Protokoll der Sitzung vom 25.05.2005

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dass Privatschulen eine sehr gute Arbeit leisten, die sowohl in Wort als auch in Tat Unterstützung verdient, ist hier im Hause, glaube ich, unstreitig. Einzelne Privatschulen bieten ein Angebot, das es im öffentlichen System so nicht gibt, sei es wegen konkreter historischer Hintergründe oder weil das öffentliche Schulsystem bisher nicht flexibel genug gewesen ist, selbst die nötige inhaltliche Vielfalt anzubieten, zum Beispiel Waldorfpädagogik, die eigentlich auch in einem öffentlichen System mit pädagogisch selbständigen Schulen möglich sein sollte und teilweise auch praktiziert wird.

Manche Privatschulen wie zum Beispiel die damalige Freie Kinderschule oder das Institut für Erwachsenenbildung, IfE, haben die allgemeine bildungspolitische Debatte bereichert, auch wenn leider zu wenig Konsequenzen aus diesen positiven Beispielen für die öffentlichen Schulen gezogen worden sind.

Politisch unverantwortlich ist es hingegen, wenn der Privatschulbereich in dieser Haushaltsnotlage, in der wir uns befinden, gegenüber allen anderen Trägern besser gestellt wird, die unbestritten sinnvolle soziale Dienstleistungen maßgeblich finanziert durch den Steuerzahler erbringen.

Einer der wesentlichen Gründe, weshalb die Bildungsbehörde ursprünglich das Privatschulgesetz ändern wollte, war ein Fehler, der sich bei der vorherigen Änderung des Privatschulgesetzes eingeschlichen hatte. Es geht dabei um eine Regelung, die eine automatische Anpassung der Subventionierung der Privatschulen an die Veränderungen der Beamtenbesoldung vorsieht. Mit Genehmigung des Präsidenten

zitiere ich aus der Vorlage für die Bildungsdeputation aus dem Dezember letzten Jahres:

„Mit der letzten Änderung des Privatschulgesetzes ist die vormalige unpräzise Messgröße Gehälter durch die Messgröße Dienstbezüge ersetzt worden. Dieser Begriff schließt jedoch nicht die jährlichen Sonderzahlungen wie das Weihnachtsgeld ein, so dass“, und jetzt kommt das Wesentliche, „die Beibehaltung dieses Begriffes zu einer nicht beabsichtigten Besserstellung der Privatschulen bei einer Kürzung des Weihnachtsgeldes bei den öffentlichen Bediensteten führt. Dies muss durch die korrekte Begrifflichkeit Besoldung korrigiert werden.“

Das schreibt der Bildungssenator im Dezember 2004, und er hat Recht damit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben mit genau derselben wortwörtlichen Begründung diesen Punkt hier als Änderungsantrag eingebracht, weil die Koalition inzwischen beschlossen hat, den Fehler des Bildungsressorts nicht zu korrigieren. Mit anderen Worten, bei Erhöhungen der Gehälter sollen die Privatschulen profitieren, aber bei der erfolgten Absenkung sind die Privatschulen außen vor. Das ist in einer Zeit, in der die anderen privaten Träger, zum Beispiel im Bereich Jugend und Soziales genauso wie die öffentlichen Schulen, einem massiven Spardruck ausgesetzt sind, nicht zu vertreten. Da muss es wohl ganz heiß hergegangen sein zwischen SPD und CDU.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Ach was!)

Es geht hier immerhin um einen nennenswerten Betrag in Höhe von immerhin 600 000 Euro jedes Jahr, der durch diesen Fehler an die Privatschulen zusätzlich ausgezahlt wird. Es ist gerecht, zumindest die Kürzungen in der Bezahlung im öffentlichen Dienst auch bei den Privatschulen nachzuvollziehen. Damit wäre immer noch keine Gleichbehandlung mit den anderen freien Trägern hergestellt, die zu Jahresanfang völlig unabhängig von ihrer Beschäftigungssituation eine fünfprozentige Kürzung ihrer Mittel hinnehmen mussten, also immer noch mehr, als es bei der korrekten Begrifflichkeit der Fall gewesen wäre.

