Gearbeitet wurde in den Deputationen, gearbeitet wurde im Rechtsausschuss, entschieden wurde aber nichts. Im Februar 2006, und das sagen unsere demokratischen Spielregeln, hätte hier die Berichterstattung und Debatte in der Bürgerschaft stattfinden müssen, und passiert ist nichts! Die Große Koalition ist entscheidungsunfähig, und es liegt wohl auf der Hand, wir Grünen müssen hier einfordern, dass es zu der entsprechenden Beratung in der Bürgerschaft kommt.
Meine Damen und Herren, der Kern des vorliegenden Gesetzes ist es, anerkannten Tierschutzorganisationen ein Klagerecht vor Gericht zu eröffnen. Tierschutzverbände sollen den in der Verfassung verankerten Schutz der Tiere wahrnehmen können, ihnen soll quasi eine Stellvertreterfunktion zukommen. Ich möchte Sie daran erinnern, dass der Tierschutz ausdrücklich im Grundgesetz und in der Bremischen Landesverfassung verankert ist. Tiernutzer können gegen behördliche Entscheidungen Einspruch erheben. Es gibt aber kein entsprechendes Instrument für die Wahrnehmung der Rechte der Tiere. Dies gilt es dringend zu korrigieren, denn ohne ein Verbandsklagerecht vor unabhängigen Gerichten gibt es keinen Rechtsstaat.
Um es jetzt noch einmal anders auszudrücken, Ziel unserer Gesetzesinitiative ist es, eine rechtsstaatliche Lücke zu schließen. Die Einführung der tierschutzrechtlichen Verbandsklage gestattet es nämlich erst, den nach Artikel 20 a im Grundgesetz verankerten effektiven Schutz der Tiere auch zu ermöglichen. Nur mit der Gewaltenteilung im Zusammenwirken von Exekutive, Legislative und Judikative kann das im Grundgesetz verankerte Staatsziel auch vollzogen werden. Ein analoges Klagerecht gibt es übrigens im Naturschutzrecht, im Wettbewerbsrecht, im Behindertenrecht und im Verbraucherschutz.
Die naturschutzfachliche Verbandsklage hat sich durchweg bewährt. Die damals befürchtete Klageflut ist nicht eingetreten. An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal an die Debatte hier im Landtag vom 9. Dezember 2004 erinnern, und ich möchte auch unseren Bürgermeister, auch wenn er nicht mehr anwesend ist, an sein Versprechen erinnern. Herr Böhrnsen sagte damals in der Debatte, ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: „Ich finde, es lohnt alle Anstrengungen, das, was wir im Umweltschutz und in Bremen gerade in einer besonders vorbildlichen Weise haben, auch auf den Tierschutzbereich zu übertragen.“ So weit damals! Jetzt sind 2 Jahre vergangen, und passiert ist wieder nichts. Die Koalition dreht
Meine Damen und Herren, die juristischen Fragen sind ausführlich im Rechtsausschuss diskutiert worden. Entgegen den Vermutungen der CDU, das Gesetz würde schon allein aus rechtlicher Sicht scheitern, ist das nicht der Fall. Es ist möglich, eine solche landesrechtliche Regelung vorzunehmen. Deswegen muss ich noch einmal ganz deutlich an der Stelle sagen, die CDU hatte formuliert, dass sie im Prinzip auch für Tierschutz ist, auch so ein Gesetz mittragen würde, aber sie geht davon aus, dass es rechtlich nicht möglich ist. Die Bedenken der CDU sind nun eindeutig ausgeräumt. An der Gesetzgebungskompetenz des Landes kann es nach der Stellungnahme des Senators für Justiz und Verfassung keinen Zweifel mehr geben.
Es gab eine Problematik, was die Frage der Nichtzulässigkeit aufgrund des Bundestierschutzgesetzes betraf. Diese haben wir ausgeräumt, das heißt, wir haben unseren ersten Gesetzentwurf so modifiziert, dass er jetzt rechtlich wasserdicht ist. Das heißt, wir haben aus dem Entwurf das zunächst vorgesehene Recht für Tierschutzverbände gestrichen, die sich explizit auf Bundesrecht bezogen haben. Dies hat sich, wie schon gesagt, als nicht vereinbar mit dem Bundestierschutzgesetz erwiesen.
