Protokoll der Sitzung vom 13.09.2006

Die Große Anfrage kommt ebenfalls gewissermaßen unaufgeregt und auf leisen Sohlen daher. 15 Monate nach dem Inkrafttreten, so heißt es, sei es Zeit, eine erste Bilanz der Auswirkungen zu ziehen und gegebenenfalls Nachbesserungen vorzuschlagen. So einfach ist das nicht, weil, wie in der Antwort zu Frage 22 aufgezeigt wird, es dringenden Handlungsbedarf aus EU-Recht gibt. Nicht weniger als elf EU-Richtlinien sind umzusetzen, darunter klingende Namen wie die Richtlinie „Familiennachzug“ oder „Langfristig Aufenthaltsberechtigte – Aufnahmebedingungen“, die Freizügigkeitsrichtlinie, die Studentenrichtlinie, die Opferschutzrichtlinie oder andere. Manche Umsetzungsfristen dieser Richtlinien drängen, andere sind bereits überfällig. Bei dem zugrunde liegenden Problem sieht es nicht anders aus, einige Probleme drängen sehr nach Lösungen, andere sind längst überfällig. Am deutlichsten wird das, glaube ich, in der Frage nach dem Bleiberecht.

Es gibt also eine Menge zu tun. Ich finde, die Rahmenbedingungen dafür, etwas zu tun, sind so schlecht nicht. Die Zuwanderungszahlen sind mit den erdrückenden Zahlen von Anfang der Neunzigerjahre nicht mehr vergleichbar. Breiteren Teilen der Bevölkerung sind inzwischen die Folgen der demografischen Entwicklung, man muss es an dieser Stelle einfach auch sagen, deutlich vor Augen. Einerseits wird den Menschen immer klarer, dass Deutschland nicht nur tatsächlich, sondern, inzwischen von allen Seiten eingestanden, Einwanderungsland ist und dass Deutschland Einwanderungsland sein muss. Immer deutlicher wird, dass langfristig um Zuwanderung und gerade um Zuwanderung internationaler Eliten geworben werden muss. Andererseits brauchen die Menschen sich nur umzusehen. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes hat jeder fünfte Einwohner in Deutschland einen Migrationshintergrund, bei den unter Fünfundzwanzigjährigen sogar jeder vierte, ein Drittel der ausländischen Bevölkerung lebt 20 Jahre oder länger in Deutschland, ein Fünftel länger als 30 Jahre, 70 Prozent der Ausländer unter 18 Jahren wurden in Deutschland geboren.

Diese Zahlen sagen eine Menge aus, aber sie sagen leider nichts über den Zustand der Integration in unserem Lande aus, genauso wenig oder genauso viel die Zahlen über die Teilnahme an Integrationskursen, wobei ich diese überhaupt nicht kleinreden will. Die Integrationskurse sind in Bremen, Dr. Güldner hat darauf hingewiesen und auch die Senatorin auf eine Anfrage von uns vor einiger Zeit, sehr erfolg

reich angelaufen. Es haben sich viel mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer insbesondere aus dem Kreis der länger hier lebenden Migranten gemeldet, als man erwartet hat, was auch deutlich macht, dass der Bildungswille der Migrantinnen und Migranten, der ihnen ja manchmal von bösen Zungen abgesprochen wird, viel größer ist als manchmal angenommen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die SPD sagt sehr deutlich, sie würde gern sehen, wenn die Stundenzahl für die Integrationskurse von 600 auf 900 Stunden erhöht würde, aber wir schauen auf den Haushalt des Bundes. Dazu gibt ja Frage sechs die Andeutung einer Antwort. Die Haushaltsansätze des Bundes halten keineswegs Schritt mit der Forderung, die Integrationspolitik zu einem Schwerpunkt zu machen, was nach meiner Einschätzung absolut nötig wäre. Die Haushaltsansätze von 208 Millionen Euro in 2005 werden in den beiden Folgejahren, also 2006 und 2007, auf 148 Millionen Euro heruntergefahren, vor allem mit dem Hinweis, dass 2005 nur 90 Millionen Euro abgeflossen sind. Welch Wunder, wenn das Gesetz erst am 1. Januar in Kraft tritt und lange nicht klar ist, wer eigentlich teilnehmen kann und wer eigentlich anbietet! Der Bund hat zugesagt, jeder Kurs, der gefordert wird, wird auch bezahlt. Das hören wir gern, daran wollen wir ihn aber messen. Die Kürzung der Haushaltsansätze ist aber schon einmal ein ziemlich blödes Signal.

