Danach, ja! Wir reden auch sonst freundlich oder manchmal auch unfreundlich über unsere Freunde in Hamburg. Ich finde, dies wäre ein Thema, bei dem man sich hätte äußern müssen. Ich weiß, dass Sie dazu eine Veranstaltung gemacht haben. Ich habe das auch in der Presse verfolgt. Ich fand das sehr gut, dass Sie das initiiert haben, aber das war eine ganze Zeit nach diesen unsäglichen Äußerungen von Herrn Kusch. Ich sehe aber, und das ist auch gut: Dies ist an Ihnen nicht so spurlos vorbeigegangen.
Ein Satz noch! Es hat mich auch sehr nachdenklich gemacht, dass in Holland, wo die gesetzlichen Möglichkeiten liberalisiert worden sind, von der Möglichkeit der aktiven Sterbehilfe Gebrauch gemacht wird. Berichte besagen aber, dass in 50 Prozent aller Fälle die gesetzlich vorgeschriebene Meldung an die Behörden nicht erfolgt. Ich finde, das sollte uns alle nachdenklich machen. Wir müssen uns deshalb darum Gedanken machen und sagen: Es darf keine Grauzone in diesem Bereich geben. Wir drängen deshalb auf eine klare, gesetzliche und auf eine möglichst baldige Regelung. Wir hoffen, dass es dem Bundestag in dieser Legislaturperiode gelingt, das ist verabredet, ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Grotheer, ich muss gleich auf Ihre Äußerung zu dem ehemaligen Innensenator in Hamburg eingehen. Das ist natürlich eine politische Entgleisung. Das können wir hier wohl deutlici zur Kenntnis geben. Sie kennen das aber wahrscheinlich auch. Das sind Einzelmeinungen und haben überhaupt nichts damit zu tun, dass das die Meinung der gesamten CDU-Partei ist.
Herr Perschau hat es gerade erwähnt. Wir haben eine große Fachtagung mit über 200 Gästen gehabt und haben da auch ausreichend Gelegenheit gehabt, unsere Einstellung dazu deutlich zu machen.
Ich komme zum Thema Patientenautonomie durch Patientenverfügung! Ich will auch gleich sagen, der Senat gibt hier in seiner Antwort eine gute und sehr
ausführliche Übersicht über die bestehende Problematik und den derzeitigen Stand nach dem Zwischenbericht der Ethik-Kommission. Dafür möchte ich mich auch wirklich bedanken!
Meine Damen und Herren, die sichere und unmissverständliche Ausgestaltung einer Patientenverfügung ist eine bedeutende und auch höchst persönliche Angelegenheit. Sich hier rechtlichen Fragen zu nähern bedeutet, das haben Sie auch angedeutet, über zahlreiche Grade zu gehen. Die Angst vor aktiver Sterbehilfe wird allerdings fälschlicherweise allzu oft mit der Patientenverfügung verknüpft. Umso wichtiger und nötiger sind Klarheit und Verständlichkeit bei derartigen Verfügungen.
Sie haben es auch schon erwähnt. Die enorme medizinische Entwicklung, die technischen und medikamentösen Möglichkeiten der letzten Jahrzehnte haben dazu geführt, dass Leben in wesentlich größerem Maße als früher gerettet und verlängert werden kann. Das ist natürlich in erster Linie eine erfreuliche Entwicklung. Wie so oft gibt es aber auch hier eine Kehrseite. Die Frage, ob lebenserhaltende Maßnahmen ein Geschenk oder eine Qual sind, kann und muss jeder Einzelne selbst beantworten. Der Konflikt liegt auf der Hand. Auf der einen Seite steht die Angst vor Gerätemedizin und damit verbundenen Abhängigkeiten, auf der anderen Seite steht die hohe Erwartungshaltung an Ärzte und die Möglichkeiten der Medizin. Viele Menschen haben Angst vor lang anhaltenden Schmerzen und einem Leidensweg durch intensivmedizinische Maßnahmen an ihrem Lebensende.
