Protokoll der Sitzung vom 13.07.2006

trag erbracht werden. SPD-Bürgermeister Jens Böhrnsen formulierte dies in der am 31. März 2006 erschienenen Pressemitteilung, die ich mit Genehmigung des Präsidenten hiermit zitiere, wie folgt: „Der Senat hat sich mit der Klagestrategie auf eine stimmige Balance innerhalb des von mir vorgeschlagenen Dreiklanges Eigenanstrengung, Klagen und Verhandeln verständigt. Wir haben uns ehrgeizige Ziele für die unverzichtbaren Eigenanstrengungen gesetzt.“

Finanzsenator Dr. Nußbaum wurde noch deutlicher in der obigen Pressemitteilung, und ich zitiere wörtlich mit Genehmigung des Präsidenten: „Ich bin davon überzeugt, dass der von uns aufgezeigte Finanzweg vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben wird, wenn wir den eingeschlagenen Weg der Eigenanstrengungen fortsetzen.“ Welche Eigenanstrengungen des Landes Bremen damit gemeint sind, wird in der eingereichten Klage auf Seite 43 dargelegt. Zusammengefasst bedeuten diese, dass wir weitere Ausgabensenkungen umsetzen müssen, um den Eigenbeitrag zu leisten. So werden die Primärausgaben 2007 rund acht Prozent unter dem Niveau des Jahres 2004 liegen und 2008 und 2009 jährlich weiterhin um zwei Prozent abgesenkt. Daher müssen die jetzt bestehenden Eckwerte des Haushalts eingehalten werden, gerade vor dem Hintergrund der Klage, weil wir sonst unsere Glaubwürdigkeit verlieren. Wenn allerdings der Finanzsenator im Rahmen seiner Haushaltseckwerte die Möglichkeit sieht, unter Einbeziehung der Refinanzierungsmöglichkeiten, die in der Vorlage angesprochen worden sind, zusätzliche Betriebsprüfer einzustellen, würde ich das sehr begrüßen.

(Abg. Frau S c h w a r z [SPD]: Nicht nur Sie allein!)

Ich persönlich verstehe das Anliegen um mehr Stellen sehr gut, habe ich doch selbst jahrelang in der Finanzverwaltung gearbeitet. Ich möchte an dieser Stelle auch einmal für die Finanzbeamtinnen und Finanzbeamten eine Lanze brechen. Trotz der hohen Arbeitsbelastung hat der Bremische Landesrechnungshof festgestellt, dass sich die Vollzugsdefizite im Innendienst im Rahmen der bundesweiten Arbeitsergebnisse der Finanzämter bewegen. Auch im Bereich des Außendienstes lassen sich die Ergebnisse sehen, wie ich schon eingangs in der Debatte erwähnt habe.

Dennoch zeigt die Antwort auf die Große Anfrage, dass der Einnahmeverwaltung mehr Beachtung geschenkt werden muss. Wenn man sich das Konsolidierungskonzept im Haushalt des Senators für Finanzen ansieht und das in den Kontext zu der Antwort auf die heute debattierte Große Anfrage stellt, dann bleibt festzustellen, dass wir noch keine befriedigende Antwort auf die in den nächsten zwei Jahren in den Ruhestand gehenden 37 Betriebsprüfer haben, davon allein 20 aus dem Finanzamt für Großbetriebsprüfung. Diese 20 hoch spezialisierten Prüfer können nicht innerhalb kürzester Zeit ersetzt wer

den. Hierfür ist eine jahrelange Ausbildung zunächst in der Umsatzsteuersonderprüfung und dann in den Betriebsprüfungen der Finanzämter notwendig, bis man in die Großbetriebsprüfung wechseln kann. Die ab dem Jahr 2004 erstmalig wieder eingestellten 15 Finanzanwärter des gehobenen Dienstes werden erst 2007 fertig, der Lehrgang 2005 mit 15 Finanzanwärtern und fünf Aufsteigern und der Lehrgang 2006 mit 25 Finanzanwärtern entsprechend später. Sie können im Innendienst einiges Potential für die Betriebsprüfung freischaufeln.