Es müssen allerdings auch eigene Anstrengungen der Migrantinnen und Migranten hinzukommen. Das Sprachenlernen wird sicher das ganze künftige Leben bestimmen, insbesondere wenn sie in Schule und Beruf weiterkommen wollen. Hierfür gibt es neben den Integrationskursen in Bremen eben noch viele weitere Möglichkeiten. Der Evaluationsbericht des Bundes, den Dr. Güldner angesprochen hat, wird dazu Auskunft geben, welche weitergehenden Verbesserungen es geben wird. Wir wissen, dass die Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales in den Gremien des Bundesamtes vertreten ist und sicher mithilft, die positive Weiterentwicklung zu fördern und uns das dann auch in den Deputationen zu berichten.

Ich habe schon darauf hingewiesen, Integration lebt aber nicht nur von der Teilnahme an Kursen. Ziel der Integration ist die volle gesellschaftliche Teilhabe. Grundlage des Zusammenlebens sind die Werte und Normen des Grundgesetzes, insbesondere die Achtung der Menschenwürde, die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, die Meinungsfreiheit und die Glaubensfreiheit. Integrationspolitik darf sich nicht allein an die Zugewanderten richten, sondern auch an die aufnehmende Gesellschaft. Dabei helfen dann weder falsche Illusionen von konfliktfreier Multikulturalität noch immer neue Forderungen nach repres

sivem, hartem Durchgreifen mit Sanktionen oder Abschiebungen ohne Ende.

Damit wären wir bei der Reform des Zuwanderungs- und Aufenthaltsrechts. Wir haben uns ja vorgenommen, über das zentrale Thema Bleiberecht morgen zu reden. Grundsätzlich ist, wie schon bei der heutigen Beratung des Zuwanderungsrechts, zu bemängeln, dass es nach meiner Überzeugung immer noch zu vielen Migrationspolitikern schwerfällt, Zuwanderungspolitik positiv zu bewerten, die Chancen zu sehen und sich um diese zu kümmern. Viel zu häufig steht die Begrenzung im Vordergrund, und dann, finde ich, macht auch der Ton die Musik.

Herr Dr. Güldner hat das Punktesystem angesprochen und die Forderung noch einmal erhoben, wie sie ja von Fachleuten erhoben wird, dort weiterzukommen. Der beratende Zuwanderungsrat ist dann nur eine Folge. Ein solches Punktesystem hätte aber das grundsätzliche Signal: Wir wollen Zuwanderung, wir kämpfen mit im Wettbewerb um die besten Köpfe, und wir kämpfen für ein gesellschaftliches Klima, in dem sich Neubürger und Migranten wohlfühlen und bleiben wollen, am besten am Ende als Deutsche mit Migrationshintergrund und unter Landsleuten.

Dazu, und das noch einmal zum gesellschaftlichen Klima, passt es aber nicht, wie es jetzt leider im Evaluationsbericht, der in dem Entwurf vorliegt, wieder passiert, wenn das Thema Familiennachzug nicht unter dem grundgesetzlichen Schutz der Familie diskutiert wird, sondern nur unter dem Stichwort Zwangsverheiratung. Wenn man von den nachziehenden Familienangehörigen am liebsten auch noch verlangen möchte, dass sie gefälligst im Heimatland einen Deutschkurs besuchen sollen, dann kann man nur sagen, das geht an der Realität in vielen Herkunftsländern völlig vorbei.

