Protokoll der Sitzung vom 15.11.2006

bringen können, weil die Sicherheitsstandards in der Tat so niedrig sind. Das gilt natürlich auch für Bremerhaven. Sie sehen, dass in diesen Jahren durchaus in Bremerhaven einiges passiert ist. Das ist, wenn überhaupt, nur dann zu verantworten, wenn man weiß, dass wir nach Bremerhaven nur Gefangene schicken, die für maximal 1 Jahr inhaftiert werden. Das sind teilweise diejenigen, die wir beim Schwarzfahren in der Straßenbahn angetroffen haben. Diese schicken wir nach Bremerhaven. Sie kommen, wenn sie ausbrechen, meistens am zweiten Tag wieder.

(Zuruf: Mit der Straßenbahn! – Heiterkeit)

Liebe Kollegen, ich glaube, das ist ein ganz ernsthaftes Thema. Vielleicht kann man das auch im Rechtsausschuss noch besprechen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich bitte, noch die Frage von Herrn Köhler zu beantworten, dann gibt es noch eine Zusatzfrage vom Abgeordneten Grotheer. – Bitte, Herr Staatsrat!

Ich bin fast am Ende!

(Heiterkeit)

Zu Bremerhaven muss man fairerweise sagen, dass die große Anzahl von Ausbrüchen in einem Jahr 2 Fluchten aus einer Viererzelle gewesen waren. Das muss man sehen, und es ist auch ein Sicherheitsproblem. In Bremen haben wir die Einzelzelle als Regelvollzugsform, und in Bremerhaven haben wir Viererzellen. Wenn da ein Zellenfenster geöffnet wird, fehlt nicht ein Gefangener, sondern es fehlen vier.

Das ist die einfache Logik, die dahintersteht, und wir reagieren darauf, indem wir mehr Sicherheit und mehr Technik einsetzen. Wir müssen aber auch sehen, dass Bremerhaven keine sichere Anstalt ist, wo man es verantworten kann, wirklich Straftäter unterzubringen, die eine Gefährdung für die Bevölkerung darstellen.

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Grotheer! – Bitte, Herr Kollege!

Wir unterscheiden ja zwischen den echten Ausbrüchen und den Nichtrückkehrern aus dem Urlaub oder aus Lockerungen. Vor einigen Jahren lag die Zahl der Fälle, in denen Gefangene nicht rechtzeitig aus dem Urlaub oder aus Lockerungen zurückkehrten, bei etwa 100 bis 120 im Jahr. Jetzt sind es noch etwa 60 pro Jahr. Die Zahl hat sich demnach also halbiert. Herr Staatsrat, betrachten Sie das als Fortschritt, als Verbesserung?

Bitte, Herr Staatsrat!

Auch diese Frage muss ich mit Ja beantworten. Sie erinnern sich auch an den Untersuchungsausschuss im Jahr 1997. Da waren das die Themen gewesen: die Zahl der Ausbrüche und die Zahl der Gefangenen, die nicht zurückgekommen sind. Wir haben damals sehr klar erklärt, wir tun etwas für die Sicherheit, und wir sorgen dafür, dass bei Lockerungsentscheidungen deutlich schärfer hingeschaut wird als in der Vergangenheit. Diese Zahlen bestätigen uns hier, dass die Mehrzahl der Gefangenen in der Tat zu Recht in Lockerung gehen kann, und sie kommen auch überwiegend zurück.

Herr Kollege, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Eine allerletzte Frage: Herr Staatsrat, haben Sie Vergleichszahlen aus den anderen Bundesländern, wissen Sie zum Beispiel, wie viele echte Ausbrüche es aus den niedersächsischen Strafvollzugsanstalten in den letzten Jahren gegeben hat?

Bitte, Herr Staatsrat!

Das Problem ist, dass Niedersachsen überhaupt keine Zahlen veröffentlicht. Wir wissen, erstmals seit 2005, seitdem wir in dieser Form die Ausbrüche zählen, dass wir in der Statistik mit null stehen. Die anderen haben 500. Es ist eine alte Regel, dass wir immer rund ein Prozent aller negativen Vorkommnisse auch in Bremen haben. Das ergibt sich aufgrund unserer Größenordnung, und insofern liegen wir heute im Bundesdurchschnitt.

Herr Kollege Grotheer, haben Sie eine weitere Zusatzfrage?

(Abg. G r o t h e e r [SPD]: Nein, danke!)

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Die neunte Anfrage in der Fragestunde befasst sich mit dem Thema „Gewährung von Zuwendungen aus der Wasserentnahmegebühr“. Die Anfrage trägt die Unterschriften der Abgeordneten Frau Dr. Mathes, Frau Linnert und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte, Frau Dr. Mathes!

Wir fragen den Senat: Erstens: Nach welchen Kriterien fördert der Senat Vorhaben aus den Mitteln der Wasserentnahmegebühr? Zweitens: Wie hoch ist in der Regel die anteilige Zuwendung an nicht öffentliche Einrichtungen, und unter welchen Voraussetzungen wird davon abgewichen?

