Lassen Sie mich noch abschließend zu den Anträgen kommen! Der Antrag der SPD und der CDU fügt an einer Stelle im Gesetzestext noch eine kleine Verdeutlichung ein. Wir haben hier mit viel Vorsicht diskutiert. Das ist nicht etwa großkoalitionärer Zwist, sondern wir haben uns beide wieder auf ein großes Fachgremium berufen. Wer traut sich schon zu, in diesem Detail selbst urteilen zu können?
Den Antrag der Grünen, das haben Sie schon vermutet, lehnen wir hingegen ab. Wir werden im Großen und Ganzen im Übrigen bei wesentlichen Begrifflichkeiten nicht von denen anderer Bundesländer abweichen wollen. Unser Ziel ist ebenso die einheitliche Regelung des Gefahrbegriffs der Länder, was gerade in dieser Novelle angestrebt werden soll, eine Rechtsvereinheitlichung. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben schon einiges zu dem Thema gesagt. Wir haben in der letzten Zeit auch als Abgeordnete immer wieder Post zu diesem Thema bekommen. Es ist emotional sehr hoch besetzt. Deswegen fanden wir auch richtig, dass ausgiebig darüber diskutiert wurde und sich eine Arbeitsgruppe, gebildet aus verschiedenen Ressorts, nach dem Todesfall in der Neustadt zusammengesetzt und Lösungsansätze gestartet hat. Das darf natürlich nicht enden. Es muss immer wieder evaluiert werden, ist es erfolgreich oder nicht.
Ich fand es richtig, dass der Informationsfluss auch seitens der Polizei zum Sozialpsychiatrischen Dienst
verbessert werden soll. Es gibt inzwischen laufende Besprechungen zwischen beiden Einheiten. Auch der Wissensstand der Polizei, wie man mit psychisch Kranken umgeht, wird in Weiterbildungsmaßnahmen verbessert. Man konnte in der letzten Zeit in der Zeitung lesen, dass diese Veranstaltungen sehr hoch frequentiert werden und ein sehr großes Interesse besteht. Es gab einen Workshop mit Journalisten, wie man mit diesem Thema verantwortlich in der Öffentlichkeit umgeht. Ich glaube, das sind alles Maßnahmen, die eigentlich noch viel notwendiger sind als diese Gesetzesänderungen, die wir heute vorhaben. Auch eine Schwachstellenanalyse des Sozialpsychiatrischen Dienstes von externen Gutachtern ist geplant. Das sind alles Maßnahmen, die, glaube ich, in die richtige Richtung gehen.
Heute aber, wie gesagt, wollen wir das PsychKG verändern, was ebenfalls in dieser ressortübergreifenden Arbeitsgruppe genannt wurde. Wir haben uns in den letzten Tagen noch einmal mit dem Koalitionspartner zusammengesetzt. Das war kein Raufen, sondern wir haben mit den Experten abgewogen, wie wir das am besten hinbekommen, und dabei kam heraus, dass man den Paragraphen 8 ändern und Paragraph 22 Absatz 3 herausnehmen sollte, damit noch einmal deutlicher wird, dass wir nie eine ambulante Zwangsmedikation geplant haben. Ich glaube, hier ist das mit unserem Änderungsantrag deutlich dargestellt, Patienten können also nicht ohne ihre Einwilligung dazu gezwungen werden.