Für die Klärung der Entscheidungen, die in diesem Lebensabschnitt nötig sind, ist die Patientenverfügung gedacht. Sie soll die Patientenautonomie stärken und am Lebensende selbstbestimmte Entscheidungen möglich machen. Mit der Regelung von Anforderungen an Patientenverfügungen muss eines erreicht werden, da stimmen wir mit dem Senat völlig überein, das würdige Sterben muss verbessert werden und die damit untrennbar verbundene Sterbebegleitung. Die Patientenverfügung soll eine Hilfe für die Fälle sein, in denen ein Patient selbst nicht mehr in der Lage ist, seine Entscheidungen und seinen Willen zu artikulieren, denn für Ärzte ist der Patientenwille stets und strikt zu beachten. Wie wird dieser Wille aber erkennbar und verständlich? Bei einer Patientenverfügung spielen schließlich das jeweilige individuelle Menschenbild und die persönliche Erfahrung eine entscheidende Rolle.
Bei einer Patientenverfügung stellen sich also viele Fragen: Was ist, wenn ein Patient einwilligungsunfähig ist? Sollte die Patientenverfügung medizinische Sachverhalte einbeziehen, und wie steht es dann mit der Praxistauglichkeit? Kann es überhaupt eine individuelle Patientenverfügung geben? Ist eine Patientenverfügung eine Handlungsanweisung für einen Arzt oder für den Betreuer? Muss sie notariell beglaubigt sein, reicht die einfache Schriftform? Wann ist
das Leiden tatsächlich irreversibel und wann nicht? Wer darf darüber befinden, wenn der Patient dazu nicht mehr in der Lage ist? Darf dann auch eine Patientenverfügung um jeden Preis angewendet werden?
Meine Damen und Herren, diese Fragen erfordern ein hohes Maß an Sensibilität, medizinischem und rechtlichem Wissen. Fakt ist, die Patientenverfügung muss gesetzlich für Patienten, für Angehörige, für Ärzte, für Pfleger abgesichert sein. Alle brauchen einen verlässlichen und klaren Rechtsrahmen. Wann im Einzelfall eine Therapie an ihre Grenzen stößt, lässt sich allerdings gesetzlich nicht definieren. Auftrag des Arztes ist es, Leben zu retten und zu erhalten. Vor dem Hintergrund seines Berufsethos wird er nicht versuchen, einen Menschen, dessen Organismus definitiv versagt hat, mit allen Mitteln am Leben zu erhalten. Die Grenzen der Behandlung können vom Gesetzgeber nicht Punkt für Punkt definiert werden. Dafür ist die Vielfältigkeit von Situationen und individuellen Vorstellungen einfach zu groß. Kein Arzt würde einen Patienten, der über das medizinisch Mögliche genau aufgeklärt ist, gegen seinen erklärten Willen behandeln. Wer nicht behandelt werden will, der darf auch nicht behandelt werden. Daran gibt es keinen Zweifel. Dieser Grundsatz lässt sich aber eben nicht eins zu eins auf eine Patientenverfügung übertragen.
Ich will das an einem Beispiel verdeutlichen! Ein Komapatient wird seine aktuelle Situation nicht begreifen können, um auf dieser Grundlage seine Entscheidungen über die Weiterbehandlung treffen zu können. Verfügt er über eine Patientenverfügung, hat er diese Entscheidung unter Umständen lange Zeit zuvor auf der Grundlage seines damaligen Wissensstands und seiner damaligen Haltung getroffen. Nun gibt es aktuell vielleicht neuere Erkenntnisse, medizinische wie therapeutische Möglichkeiten. Was soll dann der Arzt tun? Eine Patientenverfügung muss in jeder eingetretenen Situation bewertet und neu ausgelegt werden. Deshalb ist der Vorschlag der Ethik-Kommission richtig, die ein Konsil aus Angehörigen, Ärzten und Pflegepersonal vorsieht. Sie hätten dann gemeinsam zu überlegen, was der Patient wollen würde.
