aber das, was Sie hier gemacht haben, ging doch am Thema vorbei, denn ich finde schon, dass das, was bildungspolitisch in der großen Koalition auf den Weg gebracht wurde, ein Meilenstein für die Entwicklung einer guten Schullandschaft in Bremen und Bremerhaven für die Zukunft ist.
Heute vor einem Jahr tagte der Senat, und er hat am 10. September 2002 Koalitionsbeschlüsse übernommen, die die Grundlage sind für das, was jetzt in den Koalitionsverhandlungen im Sommer 2003 weiterentwickelt wurde. Der Senat tagte vor einem Jahr an einem runden Tisch, ich will das einmal deutlich sagen, der runde Tisch, an dem die Entscheidungen gefallen sind, ist drüben im Rathaus, darüber steht Senat.
Der runde Tisch, dessen Zwischenbericht wir hier heute diskutieren, war sehr eckig. Ich möchte an der einen Stelle, Frau Hövelmann, heute doch einmal korrigieren: Es hat keine einstimmige Empfehlung gegeben, sondern es wurde nur einstimmig beschlossen, dass das, was erarbeitet wurde, an den Senat gegeben werden sollte.
Wir haben da sehr unterschiedliche Auffassungen im Laufe der Beratung gehabt, allein wenn ich an die Abschlusssitzung denke. Es ist ja auch nicht so, dass der runde Tisch gesagt hat, wir brauchen integrierte Schulen und eine gemeinsame Schulzeit bis zur neunten Klasse. Das hätten Sie gern gehabt, das haben Ihre Vertreter auch vorgetragen, aber das ist nicht die Empfehlung des „Runden Tisches Bildung“, liebe Frau Kollegin Stahmann.
Wir haben dort sehr unterschiedliche Auffassungen gehabt, und von daher ist es richtig, dass die Politik, wie es ihre Aufgabe ist, Entscheidungen getroffen hat, und zwar vor einem Jahr beginnend mit den Strukturentscheidungen und im Sommer 2003 in ausführlicher Form. Diese strukturellen Veränderungen bieten die Chance, dass wir die Schülerinnen und Schüler schon im Kindergartenalter früh fördern, Frau Kollegin Hövelmann hat das alles sehr ausführlich und sehr richtig dargestellt.
Diese Fördermaßnahmen müssen natürlich in die Fläche kommen. Man kann nicht damit zufrieden sein, wenn wir in einzelnen Stadtteilen einzelne Projekte haben. Wir brauchen für das Bildungssystem eine Klarheit insgesamt, und dazu gehören auch strukturelle Klarheiten. Das bedeutet, dass wir in Bremen und Bremerhaven zukünftig ein dreisäuliges Modell
haben, eine echte Schulvielfalt, wo jeder auch selbst auswählen kann. Das heißt, wir haben die Gymnasien, wir haben die integrierten Stadtteilschulen/Gesamtschulen, und wir haben die verbundene Hauptund Realschule. Dieses dreisäulige Modell kann man sich im Freistaat Sachsen anschauen, die haben es innerhalb von nur zehn Jahren geschafft, ein so gutes Modell zu entwickeln, und zwar von der Wende bis zum Jahr 2000. Wir wollen in Bremen probieren, es auch so umzusetzen, damit wir auch in Bremen bessere schulische Leistungen der Schülerinnen und Schüler erreichen können.
Diese Gliederung bedeutet auch, und das ist einfach nicht richtig, was Sie gesagt haben, Frau Stahmann, wir brauchen in Zukunft, und das werden wir auch einführen, eine Durchlässigkeit im Schulsystem. Sie werden hier nicht den Eindruck erwecken können, dass man in der dritten Klasse bei vielleicht nicht ganz so guten Leistungen niemals mehr eine Chance hat, das Abitur zu machen. Dafür haben wir in Bremen die Schullandschaft weiterentwickelt. Ich darf in diesem Zusammenhang auch noch an die beruflichen Gymnasien erinnern, Herr Senator Lemke, die wir eingeführt haben, damit wir auch gerade noch aus dem Bereich Realschule Übergänge in ein berufliches Gymnasium bekommen, damit die Schüler die allgemeine Hochschulreife erreichen können. Auch das ist eine ganz wesentliche Maßnahme.