Auch der Paragraph 9, der Gefahrbegriff, steht noch einmal im Änderungsantrag der Grünen. Dies ist aber eigentlich gar nicht notwendig, denn das ist im ursprünglichen Änderungsantrag wortgenau aufgenommen. Deswegen verstehe ich nicht ganz, dass die Grünen ihren Antrag aufrechterhalten, denn er geht in unseren Antrag ein, wenn man genau liest. Wie gesagt, das ist missverständlich, und von daher halten wir an dem Antrag fest, wie er von der großen Koalition eingebracht wurde. Ich glaube, so ist er sachdienlich und wird auch der Sache gerecht. Man hört es überall, dass man Einigkeit erzielt hat, und von daher, denke ich, ist das eine ganz wesentliche Sache. Es wird zwar nie einen hundertprozentigen Schutz geben, wie Frau Dr. Mohr-Lüllmann gesagt hat. Diesen Bereich werden wir höchstens optimieren können, aber nicht, dass wir so etwas ausschließen können. Wir können immer nur versuchen, hier möglichst alles Denkbare zu tun, damit diese Situation nicht wieder entsteht.
Ich wollte noch zum Krebsregistergesetz sagen, das ist natürlich eine positive Sache, denn diese künstliche Trennung zwischen Vertrauens- und Registerstelle war niemandem richtig klar. Auch wenn man sich außerhalb Bremens informierte, kam das nie deutlich hervor. Ich finde, es ist eine gute Sache, dass man beide jetzt zusammenschließt. Der Datenschutzbeauftragte hat noch einmal seine Bedenken geäußert, und es wurde auch im Gesetzentwurf berücksichtigt.
Die Leitung hat kein Anrecht auf die Einsicht in die personenbezogenen Daten. Ich glaube, diese Lösung wird die Weiterarbeit des Krebsregisters doch deutlich verbessern.
In diesem Sinn sagen wir: Ablehnung des Antrags der Grünen, und wir bitten Sie, dem Antrag der Koalition zuzustimmen. Ich glaube, damit können wir vielleicht in Zukunft einiges auf diesem Gebiet verbessern. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin und mein Vorredner haben im Prinzip die Situation ausführlich beleuchtet, warum wir unter anderem zu diesem Handlungsvorschlag gekommen sind. Wir haben nach diesen Vorfällen – es war ja mehr als einer in der Neustadt im Jahr 2002, es war eine unglückliche Verkettung von vielen Umständen, die dieses Thema in die Öffentlichkeit gerückt haben – eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen, und ein wichtiger Baustein ist der Vorschlag der gesetzlichen Änderung des PsychKG.
Ich bin aber auch der Meinung, die hier geäußert worden ist, dass es wichtig gewesen ist, dieses Thema hier öffentlich auch sehr transparent zu diskutieren und auch zu versuchen, in Gesprächen mit Medienvertretern in diesem Workshop, der eigens dafür veranstaltet worden ist, die Schwierigkeit und auch die Gratwanderung deutlich zu machen, die Frau Dr. Mohr-Lüllmann aus eigener Erfahrung, die sie mit entsprechenden psychisch kranken Menschen gemacht hat, schilderte, zu vermitteln und deutlich zu machen, dass es eben eine schwierige Einschätzung ist, wie der Gefährdungszustand ist, ob Gefahr für das Leben des psychisch Kranken oder für Dritte ausgeht, dann zu handeln und dann die Frage zu stellen: Ist es eine Situation, die eine Sicherung in einer stationären Einrichtung erfordert, ja oder nein? Das sind richtig schwierige Entscheidungen, die auch mit Freiheitsbeschränkungen einhergehen. Die Menschen, die diese Entscheidung in oft krisenhaften Situationen treffen, sind in der Tat hoch belastet, und wir müssen alles dafür tun, dass wir sie unterstützen.
Deswegen haben wir auch, das ist schon gesagt worden, ein Gutachten an einen Externen vergeben, an Frogs , der das Hilfesystem für psychisch kranke Menschen von außen beleuchten, die Qualitätsfragen beurteilen und die Fragen der personellen Ausstattung beurteilen soll. Mir ist es ebenso wichtig wie ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
meinen Vorrednerinnen und meinem Vorredner, dass wir alles tun, was uns möglich ist, um das System von Hilfen für psychisch kranke Menschen so gut auszubauen wie möglich. Es darf sich aber niemand etwas vormachen, die absolute Sicherheit, da haben Sie völlig Recht, Frau Dr. Mohr-Lüllmann, gibt es in der Tat nicht. Auch wenn wir uns gemeinsam mit Polizei, dem Sozialpsychiatrischen Dienst und weiteren Hilfen, die wir haben, noch so bemühen, das zu vermeiden, aber man muss auch den Menschen hier in Bremen und Bremerhaven sagen: Absolut verhindern kann man Vorfälle auch in Zukunft nicht.