Insgesamt macht die Vorlage jedoch deutlich, dass in diesem Bereich der Senator für Finanzen dem Haushalts- und Finanzausschuss über die weitere Entwicklung Bericht erstatten muss. Dabei sollte er jede Möglichkeit im Rahmen seiner Haushaltseckwerte, gegebenenfalls unter Ausnutzung von Refinanzierungsmöglichkeiten, nutzen, um die skizzierten Annahmen abzumildern und auftretende Probleme zu lösen. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion wird ihn auf diesem Weg konstruktiv begleiten und ist sich dabei bewusst, dass die Finanzverwaltung die einzige wirkliche Einnahmeverwaltung des Landes ist. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte doch gern etwas zu Herrn Tittmann sagen. Sie haben ja heute dankenswerterweise darauf verzichtet, andere Menschen zu beleidigen, aber ich wollte Ihnen noch einmal etwas anderes sagen, wie hier, glaube ich, die Architektur Ihrer Rede ist. In meiner Familie gehört zu den Lieblingsschauspielern und -kabarettisten Fritz Muliar. Ein besonders netter Beitrag von ihm ist, wie er einen Biologiestudenten kurz vor der Abschlussprüfung spielt, der, weil er es nicht geschafft hat, sich ein bisschen breiter angelegt vorzubereiten, ganz viel Energie hineingesteckt hat, sich mit der Biologie der Würmer zu beschäftigen. Unglückseligerweise wird er dann bei der mündlichen Prüfung nach dem Elefanten gefragt, und er rettet sich aber genial aus der Affäre, indem er nämlich sagt, der Elefant ist ein großes, graues Tier, und er hat einen langen, wurmförmigen Rüssel, und die Würmer teilen sich ein in Spul-, Faden- und Madenwürmer und was man da noch über diese Spezies so sagen kann.

(Heiterkeit)

Ihre Reden hier sind Textbausteine. Zu welchem Thema auch immer Sie sich zu Wort melden, Ihr Beitrag besteht daraus, dass Sie sich auf den Sachverhalt nicht einlassen und dann die bestehenden, in Ihrem Gedächtnis gespeicherten Textbausteine her

unterspulen und keinerlei Bereitschaft zeigen, sich wirklich mit der Kompliziertheit mancher Materie auseinanderzusetzen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der CDU – Zuruf des Abg. T i t t m a n n [DVU])

Die grüne Bürgerschaftsfraktion bedankt sich bei der SPD für ihre Anfrage. Ich finde, das ist eine gute Initiative. Es ist wichtig, dass wir uns mit einem solchen Kernbereich bremischer Verwaltung auch hier im Landtag beschäftigen. Für die Grünen kann ich hier sagen, dass eine gute, zeitgemäße personelle und auch technische Ausstattung der Steuerverwaltung für uns und für unser Bundesland wichtig ist. Es ist auch wichtig, weil darüber Bürgernähe hergestellt werden kann. Ich will noch einmal aus unserer Sicht besonders loben, dass sich die Möglichkeit, Steuererklärungen im Rahmen der Lohn- und Einkommensteuer abzugeben, sehr verbessert hat, indem man einfach in das Zimmer 100 geht und dort einen deutlich verbesserten Service vorfindet, wenn man das mit der Situation von vor ein paar Jahren vergleicht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Es geht auch darum, Steuergerechtigkeit herzustellen, das hat Herr Jägers auch schon gesagt. Steuergerechtigkeit besteht darin, dass sie hergestellt wird und dass ein Bewusstsein für Steuergerechtigkeit in der Bevölkerung und beim Steuerbürger existiert. Es geht, darauf werde ich gleich noch genauer eingehen, auch immer um die Frage des Durchsetzens von Rechtsstaatlichkeit. Das alles sind Argumente für eine gut ausgestattete Steuerverwaltung.

Hier wurde darauf hingewiesen, dass Bremen bei der bundesweit gültigen Personalbedarfsberechnung bei 83 Prozent und vor Hessen das Schlusslicht im Ländervergleich darstellt, dass aber, wie diese Vergleiche immer so sind, das natürlich auch hinkt und dass man schauen muss, wie es spezifisch aussieht. Trotzdem sind diese 83 Prozent, das sehe ich so wie Frau Ahrens, ein Anhaltspunkt dafür, dass wir uns dem Bereich genauer widmen müssen und genau schauen, ob wir bei den Personaleinsparquoten nicht an einen Punkt gekommen sind, an dem man keine weiteren Einschnitte mehr verantworten kann. Insofern sehen die Grünen das so, dass diese 83 Prozent eine Mahnung an uns alle sind, den Bereich hier genau zu beäugen. Leider liegen keine neuen Zahlen vor. Diese Personalbedarfsberechnung stammt, soweit ich weiß, aus dem Jahr 2003. Da andere Bundesländer ebenfalls, auch vor dem Hintergrund eines technischen Fortschritts, da Einsparungen vornehmen, könnte es auch sein, dass sich Bremens Platz verbessert hat.

