Meine Damen und Herren, wir sind uns in vielem einig, aber ich möchte doch noch einmal auf einen Punkt hinweisen, den wir Grünen seit vielen Jahren immer wieder kritisieren. Es gibt eine Bevölkerungsgruppe, die an Bedeutung verliert, und das ist die Familie. Das mag man bedauern, aber es ist eine Tatsache. Obgleich dies seit Jahren bekannt ist, haben Sie als Koalition, und auch das debattieren wir hier öfter, in den letzten Jahren Ihre Wohnungsbaupolitik einseitig auf diese Bevölkerungsgruppe ausgerichtet und tun dies mit der absurden Ausweisung der Osterholzer Feldmark weiterhin. Wir Grünen sagen,
Sie haben sich in den vergangenen Jahren nicht oder nicht in ausreichendem Maß mit der Änderung der Bevölkerungsstruktur befasst. Wir freuen uns, dass das jetzt besser wird. Dass Sie das tun, das macht die Antwort des Senats deutlich. Aber noch einmal zu einer Zahl! Bei einer durchschnittlichen Baufertigstellungsrate von etwa 475 Ein- und Zweifamilienhäusern von 1995 bis 2004 reicht das vorhandene Angebot bereits heute für die nächsten elf Jahre. Das sagen nicht die Grünen, das sagt die GBI. Wir fordern Sie daher auf, diese einseitige Wohnungsbaupolitik endlich zu beenden!
Was wir brauchen, sind ressortübergreifende Strategien. Die Zukunftsaufgaben können vom Bauressort allein nicht bewältigt werden. Wenn der Bausenator jetzt ein Monitoringsystem aufbauen will, um Problembereiche zu ermitteln, dann können wir sagen, das begrüßen wir, aber es wird meines Erachtens allein nicht ausreichen. Beide Städte brauchen, davon sind wir überzeugt, sowohl das sehr kleinteilige Hinschauen in einzelne Stadtquartiere, wohin und wie sie sich weiter entwickeln, wie man möglichst frühzeitig auf Probleme aufmerksam werden kann, und wir brauchen nicht nur das kleinteilige Hinschauen, sondern wir brauchen auch Gesamtstrategien mit Blick auf die Gesamtzukunft unserer beiden Städte. Herr Bausenator, ich glaube schon, dass es gut wäre, wenn wir zukünftig ressortübergreifend arbeiteten, um diese Probleme zu meistern. – Danke schön!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Abgeordnete Krusche, mein erster Gedanke im ersten Teil ihrer Rede war: Was hat Ihnen eigentlich der Abgeordnete Focke heute getan?
Ich finde, Herr Focke ist sehr sachlich an dieses Thema herangegangen. Er hat viele Punkte in seiner Rede erwähnt, die Ausgangslage sehr gut beschrieben und auch verschiedene Handlungsoptionen aufgezeigt. Ihm dann vorzuwerfen, er nähere sich dem Prozess im Tempo einer Schnecke, oder er habe den demographischen Wandel erst jetzt begriffen, muss ich sagen, ist beim besten Willen völlig unangebracht in diesem Zusammenhang.
Liebe Frau Krusche, im zweiten Teil der Rede habe ich mich daran erinnert, dass das die gleichen alten Kamellen sind, die Sie hier seit zehn Jahren, seitdem wir große Koalition machen, immer wieder predigen. Sie müssen Ihre Rede auch einmal dem demographischen Wandel anpassen.
Das ist Ihnen mit diesem Beitrag nicht gelungen. Frau Krusche, ich will Ihnen auch sagen, Sie nehmen die Realitäten nicht zur Kenntnis. Zum Ersten: Wir haben hier in Bremen mit Tenever das größte Stadtumbauprojekt in den alten Bundesländern. Das muss man zur Kenntnis nehmen, dass sich dieser Senat schon vor vielen Jahren der Herausforderung eines Stadtumbaus angenommen hat, liebe Frau Krusche, und dass wir auf den demographischen Wandel reagiert haben, und zwar als eine der ersten deutschen Großstädte, und dass wir in diesem Jahr, als es Fragen des Tempos der Veränderung in Tenever gab, weil das natürlich auch ein permanenter Überprüfungsprozess ist, diese Herausforderung angenommen haben, dass wir eine Neukonzeption gefunden haben, die selbst vom Bündnis 90/Die Grünen positiv begleitet wurde. Ich finde, in so einer generellen Debatte muss man auch einmal positiv erwähnen, dass sich dies seit vielen Jahren in der Senatspolitik, meine sehr verehrten Damen und Herren, widerspiegelt.