Wir haben diesen Zwischenbericht hier heute mit einiger Verspätung in der Bürgerschaft. Wir hatten ihn noch auf der Tagesordnung der letzten Sitzung der vergangenen Wahlperiode. Zwischenzeitlich ist schon wieder viel passiert, das heißt, auch die Arbeit der Arbeitsgruppen ist weitergegangen. Natürlich gab es in den Arbeitsgruppen auch Kritik an den Koalitionsvereinbarungen und auch an den Aussagen, die der Senator getroffen hat. Nur, es ist natürlich ganz richtig, in den Arbeitsgruppen sitzen engagierte Lehrer, sitzen engagierte Beteiligte am Verfahren, aber sitzen auch Beteiligte, die im jetzigen System ihren Platz haben. Dass dort natürlich auch Ängste sind, was ist denn mit meiner Abteilung, das ist nur zu verständlich, von daher kann ich es auch nachvollziehen, wenn einmal Kritik geäußert wird. Nur, es ist völlig klar, das, was beschlossen wurde in der Koalition, im Senat, wird umgesetzt werden, und die Beteiligten werden auch im zukünftigen Modell ihren Platz finden.
Wir reden jetzt gerade über die Bildungspolitik, Frau Kollegin Hövelmann. Für diesen Bereich sind wir beide schließlich zuständig.
Sie haben, Frau Kollegin Stahmann, gesagt, der „Runde Tisch Bildung“ wäre für die CDU unnötiger Quatsch und für die SPD eine Alibiveranstaltung.
Es ist immer gut zu wissen, was man will, Frau Kollegin Stahmann, das erleichtert es, wenn man Ziele hat, sie auch zu erreichen.
Es ist aber die Aufgabe des „Runden Tisches Bildung“, und das haben wir immer auch alle gemeinsam so formuliert, dass die Schritte, die von der Politik entschieden werden, auch entschieden werden müssen, weil wir uns aus unserer Verantwortung nicht stehlen können, auch fachlich begleitet werden. Mich stimmen die Worte von Herrn Dr. Harder sehr froh, denn es ist nun nicht ganz üblich, dass sich Sachverständige auch zu politischen Entscheidungen im Nachhinein unaufgefordert so positiv äußern. Da hat man auch schon anderes erlebt. Dr. Harder ist nun nicht gerade jemand, dem man nachsagen kann, dass man ihm die Worte in den Mund gelegt hätte.
(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Aber die Frau ist doch klasse! Persönlich hat sie das doch gut gemacht!)
Persönlich hat sie mich sehr beeindruckt, nur die Leistung der Helene-Lange-Schule wird auch in großen Teilen überschätzt.
Meine Damen und Herren, die Koalitionsvereinbarung wird Probleme zementieren, so Frau Stahmann. Die Koalitionsvereinbarung wird in Bremen und Bremerhaven ein Schulsystem schaffen, das Schulvielfalt, echte Schulvielfalt darstellt, das die Schülerinnen und Schüler früh fördert und fordert vom Kindergarten beginnend bis in die gymnasiale Oberstufe und in die beruflichen Schulen, das Probleme früh erkennt. Bildungspolitik hat auch lange nicht hingeschaut. Den Fehler haben wir alle Ende 2001 eingestehen müssen, aber es wird eben nicht mehr so sein, dass Schüler ohne Abschluss die Schule verlassen.
