Protokoll der Sitzung vom 11.10.2006

Es steht hier unter anderem, dass die Betroffenen selbst dagegen vorgehen können. Geben Sie mir recht, dass das sehr schwierig ist, weil der Betroffene, der heute etwas vorträgt und sagt, da passiert etwas auf der Baustelle, was den Gesetzen widerspricht, dann die längste Zeit dort seinen Arbeitsplatz gehabt hat?

Bitte, Herr Staatsrat!

Ich teile diese Einschätzung, aber es gibt ja durchaus die Möglichkeit, sich beim Landesbeauftragten für den Datenschutz zu melden, ohne dass der Arbeitgeber darüber informiert wird.

(Abg. Frau R e i c h e r t [SPD]: Vielen Dank!)

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich wollte gern etwas nachfragen, und zwar habe ich ja eben mitbekommen, dass alle zwei Sekunden Bilder geliefert werden sollen. Für mich stellt sich da die Frage, wo der Film anfängt. Könnten Sie vielleicht einmal Ihre Antwort nachreichen, ab wann es nicht mehr zulässig ist, ob das bei einer Minute oder bei 30 Minuten ist? Mich würde diese Antwort, die Sie ruhig nachreichen können, sehr interessieren.

Bitte, Herr Staatsrat!

Noch einmal: Um einen Baufortschritt zu dokumentieren, und nur darum geht es, brauche ich nicht alle zwei Sekunden eine Aufnahme. Da reicht es ja wahrscheinlich aus, maximal einmal am Tag eine Aufnahme zu machen. Von daher erklärt sich diese Frage von selbst.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich möchte das gern juristisch geklärt haben, und Sie sind, glaube ich, der richtige Ansprechpartner, denn ich glaube, dass man sich das nicht so leicht vorstellen kann. Ich kann mir durchaus auch Bausituationen vorstellen, wo man alle zehn Sekunden neue Bilder liefert. Deshalb meine Frage: Können Sie das nachreichen?

Bitte, Herr Staatsrat!

Das mache ich gern!

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die zweite Anfrage trägt den Titel „Erbschaftssteuerbefreiung am Erhalt von Arbeitsplätzen ausrichten“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Kottisch, Frau Schwarz, Dr. Sieling und Fraktion der SPD.

Bitte, Herr Kollege Kottisch!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Was hält der Senat von den Überlegungen, die geplante Erleichterung – Stundung und Befreiung – der Betriebsübergabe in der Erbschaftssteuer an besondere Bedingungen zu knüpfen, die auf die Fortführung des Unternehmens und insbesondere auf den Erhalt von Arbeitsplätzen gerichtet sind?

Zweitens: Welche finanziellen Auswirkungen ergeben sich in der Tendenz für das Land Bremen bei entsprechender Umsetzung?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Senator Dr. Nußbaum.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Die Bundesregierung verfolgt mit dem Gesetzentwurf zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge das Ziel, anfallende Erbschafts- oder Schenkungssteuer über einen Zeitraum von 10 Jahren zu stunden, sofern die Arbeitsplätze erhalten bleiben – das ist die sogenannte Arbeitsplatzklausel – beziehungsweise der Betrieb nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse fortgeführt wird, das ist die sogenannte allgemeine Fortführungsklausel. Dabei soll die Steuer in gleichbleibenden Jahresraten abgebaut werden und nach Ablauf von zehn Jahren ganz entfallen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist im Hinblick auf die Sozialpflichtigkeit des Betriebsvermögens eine erbschaftssteuerliche Begünstigung dieses Vermögens zulässig, soweit sie die

Fortführung des Betriebes ermöglichen soll. Insoweit geht der Gesetzentwurf der Bundesregierung von einem zutreffenden Ansatz aus.

Allerdings ist das Betriebsvermögen auch nach geltendem Recht gegenüber anderen Vermögensarten erbschaftssteuerlich begünstigt. Dies hat der Bundesfinanzhof zum Anlass genommen, dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob die bestehende Privilegierung des Betriebsvermögens noch verfassungsgemäß ist. Nach Auffassung des Senats sollte die bevorstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Gesetzgebungsverfahren noch Berücksichtigung finden.

Zu Frage 2: Die finanziellen Auswirkungen für das Land Bremen sind im derzeitigen Stand des Gesetzgebungsverfahrens nur schwer abschätzbar, da der vorliegende Gesetzentwurf noch Alternativformulierungen enthält. Nach überschlägiger Schätzung auf Bundesebene könnte der Steuerausfall etwa 20 Prozent des Steueraufkommens betragen. Dies würde für das Land Bremen Steuerausfälle in einer Größenordnung von 3,5 bis 4 Millionen Euro bedeuten. Hier bleiben aber der weitere Gang des Gesetzgebungsverfahrens und eine Konkretisierung der Schätzungen abzuwarten. Die Kompensation der Steuerausfälle ist für Bremen in jedem Fall unverzichtbar. – Soweit die Antwort des Senats!

Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die dritte Anfrage bezieht sich auf Dunkelbrillen als Instrument gegen Demonstranten. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Dr. Güldner, Frau Linnert und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Bitte, Herr Kollege Dr. Güldner!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Seit wann und auf welcher rechtlichen Grundlage sind Dunkelbrillen als Instrument gegen Demonstranten in Bremen eingeführt worden, und wer hat dies angeordnet?

Zweitens: In wie vielen Fällen wurde von dem Einsatz von Dunkelbrillen Gebrauch gemacht, und welche einsatzbezogenen Notwendigkeiten lagen für den Einsatz dieses Instrumentes vor?