Mit dem Gesetzentwurf, den wir hier vorliegen haben, ermöglichen wir es, psychisch kranken Menschen, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, ein selbstbestimmteres Leben zu führen als in einer stationären, gesicherten Unterbringung. Das ist, denke ich, auch für die Betroffenen ein Fortschritt. Wichtig ist mir noch an dieser Stelle, ausdrücklich zu sagen, dass es eine freiwillige Maßnahme und eben keine Zwangsbehandlung ist, wie es auch immer wieder in der Presse aufgrund von Missinterpretationen des Gesetzentwurfs fälschlicherweise dargestellt wurde. Das ist jetzt noch einmal durch den Antrag der Koalitionsfraktionen deutlicher geworden. Das war aber von vornherein unsere Intention, und insofern bin ich sicher, dass wir mit diesem Gesetzentwurf einen weiteren wichtigen Schritt zur Verbesserung der Situation tun. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige kurze Sätze zu diesem Thema, denn wir sprechen hier nicht nur über ein gesundheitspolitisches Thema, sondern es geht auch um die Frage, wie die Gerichte damit umgehen, die übrigens im Jahr in Bremen etwa 900 Unterbringungsentscheidungen zu treffen haben, die aufgrund des Bremischen PsychKGs erlassen werden!
Frau Dr. Mohr-Lüllmann hat schon darauf hingewiesen, dass wir durchaus eine etwas anstrengende öffentliche Debatte mit den Interessenverbänden hatten. Dies ist, wie Sie schon zu Recht gesagt haben, ein schwieriges Thema, und ich bin sehr froh darüber, dass wir alle uns diesem Diskurs gestellt haben. Wir haben uns alle nach Kräften bemüht, das, was wir politisch wollen, auch zu erläutern, und es ist gut, dass wir uns am Ende dieses Prozesses dann auf einen gemeinsamen Formulierungsvorschlag für eine kleine Änderung, eine Klarstellung, wie ich betonen möchte, verständigen konnten.
Der verfahrensrechtliche Rahmen, um den es hier geht, soll sicherstellen, dass, so wie das Grundgesetz es vorschreibt, niemand ohne einen richterlichen Beschluss länger als bis zum Ablauf des folgenden
Tages festgehalten werden kann. Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit regelt die Einzelheiten. Unter anderem ist dort übrigens vorgesehen, dass für eine Unterbringungsentscheidung in diesen Fällen zwei fachärztliche Stellungnahmen vorliegen müssen. Also, das Vier-Augen-Prinzip muss gewährleistet sein, weil vermieden werden muss, dass jemand ohne einen wirklichen Grund in einem Krankenhaus festgehalten werden kann. Dies ist aufgrund unseres bremischen Gesetzes auch gewährleistet.
Wir wollen jetzt den Gefahrbegriff präzisieren. Wir gehen damit zurück zu der Formulierung, die von 1979 bis zum Jahr 2000 gegolten hat. Das schafft Rechtsicherheit, und es erleichtert auch das Verständnis für alle, die an diesem Entscheidungsprozess beteiligt sind: für die Ärzte, für den Sozialpsychiatrischen Dienst und auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gerichte! Es war übrigens von Anfang an politisch nicht beabsichtigt, eine ambulante Zwangsbehandlung einzuführen. Es ist jetzt, hoffe ich jedenfalls, endgültig und überall klar gestellt, dass es von keiner Seite aus politisch beabsichtigt war.