Darüber hinaus reagieren wir in Lüssum. Da ist es etwas komplizierter, weil man da mehrere Träger von Wohnungen hat. In Tenever hat man „nur“ die Gewoba als Partner für die Stadt. In Lüssum ist das komplizierter. Aber ich bin mir sehr sicher, dass wir auch in diesem Jahr dort einen weiteren wichtigen Schritt vorankommen werden, indem wir nach den allgemeinen Erklärungen, die es im letzten Jahr gegeben hat, jetzt einen konkreten Zeit- und Maßnahmenkatalog vorstellen werden, um auch in Lüssum auf die Veränderungen des Marktes, auf den demographischen Wandel, auf veränderte Nachfrage zu reagieren.
In Bremerhaven, wenn ich das so sagen darf, der Kollege Bödeker kann das wahrscheinlich viel besser im Detail sagen, ist dieses Problem natürlich exorbitant groß, das muss man sagen. Wenn man sich die Trends ansieht, die auch in der Detailstudie noch einmal vorgelegt werden, ist natürlich in Bremerhaven sowohl der Bevölkerungsrückgang im deutlich zweistelligen Bereich als auch vermutlich selbst der Rückgang der Haushaltszahlen im zweistelligen Bereich. Damit müssen wir uns auseinander setzen. Wir haben dort immer wieder diverse Rückbauprogramme, Frau Krusche, in der Baudeputation durch Landesmittel unterstützt, gefördert. Da müssen wir jetzt noch weiter schauen, was man als Maßnahme kon
Aber auch da muss man die Partner mit einbinden, in dem Fall die Stäwog und die Gewoba als größte Träger von Wohnungen. Dort muss man dann auch zwischen Stadt und Land zu Mixfinanzierungen kommen, um diesen Rückbau und die Veränderung auch in Bremerhaven zu begleiten. Das wird eine große Herausforderung der nächsten Jahre, aber natürlich ist demographischer Wandel auch ein permanenter Prozess.
Liebe Frau Krusche, Sie kommen dann und sagen, wir hätten immer nur auf der grünen Wiese Wohnungen ausgewiesen und nichts gemacht.
Doch, natürlich haben Sie das gesagt. Wir können ja Ihre Rede gleich noch einmal nachlesen, wenn das Protokoll so schnell ist, liebe Frau Krusche.
Das ist doch gar nicht der Fall! Wir haben insgesamt in den letzten zehn Jahren, wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe, mehr als 10 000 Wohneinheiten im Lückenbauprogramm beschlossen. Das ist Fakt! Da ist eine ganze Menge gemacht worden. Das Gelände Stadtwerder befindet sich gerade in der Ausschreibung, da suchen wir private Investoren, das kann man nicht alles staatlich regeln. Das TÜV-Gelände ist in der Ausschreibung. Was machen wir alles im Bereich des Stephaniviertels!
Was wollen wir in der Überseestadt machen? Da streiten wir uns doch überhaupt nicht darüber, dass dort Wohnen möglich sein muss. Da gibt es Probleme zu lösen, ganz konkrete Fragen von Lärmemission, aber natürlich wollen wir auch in der Überseestadt Wohnraum implementieren, und das steht im Masterplan, von allen verabschiedet. Also, tun Sie doch nicht so, als wenn es bei uns nur Borgfeld, einige Wohneinheiten in Oberneuland und die Osterholzer Feldmark gäbe! Das ist doch Quatsch! Ein ausgewogenes Angebot muss unsere Antwort sein auf diesen demographischen Wandel, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Da haben wir eine ganz wichtige Zielgruppe, davon bin ich allerdings überzeugt. Gerade Menschen der jüngeren Generation sprechen über die Alten leicht auch einmal abfällig. Ich finde das traurig, dass das so ist, denn ich bin der festen Überzeugung, dass ge
rade die älteren Mitmenschen ein ganz erhebliches Erfahrungspotential haben, von dem Jüngere häufig profitieren können. Für uns in der Stadtentwicklung, also in der Baupolitik, müssen wir sagen, ist das eine Herausforderung, wo wir das Tempo, das gestehe ich zu, in den nächsten Jahren sicherlich noch erhöhen müssen.