(Beifall bei der SPD)

Hier wird leider wieder das allgemeine Klima der Debatte um die Reform des Zuwanderungsrechts negativ belastet. Damit soll das Thema Zwangsverheiratung in keiner Weise relativiert werden, die SPD hat das Nötige dazu oft genug gesagt. Mit einer drastischen Hebung des Nachzugsalters wird den betroffenen Personen das Leben aber eher schwerer gemacht als erleichtert. Im Übrigen frage ich mich manchmal, ob dann auch mit der gleichen Elle gemessen wird, wenn sich eine Liebesbeziehung an der Wall Street oder in deutschen Korrespondentenbüros in Washington zu einer Ehe ausweitet und dann Familiennachzug betrieben werden soll. Lieber gar nicht fragen möchte ich mich, wie man mit den Gattinnen von Berufsspielern eines Bundesligavereins umgeht, deren Nachzug von Fans dringend gefordert wird, damit endlich befreit aufgespielt werden kann. – Danke!

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Antwort des Senats auf die Große Anfrage vom Bündnis 90/Die Grünen bleibt der Senat meines Erachtens einige erforderliche Auskünfte schuldig. Das fängt bereits damit an, dass bezüglich der 3263 Personen nicht deutscher Nationalität, die seit Inkrafttreten des sogenannten Zuwanderungsgesetzes bis zum 24. April 2006 an Integrationskursen im Land Bremen teilgenommen haben, in einer typischen Art und Weise mitgeteilt wird: „Über das Alter und die Dauer des bisherigen Aufenthalts der Teilnehmer sowie zur freiwilligen oder verpflichtenden Teilnahme liegen keine statistischen Daten vor.“

Auch in Bezug auf die vom 1. Januar 2005 bis zum 30. April 2006 eingereisten sage und schreibe 4413 Ausländer, die im Land Bremen ihren Wohnsitz begründet haben, glänzt der Senat durch eine erschreckende Ahnungslosigkeit. Die Antwort, die eigentlich gar keine ist, lautet, das muss man sich wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen: „Eine Aufschlüsselung ist wegen nicht erforderlicher statistischer Erfassung nicht möglich.“ Auch in Bezug auf die Frage von Familien- und Kindernachzug wird beeindruckend lapidar geantwortet: „Eine statistische Erfassung dieser Personengruppe erfolgt nicht.“

Auch bezüglich der 3532 Nicht-Deutschen, die zum 31. März 2006 im Land Bremen geduldet wurden, heißt es: „Über die Dauer und Befristung der Duldung sowie über das Alter der Geduldeten liegen keine statistischen Daten vor.“ So geht das lustig weiter, wie zum Beispiel auch in puncto nicht durchgeführter Abschiebungen. Dazu die Aufklärung nach Art des Senats, nach Art des Hauses: „Statistische Daten für die genannten Fallgruppen liegen nicht vor.“ Geradezu irrwitzig wird in diesem Zusammenhang ausgeführt, anhand der vorliegenden Daten könne nicht ermittelt werden, wie hoch der Anteil der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen sei und so weiter.

Schon diese wenigen Beispiele zeigen doch, dass die Zuwanderung von Ausländern weitgehend mit Verschleierungspraktiken der politisch Verantwortlichen erfolgt. Nun frage ich Sie: Für wie blöd halten Sie eigentlich unsere Bevölkerung, und zweitens, warum brauchen wir eigentlich bei solchen nichtssagenden Antworten einen von Steuergeldern sehr gut bezahlten Senat, der eigentlich genauso nichtssagend ist und arbeitet wie seine Antworten?

In der Mitteilung des Senats zur Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes wird mit keiner Zeile auf die großen Gefahren hingewiesen, die unsere Bürgerinnen und Bürger jetzt schon durch die Entstehung von Parallelgesellschaften täglich erleiden, ertragen und erdulden müssen. Neun Monate nach Inkrafttreten des von Multikulti-Traumtänzern gefeierten

Zuwanderungsgesetzes warnte etwa, und das ist nur einer von vielen, jetzt sollten Sie genau zuhören, der Bremer Politikwissenschaftler Stefan Luft von der Universität Bremen vor einer Dynamik der Desintegration. Weiterhin stellte der Experte fest, dass die sogenannte Integration von Ausländern weitestgehend gescheitert sei und dass Parallelgesellschaften und ethnische Kolonien hierzulande alles andere als eine Legende, sondern im wahrsten Sinne des Wortes handfeste Realität seien.