Der Haushaltsausschuss hat sich auf der Basis eines Briefes der Finanzvorsteher auch mehrere Male

mit der Situation der Finanzverwaltung beschäftigt. Wir sind einvernehmlich, alle Fraktionen, zu dem Ergebnis gekommen, dass die von den Finanzvorstehern genannte Zahl, dass nämlich Betriebsprüfer 84 000 Euro Nettoeinnahmen, also abzüglich Länderfinanzausgleich und eigenes Einkommen für das Land Bremen generieren, stimmt. Trotzdem ist es nicht dazu gekommen, dass Veränderungen bei der Personalbemessung des Finanzsenators vorgenommen wurden. Das kann ich jetzt, nachdem ich die Reden von Herrn Jägers und Frau Ahrens hier gehört habe, eigentlich nicht so richtig verstehen.

Man hätte gern auch mit Zustimmung der Grünen im Haushaltsausschuss eine Initiative machen können, dass man Wege wählt oder den Finanzsenator bittet, Wege zu beschreiten, die Anzahl der in der Steuerverwaltung Beschäftigten zu erhöhen und auch vielleicht Wege zu finden, wie man die von Ihnen angesprochenen Refinanzierungsmöglichkeiten nutzt. Das ist ja ein bisschen komplizierter, Frau Ahrens, weil das erst in den nächsten und übernächsten Jahren entsteht, wenn nämlich die Ergebnisse des Finanzausgleichs vorliegen. Sie reden hier anders, als Sie sich letztendlich im Haushaltsausschuss verhalten haben. Es waren kürzlich Haushaltsberatungen, man hätte das schon hinbekommen können.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich will gern noch einmal auf die Frage, was eigentlich eine gut funktionierende Steuerverwaltung für unser Gemeinwesen bedeutet, genauer eingehen und auf diesen Aspekt der Frage, wie unser Rechtsstaat eigentlich funktioniert, und ob sich Menschen darauf verlassen können, dass es gerecht zugeht, und was das eigentlich für ihr Bewusstsein gegenüber dem Staat heißt, mit einem Zitat aus dem Brief der Finanzamtsvorsteher eingehen. Er hat mir gut gefallen, und ich finde auch, dass wir das stärker im Auge behalten müssen. Dieses Zitat aus dem Brief, den sie uns, glaube ich, im Februar dieses Jahres geschrieben haben, bezieht sich auf die Frage Steuerunehrlichkeit.

Es heißt in dem Schreiben, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Dies liegt nicht zuletzt daran, dass wegen der ungenügenden Personalausstattung die Gefahr der Entdeckung derart gesunken ist, dass sie für viele zu einem kalkulierbaren Risiko geworden ist. Die ungenügende Personalausstattung hat in diesen Bereichen auch zu einem fatalen Verdrängungsprozess geführt. Betriebe, die ihren steuerlichen Verpflichtungen nachkommen, haben kaum noch eine Chance, im Wettbewerb zu überleben. Dies gilt insbesondere für die Gastronomie, das Taxigewerbe, die Baubranche“, Herr Jägers, „einschließlich Baunebengewerbe sowie Warenhandel, insbesondere von Gebrauchtwagen. Der gelegentlich zu hörende Vorwurf, dass bei verbesserter Personalausstattung aus gesunden Firmen noch mehr Geld herausgeholt wird und

demzufolge eine bessere Personalausstattung nicht wünschenswert ist, ist nicht berechtigt. Eine bessere Personalausstattung würde in erster Linie zu einer wirksamen Bekämpfung von Schwindelfirmen führen und die wettbewerbsschädigenden Einflüsse durch unseriöse Firmen vermindern. Das wird auch zunehmend von Unternehmen gefordert.“