Drittens: Wie beurteilt der Senat unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes den Einsatz von Dunkelbrillen gegenüber Demonstranten und anderen vorübergehend Festgenommenen?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Bürgermeister Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Die sogenannte Dunkel- oder Sichtschutzbrille wird seit 2003 von der Beweissicherungsund Festnahmeeinheit der Bereitschaftspolizei Bremen eingesetzt. Die Entscheidung erfolgte aufgrund von Einsatzerfahrungen im Zusammenhang mit der Festnahme besonders gewalttätiger Störer nach taktischer und rechtlicher Prüfung durch den Leiter der Bereitschaftspolizei.

Der Einsatz der Brillen richtet sich nicht gegen Demonstranten. Er erfolgt ausschließlich gegen besonders gewalttätige und häufig bewaffnete Teilnehmer von Versammlungen, die aufgrund ihres strafrechtlichen Verhaltens nicht mehr den Schutz des Artikels 8 Grundgesetz für sich in Anspruch nehmen können. Der Einsatz stützt sich auf das Polizeigesetz und dient der Gefahrenabwehr sowie der Durchsetzung von Festnahmen und Zuführungen im Rahmen besonders konfliktreicher und gewaltorientierter Einsatzsituationen. Besondere Anforderungen werden an die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit gestellt. Deshalb wird der Einsatz auch immer im Einzelfall geprüft und sehr restriktiv vom jeweiligen Einheitsführer der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit entschieden.

Zu Frage 2: Sichtschutzbrillen wurden seit 2003 bei 6 von 80 Einsätzen der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit Bremen eingesetzt. Dabei wurden insgesamt 34 Personen unter Zuhilfenahme der Brillen vorgeführt. Die Maßnahme ist einsatztaktisch notwendig und effektiv, um das rasche und möglichst konfliktfreie Verbringen von besonders gewalttätigen Personen aus einer Personenansammlung heraus zum Einsatzfahrzeug zu realisieren. Der Einsatz der Sichtschutzbrille vermeidet die ansonsten häufig notwendige Anwendung zusätzlicher körperlicher Gewalt und wirkt in der Regel eher deeskalierend. Durch seine kurzzeitige Desorientierung wird der Betroffene sowohl an weiterem Widerstand und einem Fluchtversuch als auch an einer Kontaktaufnahme zu anderen Störern gehindert. Somit wird einerseits ein Solidarisierungseffekt unterbunden, andererseits dem Gebot der Eigensicherung der eingesetzten Polizeikräfte Rechnung getragen.

Zu Frage 3: Der Senat hält den Einsatz von Sichtschutzbrillen bei außergewöhnlichen Gefahrenlagen und im begründeten Einzelfall für sinnvoll und notwendig. Das Aufsetzen der abgedunkelten Brille erfolgt stets nur für einen Zeitraum von wenigen Minuten und endet, sobald der Betroffene aus der Gefahrenlage verbracht ist beziehungsweise das Einsatzfahrzeug erreicht hat. Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung von Individualrechtsgütern bewirkt die Maßnahme nicht. Sie ist verhältnismäßig und unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles das geeignete und den Betroffenen kaum beeinträchtigende Mittel zur erfolgreichen Gefahrenabwehr und Eigensicherung der einschreitenden Beamten. Ob im konkreten Einzelfall des Einsatzes die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit verletzt wurden, werden die weiteren Ermittlun

gen ergeben müssen. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Senator, Sie haben in Ihrer Antwort auf das Bremer Polizeigesetz verwiesen. Deswegen meine Nachfrage: Auf welchen Passus, auf welchen Teil des Bremer Polizeigesetzes haben Sie sich dort als Grundlage für diesen Einsatz berufen?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Ich habe das Bremische Polizeigesetz hier jetzt nicht vorliegen, ich kann es auch nicht auswendig, aber ich bin gern bereit, Ihnen das nachzureichen.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Senator, hat es Sie verwundert, wenn in unserer Nachbarstadt Hamburg eine bremische Polizeieinheit im Rahmen der Amtshilfe eingesetzt wurde, dass dort die Hamburger Polizei einschließlich der Polizeiführung und wohl auch der Innenpolitik so erstaunt bis ungehalten über den Einsatz dieses Instrumentes war? Welche Gründe sehen Sie dafür?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Ich weiß nicht, ob Sie wirklich an meiner Verwunderung interessiert sind. Die Wahrheit ist, dass es interne Ermittlungen in Hamburg gibt, die die Frage klären sollen, ob dieser Einsatz in Hamburg im konkreten Fall den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit des Rechts entspricht. Das werden die weiteren Ermittlungen zeigen. Sie dauern noch an, und wir warten das Ergebnis der Ermittlungen ab. Selbstverständlich wird auch am Rande von bundesweiten Zusammenkünften von Abteilungsleitern jetzt über diesen Fall gesprochen, er hat aber nirgendwo eine besondere Aufgeregtheit verursacht.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Werden Sie uns, wenn das Ergebnis dieser Ermittlungen in Hamburg vorliegt und Sie davon Kenntnis erlangen, dies in der Innendeputation zur Kenntnis geben, damit wir es dort diskutieren können?

Bitte, Herr Bürgermeister!

Das werde ich gern tun. Ich gehe davon aus, dass Sie es bis dahin ohnehin aus den Medien erfahren haben, weil wir solche Vorfälle auch immer aus den Medien erfahren, aber sobald wir etwas wissen, werden wir es an Sie weitergeben.