Protokoll der Sitzung vom 12.10.2005

Es ist ja bekannt, dass Bremen in einer dramatischen Haushaltssituation ist. Das hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass von den vier Milliarden Euro ein Viertel nicht gedeckt ist, dass wir große Probleme haben, die Haushalte deswegen zu strukturieren und eine Finanzplanung zu machen, dass wir große Probleme haben, in dieser Situation eine nachhaltige Perspektive aufzuzeigen, all das ist richtig. Deswegen sage ich aus der Sicht des Finanzressorts und des Senats: Wir sollten einmal die Polemik herauslassen und überlegen, wie man das sachlich und vernünftig strukturieren und in dieser im Grunde haushaltswirtschaftlich und fiskalisch fast perspektivlosen Zeit trotzdem noch eine Eigenperspektive aufzeigen kann.

Ich muss ausdrücklich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Verwaltungen, die uns im Finanzressort zuarbeiten, aber auch insbesondere meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Schutz nehmen. Wir arbeiten in allen Bereichen unter Hochdruck, aber ich muss an dieser Stelle noch einmal sagen, es

gibt natürlich viele Bereiche und viele Ebenen, wo wir heute arbeiten müssen.

Wir müssen einerseits eine Klage vorbereiten. Wir haben hier alle gesagt, Bremen muss klagen. Diese Klage muss vernünftig vorbereitet werden, wir haben nur einen Schuss, und sie muss nicht nur juristisch-verfassungsrechtlich, sondern auch finanzwirtschaftlich-fiskalisch vorbereitet werden, denn wir müssen beim Bundesverfassungsgericht natürlich einen Finanzpfad aufzeigen, zumindest bis zum Jahre 2009 und wenn möglich noch darüber hinaus. Wir müssen auch definieren, was die Eigenbeiträge Bremens sind, was die so genannte kritische Ausgabenuntergrenze ist, wie weit Bremen einen Anspruch darauf hat, im Rahmen seiner Landesverfasstheit ausgestattet zu werden, und wie weit andere Länder und der Bund dieses Defizit, das wir haben und das wir nicht aus eigener Kraft aufbringen können, finanzieren müssen. Das muss sehr sorgfältig aufgearbeitet werden. Ich sage an dieser Stelle auch: Da werden sich der Senat und der Finanzsenator nicht unter Druck setzen lassen. Es geht darum, dass wir hier eine erstklassige handwerkliche Arbeit machen und unsere Position bestmöglich darstellen.

Es geht natürlich auch darum, die Haushalte 2006/ 2007, aber auch, das haben Sie nicht angesprochen, die mittelfristige Finanzplanung aufzustellen. Wir müssen also nicht nur die Haushalte 2006/2007 ins Auge fassen, sondern wir müssen über den Tag hinaus denken und fragen, wie es nach diesen Haushalten weiter geht, was nachhaltig zu leisten ist, was Bremen selbst bringen kann, was wir nicht selbst bringen können. Auch da verbieten sich Schnellschüsse, denn ich unterstelle einfach einmal, wenn wir klagen – und damit kommt auch eine besondere Qualität in unsere Haushalts- und Finanzplanung hinein –, dann sind wir auf dem Prüfstand durch alle anderen Bundesländer und den Bund. Diese werden sich diese Planungen und nicht nur die Planungen, sondern auch den Haushaltsvollzug in aller Genauigkeit und aller Schärfe anschauen, das analysieren. Sie werden versuchen, Argumente zu finden, wie sie die Position Bremens diskreditieren können. Deswegen geht es mir und dem Senat in dieser Phase einer sehr schwierigen Weichenstellung darum, eine nachhaltige, belastbare und auch von Dritten überprüfbare Haushalts- und Finanzplanung vorzulegen. Auch da nehmen wir uns die Zeit, die wir brauchen, um hier glaubwürdig nach vorn zu schauen und argumentieren zu können.