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dieser sich zum Teil irgendwie immer ein bisschen ideologisch generierende Streit zwischen SPD und CDU, ob man den Arbeitnehmern in die Tasche greifen darf oder nicht oder lieber mehr den Unternehmen, existiert eigentlich in der Wirklichkeit überhaupt nicht. In der Wirklichkeit ist es so, dass gerade viele Firmen in Bremen massives Interesse daran haben, dass sie keine Wettbewerbsnachteile dadurch erleiden, dass die Steuerverwaltung es nicht schafft, ausreichend zu prüfen. Ich finde, dass sie ein Recht darauf haben, dass da Gerechtigkeit herrscht. Es geht um ein Fundament unseres Rechtsstaates. Der Staat muss Steuern einnehmen, aber er muss auch dafür sorgen, dass die Leute wissen, sie werden herangezogen, und es geht gerecht zu.

Ich fasse also für die Grünen zusammen: Erstens, nach dieser Debatte müssen wir diesen Bereich weiter im Auge behalten, er ist entwicklungsbedürftig. Zweitens, wir begrüßen, dass wieder ausgebildet wird. Das ist ja in den letzten Jahren versäumt worden, und das ist kritikwürdig. Frau Ahrens hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es jetzt einige Jahre dauert, bis wir wieder neue Mitarbeiter einstellen können. Ich möchte gern, dass man bei der Finanzministerkonferenz gemeinsam Schätzungen durchführt, wie hoch die Personalausstattungen der Finanzämter eigentlich sein müssen, dass wir die dann neu machen, und zwar auch vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und möglicherweise weiterer Technisierung. Vielleicht sind bei den Bedarfsbemessungszahlen Veränderungen nötig und möglich.

Dann würde ich mir wünschen, dass Bremen stärker als in der Vergangenheit bei der Frage der Vereinfachung des Steuerrechts im Bundesrat Initiativen übernimmt. Das ist hier jetzt nur am Rand Thema, aber die Frage nach Steuergerechtigkeit und wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Staat für den Bereich vorhalten muss, hängt natürlich ganz stark davon ab, wie kompliziert das Steuerrecht ist. Alle reden immer davon, dass es vereinfacht werden soll, aber die Ergebnisse sind eher kläglich. Da könnte Bremen, finde ich, eine offensivere Rolle spielen.

Als letzten Punkt würde ich hier gern für die grüne Fraktion sagen, dass wir uns schon vorstellen können, dass bei den Überlegungen, die wir in den nächsten Monaten über die Frage anstellen müssen, was wir eigentlich dem Bund und den anderen Bundesländern als Eigenleistung anbieten, ein offensiverer Umgang Bremens mit dem Generieren von Steu

ereinnahmen einfließen könnte. Ich könnte mir vorstellen, dass man das richtig offensiv mit den anderen verhandelt und sagt, schaut einmal, wir sind eine kleine Gebietskörperschaft, wir stocken den Bereich bedeutend auf, wir vereinbaren das mit euch, und wir sehen uns dann gemeinsam an, welche Ergebnisse wir in Bremen haben. Letztendlich ist es so, dass die anderen Bundesländer davon profitieren würden, wenn wir zu verbesserten Einnahmen des Staates und zu einer höheren Steuergerechtigkeit kommen können.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort erhält die Kollegin Frau Schwarz.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Redebeiträge haben mich zum Teil sehr beeindruckt. Frau Linnert, eigentlich könnte ich Ihre Rede jetzt noch einmal wiederholen, weil ich inhaltlich in allen Bereichen fast immer Ihrer Meinung war. Herr Tittmann, wir haben das Thema Einnahmeverbesserung und nicht das Thema Ausgaben. Insofern haben Sie das Thema vollkommen verfehlt, aber das überrascht mich nicht. Frau Ahrens, wir haben über die Einnahmeseite des Haushalts zu sprechen und nicht über Ausgaben. Ich habe mich etwas gewundert, dass Sie diesem Bereich so viel Aufmerksamkeit geschenkt haben.

Ich möchte mich jetzt auf die Einnahmeseite und auf diese Große Anfrage beschränken. Diese Große Anfrage hat eine Vorgeschichte, die mich jetzt nach dem Beitrag von Frau Ahrens besonders irritiert. Wir hatten sehr früh unseren Koalitionspartner, nämlich der Fraktion der CDU, einen Antragsentwurf zugeleitet, der sich auch mit der Problematik der Einnahmeseite beschäftigen sollte. Dieser ist von der CDU abgelehnt worden, darum haben wir einen Kompromiss finden müssen. Wir haben gesagt, gut, bedauerlicherweise wird dieser Antrag von der CDU nicht akzeptiert, also entwerfen wir eine Große Anfrage, nämlich diese, die Ihnen jetzt vorliegt.

