Protokoll der Sitzung vom 09.11.2005

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Stahmann.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich greife das auf, was der Bildungssenator gerade noch einmal gesagt hat: Ohne den Bund geht es nicht! Ich glaube, das ist eine richtige Aussage, die Sie gemacht haben, Herr Bildungssenator, aber die SPD und die CDU auf Bundesebene haben jetzt etwas anderes beschlossen, sie haben sich für etwas anderes verabredet. Es wird künftig nicht mehr möglich sein, dass der Bund sich finanziell an den bildungspolitischen Aktivitäten in den Ländern beteiligen wird. Ich bitte Sie ganz herzlich, dass Sie auch einmal auf Bundesebene an Ihre Fraktion signalisieren, dass das ein falscher Weg ist, auf dem wir uns befinden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich sage auch, der Bund muss mit ins Boot, wenn wir darüber diskutieren, frühkindliche Bildung zu stärken. Wenn wir mehr Geld für die Kindergärten brauchen, sind das nicht nur ein paar Euro fünfzig oder ein paar Euro vierzig. Es geht insgesamt um ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

bundesweit vier Milliarden Euro, die man braucht, um aufzuholen, um mit den Pisa-Siegerländern mithalten zu können. Das ist kein Geld, das jetzt für neue Tapeten oder neue Gardinen gebraucht wird, sondern das ist Geld, das für Personal gebraucht wird, für Qualifizierung gebraucht wird, für Sprachförderung.

Herr Tittmann, warum haben wir Ihren Antrag abgelehnt, Sprachtests für ausländische Kinder zu machen? Wir brauchen nicht Sprachtests für ausländische Kinder, Herr Tittmann, wir brauchen Sprachtests für alle Kinder! Das, was Sie hier mit Ihrem Antrag wieder deutlich machen wollten, ist doch nur wieder pure Diskriminierung von ausländischen Kindern. Wir haben mittlerweile Probleme, dass viele Kinder auch aus deutschen Familien nicht den Sprachstand haben, den sie in ihrem Alter altersgerecht erbringen müssen, und deshalb war Ihr Antrag auch inhaltlich nicht richtig, und deswegen haben wir ihn auch hier richtigerweise mit allen Fraktionen im Haus abgelehnt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

In dieser Aktuellen Stunde geht es darum zu überprüfen, ob die große Koalition die Weichen in der Bildungspolitik richtig gestellt hat. Herr Lemke hat noch einmal Einzelmaßnahmen aufgezählt, sinnvolle Einzelmaßnahmen, die die Grünen hier auch mitbeschlossen haben. Wir haben gesagt: Mehr Qualität, auch Bildungsstandards überprüfen, Lehrer gemeinsam mit den Erzieherinnen und Erziehern besser ausbilden! Wir haben im Bildungsbereich eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen beschlossen. Was aber doch fehlt, lieber Bildungssenator und liebe Sozialsenatorin, ist eine gemeinsame Strategie des Bremer Senats, wie wir im Bereich Bildung nach vorn kommen!

Da habe ich doch eben wieder gehört: Mein Ressort hat nur soundsoviel Geld, und Frau Röpke müsste auch noch ein bisschen etwas haben. Wir fordern als Opposition eine Gesamtstrategie des Bremer Senats, einen Masterplan, an dem die Eltern beteiligt sind, an dem die Schulen beteiligt sind, die frühkindlichen Bildungseinrichtungen, die Handelskammer. Dieses Thema muss in diesem Land richtig nach vorn gebracht werden, und das muss der Senat wirklich tun mit einem Gesamtkonzept, da reichen die Einzelmaßnahmen nicht aus.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Abschließend möchte ich noch einmal kurz etwas zum Kollegen Rohmeyer sagen, der gesagt hat, Bayern wäre nun doch Champions League, und ich würde hier herumschwindeln und nicht die Wahrheit sagen. Herr Rohmeyer, ich sehe in die Tabellen hinein, und

da muss ich sagen, Abiturientenquote: Bayern 20 Prozent!

