Protokoll der Sitzung vom 13.09.2006

Ich habe auf der Konferenz der Innenminister und -senatoren der CDU/CSU in der letzten Woche sehr dafür geworben, dass wir uns für ein Bleiberecht für gut integrierte Flüchtlinge einsetzen, die nicht von

unseren sozialen Sicherungssystemen abhängig sind und gut integriert hier bei uns leben, die deutsche Sprache beherrschen und einer Berufsausbildung oder einem Beruf nachgehen. In diesem Zusammenhang habe ich dafür geworben, dass die Vorrangprüfung bei der Vergabe der Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit abgeschafft und damit allen auch geduldeten Flüchtlingen der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht wird. Ich halte das für einen sehr gangbaren Weg.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ja, bitte! Sie sind mir jetzt trotzdem ein bisschen ausgewichen, denn es geht ja trotzdem um die konkreten Zugangschancen. Sie haben gesagt, im Bündnis für Arbeit und Ausbildung könnte darüber gesprochen werden, ausdrücklich in dieser Möglichkeitsform! Für uns ist die Frage: Wann wird das passieren, und wie werden sich konkret die Chancen für Flüchtlinge in absehbarer Zeit hier in Bremen erhöhen, wenn Sie das Berliner Projekt gut finden und, wie Ihre Ausführungen jetzt ja auch belegen, die Integration von Flüchtlingen hier auch verbessert werden muss?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Frau Abgeordnete, ich bin mir zurzeit nicht einmal sicher, ob das von der Linkspartei bezeichnete Berliner Projekt überhaupt ein Berliner Projekt ist oder ob es sich nicht aus dem zufälligen Zusammentreffen unterschiedlicher Ereignisse zusammensetzt, nämlich auf der einen Seite der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen und auf der anderen Seite des Eingehens von entsprechenden Beschäftigungsverhältnissen.

Nach den Auskünften, die wir im Vorfeld dieser Fragestunde eingeholt haben, scheint es sich in vier von fünf Fällen um Zufälle zu handeln, und im fünften Fall handelt es sich auch nicht um einen geduldeten Flüchtling, sondern um einen Flüchtling, der sich noch im Asylverfahren befindet, dessen Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist, so dass man noch nicht sagen kann, dass sei jetzt ein Projekt, und dieses Projekt biete sich an, auf andere Länder übertragen zu werden.

Ich habe nur gesagt, dass die Zielsetzung, jungen geduldeten Flüchtlingen hier die Möglichkeit zu geben, auch auf dem Ausbildungsmarkt eine Chance zu erhalten, von uns nachhaltig unterstützt wird und dies sowohl auf der Seite der Beratung bei dem Projekt im Bündnis für Arbeit und Ausbildung hier in Bremen diskutiert werden soll, aber wir auch eine rechtliche Lösung dafür anbieten müssen. Diese rechtliche Lösung habe ich versucht, Ihnen zu skizzieren,

indem ich gesagt habe, das könnte eine rechtliche Lösung sein, indem wir Kriterien im Falle einer Bleiberechtsregelung entwickeln, die es erstens den Jugendlichen ermöglicht, hier ein Ausbildungsverhältnis faktisch einzugehen, und zweitens dann auch den Aufenthalt zu sichern.

Nach wie vor ist das größte Hemmnis für das Eingehen eines Beschäftigungsverhältnisses die Vorrangprüfung durch die Bundesanstalt für Arbeit. Deswegen werbe ich sehr dafür, dass wir diese Vorrangprüfung abschaffen. Das ist auch das, was uns in Bremen am ehesten im Wege steht, wo die Ausbildungsplatznot so groß ist, dass es in der Regel fast keinen Beruf gibt, bei dem die Vorrangprüfung dazu führt, dass junge Migrantinnen und Migranten den Zugang zu den Ausbildungsverhältnissen bekommen.

Der erste Schritt wäre die Abschaffung, der zweite Schritt wäre meiner Ansicht nach ein Beschluss der Innenministerkonferenz im November über die Schaffung eines Bleiberechts, das an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist. Ich glaube, dann haben wir eine effektive Möglichkeit, fernab von irgendwelchen Projektüberlegungen hier auch tatsächlich die Ausbildungschance von jungen Flüchtlingen nachhaltig zu verbessern.