Auch diese Große Anfrage ist von der CDU nicht mitgetragen worden. Ich verstehe das nicht! Ich habe daraus geschlossen, dass die CDU an dem Thema der kontinuierlichen Haushaltseinnahmeverbesserung nicht interessiert ist. Das, meine Damen und Herren, ist etwas, das mich entsetzt, denn die Einnahmeseite in unserem Haushalt ist besonders wichtig, und dieser Teil des Hauhalts ist in der Vergangenheit sträflich vernachlässigt worden.

Wenn Sie sich überlegen, wie wichtig Haushaltseinnahmen sind und woher diese Haushaltseinnahmen kommen, die kommen zu 90 Prozent, zum größten Teil, aus Steuereinnahmen! Wir haben jetzt beim Bundesverfassungsgericht ein Verfahren laufen, denn wir wollen zusätzliche Gelder vom Bund haben. Wodurch werden diese Gelder denn finanziert? Auch

durch Steuereinnahmen! Dann die Zahlungen im Länderfinanzausgleich, auch sie werden durch Steuereinnahmen finanziert! Ich beschreibe das so ausführlich, weil ich Ihnen zeigen möchte, wie wichtig dieser Bereich des Haushalts ist und wie wenig manche Fraktionen, wie die CDU, diesen Teil des Haushalts bisher begleitet haben.

Steuern sind ein wichtiger Teil unserer Haushaltsund Steuerpolitik, meine Damen und Herren, ist nicht nur die unglaublich komplizierte Steuergesetzgebung, sondern auch der Vollzug der Gesetze. Der Vollzug der Steuergesetze hier im Lande Bremen ist katastrophal, das haben meine Vorredner auch zum Teil ausgeführt, und das ist zutreffend. Der Landesrechnungshof hat bei jeder Prüfung festgestellt, wie erheblich diese Vollzugsdefizite sind, und, was mir wichtig ist, es war kein schuldhaftes Verhalten der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Finanzämtern, sondern das hängt mit der katastrophalen Personalsituation in den Ämtern zusammen.

Das hat natürlich viele Auswirkungen. Zum einen, das haben ja meine Vorredner auch schon ausgeführt, hat es etwas mit Steuergerechtigkeit zu tun. Wenn wir den Staat mit Gemeinwesen gleichsetzen, dann trifft diese Steuergerechtigkeit mit der Konsequenz, die hier nicht angewendet wird, jeden Bürger und jede Bürgerin unseres Landes. Das Weitere ist die Problematik der fehlenden verfassungsgemäßen Aufgabe der Steuerverwaltung, weil die Gesetze nicht mehr rechtskonform umgesetzt werden können. Auch hier ist es nicht die Unfähigkeit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Finanzämtern, sondern die miserable Personalausstattung.

Frau Ahrens hat schon ausgeführt, dass die Prüfungen der Rechnungshöfe gezeigt haben, dass zwischen der Höhe möglicher Steuereinnahmen und der Personalausstattung Zusammenhänge bestehen. So wäre es sogar betriebswirtschaftlich sinnvoll, wenn wir für eine ausreichende Personalausstattung sorgen würden. Im Lande Bremen ist die Personalausstattung besonders schlecht, das beweist die Personalbedarfsberechnung, die erfolgt nach REFA-Methoden und ist bundeseinheitlich. So kann man ohne Schwierigkeiten zwischen Bremen und den übrigen Bundesländern einen Quervergleich durchführen. Dieser zeigt, dass Bremen, was die Personalausstattung betrifft, an vorletzter Stelle steht, und das bei einem Land, das wegen einer Haushaltsnotsituation beim Bundesverfassungsgericht um zusätzliche Einnahmen kämpft, um diese Haushaltssituation zu verbessern.