In den sechziger und siebziger Jahren sind unheimlich viele Menschen ins Umland gezogen, weil es, Frau Krusche, kein entsprechendes Angebot an Baugebieten in Bremen gab. Jetzt machen wir uns darüber Gedanken in einer Stadtentwicklungsstrategie, wie wir die wieder zurückholen können, weil nämlich die Menschen dort häufig im Umland sitzen, die Häuser zu groß sind, die ÖPNV-Anbindung schwierig ist, man im Alter auch nicht mehr so gern Auto fährt, und dafür brauchen wir ein entsprechendes Angebot. Das sind natürlich gerade auch die citynahen Bereiche. Da ist der Stadtwerder zum Beispiel eine zentrale Herausforderung, Menschen wieder nach Bremen und Bremerhaven zu holen.
Jetzt schaue ich mir Bremerhaven an, Herr Bödeker! Die Projekte, die in Bremerhaven am Wasser entstanden sind, waren sehr schnell verkauft, und das in einem Preissegment, das man Bremerhaven kaum zugetraut hat! Die teuersten Wohnungen waren als erste weg, und das in Bremerhaven! Ich will dort überhaupt nicht Angebote nur für die Reichen machen, das ist Quatsch, aber man sieht, es gibt dort auch die Bereitschaft, viel Geld auf den Tisch zu legen, wenn man citynah attraktiven Wohnraum anbietet. Diese Aufgabe, diese Lücke müssen wir doch entsprechend besetzen, da müssen wir doch etwas machen!
Wir haben geantwortet: Wohnen an Wall und Weser, Wohnen im Alter, beides sind Programme, die sich genau damit beschäftigen, und nun sagt Frau Krusche, man muss da mehr machen. Ich kann nicht alle privaten Investoren zwingen, dort Häuser zu bauen, aber wir müssen unsere Vorteile, die es dort gibt, noch besser herausarbeiten. Deshalb habe ich den Senatsbaudirektor hier in Bremen gebeten – wir werden das sicherlich in den nächsten Wochen vorstellen –, einmal besonders mutige Bauplätze in der Innenstadt, im Citybereich zu benennen, wo man auch mit Architektur einen Standortfaktor bilden kann, wo man einmal darüber diskutieren, vielleicht auch streiten kann, ob das die richtige Architektur an der Stelle ist.
Ich glaube, einen solchen kontroversen Streit, eine solche Debatte, wie man sie in Hamburg hat mit der Elbphilharmonie, kann man auch im privaten Wohnungsbau führen: einmal kontrovers diskutieren und damit auch Standortwerbung für Bremen und Bremerhaven betreiben. Das ist das Ziel. Da wollen wir sicherlich das Tempo noch erhöhen, da wollen wir mehr machen, weil wir auf diese Menschen insoweit reagieren wollen, dass wir ein attraktives Angebot im direkten Citybereich machen wollen oder aber nahe an den ÖPNV-Trassen.
Damit bin ich beim nächsten Thema, das mit Stadtentwicklung und mit Wohnungsbau zu tun hat, das ist der Bereich der Verkehrspolitik. Wir haben in der Baudeputation ein riesiges Programm für den Ausbau des ÖPNV in den nächsten zehn Jahren beschlossen. Da haben wir uns ein gewaltiges Programm vorgenommen, vor allem vor dem Hintergrund der Investitionsdebatten, die immer wieder geführt werden. Ich halte das für wichtig, weil wir natürlich nicht nur aufgrund von veränderten Umweltbedingungen etwas tun müssen. Ich erinnere an die Feinstaub-Debatten, die wir haben, die veränderte Preisgestaltung im Energiebereich, Benzinpreise. Nein, gerade auch, wenn wir die Älteren wieder zurück in die City holen wollen, brauchen sie dieses attraktive ÖPNVAngebot. Da müssen wir natürlich etwas machen, da müssen wir eine ganze Menge machen, und vor diesem Hintergrund ist ein ganz wichtiges Thema, wie wir mit dem Verkehr umgehen.
