger mit dem Kleinen Waffenschein belegter Waffen?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Senator Röwekamp.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: Mit Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes ist für das Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen nach Paragraph 10 Absatz 4 des Waffengesetzes eine Erlaubnis erforderlich. Erteilungsvoraussetzung sind die Vollendung des achtzehnten Lebensjahres sowie die Zuverlässigkeit und persönliche Eignung des Betroffenen. Die Erlaubnis wird erteilt, ohne dass ein Sachkunde-, Bedürfnis- oder Haftpflichtversicherungsnachweis erbracht werden muss. Der Erwerb und Besitz dieser Waffen, ohne sie außerhalb des befriedeten Besitztums führen zu wollen, unterliegt demgegenüber keiner Erlaubnis.

Im Land Bremen sind seit dem 1. April 2003 bislang etwa 1076 Anträge auf Erteilung eines Kleinen Waffenscheins gestellt worden, davon durch Männer 1003 und durch Frauen 73. Diese Zahl bleibt wesentlich hinter der ursprünglich erwarteten Anzahl von Anträgen, die zunächst auf weit über 2000 geschätzt worden war, zurück. Unter Einnahmegesichtspunkten bleibt dies gleichwohl ohne Bedeutung, da einer erhöhten Anzahl von Anträgen auch ein entsprechend größerer zu finanzierender personeller und sachlicher Aufwand gegenübergestanden hätte.

Zu Frage zwei: Nach dem Waffengesetz sind Wurfsterne und Butterflymesser verbotene Gegenstände. Sie dürfen auch mit einem Kleinen Waffenschein weder erworben noch besessen oder geführt werden. Eine Überprüfung, ob diese Vorschriften beachtet werden, erfolgt regelmäßig im Rahmen der polizeilichen Tätigkeit. Anhaltspunke, die eine verstärkte Überprüfung durch die Polizei in diesem Bereich begründen könnten, liegen nicht vor. Aus diesen Gründen hält der Senat es auch nicht für geboten, den Erwerb oder Besitz von solchen Waffen besonders zu kontrollieren, die nur mit einem Kleinen Waffenschein geführt werden dürfen.

Zu Frage drei: Der Senat hält es nicht für sinnvoll, bereits den Erwerb einer Schreckschuss-, Reizstoffoder Signalwaffe von einer behördlichen Erlaubnis abhängig zu machen. Soweit diese Waffen bestimmungsgemäß im befriedeten Besitztum des Erwerbers bleiben, was für die weit überwiegende Zahl zutrifft, sind keine besonderen Gefahren für die Allgemeinheit ersichtlich. Demgegenüber wäre die erhebliche Belastung der Verwaltung mit der Bearbeitung derartiger Anträge zu berücksichtigen. Überdies ist zweifelhaft, ob ein wesentlicher Sicherheitsgewinn allein mit der Verknüpfung des Erwerbsvorgangs und einer waffenrechtlichen Erlaubnis erreichbar ist. Vielmehr müsste dazu auch ein Nachweis über den Besitz und Verbleib dieser Waffen etwa im Sinne einer Waffenbesitzkarte eingeführt werden. Es wäre gleichwohl nicht auszuschließen, dass sich Kriminelle diese verbreiteten Waffen auf anderen Wegen als über den legalen Waffenhandel beschaffen werden.

Ein generelles Verbot der Waffen, die mit einem Kleinen Waffenschein geführt werden dürfen, also von Schreckschuss-, Reizstoff- oder Signalwaffen, hält der Senat wegen der von diesen Waffen ausgehenden geringeren Gefahren nicht für erforderlich.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Senator, können Sie uns sagen, haben Sie einen Überblick darüber, wie viele schwere Körperverletzungen und ähnliche Delikte mit diesen Waffen, die unter diese Kategorie, über die wir jetzt reden, fallen, in den letzten Jahren erfolgt sind? Wie viele Delikte liegen da vor?

Bitte, Herr Senator!

Die Zahl kann ich Ihnen nicht genau sagen. Ich kann Ihnen aber bestätigen, dass die Mehrheit der Körperverletzungsdelikte, die wir in Bremen haben, einfache Körperverletzungsdelikte sind und nur in den wenigsten Fällen der Einsatz von Waffen tatsächlich erfolgt ist.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Es gibt in Medienberichten immer wieder Zahlen von illegalen im Umlauf befindlichen Waffen, auch diesen Waffen, die unter den Kleinen Waffenschein fallen. Haben Sie in etwa eine Vorstellung über die Zahl der Waffen, die ohne Beantragung des Kleinen Waffenscheins im Umlauf sind? Sie haben ja die geringe Zahl der Anträge in Bremen genannt.

Bitte, Herr Senator!