Was haben wir bei der Schaffung von Rechtsgrundlagen zu berücksichtigen? Viele Menschen fürchten sich vor einem Missbrauch ihrer Patientenverfügung, diesen Ängsten müssen wir erstens begegnen. Zweitens, wir müssen auch dem elementaren Gesichtspunkt des Lebensschutzes Rechnung tragen, was auch schon im Grundgesetz verankert ist. Drittens, wie eingangs erwähnt, muss das Ziel sein, die Situation der Menschen an ihrem Lebensende zu verbessern. Viertens, Patienten und ihr Selbstbestimmungsrecht müssen ernst genommen werden. Ihre Vorstellungen über die Ausgestaltung der letzten Lebensphase sind unbedingt zu berücksichtigen.
Aus den Erfahrungen in der Hospizarbeit wissen wir vor allen Dingen auch eines: In erster Linie ist der
Wunsch der Menschen darauf gerichtet, nicht allein gelassen zu werden und keine Schmerzen zu erleiden. Die CDU fordert deshalb eine Verbesserung der palliativmedizinischen Versorgung sowie den Ausbau von Hospizdiensten. Mit dieser Auffassung schließen wir uns der Kernforderung des Senats nach aktiver Sterbebegleitung an. Wir müssen begreifen, dass das Verlangen nach einem selbstbestimmten und würdigen Tod keinesfalls der Wunsch nach Lebensverkürzung ist, es ist der Wunsch nach einer Leidenslinderung.
Meine Damen und Herren, was meine ich mit den Forderungen nach einer Verbesserung der Palliativmedizin? Die Patientenverfügung ist einzubetten in ein großes Ganzes, bestehend aus der Bemühung um ein menschenwürdiges Leben bis zuletzt und der Bemühung um eine Stärkung der Hospizarbeit und der Palliativmedizin. Derzeit sterben 70 Prozent der Menschen nicht zu Hause, sondern in Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern. Daran wird deutlich, wie wichtig der Ausbau von ambulanter Hilfe ist, um ein Sterben in vertrauter Umgebung möglich zu machen, ein Wunsch, den viele Sterbende am Ende ihres Lebens haben. Auch die ärztliche und medizinische Versorgung im ambulanten Bereich zum Beispiel ließe sich mit den Einrichtungen, die wir bereits haben, sicherlich noch besser vernetzen. Außerdem muss ja auch bedacht werden, dass die Angehörigen unterstützt werden müssen.
Wer soll also entscheiden, was zu tun ist? In erster Linie zählt der Wille des Patienten in Begleitung mit dem Arzt. Gesetze sollen hier einen Rahmen festlegen, in dem die Entscheidung zu treffen ist. Letztlich fließen zahlreiche Einzelgesichtspunkte in eine solche Entscheidung ein, die ein bedachtes Urteil erfordern. Ich halte eine komplette Verrechtlichung an der Grenze zwischen Leben und Tod für wenig hilfreich. Dieser Patientenwille bedarf aber einer vorausgehenden fundierten Willensbildung. Sie erfordert ein ernsthaftes Auseinandersetzen mit dem eigenen Tod, mit der Anspruchshaltung an den Arzt und der Definition von Lebenswert und Lebensqualität.
Jedem muss klar sein, dass die beständige Aktualisierung notwendig ist. Lebenssituationen ändern sich, Meinungen werden verworfen, und der medizinische Fortschritt schreitet voran. Oft findet die Entscheidung für eine Patientenverfügung ohne einen konkreten Krankheitshintergrund statt. Von Fall zu Fall kann die Art der Erkrankung eine Änderung der Patientenverfügung notwendig machen. Niemand kann wissen, ob die eigene Entscheidung auch in zehn oder 20 Jahren noch dieselbe wäre. Wichtig für die Patienten ist deshalb eine Aufklärung über all diese Aspekte und Gesichtspunkte.