Es geht hier um eine politische Schwerpunktsetzung der großen Koalition. Im öffentlichen Schulsystem regiert der Rotstift, und die Privatschulen bekommen extra! Sie werden wahrscheinlich gleich sagen, dass es den Privatschulen finanziell auch nicht gut geht. Da gibt es in der Tat sehr unterschiedliche Ausgangslagen. Dieses Schicksal aber teilen sie mit ganz vielen sinnvollen Projekten in dieser Stadt und in diesem Land. Wir sehen überhaupt keinen Grund dafür, den Bereich der Privatschulen von Sparmaßnahmen per se auszunehmen. Wenn Sie unseren Antrag ablehnen, dann erzählen Sie bitte niemandem

mehr, dass für das eine oder andere sinnvolle Projekt im öffentlichen Schulsystem oder auch für Zuwendungen an Träger im Sozialbereich, im Jugendbereich kein Geld da ist! Das geben Sie nämlich durch die Ablehnung unseres Antrags den Privatschulen extra als Sonderzuwendung, 600 000 Euro jährlich durch eine irrtümlich falsche Formulierung im Gesetz, die Sie aus ideologischen Gründen nicht bereit sind zu korrigieren!

Bei den übrig gebliebenen Änderungen handelt es sich teilweise um Anpassungen an die veränderte Schulstruktur in Bremen, die wir so nicht mittragen, beziehungsweise um die Gleichbehandlung bei bestimmten steuerlichen Subventionstatbeständen, über die wir heute Morgen geredet haben. Wir werden, wenn Sie den Änderungsantrag ablehnen, uns bei dem restlichen Gesetz enthalten. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Hövelmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erstens: Die SPD-Fraktion wird der Änderung des Privatschulgesetzes zustimmen. Zweitens: Bei der Begründung dazu schließen wir uns dem an, was eben vom Koalitionspartner gesagt worden ist. Ich will Sie nicht mit den Sachen Internationale Schule et cetera langweilen.

(Zuruf des Abg. R o h m e y e r [CDU])

Soll ich das wiederholen? Dann würde ich Sie ja doch langweilen, Herr Rohmeyer. Reine Rücksichtnahme!

Drittens, dass ich mich hier heute hinstellen muss und diese wirklich völlig überzogene Begründung von Ihnen, Herr Köhler, zurückweisen darf und sozusagen das, was Sie versucht haben, hier zu skandalisieren, auch einmal auf die Ebene der Realität zurückbringen, das habe ich vorhin nicht gedacht.

Ich wollte zum Ausdruck bringen, dass ich durchaus Sympathie dafür gehabt hätte, mich Ihrem Antrag anzuschließen, wir uns aber nicht einigen konnten. Bei der Begründung, die Sie soeben gegeben haben, bedaure ich das nicht mehr. Sie versuchen hier etwas aufzubauschen, das in der Realität gar nicht so ist. Schauen Sie sich bitte einmal die Gehälter der Privatschullehrerinnen und -lehrer an, und vergleichen Sie diese bitte mit den Gehältern, die wir, selbst wenn wir absenken in der Grundschule von A 13 auf A 12, sonst im öffentlichen Dienst zahlen!

Das ist übrigens nicht irgendeine Initiative oder irgendeine gute zusätzliche Leistung, die da erbracht wird, das ist eine Pflichtaufgabe. Wenn es die Privatschulen nicht geben würde, dann wären diese Schülerinnen und Schüler im öffentlichen Schulwesen. Von

