Was die Haushalte anbelangt, bin ich erstaunt, wenn wir zirka 120 Millionen Euro Probleme 2005 haben,
dass das keine Auswirkungen auf 2006 und 2007 haben soll. Wenn man die Produktgruppenhaushalte anschaut, und das ist ja das Einzige, was uns vorliegt als Haushaltsausschuss – mittlerweile, muss man sagen –, kann man leicht darauf kommen, dass die Summen für 2006 und 2007 größer sein werden. Ich glaube, auch hier kann es ein Einfach-weiter-So nicht geben. Es greift ein bisschen kurz, wenn ich dann in der Pressemitteilung lese: Die Senatsressorts müssen zukünftig mit ihren Geldern auskommen. Dann möge der Senat bitte sehr doch einen Vorschlag unterbreiten, wie wir die Ressorts auch so bedarfsgerecht ausstatten, dass sie auch in die Möglichkeit versetzt werden, mit ihren Geldern auszukommen!
Ich glaube, auch da müssen wir etwas überdenken. Ein „Weiter so“, dass der Haushalt des vergangenen Jahres automatisch präjudizierend für den nächsten ist und prozentuale Fortschreibungen mit der Gießkanne gemacht werden, gibt es nicht. Diese große Koalition muss in dieser schwierigen Zeit die Kraft haben, gemeinsam ein Haushalts- und Finanzierungskonzept vorzulegen, das neue Wege geht, das Rücksicht darauf nimmt, wie andere auf uns schauen, und das vor allen Dingen auch zukünftig die Selbständigkeit des Landes Bremen sichert.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich wirklich gewundert, was diese Aktuelle Stunde soll.
Wenn ich die Überschrift „Finanzlage: Senat hat Überblick verloren – planlos und entscheidungslos in die Zukunft“ und das nehme, was Sie hier so an Argumenten vorgetragen haben – Sie sind nicht regierungsfähig, Giftlisten, Kassensturz, Politikwechsel –, dann ist das zwar eine typische Oppositionsrede, aber inhaltlich haben Sie hier nicht viel Neues beigesteuert.
Ich frage auch ein Stück weit nach Ihrer Glaubwürdigkeit. Man weiß doch, und das hat auch keiner bisher bestritten, dass wir uns in einer dramatischen Lage befinden. Das ist doch nichts Neues, darüber haben wir hier schon mehrfach geredet, und das bestreitet auch keiner von der Koalition. Wir haben auch gesagt, als der Kanzlerbrief nicht eingelöst wurde, dass dies ein entscheidender Beitrag dazu ist, dass sich unsere dramatische Lage verschlimmert hat. Das wissen wir alle, das ist nichts Neues, und das wissen Sie auch ganz genau. Nur mit neuen Formulierungen oder neuen oder anders gesetzten Worten hier
Ja, dazu kommen wir gleich noch, warten Sie einmal ab! Sie müssen einerseits doch zur Kenntnis nehmen, dass die finanzielle Lage ein Stück weit auch eingebettet ist in eine bundesrepublikanische Lage. Wir haben in den letzten fünf Jahren vier Jahre Stagnation gehabt. Wir haben acht Steuerschätzungen gehabt, und jede Steuerschätzung ging nach unten. Dass dies immer auch Auswirkungen auf Bremen hat, das können Sie doch überhaupt nicht leugnen!
Das gehört mit in einen Beitrag, wenn Sie hier nach vorn gehen und Kritik üben an dieser Koalition! Dann müssen Sie doch mit einbeziehen, dass wir die Konsequenzen der verfehlten Politik von Rot-Grün hier in Bremen spüren.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das wird ja jetzt besser! – Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das werden wir ja dann sehen!)
Denken Sie doch einmal daran: Ihre Koalition in Berlin hat doch 2005 versprochen, dass keine Schulden mehr aufgenommen werden! Wer verstößt denn ständig gegen die Maastricht-Kriterien? Das haben Sie doch in Berlin zu verantworten! Deswegen sind Sie doch auch abgewählt worden, deswegen regieren Sie doch nirgendwo mehr mit in Deutschland!
Wissen Sie, Frau Linnert, es ist ja ganz toll, wenn Sie hier einen Kassensturz fordern und den Senat kritisieren, dass wir den Haushalt nicht in Ordnung bekommen. Wenn es aber an die konkreten Einzelfelder geht, wo sind denn da Ihre Kürzungsvorschläge, oder wo sagen Sie, da soll weniger ausgegeben werden?
Gesellschaften. Bei allen anderen Bereichen wollen Sie mehr: Wenn der Sozialbereich ansteht, wollen Sie mehr, wenn der Bildungsbereich ansteht, der Gesundheitsbereich, der Justizbereich, der Kindergartenbereich, dann wollen Sie immer mehr Geld ausgeben. So kann ich alle Ressorts durchgehen, bis auf die Investitionen, sonst wollen Sie überall mehr Geld ausgeben, und gleichzeitig kritisieren Sie, dass wir zu wenig sparen. Das ist widersprüchlich!
Das merkt man auch, dass es keine gute Zeit ist, denn wenn Sie sich hier vorn hinstellen, einfach nur ein bisschen Kritik üben, aber keine Alternativen aufzeigen, das ist keine gute Opposition, und da haben Sie völlig Recht!