Frau Kollegin, haben Sie eine weitere Zusatzfrage?

(Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Nein, danke schön!)

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die vierte Anfrage trägt den Titel „Nachhilfe durch Scientology?“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Rohmeyer, Perschau und Fraktion der CDU.

Bitte, Herr Kollege Rohmeyer!

Wir fragen den Senat:

Welche Erkenntnisse hat der Senat, dass die Scientology-Organisation beziehungsweise eine ihrer Tarnorganisationen auch im Bundesland Bremen in eigenen Nachhilfeschulen Schülerinnen und Schüler direkt oder indirekt durch die sogenannte Applied Scholastics beeinflusst?

Wie bewertet der Senat das Vorgehen der Scientology-Organisation in vielen Bundesländern, zunehmend auf dem kommerziellen Markt der Nachhilfeinstitute junge Menschen zu erreichen?

Welche Maßnahmen wurden bisher eingeleitet beziehungsweise welche Maßnahmen will der Senat einleiten, um Eltern und Schüler vor möglichen Anwerbeversuchen durch die Scientology-Organisation im Rahmen kommerzieller Nachhilfeinstitute durch Prävention zu schützen?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Senator Lemke.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: Dem Senat sind keine Aktivitäten der Scientology-Organisation oder einer ihrer Tarnorganisationen bekannt, direkt oder indirekt durch sogenannte Applied Scholastics Schülerinnen und Schüler in Nachhilfeinstituten im Lande Bremen zu beeinflussen.

Zu Frage zwei: Der Senat geht davon aus, dass die Scientology-Organisation ihr Engagement im Nachhilfebereich dazu nutzt, um Zugang zu Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern für ihre ideologischen Vorstellungen und Beeinflussungen zu erhalten.

Zu Frage drei: Da es nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes im Lande Bremen bisher keinerlei Anzeichen für entsprechende Aktivitäten der Scientology-Organisation gibt, sind bisher keine Gegenmaßnahmen eingeleitet worden. Sollten solche Aktivitäten bekannt werden, wird der Senat durch Aufklärung der Eltern und der Schülerschaft gegensteuern.

Haben Sie den Wunsch, eine Zusatzfrage zu stellen? – Bitte!

Herr Senator, da es in Bremen auch einen Stützpunkt der Scientology-Organisation gibt, ist ja davon auszugehen, dass diese Organisation, die in erster Linie auch wirtschaftliche Interessen verfolgt, höchstwahrscheinlich auch hier in Bremen auf dem Markt der Nachhilfeinstitute – der, wie wir aus den Pisa-Debatten wissen, ein boomender Markt ist und wo viel Geld zu verdienen ist – über kurz oder lang auftritt. Halten Sie es daher für sinnvoll, schon im Vorfeld durch geeignete Informationen, bevor entsprechende Aktivitäten bekannt sind beziehungsweise auffallen – die Präsidentin der Kultusministerkonferenz hat ja auch einen entsprechenden Warnruf aus ihrem Bundesland den Medien gegenüber getan –, Eltern und Lehrer zu informieren, damit eine solche Attacke der Scientology-Organisation von vornherein keinen oder wenig Erfolg hat?

Bitte, Herr Senator!

Der Senator für Inneres, der dort auch die Verantwortung zur Vergabe der Gewerbescheine hat und auch der Bildungssenator haben die Angelegenheit ganz genau im Blick und wissen genau, was zu tun ist, wenn sich auf diesem Feld etwas tut. Wir sind in sehr enger Abstimmung darüber, und wir haben ein Verfahren organisiert, dass wir, sobald sich hier etwas tut, sofort präventiv tätig wer

den. Allerdings wollen wir auch nicht voreilig und vorzeitig Eltern in Unruhe versetzen, wenn überhaupt keine Gefahr in Verzug ist. Das heißt, wir sind bestens vorbereitet durch ein abgestimmtes Verfahren, das dann eintritt, wenn diese Organisation tätig wird. Sollte diese Organisation hier tätig werden, dann werden wir präventiv auch tätig werden.

Herr Kollege Rohmeyer, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte!