Allein die polizeilichen Kriminalitätsstatistiken bringen deutlich zum Ausdruck, wohin multikulturelle Wahnvorstellungen bereits geführt haben. Es kann doch nicht bestritten werden, dass es auch im Land Bremen jugendliche Ausländer an Schulen gibt, die immer gewalttätiger werden. Es überrascht mich überhaupt nicht, wenn angesichts dieser erschreckenden Tatsache aus Steuergeldern unendliche, sehr teure Kampagnen der Verlogenheit wie zum Beispiel „Gewalt von rechts“ initiiert werden, um von diesen Realitäten abzulenken. Das wundert mich überhaupt nicht.

Der niedersächsische Ex-Minister Christian Pfeiffer sagte angesichts der kulturellen Abschottung junger Migranten: „Gerade unter den jungen Ausländern entwickelt sich diese besondere Intensität.“ Das führt dazu, dass man als Kompensation mit gewaltiger Kraft Einzelne unterdrückt und sich damit stark und mächtig fühlt. Hierzu schreibt die unverdächtige „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ bereits am 26. Mai 2003, Herr Präsident, ich darf die „FAZ“ zitieren: „Darf man von einem verdeckten ethnischen Bürgerkrieg in unseren Städten sprechen?“ Hintergrund ist die Tatsache, dass Ausländer auch in der Sparte der Gewaltverbrechen in Deutschland erheblich überrepräsentiert sind, auch wenn man inzwischen eingebürgerte Täter, die einen deutschen Pass besitzen, abrechnet.

Bündnis 90/Die Grünen schreibt in seiner Großen Anfrage, es sei nun Zeit, eine erste Bilanz der Auswirkung des Zuwanderungsgesetzes zu ziehen. Die Entwicklung der Ausländerkriminalität wird hier vollkommen ausgeklammert und außer Acht gelassen. Sie haben es erwähnt: Rauschgifthandel, Ehrenmorde, Zwangsehen und so weiter. Das brauche ich hier nicht extra zu erklären, wahrscheinlich, weil ich Ihnen das schon namens der Deutschen Volksunion in unzähligen Redebeiträgen mit Zahlen und Fakten schwarz auf weiß immer wieder deutlich bewiesen habe, dass es eine nachweisbare, bei der Polizei bekannte Tatsache ist, dass bundesweit der Anteil ausländischer Tatverdächtiger und Täter in den Bereichen Rauschgifthandel, Frauenhandel, Vergewaltigung, sexueller Nötigung, ich habe es eben erwähnt, Ehrenmorde und anderer Gewalttaten besonders eklatant ist.

Die bereits zitierte „FAZ“ forderte, dass in allen Polizeistatistiken auch alle Opfer nach ethnischer Zugehörigkeit aufgelistet werden. Schön, denn als

Konsequenz müsste das Strafdelikt rassistisches Gewaltverbrechen endlich auch auf ausländische Tätergruppen erweitert werden, bisher können rassistische Verbrechen nämlich nur Deutschen zugeordnet werden! Dass aber mit zweierlei Maß gemessen wird und dass es darauf ankommt, wer rassistische Äußerungen macht, zeigt das Beispiel eines farbigen sogenannten Rappers namens Joachim Deutschland. Der Farbige stürmte auf die Bühne des Hamburger Schmidt-Theaters, ließ seine Hose herunter, zeigte den Leuten seinen nackten Hintern und brüllte ins Publikum: „Weist mich aus, aber erst nach dem Grand Prix, außerdem will ich die weiße Rasse ausmerzen“ und so weiter. Das ist nur ein Einzelfall, aber einer von vielen.

Daraufhin erstattete ein Bürger Strafanzeige wegen Volksverhetzung nach Paragraph 130 Strafgesetzbuch. Selbstverständlich wurde das Verfahren eingestellt mit der Begründung, „die Absichtserklärung zur Ausmerzung der weißen Rasse stelle keinen Angriff auf die Menschenwürde dar“ und so weiter. Hier wird meines Erachtens, meine Damen und Herren, mit zweierlei Maß und mit zweierlei Recht gemessen. Wenn es aber darum geht, sogenannte Rechtsextremisten wegen Flugblattverteilung gegen Ausländerkriminalität an den Pranger zu stellen, dann werden im Schulterschluss von Politik, Medien und zum größten Teil gewalttätiger linksfaschistischer, antifaschistischer Antifanten-Gutmenschen alle Register gezogen.