Wie Sie das in der Öffentlichkeit gesagt haben, das stimmt. Ich will weiter zitieren, damit man einmal sieht, wie das denn ist, wenn Sie intern diskutieren, wenn Sie hier keine Parlaments- und Schaufensterreden halten. Dann sagen Sie: „Die Grünen machen Politik für 2007, das Jahr der Wahl in Bremen. Das Problem: Die finanziellen Zwänge gelten für alle. Man kann nur eine andere Sparpolitik machen. Keine gute Zeit für Opposition“, stellt Frau Linnert nüchtern fest, es gebe keine Strahlkraft von der Art „Mit uns wird alles gut“. „Die Akzente, die Grüne setzen können, liegen in Zwischentönen.“
Also keine gute Zeit, im Grunde genommen haben Sie keine Alternativen, geben Sie zu, und dann sich so hier hinzustellen und den großen Maxe zu machen! Das sind schlicht Schaufensterreden, die Sie hier halten, und das hat mit dem Anspruch, eine seriöse Finanzpolitik betreiben zu wollen, nichts zu tun.
(Beifall bei der CDU – Abg. Frau S t a h - m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Und der Senat kann noch nicht einmal Regierungs- erklärungen machen und einen Haushalt aufstellen!)
Zu unserer finanziellen Lage gehört doch auch, dass wir sagen, wir sind finanziell schlecht ausgestattet, und deswegen klagen wir. Wenn Sie diesen Ansatz teilen,
(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Damit haben wir Sie doch jahre- lang unter Druck gesetzt!)
dann geben Sie ja auch indirekt zu, dass wir ein Stück weit auch alternativlos sind, was unsere Sparkürzungen anbetrifft, und dass wir entsprechende Schulden noch aufnehmen müssen, jedenfalls in absehbarer Zeit, wenn Sie den Ansatz mit teilen, dass wir klagen müssen. Dann geben Sie allerdings auch zu, dass Ihre Fundamentalkritik, die Sie hier jetzt geübt haben, so nicht zu halten ist.
Ein Wort wollte ich noch zu Frau Wiedemeyer sagen. Sie haben einerseits gesagt: Ein striktes „Weiter so“ wird es mit uns nicht geben.
Darüber werden wir uns noch an anderer Stelle vertieft unterhalten. Andererseits haben Sie davon gesprochen – und das müssen Sie doch schon einmal ein bisschen näher erläutern –, dass Sie vor dem Hintergrund der verschiedenen Sparzwänge eine bedarfsgerechte Ausstattung der Ressorts anmahnen. Was heißt das denn? Wollen wir oben draufsatteln? Wollen wir erhöhen? Ich glaube, das kann es nicht sein. Ich glaube allerdings, dass mancher in Ihrer Fraktion das „bedarfsgerecht“ anders versteht, als Sie das hier gesagt haben, wenn ich den Kollegen und die Kollegin einmal anschaue, die hinter Ihnen sitzen, die verstehen unter bedarfsgerecht wahrscheinlich etwas anderes als Sie, Frau Wiedemeyer.
(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Zwi- schen Frau Wiedemeyer und uns passt kein Blatt Papier! – Heiterkeit bei der CDU)
Das hat schon einmal jemand anderes gesagt, der ist jetzt aber woanders gelandet! Da soll man vorsichtig sein mit solchen Aussagen!
Was den Nachtragshaushalt anbetrifft, meine Damen und Herren, so habe ich, als wir den ersten Nachtragshaushalt hier diskutiert haben, angesprochen, dass ich davon ausgehe, dass es einen zweiten Nachtragshaushalt gibt. Im Übrigen haben wir auch gesagt, wir wollen nicht jeden Monat einen Nachtragshaushalt haben. Wir wissen, dass es noch die Steuerschätzung im November gibt, deswegen ist unsere Auffassung, dass wir einen Nachtragshaushalt hier im Dezember abschließend beschließen und nicht jeden Monat hier einen Nachtragshaushalt machen, sondern das reicht für uns aus. Insofern macht der Senat das so, wie es auch unsere Auffassung ist.
Was den Haushalt 2006/2007 anbetrifft, auch da, Frau Linnert, die Kritik: Was haben Sie denn in Berlin mit dem Haushalt des Bundes gemacht? Sie wollten doch erst einmal gar keinen Haushalt vorlegen!
Ja, vor der Wahl! Die Wahl war auch in Bremen! Deswegen haben wir gesagt, wir machen das nach der Wahl. Das ist doch auch sinnvoll, dass, wenn ein neuer Bürgermeister und Präsident des Senats gewählt wird, der Haushalt mit diesem neuen Präsidenten des Senats entwickelt und beschlossen wird und wir nicht mit dem alten Präsidenten einen Haushalt hier entwickeln und beschließen, und der neue hat ganz andere Vorstellungen. Deswegen ist es richtig, dass wir die Haushaltsberatungen verschoben haben.
Im Übrigen: Eine haushaltslose Zeit ist auch keine schlimme Zeit, das haben wir in der Vergangenheit gesehen. Insofern kann ich sagen: Es wäre besser gewesen, wir hätten einen Haushalt jetzt schon langsam in der ersten Lesung hier im Parlament, aber es ist nichts Schlimmes, wenn wir die Haushaltsberatungen später durchführen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Linnert, bei aller persönlichen Wertschätzung, aber das war Polemik XXL, die größtmögliche Fassung von Polemik. Was stimmt, ist in der Tat die Beschreibung der Situation.
Es ist ja bekannt, dass Bremen in einer dramatischen Haushaltssituation ist. Das hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass von den vier Milliarden Euro ein Viertel nicht gedeckt ist, dass wir große Probleme haben, die Haushalte deswegen zu strukturieren und eine Finanzplanung zu machen, dass wir große Probleme haben, in dieser Situation eine nachhaltige Perspektive aufzuzeigen, all das ist richtig. Deswegen sage ich aus der Sicht des Finanzressorts und des Senats: Wir sollten einmal die Polemik herauslassen und überlegen, wie man das sachlich und vernünftig strukturieren und in dieser im Grunde haushaltswirtschaftlich und fiskalisch fast perspektivlosen Zeit trotzdem noch eine Eigenperspektive aufzeigen kann.