daher ist das, was Sie hier versucht haben zu suggerieren, völlig überzogen. Ich weise die Vorwürfe für meine Fraktion zurück. Wir haben uns den Sachverhalt angeschaut, und wir haben durchaus überlegt, ob es sich lohnt, an dieser Stelle in eine Auseinandersetzung mit dem Koalitionspartner einzutreten. Ich habe mir die Mühe gemacht anzuschauen, wie viel Zuwendung die Privatschulen erhalten, wie viel Schulgeld, von den Eltern übrigens, da gezahlt wird. Deshalb wird die SPD-Fraktion dieser Änderung zustimmen. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort Herr Senator Lemke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich beziehe mich ausdrücklich auf die Beiträge von Frau Hövelmann und Herrn Rohmeyer. Ich möchte Ihnen lediglich antworten, Herr Köhler: Wir haben im ersten Teil gehört, wie vorzüglich die Leistungen der Schulen sind. Das sage ich Ihnen, nachdem ich mittlerweile alle Schulen besucht habe und deren Arbeit kenne, Sie haben völlig Recht! Die Lehrerinnen und Lehrer verdienen deutlich weniger als die Kolleginnen und Kollegen im staatlichen System. Der Staat gibt deutlich weniger aus für diese Schülerinnen und Schüler als für die Kinder im staatlichen System, und wir haben den Privatschulen damals, als es um die Edith-Stein-Schule in Bremerhaven ging, versprochen, wir bringen euch in den nächsten Jahren auf den Durchschnitt der Leistungen, die in anderen Bundesländern erbracht werden. Das haben wir noch längst nicht erreicht.

Jetzt kommen die Privatschulen zu uns und sagen, lieber Herr Lemke, da, wo wir die Kinder bis zum Abitur bringen, müssen wir es demnächst logischerweise auch in zwölf Jahren. Die Eltern zahlen aber logischerweise das Schulgeld, das wir ihnen abverlangen, für zwölf Jahre. Wir können ja nicht sagen, wir zahlen 13 Jahre.

(Zuruf des Abg. K ö h l e r [Bündnis 90/ Die Grünen])

Ich habe es verstanden, aber wir denken ein bisschen über den Tellerrand dieser einen Frage hinaus, und wir haben uns hier in dieser Frage ganz eindeutig geeinigt und haben gesagt, an der Stelle stehen wir zu unserem Wort, das wir damals gegeben haben, und kehren in dieser Frage nicht um. Ich sage das noch einmal, wir werden es nicht schaffen, so wie wir es ursprünglich im Timing geplant haben, den Durchschnitt des Bundes zu erreichen, aber wir stehen auch bei diesen Schulen im Wort, sie nicht abzuhängen und allein zu lassen.

Bedenken Sie bitte, was für eine große Herausforderung es für die Schulen ist angesichts des Weggangs

ihrer Lehrerinnen und Lehrer, die mittlerweile verbeamtete Stellen in staatlichen Schulen vorziehen! Wir wollen Ihrer Darstellung, wie gut diese Arbeit ist, folgen und wollen sagen, wir lassen sie nicht kaputtgehen. Deswegen haben wir an der Stelle diese Kehrtwende, das will ich ganz klar sagen.

Wir haben im Dezember diesen Vorschlag hier eingebracht. Dann kam der Wunsch der Schulen nach mehr Geld wegen des zwölfjährigen Abiturs. Dann haben wir gesagt, dafür gibt es nichts extra, weil wir in dieser furchtbaren Haushaltssituation sind, aber bei den Vergütungen hier im Bereich der Sonderzuwendungen kommen wir ihnen entgegen, um zu unserem Wort zu stehen. Nichts anderes machen wir, und ich finde, es wäre total ungerecht gegenüber den Leistungen dieser Schulen, wenn wir Ihrem Vorschlag folgen würden. Die Schulen, da haben Sie Recht, haben eine hervorragende Arbeit geleistet, und dafür dürfen wir sie nicht noch schlechter stellen und müssen deshalb auch zu unserem Wort dort stehen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Rohmeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Insbesondere die letzten Sätze des Kollegen Köhler haben mich doch noch einmal nach vorn getrieben. Ich weiß nicht, welches Bild Sie von den Schulen in freier Trägerschaft haben, Herr Kollege Köhler. Sie hatten in der Vergangenheit schon hin und wieder den Eindruck erweckt, dass Sie dann doch eher einer wie auch immer gearteten staatlichen Einheitsschule für alle, wie lange auch immer, das sagt Frau Stahmann dann immer, anhängen und für die privaten Schulen nichts übrig haben. Ich will noch einmal sagen, diese Schulen sind eben der Stachel im Fleisch dieses staatlichen Bremer Systems gewesen, der jetzt der Anreiz ist, dass die Schulleiter aus den staatlichen Schulen zu den Privatschulen gehen und sich anschauen, wie man eine gute Schule organisiert.