Die Anfrage wird beantwortet von Frau Staatsrätin Kramer.

Herr Präsident, meine Herren und Damen Abgeordneten! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Der Senator für Bau, Umwelt und Verkehr richtet sich bei der Bewirtschaftung der Einnahmen aus dem Wasserentnahmegebührengesetz, BremWEGG, ausschließlich nach den unter Paragraf 9 Absatz 1 dieses Gesetzes geregelten Vorgaben. Danach werden als Verwendungszweck der Schutz und die Sicherung von Umweltressourcen und der öffentlichen Trinkwasserversorgung einschließlich des erforderlichen Verwaltungsaufwands benannt. Diese Vorschrift ist damit wesentlich weiter gefasst als die Zweckbindung der Abwasserabgabemittel. Besonderes Augenmerk wird bei der Mittelbewirtschaftung darauf gelegt, dass die Mittel allen Umweltbereichen in einem ausgewogenen Verhältnis zugute kommen. Es werden danach sowohl Projekte gefördert, die der Energieeinsparung und dem Ausbau der regenerativen Energiegewinnung dienen, als auch Projekte zur Altlastensanierung, des Naturschutzes oder der Entwicklung fortschrittlicher Umwelttechnologien.

Zu Frage 2: Zuwendungen an nicht öffentliche Vorhabenträger werden in der Regel bis zu einer Höhe von 75 Prozent der Gesamtkosten gewährt. Darüber hinausgehende Förderungen werden nicht gewährt, sind jedoch grundsätzlich dann möglich, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Durchführung des Vorhabens in Bezug auf den Ressourcenund Grundwasserschutz besteht. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage, Frau Kollegin? – Bitte sehr!

Ja, ich habe eine Zusatzfrage, Herr Präsident! Es werden daraus – und das ist ja bekannt, auch aufgrund der Vorlagen in der Umweltdeputation – Forschungsund Entwicklungsvorhaben wie beispielsweise Batterierecycling gefördert. Ich finde Batterierecycling wichtig und notwendig, aber nichtsdestoweniger stellt sich schon hier die Frage, wie dort die inhaltliche Anbindung zur Zweckbestimmung ist. Könnten Sie das vielleicht erläutern?

Bitte, Frau Staatsrätin!

Bei dem konkreten Vorhaben kann ich es nur insofern erläutern, als der dargestellte weitere Verwendungszweck der Mittel aus der Wasserentnahmegebühr es erlaubt, nach entsprechender vorheriger Prüfung, jegliche Projektanträge zu bewilligen, die dem Schutz und der Sicherung von Umweltressourcen und der öffentlichen Trinkwasserversorgung dienen. Dieser Verwendungszweck ist im bremischen Recht so weit festgelegt worden. Mir scheint es nicht allzu mühevoll, auch die Förderung eines innovativen Batterierecyclings mit positiven

Folgen für die Umwelt und eine Reduzierung der Umweltbelastung unter diese weitere Zweckbestimmung des Bremischen Wasserentnahmegebührengesetzes zu fassen.

Frau Kollegin, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Frau Staatsrätin, wie erfolgt denn dann bezüglich der geförderten Projekte die Abstimmung und Abgrenzung zu dem Programm zur Förderung angewandter Umwelttechnik? Wir haben ja ein eigenes Programm, das genau diese Zweckbestimmung hat, nämlich Umwelttechniken zu fördern. Wie stimmt sich denn dann Ihr Ressort mit der BIA und den entsprechenden antragstellenden Projekten ab?

Bitte, Frau Staatsrätin!

Zunächst einmal stellen ja die Antragssteller die Weiche, in welche Förderrichtung sie mit ihrem Antrag gehen wollen. Wenn ein solcher Förderantrag auf eine Förderung durch Mittel der Wasserentnahmegebühren gestellt wird, wird er vom zuständigen Bearbeiter in meinem Haus den jeweils zuständigen fachlichen Umweltreferaten zur Prüfung zugeleitet, die dann ein Votum abgeben, ob es sich um einen unter Berücksichtigung und engem Messen an der Zweckbestimmung des Wasserentnahmegebührengesetzes förderfähigen Antrag handelt. Die Zielrichtung des Programms PFAU ist eine in diesem Beispiel des Batterierecyclings möglicherweise sehr naheliegende. Ich bin im Moment nicht in der Lage, Ihnen aus den Unterlagen heraus zu zitieren, warum hier eine Förderung nach dem Wasserentnahmegebührengesetz erfolgt ist und nicht nach dem Programm PFAU. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir erlauben würden, Ihnen diese Antwort schriftlich nachzureichen.

Frau Dr. Mathes, haben Sie eine weitere Zusatzfrage?

(Abg. Frau D r. M a t h e s [Bündnis 90/ Die Grünen]: Nein, wenn ich die Antwort hinsichtlich der Fragen dann noch einmal schriftlich bekomme, bin ich auch zufrieden! – Danke schön!)