Zusammengefasst: Der Ihnen nun vorliegende Gesetzentwurf ist nach Prüfung möglich, sinnvoll und rechtsstaatlich geboten. Er ist von der SPD auch politisch gewollt. Der Bürgermeister äußert sich auch heute noch in diesem Sinne. Ich möchte dies noch einmal anhand eines aktuellen Zitats aus dem „Weser-Kurier“ vom 27. September 2006 verdeutlichen. Da sagt nämlich Herr Böhrnsen: „Wenn es im Grundgesetz so verankert ist, muss doch jemand da sein, der das einklagen kann.“ So weit also im Moment die politische Gemengelage, die ich als ausgesprochen fatal empfinde!
Wir haben einen Bürgermeister, der sich öffentlich für ein Verbandsklagerecht ausspricht. Wir haben eine SPD-Fraktion, die es nach meiner Wahrnehmung auch eigentlich möchte. Es wird von der CDU blockiert, die behauptet, sie sei für den Tierschutz, nur es gehe rechtlich nicht. Das stimmt aber nicht. Insofern weiß ich nicht, wie man das noch zusammenfassen will. Es ist für mich wieder einmal nur ein Spiegelbild für den desolaten Zustand dieser Koalition. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Meine Damen und Herren, bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, möchte ich auf der Besuchertribüne eine Besuchergruppe der
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit Ihrem neuen Antrag, Frau Dr. Mathes, haben Sie es sich sehr leicht gemacht. Herr Böhrnsen hat sich in dieser Angelegenheit, wie Sie vorhin ja auch ausgeführt haben, sehr frühzeitig für die Einführung einer Verbandsklage ausgesprochen und hat vielleicht doch nicht alle Argumente, die dagegen sprechen, bedacht. Um ihn jetzt nicht im Regen stehen zu lassen, sucht die SPD nach einem Ausweg für Helden. Die Grünen kennen natürlich, das haben Sie soeben auch erläutert, den Vorschlag der SPD, die Verbandsklage im Rahmen einer Feststellungsklage einzuführen. Sie wissen auch, dass wir da unterschiedliche Positionen haben.
Nun haben Sie sich gedacht, clever wie Sie sind, schreiben wir die Position der SPD einmal ab und bringen das Ganze auf die verfahrensrechtliche Schiene, dem muss die SPD dann ja zustimmen. Aber, meine Damen und Herren von den Grünen, ganz so einfach geht es nicht! Wir haben eine Koalition, und wir lassen uns auch an dieser Stelle nicht auseinanderdividieren. Das bekommen wir schon hin.
(Beifall bei der CDU – Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Nein, Sie halten fest zusammen!)
Ihren Antrag vom letzten Jahr haben wir im Oktober 2005 an 3 verschiedene Deputationen überwiesen, wobei die Federführung beim Rechtsausschuss lag. Leider ist der Rechtsausschuss noch zu keinem Ergebnis gekommen, weil dort davon ausgegangen wird, dass erst die Fachdeputationen darüber beraten sollen. In den Deputationen ist es anders gesehen worden, da wollte man erst einmal wissen, ob wir überhaupt die Möglichkeit haben, es hier im Lande zu entscheiden. Der Rechtsausschuss hatte aber die Federführung, und da hätte es normalerweise beraten werden müssen. Ich finde das Verfahren, wie es gelaufen ist, auch äußerst unliebsam, das muss ich schon sagen.
Es geht aber immer noch darum, ob das Land überhaupt berechtigt ist, eine Verbandsklage für Tierschutzvereine einzuführen. Die Position der CDUFraktion dazu ist ganz klar: Wir sehen hier keine Gesetzgebungskompetenz, weil das Tierschutzgesetz eben ein Bundesgesetz ist, und in diesem Gesetz ist auch streng geregelt, unter welchen Voraussetzungen Tierversuche, und darum geht es ja, überhaupt ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
durchgeführt werden dürfen. Insoweit sehen wir dort auch keinen Handlungsbedarf, andere Bundesländer allerdings ebenfalls nicht. Auch beim Bund ist keine Bereitschaft zu erkennen, eine Verbandsklage einzuführen. Auch die Ansicht, dass im Tierschutzgesetz eine Regelungslücke ist, von der Sie soeben gesprochen haben, von der die Länder Gebrauch machen könnten, können wir nicht teilen.