Meine Damen und Herren, wir sollten nicht zu große Erwartungen an die Patientenverfügung knüpfen, sie ist eben nicht nur eine juristische Frage, sondern auch eine soziale. In einer Umfrage hielten 88 Prozent aller durch TNS Infratest Befragten fachkundige Be
ratung beim Verfassen einer Patientenverfügung für unumgänglich. Das ist auch das Ergebnis unserer großen Fachtagung. Ich finde diese Aussage für sich genommen bedenklich. Was ich deutlich machen will, ist, eine fachkundige Beratung ersetzt in keinem Fall die eigene Willensbildung. Die Verantwortung jedes Einzelnen kann eine Beratung nicht ersetzen, die Menschen müssen sich in Sicherheit in Verfahren festlegen können für die bestimmte Situation, in der die Möglichkeit zur freien Entscheidung nicht mehr gegeben ist.
Mein Fazit ist also: Möglichen Missbrauchsgefahren bei einer Patientenverfügung ist durch die Schriftform als Wirksamkeitsvoraussetzung zu begegnen. Elementar sind vorausgehende umfassende Beratungsund Informationspflichten und auch Verfahrensvorschriften. Grundsätzlich sollte das Vormundschaftsgericht beteiligt werden. Das Einberufen des Konsils für den Fall von Unklarheiten ist in meinen Augen unerlässlich. Vormundschaftsgerichtliche Entscheidungen sollten allerdings nur dann erfolgen, wenn eine verbindliche Patientenverfügung nicht vorliegt und Einvernehmen im Konsil nicht erreicht werden kann.
Meine Damen und Herren, wir müssen darauf achten, dass an die Stelle der medizinischen Regeln und des Sorgeauftrags nicht etwas ausschließlich Formales tritt. Es geht um Menschen, um Leben und um Sterben und viele Emotionen, und dem müssen wir Rechnung tragen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Menschen können und wollen am liebsten selbst bestimmen, wo und unter welchen Umständen ihr Leben endet. Die meisten wünschen sich ein Sterben zu Hause, doch die Realität sieht anders aus. Nur wenige Menschen wollen im Krankenhaus sterben oder im Pflegeheim, tatsächlich sterben dort aber die meisten Menschen. Selbstbestimmung ist der Wunsch, aber schon der Gegenstand, um den es geht, ist keine Angelegenheit allein des Willens, sondern auch des Körpers mit seinen Bedürfnissen, aber auch den Möglichkeiten, die durch die Lebensbedingungen von Familie oder von Freunden gegeben sind.
Jeder Mensch hat das Recht, sich umzubringen. Religiöse Begründungen gegen dieses Recht oder die Auffassung, der Staat oder die Obrigkeit habe über das Leben zu entscheiden und nicht der Mensch selbst, sind erfreulicherweise nahezu vollständig verschwunden. Jemand, der schwer krank im Krankenhaus liegt und sein Leben beenden will, hat aber meist nicht die Möglichkeit zum Suizid. Er ist darauf angewiesen, dass andere ihm helfen, seinen Willen durchzu
setzen. Das ist für sich genommen immer ein Problem. Dennoch hat jeder Mensch das Recht, dass ein Arzt auf den Knopf drückt und die medizinischen Geräte ausstellt, wenn der Patient sterbenskrank ist und das ausdrücklich will. Der Patient stirbt infolge seiner Krankheit, die nicht mehr behandelt wird, nicht aber durch das Tun des Arztes. Wenn ein Mensch nicht behandelt werden will, dann ist das sein gutes Recht, auch wenn es unvernünftig ist.
In anderen Fällen geht es darum, dass auf Wunsch des Patienten das Behandlungsziel geändert werden muss. Lebensverlängerung ist ja nicht das einzige Ziel, das die Medizin verfolgt. Wenn die Krankheit tödlich ist, kann der Patient verlangen, dass vorrangig nicht mehr die Krankheit bekämpft wird, sondern sein Leiden gelindert wird, auch wenn das zu einem früheren Tod führt. Diese sogenannten Fälle von passiver und indirekter Sterbehilfe sind legal, und das ist auch richtig so.