Wenn wir jetzt in einem Änderungsantrag gemeinsam mit der CDU vorschlagen, dass wir die Worte „und vollzieht diese“ ersetzen durch die Worte „und führt diese durch“, dann ist das eine sehr vernünftige Lösung. Damit ist klar gestellt, dass die Behandlung im Rahmen einer Auflage auf der Grundlage der Freiwilligkeit erfolgen soll. Man muss das Ganze im Zusammenhang mit den Regelungen des Paragraphen 22 Absätze 1, 2 und 5 des Bremischen PsychKG lesen. Auch dort geht es um die Freiwilligkeit. Es ist also keine Rede davon, dass jemand von der Polizei abgeholt wird und ihm dann eine Spritze verabreicht wird. Das soll es nicht geben, sondern da, wo es um Zwangsmaßnahmen gehen wird – das ist nach dem PsychKG auch möglich –, soll dies ausschließlich nur in den psychiatrischen Anstalten stattfinden. Wir wollen aber auch nicht verschweigen, dass es diese Möglichkeit nach dem Gesetz auch gibt und dass es sie geben muss, denn es geht hier um Fälle, in denen aufgrund einer psychischen Krankheit Fremdoder Eigengefährdung vorliegt.
Ich will noch zwei Sätze zu dem Änderungsantrag der Grünen sagen! Es geht wirklich nur um redaktionelle Kleinigkeiten. Ich sehe da keine inhaltlichen Unterschiede. Die Grünen beantragen, die Worte „Zurückhaltung der Person“ zu ersetzen durch „Aussetzung der Vollziehung“. Das, was wir hier nach dem Vorschlag des Senats beschließen, ist aber identisch mit dem, was die Grünen hier als Änderung beantragen. Dies ist nur eine andere Formulierung. Wir haben auch über die Frage diskutiert, ob wir das nicht auch noch mit ändern sollten, haben uns aber dann auf den Standpunkt gestellt, dass es kleinlich wäre, die Formulierung des Senats jetzt lediglich aus redaktionellen Gründen zu ändern. Deshalb werden wir den Antrag der Grünen in diesem Punkt ablehnen.
Im Übrigen gibt es eine ganz kleine sprachliche Differenz bei der Änderung des Paragraphen 9 Absatz 3. Im Änderungsantrag der Grünen sind die Worte „im Einzelfall“ enthalten. Das ist eine etwas andere Formulierung als in dem Gesetzesantrag des Senats. Wir halten es für überflüssig, dort die Worte „im Einzelfall“ einzufügen, denn es geht immer um Entscheidungen, die im Einzelfall getroffen werden von den Gerichten, und deshalb muss das dort nicht noch einmal ausdrücklich eingefügt werden.
Ich finde es ganz toll, dass sich alle so gründlich und auch mit so viel Aufwand in diese Formulierungen vertieft haben, und ich bin ganz begeistert darüber, dass es so gut geklappt hat, dass wir da auch richtig miteinander ins Gespräch gekommen sind. Ich meine aber, dass diese kleinen Änderungen wirklich nicht notwendig sind. Wir sollten den Senat dann korrigieren, wenn es in der Sache Sinn macht, aber nicht, wenn es hier um solche sprachlichen Kleinigkeiten geht. – Vielen Dank!
Gemäß Paragraph 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zuerst über die Änderungsanträge abstimmen.
Als Erstes lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/623 abstimmen.
Wer dem Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/623 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Wer dem Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und der CDU mit der Drucksachen-Nummer 16/661 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Ich lasse jetzt über das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten und zur Änderung des Gesetzes über das Krebsregister der Freien Hansestadt Bremen, Drucksache 16/601, in erster Lesung abstimmen.
Wer das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten und zur Änderung des Gesetzes über das Krebsregister der Freien Hansestadt Bremen, Drucksache 16/601, unter Berücksichtigung der soeben vorgenommenen Änderung in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!