Wir beginnen mit Vergleichsarbeiten, wir haben die Grundschule gestärkt, Frau Stahmann! Sie können nicht sagen, dass das nicht eine Stärkung der Grundschule wäre, wenn man mehr Unterrichtsstunden gerade in den wichtigen Feldern Deutsch und
Mathematik einführt, damit auch die Lese- und Rechenkompetenz gestärkt wird, liebe Frau Kollegin Stahmann!
Meine Damen und Herren, wir haben durch die Ganztagsschulen ein Mosaiksteinchen mehr, um auch Schülerinnen und Schüler am Nachmittag zu erreichen, damit diese in Zukunft auch pädagogisch betreut werden können. Wir werden keine flächendeckende Ganztagsschule in Bremen bekommen. Für die Schulen, die wir jetzt haben, bekommen wir Gelder vom Bund.
Diese Gelder werden nicht alle Probleme lösen können, wir brauchen aber vor allem ein pädagogisches Gesamtkonzept für Ganztagsschulen. Auch daran – darüber haben wir gerade letzte Woche in der Bildungsdeputation gesprochen – werden wir arbeiten. Für uns ist hier ganz wichtig, dass wir eben keine Beliebigkeit mehr im Bremer Schulsystem haben. Die Beliebigkeit muss abgeschafft werden, es müssen Qualitätsstandards entwickelt werden. Auch das ist kein Widerspruch zwischen den Empfehlungen des „Runden Tisches Bildung“ und dem, was die Koalition vor- und festgeschrieben hat. Ich kann Ihre Häme gegenüber der SPD verstehen, zuweilen verspürt man selbst intern eine leichte Verwunderung.
(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Vor- sichtig, vorsichtig! Sonst melde ich mich gleich noch einmal!)
Moment, Frau Hövelmann! Ich möchte Sie gerade loben! Ich bin sehr beeindruckt, wie die SPD – so habe ich Ihre einleitenden Worte verstanden, Frau Hövelmann – ideologische Scheuklappen über Bord geworfen hat. Auch wir haben gemeinsam einen Kompromiss gefunden, und das Bildungssystem der Zukunft wird eben keine schlechten Pisa-Ergebnisse in Bremen mehr hervorbringen. Die Unterrichtsqualität in Bremen und Bremerhaven wird besser werden, und dabei wird auch der „Runde Tisch Bildung“ weiter beratend tätig sein. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zwei Themenschwerpunkte, zum einen die Ganztagsangebote als Chance unserer Bildungspolitik und zum anderen das große Thema, wie gehen wir weiter mit den Empfehlungen des runden Tisches um, was bedeuten sie für uns, wo stehen wir momentan!
Ich habe Ihnen sehr aufmerksam zugehört und kann natürlich, wie Sie sich vorstellen, dem überhaupt nicht folgen, was Frau Stahmann hier heute vorgetragen hat. Ich kann verstehen, dass Sie Ihre Rolle als Opposition hier ausspielen, das ist auch völlig in Ordnung,
nur scheinen Sie nicht genau zu sehen, was sich im Augenblick an unseren Schulen entwickelt, oder Sie wollen das nicht sehen, weil Sie sagen, das ist ein Thema, das müssen wir besetzen. Aber es ist besetzt unter der Zielsetzung, nicht Recht zu haben, sondern den Eltern und den Kindern eine gute Bremer Schule anzubieten. Da haben wir in den vergangenen Jahren keine optimale Antwort gefunden, und wir hoffen, sie jetzt gefunden zu haben.
Ich will aber beginnen mit den Ganztagsangeboten. Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat ihr Versprechen eingelöst. Gerade in diesen Tagen hat Frau Bulmahn, unsere Bundesministerin, noch einmal einen Bericht über die ersten Projekte gegeben, sie hat den ersten vier Bundesländern – Bremen gehört dazu – die ersten Millionen überwiesen, denn wir waren gleich zu Beginn sehr schnell dabei, um die entsprechenden Modelle auszuschreiben, die Schulen auszuwählen, und diese Schulen haben sich mit großer Sorgfalt, mit sehr viel Hingabe und Ehrgeiz in diese Projekte begeben. Ich habe das zu loben und finde das ausgesprochen positiv, dienen diese Bereiche doch dazu, wie es in vielen anderen Ländern sehr erfolgreich gemacht wird, Kinder länger zusammen zu behalten. Das ist insbesondere wichtig für die Kinder, die zu Hause nicht so gefördert werden.