Allein aufgrund der weitreichenden Folgen, die eine Regelung zur Klagebefugnis herbeiführen würde, ist offensichtlich, dass der Bundesgesetzgeber hier keine unbeabsichtigte Regelungslücke gelassen hat. Das Gleiche gilt auch für eine Feststellungsklage. Es ist in der Tat eine schwierige Materie, und es gibt ja auch eine Reihe von Gutachten, wie das mit Gutachten so ist, auch vom Wissenschaftlichen Dienst der Bremischen Bürgerschaft und von der Universität, die alle zu der Erkenntnis kommen, dass es keine Gesetzgebungskompetenz auf Länderebene gibt. Die Einzigen, die das anders sehen, sind Justiz und Verfassung, Herrn Böhrnsens Behörde, und kommen zu einem anderen Votum. Dass es keine Gesetzgebungskompetenz auf Länderebene gibt, ergibt sich auch daraus, dass man eine Zersplitterung des Tierschutzsrechts verhindern wollte, was natürlich auch sinnvoll ist, weil es andernfalls zu nichts führen würde.
Ich will auf den heute vorliegenden Antrag inhaltlich nicht mehr eingehen. Unsere Position dazu habe ich in der letzten Debatte und anlässlich vieler vorherigen Debatten zum Tierschutz und zu Tierversuchen ausreichend erläutert, aber ich will noch einmal deutlich darauf hinweisen, dass die CDU sich immer für den Tierschutz eingesetzt hat und auch in Zukunft einsetzen wird.
Wie Ihnen vielleicht bekannt ist, hat der Bund erstmals am 24. Juli 1972 ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz erlassen, um eine Zersplitterung des Tierschutzrechts zu verhindern. Ganz wichtig war auch die Novellierung des Tierschutzgesetzes im Jahr 1998. Nach langjährigen, intensiven Beratungen im Deutschen Bundestag sowie im Bundesrat wurde die Weiterentwicklung des Gesetzes beschlossen, die wesentliche Verbesserungen für den Tierschutz gebracht hat.
Auch bei dieser weitreichenden Novellierung war eine Verbandsklage nicht vorgesehen. Weitreichende Verbesserungen wurden im Bereich der Tierhalternorm erreicht, die Verbotsliste wurde erweitert. Leistungssteigernde Eingriffe, Amputationen und Qualzüchtungen wurden verboten, die Tiertransporte in Deutschland wurden zeitlich begrenzt. Es wurden Vorschriften über Verladen, Entlassen, Unterbringung und Ernährung der Tiere erlassen. Auch für Eingriffe an
Tieren wurden strengere Maßstäbe beschlossen. Es dürfen keine Eingriffe mehr ohne Betäubung durch einen Tierarzt durchgeführt werden.
Auch die Tierversuche sind im neuen Tierschutzgesetz dezidiert geregelt, denn darum geht es ja bei dieser Debatte im Wesentlichen. Es ist genau vorgeschrieben, wann und unter welchen Bedingungen Tierversuche an Wirbeltieren durchgeführt werden dürfen. In der Grundlagenforschung ist bei der Entscheidung, ob Tierversuche unerlässlich sind, insbesondere der jeweilige Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zugrunde zu legen und zu prüfen, ob der verfolgte Zweck nicht durch andere Methoden oder Verfahren erreicht werden kann, und die Versuche müssen ethisch vertretbar sein. Ich will nicht alles wiederholen, was ich schon in vielen Debatten zu diesem Thema ausgeführt habe. Das kennen Sie alle, und Sie können das auch im Tierschutzgesetz nachlesen.
Der CDU liegen der Umgang und der Schutz der Tiere sehr am Herzen. Wir haben unterstützt, dass der Tierschutz hier in Bremen in der Landesverfassung verankert wird. Ebenso haben wir die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz unterstützt. Wir haben im Grundgesetz als Staatsziel auch das Recht auf Arbeit, aber ich wüsste nicht, dass sich all diese Millionen Arbeitslosen, die wir haben, auf einen Arbeitsplatz einklagen könnten, das nur einmal zum Vergleich!
Meine Damen und Herren, wir haben uns gegen das Schächten ausgesprochen, wir haben uns für Verbesserungen bei der Käfighaltung von Legehennen ausgesprochen, wir haben die Einführung von Spaltböden bei der Tierhaltung auf Vorschlag von Tierschutzverbänden unterstützt, was heute allerdings wieder anders gesehen wird und doch nicht so gut sein soll. Die Bauern haben natürlich Investitionen getätigt, die heute schon wieder obsolet sind.