Eine noch, Herr Präsident, vielen Dank! Herr Senator, sind Sie mit mir der Auffassung, dass sich das Fächerfeld Biblische Geschichte, der Modellversuch Islamkunde und der Bereich Philosophie auch dazu eignen, über solche sogenannten Psychosekten und auch Organisationen wie die Scientology-Organisation aufzuklären, damit solche Organisationen in Zukunft immer weniger Zulauf haben können?

Bitte, Herr Senator!

Das sind in der Tat Inhalte, die man in diesen Bereichen durchaus ansprechen sollte, und das wird an unseren Schulen auch sicherlich getan.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Vielen Dank!)

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die fünfte Anfrage bezieht sich auf die Einstellung von Geschäftsführern für die bremischen Gesellschaften. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Dr. Mohr-Lüllmann, Pflugradt, Perschau und Fraktion der CDU.

Bitte, Frau Kollegin Dr. Mohr-Lüllmann!

Wir fragen den Senat:

Welche Unterlagen zum Nachweis der fachlichen Qualifikation und persönlichen Eignung müssen bei einer Einstellung als Geschäftsführer einer Gesellschaft des Landes oder der Stadtgemeinde Bremen vorliegen?

In welchen Fällen der Einstellung als Geschäftsführer einer bremischen Gesellschaft wird zum Nachweis der persönlichen Eignung ein polizeiliches Führungszeugnis verlangt, in welchen Fällen wird darauf verzichtet?

Wie und durch welche möglichen weiteren Nachweise gedenkt der Senat für die Zukunft sicherzustellen, dass ihm als Gesellschafter bei der Entscheidung über die Einstellung von Geschäftsführern alle notwendigen Informationen zur Beurteilung der fach

lichen Qualifikation und der persönlichen Eignung des Bewerbers vorliegen?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Senator Dr. Nußbaum.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: Zunächst ist der Prozess zu beschreiben, der heute in der Regel der Bestellung eines Geschäftsführers einer bremischen Beteiligungsgesellschaft vorausgeht: Der Auswahlprozess für die Geschäftsführerposition wird federführend vom Vorsitzenden des Aufsichtsrates gesteuert, der üblicherweise jedoch einen Ausschuss des Aufsichtsrates oder den Aufsichtsrat in Gänze beteiligt. Häufig wird auch ein externes Personalberatungsunternehmen in den Prozess eingebunden.

Unter der Federführung des Aufsichtsratsvorsitzenden wird unter Beteiligung des zuständigen Fachressorts, eines Ausschusses des Aufsichtsrates oder möglicherweise auch des gesamten Aufsichtsrates, der bisherigen Geschäftsführung und häufig eines Personalberaters ein Qualifikationsprofil und ein persönliches Anforderungsprofil erstellt. Die Stellenausschreibung erfolgt häufig unter Beteiligung des Personalberaters, in aller Regel überregional. Renommierte Personalberater verzichten zum Teil auf eine Stellenausschreibung zugunsten einer persönlichen, zielgerichteten Ansprache geeignet erscheinender Bewerber.

Die eingegangenen Bewerbungen werden gesichtet und ausgewertet. Die Bewerbungsunterlagen enthalten die gewünschten Unterlagen, Lebenslauf, Zeugnisse, Hochschul- oder Universitätsabschlüsse. Der Personalberater prüft in diesem Zusammenhang die persönliche und fachliche Seriosität der Bewerber.

Dem Auswahlgremium werden Vorschläge unterbreitet, auf deren Basis Vorstellungsgespräche stattfinden und abschließend die Personalauswahlentscheidung unter Federführung des Aufsichtsratsvorsitzenden getroffen wird.

Der Aufsichtsratsvorsitzende führt dann die Verhandlungen über die Ausgestaltung des Geschäftsführeranstellungsvertrages und schließt den Vertrag ab. Hierbei ist die Querschnittseinheit Beteiligungsmanagement des Senators für Finanzen insbesondere zur Vergütungshöhe, einzelne Vergütungsbestandteile und Einhaltung der durch den Senat beschlossenen Standards einzubinden. Die Bestellung des Geschäftsführers erfolgt durch Gesellschafterbeschluss nach vorheriger Endabstimmung mit dem zuständigen Fachressort.