Des Weiteren bemühen wir uns natürlich parallel – das, was Sie auch angesprochen haben –, die Situation Bremens nicht nur haushaltsrechtlich und fiskalisch zu strukturieren. Ein großer Teil unserer Probleme besteht ja darin, wie wir hier auch gemeinsam festgestellt haben, dass wir eben nicht die Finanzausstattung haben, die uns nach unserer Meinung zusteht, und dass wir in Gesprächen mit dem Bund und den Ländern auch diese politische Komponente der

Position Bremens vorantreiben müssen. Wir können das nicht nur auf die haushaltsrechtliche Seite reduzieren. Deswegen sind wir in einer Art Dreiklang, den wir parallel vorantreiben müssen, und das möchte ich lieber ordentlich machen als unordentlich und dann möglicherweise schnell.

Aber nichtsdestoweniger, Frau Linnert, haben wir gestern den Nachtragshaushalt 2005 im Senat beschlossen. Wir haben ihn einmal vertagt, und ich finde, es ist überhaupt nichts Schlimmes daran, sich eine Woche Zeit zu nehmen, um in dieser schwierigen Situation mit möglichst wenig neuen Kreditermächtigungen auszukommen. Das halte ich für vertretbar. Es gibt andere Bundesländer, die viel größere Probleme damit haben. Ich erinnere an Nordrhein-Westfalen. Zu Zeiten der rotgrünen Koalition hat man dort, um Eckwerte zu machen, vier Anläufe gebraucht. Ich finde, da sind wir in einem vertretbar vernünftigen Rahmen.

Wir haben das auch konsensual gestern beschlossen und werden Ihnen das im November vorlegen. Wir können das dann in der zweiten Lesung im Dezember abschließend beraten, deswegen, Frau Wiedemeyer, halte ich nichts davon und werde es auch heute nicht tun, auf die einzelnen Probleme des Nachtragshaushalts einzugehen. Das ist Gegenstand der Debatte über den Nachtragshaushalt und gehört meines Erachtens nicht hier hin. Genauso werden wir dann auch eine Finanzplanung, die hier noch nicht angesprochen worden ist, für die Jahre 2005 bis 2009 vorlegen müssen.

Ich meine, Frau Linnert, Sie können nicht sagen, dass Sie von uns nicht bedient werden. Sie bekommen regelmäßig im Haushaltsausschuss, und auch die anderen, eine ganze Reihe von Berichten. Sie bekommen das zentrale Finanzcontrolling. Wir haben Ihnen gerade am 17. Oktober im Haushalts- und Finanzausschuss den Finanzcontrollingbericht bis Ende August vorgelegt. Sie bekommen ein PGH-Controlling, das ist die Einhaltung der Finanz-, Personalund Leistungsdaten auf der Ebene der Produktpläne und -bereiche. Sie bekommen das Eigenbetriebscontrolling. Sie bekommen den Beteiligungscontrollingbericht für die Pilotgesellschaften. Sie bekommen das Zuwendungscontrolling respektive -bericht. Sie bekommen das Liegenschaftscontrolling, Sie bekommen einen Sanierungsbericht. Also, Sie bekommen vom Finanzressort eine ganze Menge und umfassende Daten, die Sie ganz klar in die Lage versetzen, auch die haushaltsrechtliche Situation nachzuvollziehen. Deswegen kann keinesfalls davon die Rede sein, dass wir den Überblick verloren haben, es sei denn, Sie haben das nicht im Detail studiert.

Was die konkrete Haushaltsaufstellung 2006/2007 anbelangt, so kenne ich natürlich Paragraph 30 LHO, und wir müssten bis zum 1. September vorlegen. Natürlich ist das klar. Aber es gibt auch aus meiner Sicht übergeordnete Gründe, eben so zu verfahren, wie wir das jetzt tun. Die Wahl ist eben angesprochen

worden. Natürlich war das keine bremische Wahl, aber das Bundesland Hessen hat in dieser Lage ebenfalls gesagt, es macht keinen Sinn, das Haushaltsverfahren jetzt vor dieser Bundestagswahl zu betreiben, weil die unterschiedlichen Aussagen der beiden Parteien zur Steuerseite und damit auch zur Einnahmenseite des Staates so unterschiedlich sind, dass man das abwarten muss, um auch eine vernünftige Einnahmenplanung zu machen auf der Basis dann möglicherweise umzusetzender Steuermodelle.