Es kommt auf den erklärten Willen an. Für den Fall, dass man nicht mehr selbst entscheiden kann, was mit einem passiert, können Patientenverfügungen, aber zum Beispiel auch Vorsorgevollmachten abgefasst werden. Wer sich überlegt, eine Patientenverfügung oder eine Vorsorgevollmacht abzufassen, der sollte sich unbedingt beraten lassen, zum Beispiel bei der Unabhängigen Patientenberatung oder auch bei Selbsthilfegruppen. Vordrucke, wo man ein paar Kreuzchen macht, werden meistens der Situation nicht gerecht, für die man eigentlich vorbereitet sein wollte.
Es ist sicher richtig, wenn der Senat nähere gesetzliche Regelungen zu Voraussetzungen, Verbindlichkeiten und Reichweite von Patientenverfügung für geboten hält. Er sagt in seiner Antwort leider nicht, welche Regelungen es denn konkret sein sollen. Das ist ja auch sehr kompliziert. Zwei Extreme wären denkbar: Entweder es kommt ausschließlich darauf an, was der Patient auf dem Papier geschrieben hat, und es ist kein Raum für Interpretationen, oder das andere Extrem, Ärzte, Richter, Betreuer entscheiden, und das, was der Patient verfügt hat, ist dann allenfalls ein Anzeichen dafür, was der Patient in der aktuellen Situation wahrscheinlich selbst wollen würde.
Beide Extrempositionen sind gleichermaßen falsch, weil sie in den seltensten Fällen der Wirklichkeit gerecht werden. Dennoch bleibt festzuhalten, immer dann, wenn eine konkrete Willenserklärung vorliegt, die so klar für den konkreten Fall des Sterbens Anweisungen trifft, dass sie unmissverständlich ist, muss sie eingehalten werden, und das ist jetzt auch Rechtslage.
Wer aber zum Beispiel nur pauschal sagt, er möchte keine Apparatemedizin, der drückt sich eben leider
nicht klar genug aus. Um welche Apparate bei welchen Krankheiten in welchem Stadium geht es beispielsweise? Weil das Leben bunt ist, wird immer ein Graubereich übrig bleiben, in dem andere Menschen den vermeintlichen Willen des Betroffenen ermitteln müssen. Niemand sollte meinen, mit dem besten Gesetz bekäme man automatisch alle Probleme beseitigt. Man kann den Tod nicht mit Formularen erschlagen.
Die jetzige Rechtslage erlaubt bei Wachkomapatienten, bei denen das Sterben nicht genau vorhersehbar ist, was jahrelang oder jahrzehntelang dauern kann, kein Abstellen der Geräte, selbst wenn ein ausdrücklicher schriftlicher niet- und nagelfester Patientenwille vorliegt. Das hat der Bundesgerichtshof zwar dogmatisch richtig hergeleitet, schränkt aber die Patientenautonomie zu stark ein. Für diesen seltenen Fall muss es die Möglichkeit geben, verbindlich im Vorfeld zu verfügen.
Die Grünen sind mit dem Senat der Auffassung, dass dagegen die sogenannte aktive Sterbehilfe weiterhin verboten bleiben muss. Ich bin froh, dass hier das keiner in Frage stellt. Bei der aktiven Sterbehilfe geht es darum, dass der Patient zwar sterben will, aber dass es nicht der Patient selbst ist, der das Heft des Handelns in der Hand hat, sondern der Arzt. Der Arzt nimmt eine Spritze, füllt sie mit Gift und setzt die Nadel an die Vene, um einen anderen Menschen zu töten. Das ist eine Vorstellung, bei der es mich gruselt. In Holland und in Belgien gibt es Situationen, in denen das erlaubt ist. Natürlich sind dort die Voraussetzungen genau geregelt, sie werden aber nicht eingehalten, Herr Kollege Grotheer hat darauf hingewiesen.