Wir haben die politische Verabredung in dieser Koalition getroffen, ich darf betonen, insbesondere auch auf Initiative der CDU, für diese Schulen, die in Bremen jahrelang deutlich unter den Frequenzen anderer Bundesländer gefördert wurden, und den ganzen Investitionsbereich lasse ich einmal außen vor, wo andere Bundesländer viel mehr leisten können und zum Teil auch leisten wollen als Bremen, so dass wir hier immer noch weit hinterherhinken.

Ich will ganz deutlich dem Eindruck, den Sie hier hinterlassen haben, widersprechen. Ich habe mitgenommen, dass Sie mit der guten Arbeit der Schulen in freier Trägerschaft nichts anfangen können, und ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

wir werden trotzdem weiter dafür einstehen, dass die Schulen in freier Trägerschaft in Bremen gestärkt werden.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Köhler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wollte nur eines klarstellen: Es geht hier nicht um irgendeine Aktion, die politisch gegen Privatschulen gerichtet ist, das ist überhaupt nicht unser Ansinnen, sondern es geht darum, freie Träger gleich zu behandeln und nicht von vornherein eine bestimmte Art von Unterstützung von Kürzungen auszunehmen beziehungsweise dort aufgrund eines Verwaltungsfehlers noch etwas dazuzugeben. Das ist das Problem. Dieser Bereich untersteht einem bestimmten politischen Schutz im Gegensatz zu anderen Bereichen, die ebenfalls sinnvoll sind und wo eben nicht das finanziert werden kann, was man alles so auf der Liste „ich wünsche mir etwas“ haben kann.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Das hat nichts mit „wünsche mir etwas“ zu tun!)

Aus diesem Grund sagen wir, das geht so nicht. Dieser Fehler muss korrigiert werden, und das ist unser Antrag. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat Herr Senator Lemke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, das vermittle ich Ihnen noch einmal, damit dieser Widerspruch aufgeklärt wird: Sie bekommen nicht mehr, sondern sie werden langsamer an das herangeführt, was wir ihnen versprochen haben.

Ich wollte aber noch etwas anderes, sehr Schönes sagen, weil es hier in diese Debatte so gut hineinpasst. Ich habe immer davon gesprochen, Schulen in privater Trägerschaft, Sie haben die Waldorfschule genannt, die Freie Evangelische Bekenntnisschule, was die Organisation, die Struktur, das Schulklima angeht, ich kann auch das Ökumenische Gymnasium nennen, das ich aus dem Effeff in seiner Arbeit verfolge, sind ohne Frage mit Privilegien, zum Beispiel, was die Elternschaft angeht, was die Schülerschaft angeht, Schulen, die in Bremen eine Leuchtturmfunktion haben.

Als ich vor sechs Jahren ins Amt kam, hatte zum Beispiel das Ökumenische Gymnasium eine Anmeldeliste, und Eltern in bestimmten Kreisen Bremens haben ihre Kinder bei der Geburt dort angemeldet.

Damals habe ich mir vorgenommen, dafür zu sorgen, dass die anderen Schulen so an Attraktivität gewinnen, dass die Eltern ihre Kinder nicht mehr dort anmelden müssen.

Ich kann Ihnen mittlerweile aus den Erfahrungen sagen, aus den Stadtteilen ist die Nachfrage nach den Privatschulen bei weitem nicht mehr so, wie sie vor einigen Jahren war. Das heißt, unsere staatlichen Schulen sind deutlich besser geworden, die Eltern haben das Vertrauen, ihre Kinder auch auf die staatlichen Schulen zu schicken. Das, finde ich, ist ein großer Erfolg.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)