Tatsache ist doch, dass uns diese Politik der Zuwanderungs- und Überfremdungsfanatiker, der Multikulti-Fetischisten in die Katastrophe führt. Zudem sollte klar sein, dass zum Beispiel die Situation auf dem hiesigen Arbeitsmarkt nicht etwa noch mehr Zuwanderung erfordert, ganz im Gegenteil! Dass Deutsche in Massen ohne Beschäftigung und ohne Erwerbseinkommen sind, das dürfte sogar Ihnen einleuchten. Hier wird die falsche Politik betrieben, und hier sage ich namens der Deutschen Volksunion: Es ist allerhöchste Zeit, aus dem Scheitern der multikulturellen Gesellschaft endlich Konsequenzen zu ziehen. Das heißt, diejenigen Ausländer, die in Deutschland dauerhaft leben möchten, müssen selbstverständlich unsere Sprache erlernen und können und die Kultur unseres Landes sowie unsere Verfassung unter allen Umständen achten und respektieren.

Dringend erforderlich ist auch eine Trennung von integrationswilligen Ausländern und den vielen integrationsunwilligen Ausländern, die sehr oft auf Kosten und zulasten der deutschen Sozialsysteme dauerhaft und manchmal sogar kriminell in Erscheinung treten. Darum, sage ich, muss es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass ausländische Straftäter, die unser Gastrecht auf Kosten der Steuerzahler rücksichtslos missbrauchen, schnellstens und rigoros abgeschoben werden müssen. Kriminelle Ausländer und Scheinasylanten haben in Deutschland nichts, aber auch nichts zu suchen. Das – und nun

hören Sie genau zu! – ist auch im Interesse und zum Schutz der hier lebenden anständigen Ausländer.

Also, meine Damen und Herren, Schluss mit dem Multikulti-Wahn! Das ist das Gebot der Stunde, weil Deutschland aufgrund seiner geografischen Größe eben kein Einwanderungsland ist und auch niemals werden wird. Dementsprechend werde ich auch den Antrag vom Bündnis 90/Die Grünen, Tagesordnungspunkt 36, Bleiberecht für ausländische Familien, den wir morgen hier behandeln, selbstverständlich ablehnen.

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Herderhorst.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Zuwanderungsgesetz, ein Thema, das zunächst besonders die Politik in den Jahren 2001 bis 2004 in Anspruch nahm! Relevante Diskussionen und politische Auseinandersetzungen gab es in diesen Jahren in Hülle und Fülle nach dem Motto: Welche Rechtsgrundlagen sind notwendig, welche müssen geändert werden, welche können wegfallen? Das Zuwanderungsgesetz sollte vereinfachen, Integration fördern, Ausländeraufenthalte in Deutschland, ob vorübergehend oder dauerhaft, neu regeln und Zuwanderung begrenzen. Darüber hinaus wurde besonders das Aufenthaltsrecht für EUBürger im sogenannten Freizügigkeitsgesetz geregelt.

Meine Damen und Herren, das Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern ist umfänglich und nach wie vor kompliziert. Auch wenn es zum Beispiel nur, Herr Dr. Güldner hat es ausgeführt, diese beiden Titel Aufenthaltserlaubnis und Niederlassungserlaubnis gibt, so ist doch insgesamt dieses Gesetzeswerk noch so umfänglich, dass es in Teilen kompliziert ist, in Teilen schwer zu realisieren ist und in Teilen auch nach wie vor auf politisch kontroverse Diskussionen stößt.

Nachdem nach Jahren der Diskussion das Gesetz am 1. Januar 2005 in Kraft trat, nachdem Entwürfe der damaligen Bundesregierung in vielen Positionen, auch das hat Herr Dr. Güldner gesagt, nach meiner Auffassung in sinnvoller Weise nachgebessert wurden, hat Deutschland nun in etwa eindreiviertel Jahren Erfahrungen sammeln können zu den Fragen: Hat sich das Gesetz bewährt, oder an welchen Stellen muss erneut geändert, ergänzt oder gestrichen werden? Da aber, meine Damen und Herren, setzt zunächst einmal meine Kritik an der Großen Anfrage ein. Die Anfrage kommt viel zu früh, das zeigen auch die Antworten in der Mitteilung des Senats. Auf eine Reihe von Fragen gab es keine Antworten, weil Umsetzung und ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Auswertung der Umsetzung noch nicht umfassend erfolgen konnten.