In Holland ist es zum Beispiel Pflicht, dass die Fälle gemeldet werden, und schon 1996, als das Gesetz noch frisch war und man eigentlich schon deshalb damit hätte rechnen sollen, dass es besonders akribisch angewandt würde, rechnete das Gesundheitsministerium mit 60 Prozent nicht gemeldeten Fällen. Es ist so, wenn man die Statistiken anschaut, dann geht die Zahl der gemeldeten Fälle jedes Jahr erheblich zurück, und in Altenheimen findet im Prinzip keine Sterbehilfe statt, wenn man den Statistiken glauben mag. Wenn dann auch noch ein beträchtlicher Teil dieser Menschen getötet worden sein soll, ohne dass diese Menschen ausdrücklich danach verlangt haben, und zwar sei es deshalb, weil es medizinisch sinnvoller erschien oder weil Angehörige des Patienten Leid nicht mehr ansehen konnten, wie es in der Senatsmitteilung heißt, dann zeigt das, wie falsch es wäre, diesen Weg einzuschlagen.
Vergessen wir nicht, dass es gesellschaftlich akzeptierte Interessen gibt, die sich auch gegen kranke, alte und behinderte Menschen massiv richten, egal
ob beabsichtigt, unbeabsichtigt, ausgesprochen oder unausgesprochen. Im Gesundheitssystem geht es um die Auskömmlichkeit von Fallpauschalen, wir haben dazu gestern etwas gehört, um Wirtschaftlichkeit, um Märkte. Wir erinnern uns an einen CDU-Politiker, der inzwischen im Bundestag sitzt, der gesagt hat, dass er nichts davon halte, wenn Fünfundachtzigjährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekämen. Es geht also nicht um rein hypothetische Gefahren, sondern es geht um ganz reale materielle Interessen.
Wir wollen nicht, dass unter dem Deckmantel der Patientenautonomie in Wirklichkeit gesellschaftliche Strukturen eingezogen werden, die es ermöglichen, dass zwischen lebenswertem und nichtlebenswertem Leben unterschieden wird. Wenn vom freien Willen der Patienten geredet wird, dann wird manchmal vergessen, dass dieser Wille häufig gar nicht so frei ist, wie er es sein sollte. Es darf keine Erwartungshaltung der Gesellschaft geben, dass ein Mensch unter bestimmten Umständen in seinen Tod einwilligen soll.
Wer über Kriterien diskutieren will, der befindet sich bereits auf der schiefen Ebene. Erst findet man eine Fallgruppe, dann eine zweite, und irgendwann gibt es kein Halten mehr. In Holland hatten die dortigen Liberalen gefordert, Altersdemenz als Rechtfertigung für aktive Sterbehilfe, Todesspritze anzuerkennen. Das ist richtigerweise abgelehnt worden, zeigt aber, wohin die Reise gehen kann, wenn man nicht absolute Grenzen einzieht.
Aus diesem Grund wollen wir auch nicht, dass es eine geschäftsmäßige Vermittlung von Selbstmordgelegenheiten gibt. Warum es Vereine gibt, die es sich zum Ziel gesetzt haben, anderen beim Selbstmord zu helfen, das will ich nicht bewerten, aber wir wollen nicht, dass so etwas stattfindet. Immer dann, wenn eine Institution gegründet wird, ein eingetragener Verein, dann wird damit ein bestimmtes gesellschaftliches Interesse verfestigt. Da geht es ja nicht um die Beratung von Menschen in Extremsituationen, die natürlich nicht nur legal ist, sondern die sinnvoll und absolut notwendig ist, es geht hier um Vereine, die Selbstmordanleitungen verbreiten, die Hilfsmittel dazu vertreiben und allgemeine Lösungen anbieten, wo individuelle nötig wären. Eine solche Tätigkeit von Vereinen muss unterbunden werden, weil sonst Stück für Stück der Wert des Lebens in den Hintergrund tritt.