Herr Abgeordneter, wenn wir wüssten, wer unerlaubt eine Waffe trägt,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Nicht wer, wie viele!)

wenn wir wüssten, wie viele, dann wüssten wir auch, wer, dann würden wir es selbstverständlich abstellen. Aber wir wissen es nicht. Es handelt sich um eine Dunkelziffer, die man zahlenmäßig vielleicht schätzen kann, aber repräsentative Erhebungen darüber gibt es sicherlich nicht.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Noch einmal zu dem Punkt, der in der Frage drei angesprochen war: Glauben Sie nicht, dass die Durchsetzungsfähigkeit der entsprechenden gesetzlichen Regelung zum Kleinen Waffenschein dadurch erhöht würde, dass der Erwerb solcher Waffen auch an das Vorlegen eines solchen Waffenscheins gekoppelt würde? Zurzeit haben wir ja offensichtlich die Situation – ich habe das so verstanden, dass Sie dies bestätigen – dass zunächst einmal diese Waffen ohne Waffenschein gekauft werden können und anschließend dann der Waffenschein beantragt werden kann. Mich würde noch einmal die Begründung dafür interessieren, warum Sie es ablehnen, hier möglicherweise zu einer Umkehrung des Verfahrens zu kommen.

Bitte, Herr Senator!

Was heißt hier eine Umkehrung des Verfahrens? Das ist das zurzeit gesetzlich vorgeschriebene Verfahren, das wir hier betreiben, und das halten wir für effizient. Wir haben nicht den

Eindruck, dass so sehr der Erwerb von solchen Waffen das Problem in unserer Gesellschaft ist, sondern der Verbleib dieser Waffen. Das heißt, auch selbst legal beschaffte Waffen werden illegal dann irgendwie weitergegeben, weiterveräußert und dann eben zu solchen Zwecken, die wir kennen, entfremdet. Das heißt, allein ein Erwerbserfordernis würde uns nicht weiterführen, sondern wir müssten auch eine Kontrollmöglichkeit haben, was mit der Waffe im Verbleib passiert. Neben der Erlaubnis müssten wir auch eine Waffenbesitzkarte und dementsprechend den Waffenverbleib nachvollziehen können, denn allein eine Genehmigung zum Erwerb einer Waffe schließt noch nicht aus, dass die Waffe hinterher an einen nicht bestimmungsgemäßen Dritten weitergegeben wird. Das ist das Problem.

Wir sagen in der Abwägung aller Umstände, wenn wir für die Waffen des Kleinen Waffenscheins neben der Waffenerlaubnis jetzt auch noch einen Waffenverbleib behördlich kontrollieren müssten, stünde das in keinem angemessenen Verwaltungsaufwand zu den damit begangenen Straftaten.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Senator, wenn Sie jetzt eine Bilanz der seit 1. April 2003 geltenden gesetzlichen Regelung ziehen sollten, die partei- und fraktionsübergreifend befürwortet und im Grunde genommen auch von allen mitgetragen worden ist, wenn man jetzt die geringe Zahl der tatsächlich gestellten Anträge sieht, würden Sie dann die in 2003 getroffene Regelung für effizient halten, ohne solche Nachbesserungen, die Sie jetzt gerade abgelehnt haben, oder wie würden Sie eine Zwischenbilanz dieser Regelung ziehen?

Bitte, Herr Senator!

Meine Zwischenbilanz fällt insbesondere für Bremen sehr positiv aus, denn wir haben als Bremer mit der Novellierung des Waffengesetzes eine Aktion „Waffenfreies Bremen“ verbunden, mit der wir innerhalb der Amnestiefrist insbesondere an Bremer Schulen, aber auch an Polizeirevieren in Bremen und Bremerhaven weit über 1000 bisher illegale Waffen haben sicherstellen können. Das allein und jede einzelne Waffe allein ist schon ein Erfolg, deswegen hat sich die Verschärfung des Waffengesetzes für Bremen aus unserer Sicht in jedem Fall schon bewährt.

Es ist aus unserer Sicht noch zu früh, die Frage, ob die Einführung des Kleinen Waffenscheins schon eine nachhaltige Verbesserung im Umgang mit illegalen Waffen zur Folge gehabt hat, zu bewerten. Wir haben schon gesagt, die Fallzahlen sind unserer Ansicht nach noch zu gering. Wir bilden uns auch nicht ein, dass alle Waffen legalisiert worden sind, im Übrigen bilden wir uns auch nicht ein, dass wir alle Waffen

an den Schulen eingesammelt haben, aber zumindest haben wir mit jeder ausgesprochenen Waffenerlaubnis, aber auch mit jeder eingesammelten Waffe, finde ich, schon mehr erreicht als unter den alten gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Eine letzte Bitte! Würden Sie, um diese Frage weiter beurteilen zu können, der zuständigen Innendeputation noch einmal die Zahlen vorlegen, wie viele Straftaten mit dieser Kategorie von Waffen im Lande Bremen verübt worden sind in den letzten beiden Jahren, und dann noch einmal einsteigen in die Diskussion, ob das tatsächlich schon das Maximum dessen ist, was wir an Schutz der Bevölkerung in diesem Punkt leisten?

Bitte, Herr Senator!

Wir bereiten gerade die öffentliche Vorstellung der polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2004 vor, die auch sicherlich in der Innendeputation beraten werden wird, und können das zum Anlass nehmen, auch über diese Frage noch einmal genau nachzudenken und Bericht zu erstatten.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die neunte Anfrage in der Fragestunde befasst sich mit dem Thema „Gravierende Datenschutzmängel bei Hartz IV“. Die Anfrage trägt die Unterschrift der Abgeordneten Grotheer, Frau Peters-Rehwinkel, Böhrnsen und Fraktion der SPD.