Ich komme gleich darauf! Es ist besonders wichtig für die Kinder, von denen wir wissen, dass sie daheim keinen Schreibtisch haben, auf dem sie ihre Schularbeiten machen können. Das ist gesellschaftliche Realität, nicht nur in Bremen, sondern sicherlich auch in anderen Großstädten, das ist keine Bremensie. Frau Stahmann hat ja eben völlig richtig darüber berichtet, dass Kinder aus benachteiligten Familien vierfach schlechtere Bildungschancen haben, das ist ja keine Erfindung, die wir uns haben einfallen lassen oder die der Opposition eingefallen ist, sondern das sind die Ergebnisse, die die Wissenschaftler aus der Pisa-Studie uns mitgeteilt haben. Dies ist absolut indiskutabel und nicht hinnehmbar, dass wir Kindern aus dieser Stadt vierfach schlechtere Bildungschancen geben als den Kindern, die zu Hause eine entsprechende Förderung durch das Elternhaus oder durch andere Einflüsse bekommen.
Hier haben wir eine riesige Chance, die Angebote der Ganztagsschule zu nutzen, aber sie muss natürlich auch, meine Damen und Herren, verbindlich sein.
Es nützt uns überhaupt nichts, wenn wir ein Angebot machen und sagen, wenn euch das gefällt, der Sportkurs, der naturwissenschaftliche Kurs im Bereich von „Jugend forscht“, die Schach-Arbeitsgemeinschaft oder auch viele andere positive Bereicherungen, der gesamte musikalische Bereich mit den vielen wunderbaren Projekten, die dann auch zu Aufführungen führen, die die Kinder unheimlich begeistern und sie stabilisieren, solche Dinge wollen wir machen, aber sie müssen verbindlich sein! Wir müssen heraus aus der Unverbindlichkeit, dass nach sechs Wochen gesagt werden kann, ach, so prall finde ich das nicht, da muss ich ja auch etwas lernen, da muss ich mich anstrengen, das finde ich uncool, ich gehe doch lieber ganz woanders hin.
Hier, das sage ich auch selbstkritisch, müssen wir die Verbindlichkeit für solche Angebote einfordern, denn es kostet den Steuerzahler eine Menge Geld, nicht nur, was die Bauten angeht. Überall haben wir jetzt entsprechende Freizeiträume oder sind dabei, sie auszugestalten, wir haben Küchen, die Hunderte von Essen produzieren können, wir haben ganz feine Mensen oder Caféterien , die wir den Schülerinnen und Schülern anbieten. Wir müssen aber als Bildungspolitiker oder als Behörde, als Deputierte auch darauf achten, dass das entsprechend genutzt wird. Diese Unverbindlichkeit müssen wir hart verfolgen und müssen schauen, dass das in Zukunft sehr verbindlich wird für die Kinder und Jugendlichen. Freiwillig, das ist ja kein Zwang!
(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das will doch die CDU nicht, oder? – Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Daran arbeiten wir!)
Ich sage nur, was richtig ist. Was die CDU oder die SPD will, ist zunächst für mich unwichtig. Ich finde, wichtig ist, dass wir ein richtiges pädagogisches Konzept für die Schulen und für die Kinder ausarbeiten, das sollte im Vordergrund stehen
und nicht der Hinweis auf irgendeine Ideologie. Das ist das für mich sehr Wichtige, dass wir nicht nur, Frau Stahmann, fördern, sondern dass wir selbstverständlich auch dem Wunsch der Eltern entsprechen, dass die Kinder gezielt auch am Nachmittag gefordert werden.