Wir haben in vielen Bereichen das Benchmarking. Wir haben in der letzten Legislaturperiode zum Beispiel im Sozialbereich über die Kleiderpauschale gesprochen, ein Thema, das uns in der SPD-Fraktion sehr belastet hat. Wir mussten diese Kleiderpauschale aufgrund eines Benchmarkings kürzen. Wenn wir in dem Bereich Benchmarking anwenden, dann frage ich mich allerdings, warum wir das Prinzip nicht

auch bei der Personalausstattung der Finanzämter anwenden!

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Muss man ja auch nicht!)

Das sehe ich auch so, Frau Linnert!

Es wurde zum Beispiel bei einem Finanzamt einmal eine Modellrechnung durchgeführt, nach dem Motto „Schnell arbeiten, quantitative Erledigung“ oder aber „Nach Recht und Gesetz“, ohne pingelig arbeiten zu wollen. Bei dieser Modellrechnung hat man festgestellt, dass die sorgfältigere Bearbeitung zwar mehr Zeit und dadurch mehr Personal kostet, aber netto viel Geld, nämlich Steuereinnahmen, übrig bleibt, und zwar nach Verrechnung Bund/Land, Personalkosten, Pensionsrückstellungen, Länderfinanzausgleich und so weiter. Auch betriebswirtschaftlich wäre es also sinnvoll, über eine angemessene Personalausstattung nachzudenken und das umzusetzen.

Wir haben diese Personalminderbestände ja in allen Bereichen der Finanzämter, wie bei der Steuerfahndung, ein ganz wichtiger Bereich, bei der Umsatzsteuersonderprüfung und bei der Betriebsprüfung. Ich möchte gern zwei Bereiche hier besonders betonen: als Erstes die Umsatzsteuersonderprüfungen. Herr Jägers hat schon den Betrag genannt, bundesweit liegen hier 20 Milliarden Euro Verkürzungsbeträge vor. Wenn ich jetzt den Königsteiner Schlüssel auf Bremen anwende, so bleiben für Bremen 200 Millionen Euro übrig. Für diese Hinterziehungstatbestände, für den Versuch, hier etwas zu bekämpfen, hat man zwei Mitarbeiter abgestellt. Zwei Personen für 200 Millionen Euro Umsatzsteuerhinterziehungsbeträge! Meinen Sie, das ist sinnvoll? Ich nicht!

Zweiter Bereich: Frau Ahrens hat schon den Minderbestand bei der Betriebsprüfung dargestellt. Diese Zahl stimmt. Im Jahr 2007 werden 37 Mitarbeiter fehlen, das sind 50 Prozent der benötigten Anzahl. Was ich jetzt nicht verstehe, meine Kollegin Frau Wiedemeyer hat bei den Haushaltsberatungen den Antrag gestellt, natürlich für die SPD-Fraktion, für zehn zusätzliche Betriebsprüfer und Betriebsprüferinnen Stellen zu schaffen. Man kann nun diese Personen nicht schnitzen, aber wir hätten die Möglichkeit gehabt, ausgebildetes Personal aus Berlin und Mecklenburg-Vorpommern zu bekommen. Die Refinanzierung wäre dadurch sichergestellt worden, dass aufgrund dieses Einsatzes mehr Steuereinnahmen möglich gewesen wären.

Nun verstehe ich die Welt nicht mehr! Frau Ahrens hat das eigentlich unterstützt, aber die CDU hat diesen Antrag auf Schaffung der zehn Stellen abgelehnt, und dadurch konnte das nicht Bestandteil des Haushalts werden. Das ist mir ein Rätsel, aber vielleicht kann das die CDU noch einmal aufklären!

(Beifall bei der SPD)

Ich kann dieses Nein, was ja eben bei den Haushaltsberatungen vorgetragen worden ist, überhaupt nicht verstehen. Das ist doch eigentlich wie ein Dreisatz. Ich weiß nicht, können Sie keinen Dreisatz anwenden? Ich bin gern bereit, es Ihnen zu erklären! Normalerweise müssten das hier alle beherrschen, es ist ja Bestandteil des Unterrichts in den Schulen und sogar in den Grundschulen. Sollen die Staatsausgaben denn nur durch Lohnsteuer finanziert werden? Will die CDU durch unsere Republik ziehen, um Unternehmen nach Bremen mit dem Hinweis auf den maßvollen Gesetzesvollzug bei den Steuerfestsetzungen zu locken? Ich bezweifle, ob das im Sinne der hanseatisch denkenden und handelnden Unternehmen hier in Bremen ist!