(Abg. T i t t m a n n [DVU] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)

Frau Abgeordnete, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Tittmann?

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. R o h m e y e r [CDU])

Schweden 75 Prozent, Finnland 60 Prozent! Das sind Zahlen, Herr Rohmeyer! Finnland 60 Prozent, Schweden 75 Prozent, Bayern 20 Prozent! Bayern kann gar nicht den Bedürfnissen der Wirtschaft an Abiturienten Rechnung tragen. Auch bei den Fachabiturienten hat Bayern noch ein paar Schülerinnen und ein paar Prozente zu bieten, aber international sind wir doch einfach nicht gut. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen, und wir müssen uns mit denen messen. Wir haben nicht einen bundesweiten Arbeitsmarkt, sondern wir haben einen europäischen Arbeitsmarkt. Wir leben in einer Wissensgesellschaft, und unser Bildungssystem wird den Anforderungen nicht gerecht.

Herr Rohmeyer, Sitzenbleiberquote Bremen: Wir haben bundesweit die höchste Sitzenbleiberquote!

(Zuruf der Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD])

Sie ist reduziert worden. Frau Hövelmann, warum? Weil die Eltern der Kinder, die ein Gymnasium besuchen, Nachhilfe bezahlt haben, weil der Bildungssenator Kurse angeboten hat, die auch überwiegend von Familien oder auch von Kindern wahrgenommen worden sind, die bildungsnah sind. An den Hauptschulen haben wir den Trend aber noch nicht umdrehen können, und wir müssen doch hier Sorge dafür tragen, dass alle Kinder, auch die, die aus Familien kommen, die sozial benachteiligt sind, gleiche Bildungschancen haben. Dann nehme ich den Bildungssenator ernst, der gesagt hat, bei gleichem Talent muss es hier gleiche Chancen geben. Deswegen stehen wir hier vorn, diese Chancen werden den Kindern heute in Bremen nicht präsentiert und nicht eingelöst.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der letzte Punkt ist: Hat die Koalition umgesteuert in Sachen Bildungsausgaben? Ich habe schon mehrfach hier vorn gestanden, auch meine Kollegen Mützelburg und Zachau, und habe gesagt, Bremen

gibt viel Geld aus für die weiterführenden Schulen, zu wenig im Vergleich mit Kindergärten und Grundschulen. Bremen hat nicht umgesteuert. Diese Koalition hat, seitdem sie regiert, nicht richtig umgesteuert. Wir geben immer noch deutlich mehr Geld aus für den Bereich der weiterführenden Schulen, es hat keine Kurskorrektur gegeben in dieser wichtigen Frage. Auch daran kann man festmachen, dass die große Koalition Wichtiges versäumt hat. Das wollte ich deutlich machen! – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat der Abgeordnete Tittmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Stahmann, da Sie ja nun nicht in der Lage sind, meine Fragen beantworten zu können,

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Nicht willens!)

bin ich gezwungen, noch einmal nach vorn zu kommen. Ich möchte Sie fragen: Hätten Sie unter Berücksichtigung dessen, dass Sie alle meine Anträge abgelehnt haben, dann damals dem Antrag der Deutschen Volksunion zugestimmt, vielleicht mit dem Untertitel „Deutschtest für alle Kinder“? Hätten Sie dem zugestimmt?

Zweitens: Ich muss Ihnen sagen, meine Damen und Herren, die Deutsche Volksunion wird sich auch weiterhin vehement für die Zukunft unserer Kinder mit gleichen Bildungschancen für alle Kinder – das betone ich hier, für alle Kinder! – parlamentarisch uneingeschränkt rigoros einsetzen. Auch wenn Sie das mit einer überparteilichen, einstimmigen, niederträchtigen und undemokratischen Ablehnung aller DVU-Anträge verhindern wollen, es wird Ihnen nicht gelingen! Wie vorhin schon erwähnt: Herr Senator Lemke, der letzte Platz ist eben der letzte Platz, und den können Sie nicht schönreden. – Ich danke Ihnen!