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Als zehnte und für heute letzte Anfrage rufe ich auf Bremens Haltung zum Schornsteinfegermonopol. Die Anfrage ist unterzeichnet von den Abgeordneten Dr. Güldner, Frau Linnert und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte, Herr Dr. Güldner!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Welche Position wird der Bremer Senat in der Frage des von der EU-Kommission infrage gestellten Schornsteinfegermonopols einnehmen?

Zweitens: Wie gedenkt der Senat dabei die von Bürgerinnen und Bürgern in Bremen und Bremerhaven gemachten Erfahrungen mit der Ausgestaltung des Monopols einzubeziehen?

Drittens: Welche Rolle spielt dabei die Überlegung, die Themen Sicherheit und Kostendämpfung im Sinne der Bürger stärker in Einklang zu bringen?

Diese Anfrage wird beantwortet von Herrn Staatsrat Dr. vom Bruch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Die EU-Kommission hat gegenüber der Bundesrepublik Deutschland eine begründete Stellungnahme abgegeben, in der die Kommission die Auffassung vertritt, dass verschiedene Vorschriften des deutschen Schornsteinfegerrechts gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen würden. Im Wesentlichen bemängelt die Kommission, dass das Schornsteinfegerrecht Zugangsbeschränkungen für Bewerber aus EU-Mitgliedsstaaten enthielte, die nicht mit dem EUVertrag vereinbar seien. Die Bundesrepublik Deutschland ist von der EU-Kommission aufgefordert worden, innerhalb von 2 Monaten die notwendigen Maßnahmen zu treffen.

Das in dieser Sache federführende Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat angekündigt, bis Anfang Dezember 2006 eine Mitteilung an die EU-Kommission vorbereiten zu wollen. Die Frage, ob und in welche Richtung die Strukturen im Schornsteinfegerhandwerk verändert werden müssen, wird nach Vorliegen der Stellungnahme der Bundesregierung beziehungsweise nach Abschluss des EU-Verfahrens zu beantworten sein. Für den Senat ist bei jeder Veränderung maßgebend, dass ein hoher Standard bezüglich der Brand- und Betriebssicherheit von Feuerungsanlagen gewährleistet bleiben muss und ein effizientes, transparentes, serviceorientiertes und für die Kunden kostengünstiges System angeboten wird.

Zu den Fragen 2 und 3: Sollte es außer einer Anpassung an Vorschriften des Europäischen Vertrages weitergehend zu einer grundlegenden Veränderung des Schornsteinfegerrechts kommen, ist nach Auffassung des Senats auch zu prüfen, ob eine Einbeziehung marktwirtschaftlicher Komponenten, die zu einer Kostenbegrenzung und Flexibilisierung beitragen können, unter Beibehaltung der Sicherheitsstandards in das System möglich ist. Damit wäre eine Beeinflussung der Kosten im Sinne der Kunden denkbar, allerdings nicht zwingendes Ergebnis. Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Steigerungen bei den Schornsteinfegergebühren in den

letzten Jahren moderat ausgefallen sind. In den Jahren 2003 bis 2005 hat es keine Steigerungen gegeben, für das Jahr 2006 sind die Gebühren um 2,5 Prozent angehoben worden. Bremen bewegt sich bei den anerkannten Kosten eines Kehrbezirks im Mittelfeld der Länder. – Soweit die Antwort des Senats!

Herr Dr. Güldner, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, darf ich die Antwort des Senats so interpretieren, dass sie nicht zwangsläufig darin besteht, das jetzt bestehende Monopol zu verteidigen und fortzuschreiben, sondern dass Sie für den Senat zum Ausdruck bringen wollten, dass es eine gewisse Offenheit gibt zu prüfen, inwieweit eine Öffnung bei gleichen Sicherheitsstandards auch zu einer Kostendämpfung für die Bürgerinnen und Bürger führen könnte?

Bitte, Herr Staatsrat!

Ich habe für den Senat zum Ausdruck bringen wollen, dass wir die Diskussion um diese Fragen sehr aufmerksam verfolgen und uns daran auch beteiligen werden. Die Diskussion ist ja nicht ganz neu. Sie wird seit Jahren aus unterschiedlichster Richtung geführt. Ich möchte darauf hinweisen, dass der Senat schon der Auffassung ist und ich der Auffassung bin, dass man hier sehr sensibel vorgehen muss. Einerseits gibt es die berechtigten Interessen der Kunden und die berechtigten Interessen derjenigen, die sozusagen vom Monopol betroffen sind. Auf der anderen Seite ist das ein Bereich, der auch unter dem Aspekt der Sicherheit zu diskutieren ist. Hier geht es um Brandschutz und um Immissionsschutz, und insofern wird man sich einer Diskussion um eine Weiterentwicklung nicht verschließen. Ich spreche mich aber dagegen aus, dass man hier das Kind mit dem Bade ausschüttet und die bisher erreichten Standards in Bezug auf Sicherheit und Immissionsschutz gefährdet.