Darüber hinaus wird auch deutlich, die Debatte über die Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes gehört primär in den Bundestag und allenfalls partiell in Länderparlamente. Was sagt uns zum Beispiel die Botschaft, dass in Bremen zum Stichtag 31. Dezember 2005 86 Teilnehmer die Sprachprüfung B1 bestanden, das Zertifikat Deutsch erlangt haben oder wenn die IMK fordert, dass Integrationskurse für jugendliche Zielgruppen von 600 auf 900 Stunden erhöht werden sollten und die Kosten der Bund tragen soll? Ich würde auch gern erfahren, welche Kosten bundesweit und im Land Bremen durch die Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes jährlich für den Bund und für Bremen entstehen.

Meine Damen und Herren, ich glaube auch, dass der Aufwand für die Beantwortung solcher Initiativen im Verhältnis zum Ergebnis stehen muss. Das sehe ich hier nicht. Die Mitarbeiter in den Ressorts, die mit der Beantwortung befasst sind, könnten sicher an anderen Stellen in anderen Ressorts effektiver und effizienter eingesetzt werden. Ich nenne da zum Beispiel das Stichwort Ausländerbehörde.

Nun komme ich zu einigen wenigen Antworten aus der Mitteilung des Senats, unter anderem zu den Integrationsmaßnahmen. Alle Antworten kann man zur Kenntnis nehmen. Sie beantworten auch die Fragen, machen aber deutlich, dass der Bund die Kompetenz besitzt, das betrifft die Kostenträgerschaft für Integrationskurse, das betrifft die Rahmencurricula, die eine möglichst einheitliche Beschulung sicherstellen sollen, oder auch die Evaluierung der Integrationskurse, die voraussichtlich Ende 2006 beendet wird. Meine Damen und Herren, wer glaubt, dass der Bund, der zurzeit offenbar auch nicht seine Schatullen am Überlaufen hat, locker für 300 Stunden die Mehrkosten an die Länder erstattet, ist in meinen Augen, im Moment jedenfalls, ein Optimist.

Hinzu kommt, Integration ist mit Sicherheit nicht nur mit Sprachkursen zu definieren. Es gibt eine Reihe von Baustellen, die aus meiner Sicht dringend aufgearbeitet werden müssen. Dazu gehören die Ghettoisierung in Stadtteilen durch Ausländer, die Abkapselung, die religiös bedingten Probleme, die Schulprobleme und nicht zuletzt die beängstigende Zunahme von Ausländerkriminalität. Meine Damen und Herren, das sind die realen und prioritär zu lösenden Probleme, die unter anderem auch integrationspolitisch angegangen werden müssen. Sprachkurse sind wichtig, aber zurzeit ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir dürfen jedenfalls die Augen vor diesen Realitäten nicht verschließen. Auch die Bevölkerung verlangt danach, denn die Unruhe und die Skepsis in Blickrichtung auf hierher Zugewanderte sind nach wie vor groß.

Nun zur Reform des Zuwanderungsrechts! Die Antworten und nicht zu erteilenden Auskünfte in den

Ziffern sieben bis neun kann man nur zur Kenntnis nehmen, sie belegen aber auch meine Aussage: Diese Anfrage war überflüssig, gehört wesentlich in den Bundestag und kommt insbesondere zu früh. Wenn es, wie die Antwort auf Frage zehn sagt, zur Verwaltungsvereinfachung gekommen ist, würde ich das begrüßen. Wenn ich allerdings die Realität sehe, dann habe ich an dieser Stelle meine Zweifel. Wie gesagt, eine Bewertung der Praxis nach dem Zuwanderungsgesetz kann erst nach Evaluation erfolgen.