Was noch viel wichtiger ist: Wir haben schon beim ersten Nachtragshaushalt eindeutig und klar gesagt, wir werden wegen Hartz IV hier noch einmal einen Nachtragshaushalt machen müssen. Sie wissen auch, dass eine Revisionskonferenz im Frühherbst stattfinden sollte, und auch da hat die Bundestagswahl eine Veränderung der Terminierung herbeigeführt. Wir wissen heute noch nicht genau, welche Belastungen auf uns zukommen, und wenn sich jetzt neuere Überlegungen durchsetzen sollten, von den Kommunen einiges zurückzuverlangen, auch dann werden wir hier wieder anpassen müssen. Die eventuellen Risiken belaufen sich auf möglicherweise 40 Millionen Euro.

Also, Sie können doch nicht sagen, dass in Zeiten, in denen die externen Beeinflussungsfaktoren und die externen Einwirkungen auf unser Haushaltsverfahren so groß sind, wir nicht versuchen, möglichst zeitnah daran zu bleiben und wirklich realistisch zu sein. Ich lege Wert auf die Betonung: Wir wollen realistische Planung machen. Wir wollen in der Tat nicht mit jedem kleinen Problem hier antreten, sondern wir wollen Perspektiven aufzeigen, und ich denke, mit dem, was wir Ihnen vorlegen, wie wir die Verfahren zurzeit gestalten, respektieren wir das Primat des Parlaments.

Ich sage deshalb an dieser Stelle abschließend für den Senat: Wir werden uns von diesem Kurs nicht abbringen lassen. Wir haben den Anspruch, die Probleme erst einmal aufzuarbeiten. Sie sind schwierig, Sie haben das richtig beschrieben. Wir werden dort einen Kurs mit der ruhigen Hand fahren, mit dem wir versuchen, die unterschiedlichsten Bereiche auszusteuern ganz im Sinne dessen, dass es darum geht, bei dem Hauptproblem Bremens, nämlich der übermäßigen Verschuldung, die wir nicht selbstständig lösen können, aber bei der wir zumindest dazu beitragen können, sie nicht unnötigerweise und sehr vorschnell zu erhöhen, uns da die Mühe zu machen, schon im Detail hinzuschauen: Wo geht noch etwas, wo geht nichts mehr? Sie können vom Finanzsenator nicht verlangen, jeder Ausgabenerhöhung eben einmal zuzustimmen. Das wäre für mich auch das Einfachste, wenn ich Ihnen sage, lasst uns das machen, wir statten alle übermäßig, mäßig oder wie auch immer aus, und ich lege Ihnen dann im Haushaltsund Finanzausschuss entsprechende Anträge für Kreditermächtigungen vor. Das ist nicht mein Verständnis von meiner Rolle, sondern im Gegenteil: Ich

versuche, die Verschuldung zu begrenzen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Wiedemeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich unterstreiche noch einmal, das ist natürlich das gute Recht einer jeden Fraktion, hier Aktuelle Stunden zu beantragen, und ich glaube, der Senat wäre gut beraten, auch die Wortbeiträge hier nicht zu bewerten.

Herr Pflugradt, Sie haben zum Nachtragshaushalt gesagt, wir sollten auch noch die Steuerschätzung abwarten. Wenn wir die November-Steuerschätzung abwarten, haben wir ein großes Problem, diese findet erfahrungsgemäß irgendwann im letzten Drittel des Novembers statt. Der Haushaltsausschuss kommt irgendwann Anfang November zusammen, und wir haben vor dieser Steuerschätzung auch noch hier die Beratung im Parlament. Ich glaube, wir sollten, und wir haben den Anspruch, ernsthaft mit dem Nachtragshaushalt umgehen, dazu gehört eine Beratung. Bei dem, was uns derzeit bekannt ist, was im Senat diskutiert oder auch beschlossen wurde, gibt es einige Punkte, die wir als Haushaltsausschuss doch noch diskutieren sollten. Von daher weiß ich nicht, wie Sie sich das mit der Zeitperspektive vorstellen.

Wir erwarten natürlich, dass der Senat alle Risiken, die er kennt, für 2005 in einen Nachtragshaushalt einbringt. Da gibt es auch ganz klare Regeln, das ist nichts Außergewöhnliches, was wir hier erwarten, das hat schlichtweg so zu sein.