Verkehr ist übrigens selbst ein wichtiges Thema, wenn ich das so sagen darf. Ich bin der festen Überzeugung, wenn der Autobahnring geschlossen ist, die A 281, dass wir damit Verkehr herausholen aus dem direkten inneren Autobahnring und wir damit die Attraktivität der citynahen Stadtteile noch vergrößern. Sie wissen, nicht gerade zur großen Freude der Mitglieder der CDU-Fraktion sage ich auch immer, wenn der Autobahnring geschlossen ist, können wir auch gern über die Hochstraße hier debattieren.
Ich bin mir aber sicher, durch den Autobahnring gelingt es uns, den Durchgangsverkehr aus allen Stadtteilen herauszuholen, die innerhalb dieses Autobahnrings liegen. Das hat übrigens Oldenburg schon Ende der siebziger Jahre hinbekommen. Dadurch steigt die Lebensqualität enorm, und deshalb sagen die Leute, wir wollen wieder verstärkt – zusätzlich verstärkt zu den Argumenten, die ich vorher genannt habe – nach Bremen kommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, eines darf man aber nicht vergessen, und deshalb wäre es falsch, Frau Krusche, ein Vorhaben wie die Osterholzer Feldmark einfach so aufzugeben und zu opfern: Es gibt nach wie vor eine starke Nachfrage nach Einund Zweifamilienhäusern. Deshalb muss man sich das dort anschauen, das differenzieren, und mit diesen Ein- und Zweifamilienhäusern sind wir nach wie vor in Konkurrenz zum Umland, da soll man sich nichts vormachen. Schauen Sie sich an, wie sich in Lilienthal das eine oder andere Baugebiet entwickelt hat, seitdem es auch Borgfeld gibt! Die Menschen bleiben lieber in Borgfeld, weil sie doch lieber in Bremen bleiben und entsprechend dorthin ziehen.
Ich bin mit Ihnen sehr dafür, dass wir die Osterholzer Feldmark nicht unsystematisch entwickeln dürfen und nicht, was weiß ich, mit einem mittleren Gebiet anfangen, sondern wir müssen es klug entwickeln, von einer Seite her. Genau aus diesem Grund haben wir dies in der entsprechenden Bauplanung in 13 Abschnitte unterteilt. Natürlich werden wir nicht
in der Mitte anfangen und, wenn sich dann 2015, 2018 der Markt neutralisiert hat, dann mittendrin aufhören, und rechts und links bleibt alles unkoordiniert liegen. Wir müssen das vernünftig vom Rand her entwickeln, um immer wieder auch in der Lage zu sein, auf aktuelle Rahmenbedingungen zu antworten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, um Stadtentwicklungspolitik zu gestalten, braucht man Geld. Wir haben eine Reihe von Programmen, und diese Programme sind teilweise komplementär finanziert, WiN, Soziale Stadt, um sie einmal zu nennen. Wir haben Vorschläge auf den Tisch gelegt, zum Beispiel mit dem Zukunftsfonds Wohnen, und wir haben ein Programm gemeinsam mit dem Koalitionspartner entwickelt, das unter den Aktivitäten Innenstadt und Stadtteilprogramm läuft.
Ja, ich habe es verpasst, weil ich Ihnen so intensiv zugehört habe, aber Sie sind jetzt in der vierzehnten Minute!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, um Stadtentwicklungspolitik zu gestalten, braucht man die finanziellen Rahmenbedingungen. Wenn ich mir anschaue, mit wie viel Engagement meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerade dieses Thema der Stadtentwicklung und der Stadtteilprogramme tatsächlich abstimmen mit den Leuten, den Beiräten vor Ort, wäre es wirklich ein fatales Signal für Stadtentwicklungspolitik, wenn es ausgerechnet dieses Programm wäre, wo die Beiräte den einen oder anderen investiven Wunsch haben, um gerade auch die Stadtteile im Vergleich zum Umland oder auch im Vergleich zur City attraktiv zu gestalten und wir genau das jetzt finanziell abwürgen würden. In diesem Sinne bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit und hoffe insbesondere von allen Baupolitikern auf eine Unterstützung für diese Programme in den kommenden Haushaltsberatungen!