Zur Reform des Aufenthaltsrechts! Zu Frage zwölf wäre interessant zu erfahren, wie viel Duldungen für die Ausländer ausgesprochen wurden, die rechtskräftig zur Ausreise verpflichtet sind und unter Umständen keine Mitwirkung am Verfahren auch der freiwilligen Ausreise gezeigt haben. Die in Frage 13 genannten Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen müssten auch spezifiziert werden, um sie politisch werten zu können, zum Beispiel, wie viele Reiseunfähigkeitsatteste eine Rolle gespielt haben. Die weiteren Antworten sind überwiegend auch geprägt von nicht vorhandenen Auskunftsmöglichkeiten, deshalb ist dem Senat auch kein Vorwurf zu machen im Hinblick auf die dürftigen Antworten.

Meine Damen und Herren, ich möchte dem Senat ausdrücklich folgen, wenn er feststellt, dass nach erfolgter Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes geprüft wird, inwieweit die Regelungen des Zuwanderungsgesetzes den Anforderungen der Praxis gerecht werden und ob alle bezahlbar sind. Hervorheben möchte ich, das Zuwanderungsgesetz muss an EU-Recht angepasst werden, aber insbesondere muss alles darangesetzt werden, dass wir europaweit gleiche Rechtsgrundlagen haben, die einheitliche Maßstäbe in der ausländerrechtlichen Praxis setzen.

Meine Damen und Herren, die Evaluierung des Zuwanderungsgesetzes läuft auf Hochtouren und kommt Ende 2006 zum Abschluss. Dieser Bericht sollte dann unter Umständen auch für Bremen Anlass sein, erneut darüber auf gesicherter Grundlage zu diskutieren. Das betrifft im Besonderen auch die Integrationskurse, die ebenfalls bundesweit evaluiert werden. Der Evaluierungsbericht und der Endbericht liegen ebenfalls voraussichtlich, ich sagte es, Ende des Jahres vor. Die Bundesregierung wird dem Deutschen Bundestag zum 1. Juli 2007 einen Erfahrungsbericht zur Durchführung und Finanzierung der Integrationskurse vorlegen.

Insofern, meine Damen und Herren, denke ich, die 17. Wahlperiode der Bremischen Bürgerschaft wird dann Gelegenheit geben, alle Facetten des Zuwanderungsrechts auf fundierter Basis diskutieren zu können. Es hat den Vorteil: Den Wahlkampf haben wir dann längst hinter uns gelassen!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält Bürgermeister Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Vor mir liegt der Entwurf des Evaluationsberichts des Bundesinnenministers zu den Regelungen des neu geltenden Zuwanderungsgesetzes. Er hat 256 Seiten, und obwohl ich wusste, dass heute hier im Parlament diskutiert wird, war es noch nicht möglich, diesen Bericht abschließend zu bewerten, weil erstens noch nicht alle Daten vorliegen und zweitens eben eine Bewertung der vorliegenden Daten aus unterschiedlichen Gründen und Fragestellungen noch nicht möglich ist. Insofern stimme ich dem Kollegen Herderhorst zu, der sagt, es ist ein bisschen früh für eine abschließende Bewertung der Frage, ob die Neuordnung des Zuwanderungsgesetzes sich gelohnt hat und ob und inwieweit Veränderungsbedarfe gegeben und dann auch in Angriff zu nehmen sind.

Eines steht aber fest, wir sind rechtlich verpflichtet, insgesamt elf EU-Richtlinien in nationales Recht umzusetzen, die sich mit Fragen von Zuwanderung und mit Punkten aus den Regelungen und Bestimmungen des Zuwanderungsgesetzes ergeben. Deswegen ist es gut und vernünftig, dass der Bundestag eine Arbeitsgruppe eingesetzt hat, die sich mit der Umsetzung dieser Notwendigkeiten beschäftigt, und auch die Innenminister beteiligen sich an dieser Diskussion, weil die Erfahrungen mit dem neuen Zuwanderungsgesetz natürlich im Wesentlichen in den Ländern gemacht werden. Deswegen enthält dieser Bericht auch eine Menge von bereits wertenden Darstellungen zu den Bestimmungen des Zuwanderungsrechts, aber eben auch zu rechtlichen Empfehlungen hinsichtlich notwendiger Anpassungen.