Den Vorwurf zu machen, dass wir im Parlament hier zur Aktuellen Stunde nicht den Finanzplan ansprechen, kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Der Finanzplan ist ein ureigenes Instrument der Regierung. Der Senat legt mit dem Haushalt einen mittelfristigen Finanzplan vor. Dieser wird vom Parlament zur Kenntnis genommen. Das ist die Handlungsmaxime des Senats. Gut, wenn der Senat meint, dass er an dieser Stelle die Aufforderung bekommt, dann möchte ich es dezidierter machen, wir erwarten natürlich, dass ein Finanzplan vorgelegt wird mit den Haushaltsentwürfen 2006/2007, etwas anderes hätte ich aber eigentlich von einem ordentlichen Senat auch nicht erwartet.

Herr Pflugradt, Sie haben gesagt bedarfsgerecht! Wir haben die ganze Zeit darüber geredet, und wir haben auch letztes Mal im Haushaltsausschuss die Debatte geführt. Wir stehen unter besonderer Beobachtung. Es gibt klare Kriterien, nach denen wir als Haushaltsnotlageland beurteilt werden, es sind ja verschiedene Gutachter schon genannt worden. Wir werden Gutachten in die Hände bekommen, die das auch nicht anders sehen, es hat Gerichtsurteile gegeben, unter anderem für Berlin. Wir stehen unter

besonderer Beobachtung, und Herr Nußbaum hat es noch einmal gesagt, wir werden auch Eigenbeiträge definieren müssen. Von daher gibt es klare Grenzen, wofür wir überhaupt Geld ausgeben können. Wenn ich sage bedarfsgerecht, dann meine ich damit, dass wir die Kraft haben müssen, nicht vorrangig eine Farbenlehre zu praktizieren, wenn es um Haushaltsaufstellung geht.

(Beifall bei der SPD)

Dann muss man schauen, wo die Bedarfe sind. Wir haben seit Jahren ein von allen anerkanntes Modell der Verpflichtungsgrade. Wenn man zum Beispiel diesen Verpflichtungsgrad 3 nehmen würde, dann hätten Sie eine Spanne, worin Sie die Versorgung für Kindergärten haben. Sie hätten aber auch gleichzeitig solche Geschichten wie den Theatervertrag mit darin. Die Kraft gehört dazu, dass man sagt, in dieser schwierigen Zeit muss man sich auf die groben Linien verständigen. Wir müssen nicht in Koalitionsausschüssen darüber reden, ob wir 5000 oder 10 000 Euro in die eine oder andere Einrichtung geben. Wir müssen die groben Linien der Politik aufzeigen, und wir müssen zeigen, dass wir ein Konzept haben, dass wir eine Vorstellung haben, wie wir in knappen Haushalten gemeinsam diese Krise bewältigen können mit den kleinen Möglichkeiten, die wir überhaupt aus Bremer Sicht dazu haben.

Wenn wir da zum Beispiel einen Schnitt machen würden und sagen könnten, das ist von vornherein bedarfsgerecht, dann ist das eine Position, über die man sich noch nicht zu streiten braucht. Dann müssen wir definieren, was ist das Restliche, wozu wir noch fähig sind und was wir bereit sind auszugeben.

(Beifall bei der SPD)

Das müssen wir nach Schwerpunkten, die sich aber am Gemeinwohl der Bürger und Bürgerinnen dieser Stadt zu orientieren haben, ausgeben. Das, glaube ich, ist das, was wir machen müssen, das ist die Kraftanstrengung, die wir erbringen müssen.

Sie widersprechen sich doch selbst. Sie verweisen darauf, dass wir hier auf einen neuen Präsidenten des Senats warten, und sagen gleichzeitig, für uns wird es aber nur ein „Weiter so“ geben, wir werden das weiter so fortsetzen. Dann hätte es überhaupt keinen Grund gegeben, irgendwelche übergeordneten Gründe hier anzuführen.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde es auch unangemessen, hier darauf zu verweisen, dass Bundesländer wie Hessen dabeigehen und sagen, sie haben die Haushaltsberatung ausgesetzt, und das soll für uns nun die Maxime sein. Wenn

die Hessen so eine blödsinnige Begründung wählen, dass sie sagen, nach der Bundestagswahl weiß man doch nicht, was mit der Steuergesetzgebung ist, dann weiß ich nicht, welche Vorstellung sie davon haben, wie schnell sich irgendwelche Steuergesetzgebungen ändern. Ich glaube, dass man dann ganz lange auf Haushaltsberatungen warten müsste, bis man alles das umgesetzt hat und vergleichen kann, was Parteien in ihrem Programm haben.