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Hövelmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nur noch zwei Äußerungen zur Kollegin Stahmann, weil wir das nicht so stehen lassen können!

Liebe Frau Stahmann, ich weiß genau, dass Sie mitbekommen haben, dass wir die Grundschule sehr gestärkt haben, nicht nur durch die Verknüpfung zwischen dem frühkindlichen Bereich, den Diagnoseinstrumenten, die Frau Senatorin Röpke da einsetzt ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

und dem verbessertem Übergang, sondern durch die fast flächendeckende Einführung der verlässlichen Grundschule. Durch die Erhöhung der Stunden in der Grundschule haben wir einen Schwerpunkt in der Grundschule gesetzt und nicht zuletzt auch durch die Einführung von Englisch in der Grundschule. Das alles ist eine Verstärkung der Unterrichtsstunden im Grundschulbereich, dazu kommt der Anteil der verlässlichen Grundschule. Mir war es wichtig, das hier noch einmal deutlich zu machen, nicht, dass es so hängen bleibt, wir hätten verschlafen, dass in der Grundschule Veränderungen notwendig waren.

Ich habe nicht umsonst hier eben gesagt, auf den Anfang kommt es an, und von daher bitte ich Sie, dass Sie das nicht nur zur Kenntnis nehmen – darum kann ich Sie natürlich gern bitten –, sondern ich bitte Sie auch darum, dass Sie so etwas nicht wieder behaupten! – Danke schön!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Rohmeyer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte mich auch noch einmal zu einem Thema äußern, das am Ende der Debatte aufgetaucht ist! Die CDU-Fraktion fordert seit langer Zeit die gemeinsame Ressortverantwortung von Bildung und Jugendeinrichtungen, damit wir hier, da sind wir sehr nah mit den Grünen zusammen, keine Reibungsverluste auf dem Rücken von Kindern haben.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Und mit mir!)

Ja, mit Ihnen, aber nicht mit der SPD, Frau Hövelmann! Die SPD hat es abgelehnt. Wir hatten es in die Koalitionsverhandlungen eingebracht, dass wir eine gemeinsame Ressortverantwortung wollen. Wir hatten, da ist das Beispiel verlässliche Grundschule, das Beispiel Ganztagsschule, der Übergang vom Kindergarten zur Schule, ganz viele Reibungsverluste, und immer auf dem Rücken von Kindern, und das muss in Zukunft aufhören, meine Damen und Herren!

Da zeigen andere Länder, auch innerhalb Deutschlands, dass das geht. Wir erwarten, dass das in der nächsten Legislaturperiode gemacht wird, das sind momentan – ich muss es so nennen – sozialdemokratische Befindlichkeiten und Machtstrukturen. Es kann nicht sein, dass so etwas auf dem Rücken von Kindern stattfindet. Wir haben dort viele Vorschläge gemacht, Herr Bartels in den Debatten zur Jugendpolitik, wir haben klare Aussagen zum dritten Kindergartenjahr in unserem Regierungsprogramm, da können Sie gern weiter von uns abschreiben. Wir ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

haben hier klare Positionen, und da hoffe ich, dass wir vielleicht sogar schon in dieser Wahlperiode, Frau Hövelmann, wenn Sie das so sagen –

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Das glaube ich nicht!)

überzeugen Sie bitte Ihre Genossen! –, noch weiterkommen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aktuelle Stunde ist damit geschlossen.

Mit Prävention und Aufklärung häusliche Gewalt verhindern

Große Anfrage der Fraktionen der SPD und der CDU vom 21. Juni 2005 (Drucksache 16/674)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 16. August 2005

(Drucksache 16/724)