Wir haben in Bremen den Schlachthofzwang abgeschafft, wenn die Voraussetzungen gegeben sind, und wir haben hier sogar einen Tierfriedhof eingeführt, um auch zum Ausdruck zu bringen, welche Wertschätzung Haustiere bei uns haben. Allerdings können wir einer Verbandsklage eben nicht zustimmen, weil es Bundesrecht ist. Wenn es überhaupt Sinn machen soll, dann kann das mindestens nur auf Bundesebene eingeführt werden, eigentlich sogar EUweit. Es nützt uns überhaupt nichts, wenn wir hier die Verbandsklage einführen, und in Niedersachsen wird das anders gemacht, dann wird es nach Niedersachsen verlegt, und dem Tierschutz ist damit in gar keiner Weise geholfen.
Auch aus wissenschaftlicher Sicht wird eine Verbandsklage abgelehnt. Die gleiche Argumentation gilt auch für die Möglichkeit einer Feststellungskla
ge. Insbesondere die Universität, aber auch das Wissenschaftsressort sehen große Probleme für den Bereich der biomedizinischen Forschung in Bremen. Es werden negative Auswirkungen auf die Forschungsfreiheit befürchtet und auf die Einwerbung von Forschungsgeldern. Dem Wissenschaftsstandort Bremen können Wettbewerbsnachteile innerhalb und außerhalb Deutschlands entstehen.
Die Neuro- und Kognitionswissenschaften gehören in Deutschland zu den größten Forschungsbereichen dieser Art und sind ein Schwerpunkt an der Universität. Ein ganz wichtiger Bereich sind dabei eben auch die Versuche an den Makaken. Die Bürgerschaft hat damals unter bestimmten Auflagen zugestimmt, dass zum Beispiel die Tiere artgerecht untergebracht und die bildgebenden Verfahren weiterentwickelt werden. Dafür haben wir erhebliche öffentliche Mittel bereitgestellt. Der Kernspintomograf ist im Einsatz, und die Tierhaltungsbedingungen sind vorbildlich und werden überregional und international anerkannt.
Auch auf unseren Druck hin hat die Universität die Affenversuche der Öffentlichkeit vorgestellt und ein Symposium über die Ethik der Tierversuche in Theorie und Praxis durchgeführt. Außerdem haben wir entgegen der üblichen Praxis in einem laufenden Versuchsprogramm eine Evaluierung der Affenversuche beschlossen, um die Ergebnisse bewerten zu lassen. Herr Lemke hat uns in der Wissenschaftsdeputation letztens erklärt, dass jetzt acht Namen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft genannt worden sind, und insoweit kann jetzt auch dort die Arbeit aufgenommen werden.
Meine Damen und Herren, ich wollte mit meinen Ausführungen deutlich machen, welchen Stellenwert die CDU dem Tierschutz beimisst. Für eine Verbandsklage sehen wir hier, wie gesagt, keine Gesetzgebungskompetenz. Wir schlagen ebenfalls vor, den jetzt vorliegenden Antrag der Grünen an den Rechtsausschuss zu überweisen, und hoffen natürlich, dass er dort auch entsprechend beraten wird. – Schönen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute also im zweiten Durchgang mit einem Gesetzentwurf der Grünen zum Thema Verbandsklage im Tierschutz, nachdem der erste Entwurf zur weiteren Behandlung an den Rechtsausschuss, an die Deputation für Wissenschaft, an die Baudeputation und an die Gesundheitsdeputation überwiesen worden ist. Hier waren rechtliche Fragen aufgeworfen worden, die nicht so
einfach beantwortet werden konnten, und es waren im Hintergrund natürlich auch noch politische Fragen zu klären.
Frau Dr. Mathes, eines vorweg: Wenn Sie davon sprechen, dass das Thema hier ausgesessen werden soll, dann, finde ich, wird das der Behandlung des Themas durch die Große Koalition nicht gerecht, denn wir haben uns damit natürlich sehr intensiv beschäftigt, und das wissen Sie auch ganz genau!
(Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Aber Sie kommen zu keinen Ergeb- nissen, das ist doch das Problem!)
Deshalb ist das nicht in Ordnung. Im Übrigen, darauf kommen wir im Einzelnen noch zu sprechen, haben Sie hier politisch und rechtlich einiges gehörig und ganz furchtbar, finde ich, durcheinandergeworfen. So geht das wirklich nicht!
Ich kann vorweg sagen: Es ist richtig, wir haben uns mit der CDU bisher nicht auf ein Ergebnis verständigen können, das ist aber für sich genommen – es mag ja andere Dinge geben, die dazukommen – kein Beweis dafür, dass sich diese Koalition in einem desolaten Zustand befindet. Das ist ein Thema, an dem man weiter arbeiten muss, wie ich finde.