Wir sollten uns weiter darauf verlassen – und bei der Einnahmenseite tun es alle Bundesländer –, es gibt die regionalisierte Steuerschätzung. Das ist die anerkannte Größe, die für die Einnahmen eingesetzt wird, womit der Finanzplanungsrat arbeitet. Wenn alle darauf warten wollten, bis jetzt irgendwann eine neue Bundesgesetzgebung greift, also, ich weiß nicht! Ich fand, das war ein Grund, der an den Haaren herbeigezogen ist. Es hat natürlich etwas für sich, dass man sagt, wir sind da in einer Wahl, und wir wollen wichtige Haushaltsberatungen für Bremen nicht belasten durch einen Wahlkampf. Aber dann muss man, wenn der vorbei ist, Konzepte auf den Tisch legen. Verwaltungen haben, glaube ich, nicht in Wahlkämpfen gestanden, die haben auch arbeiten können.

Mich hat eben richtig geärgert, Ihr Ressort hat ein eindeutiges Angebot vom Haushaltsausschuss erhalten, letzten Freitag von Frau Linnert als Ausschusssprecherin, und wir haben dem nicht widersprochen. Es gibt jede Menge Arbeiten, die zu erledigen sind, mit Haushaltsaufstellung, mit Klageverfahren und so weiter. Ich glaube, es reicht nicht zu sagen, da ist viel zu tun, wir nehmen uns die Zeit, die wir brauchen. Wir haben auch Termine, an denen bestimmte Sachen gemacht werden müssen. Dass der Sanierungszeitraum zu Ende ist, also, ich weiß das schon ein bisschen länger. 1992 mit dem Urteil war klar, es gibt ein Sanierungsprogramm. Das geht von 1994 bis 2004. Es gab eine erste Tranche Geld, die war festgesetzt bis 1998. Es gab eine festgelegte Revisionsverhandlung, die war 1997, und die hat gesagt, diese Zahlungen laufen 2004 aus.

Wir haben mehrfach auch in diesem Hause darüber diskutiert, und auch aus dem Senat ist es als Option öfter gekommen, dass Klagen anstehen. Das fällt nicht wie Manna vom Himmel. Wenn Sie nachweisen können, dass Sie da extreme weitere Bedarfe haben, bei denen wir Ihnen helfen können als Haushaltsgesetzgeber, kann ich nur sagen, dann haben Sie den Haushaltsausschuss ganz fest an Ihrer Seite, und wir werden Sie dort tatkräftig unterstützen. Wir haben großes Interesse daran, dass wir vernünftige Haushalte bekommen und vernünftige Planungen, die die Zukunft Bremens sichern.

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Polemik XXL!

(Abg. P f l u g r a d t [CDU]: Das war eine gute Formulierung!)

Der Spruch ist gut, das finde ich auch. Das werde ich mir merken. Das kann man öfter einmal gebrauchen, aber um das aufrechtzuerhalten, haben Sie mir doch an ziemlich arg vielen Punkten Recht geben müssen, Herr Senator Nußbaum.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Pflugradt, es ist eigentlich immer dasselbe Problem. Sie sind nicht bereit oder in der Lage, das weiß ich jetzt auch nicht, sich mit Argumenten auseinander zu setzen. Ausflüge in die Bundespolitik kann man hier immer gern machen, nur, das trägt hier nicht zur Lösung der Probleme bei. Sie haben die Argumente, was die Probleme sind, einfach so weggewischt und sich dann über die Bundeslage ausgelassen und den Grünen vorgeworfen, dass ihnen als Einziges einfiele, Investitionen zu sparen.

Die Bundeslage, wie auch immer man sie bewertet, da werden wir uns wahrscheinlich ja nicht einigen können – jetzt gibt es einen neuen Wurf, einmal schauen, was jetzt passiert –, aber wie auch immer man sie bewertet, diese Bundeslage gilt für alle Bundesländer. Bremen ist aber in der Lage, sich ganz besonders Mühe geben zu müssen. Bremen ist in der Lage einer dauerhaften Haushaltsnotlage, aus der wir uns aus eigener Kraft nicht befreien können. Das ist einfach ein bisschen schade, wenn Sie glauben, dass man hier Debatten bestehen kann, indem man auf der alten Bundesregierung herumtrümmert. Das wird Ihnen auf Dauer keiner durchgehen lassen, auch noch nicht einmal auf der CDU-Basis.

Der Vorwurf mit den Investitionen, betrifft doch Ihr Problem, dass Sie bis heute nicht verstanden haben, dass der überbordende Investitionskurs Bremens auf jeden Fall zwei Effekte hatte: Einmal, die hohen Zinsen, die aus den Investitionen resultieren, erdrücken und erwürgen die konsumtiven Haushalte. Insofern reden Grüne, wenn sie über Investitionen reden wie gestern hier über die unnötigen Ausgaben zum Campingplatz oder Tunnel, durch die niemand fährt, oder überbordende Gewerbeflächen, immer auch über die konsumtiven Haushalte, denn die Fehlinvestitionen der großen Koalition sind die Sargnägel für die Kultur, die Bildung, die Kinder- und Jugendpolitik. Das ist der Mechanismus, und Sie wollen ihn einfach nicht verstehen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Glauben Sie wirklich, dass Sie mit der flapsigen Bemerkung, den Grünen würde nichts anderes ein

fallen als eine Kritik an der Investitionspolitik, auf Bundesebene, wo man uns vorwirft, dass wir 218 Prozent Investitionsquote übersteigend gegenüber anderen Gebietskörperschaften haben, wirklich bestehen werden?

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Senator Dr. Nußbaum hat hier gesagt, der Senat brauche Zeit. Da werden Leute wie ich immer milde, denn es ist gut, wenn man das verstanden hat, dass man Zeit braucht. Das zeigt nämlich, dass man über die Qualität seiner Arbeit nachdenkt und sich Ziele setzt. Aber das ist hier ja nicht zutreffend. Der Senat hatte ganz andere Zeitplanungen, er ist nicht an das Parlament gegangen und hat gesagt: Wisst ihr was, Haushaltsausschuss, wir schaffen das nicht, den Termin einzuhalten, die Probleme sind so riesig, wir haben dies und das vor, und wir werden den Termin nicht halten. Die Grünen wären die Letzten gewesen, die da irgendwie gemeckert hätten. Ich hätte mich gefreut, dann hätte man nämlich gesehen, dass eine Strategie aus dem Handeln des Senats resultiert. Sie haben das verschoben, weil Sie keine Lösungen haben, weil Sie sich nicht einigen können und weil Sie immer noch keine Strategie dafür haben, wie man mit diesen ungeheueren Geldmengen, die in den Jahren 2006/2007 fehlen, umgehen will.

Es ist aber wichtig, dass Sie diese Strategie haben, weil es droht, dass wieder nur quotal gekürzt wird, also prozentual aus den einzelnen Ressorthaushalten heraus. Ich will für den Haushaltsausschuss eine Darstellung haben, die mittelfristige Finanzplanung haben Sie angesprochen, die die Vorverpflichtungen der einzelnen Ressorts in den nächsten Haushalten beleuchtet und womit wir dann überhaupt sehen können, was theoretisch noch an Sparpolitik möglich ist. Ich will eine Auseinandersetzung mit einem Vergleich mit anderen Bundesländern, weil ich gerade verhindern will, dass Sie jetzt in Ihrer Not – finanzpolitisch gescheitert, jetzt wird aber einmal richtig ordentlich gespart – Verwüstungen in den Haushalten anrichten, wobei alle wissen, dass entweder nur gemogelt wird, am Ende des Jahres es wieder nicht stimmt – ich finde nicht, dass man so vor das Verfassungsgericht gehen darf – oder es zu Spargeschäften kommt, die wir nicht verantworten können gegenüber der Bevölkerung in Bremen und Bremerhaven.