Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: In den Jahren 2002 bis 2005 gelang 2 Strafgefangenen aus dem geschlossenen Erwachsenenvollzug in Oslebshausen sowie 4 Jugendlichen aus der damaligen Jugendvollzugsanstalt in Blockland und 9 Strafgefangenen in Bremerhaven die Flucht. Die Flucht versucht haben im gleichen Zeitraum 4 Strafgefangene des Erwachsenenvollzuges in Bremen und 4 Insassen des Jugendvollzuges. Im Jahr 2006 flüchtete ein erwachsener Gefangener aus dem Schleusenbereich im Innenhof des Landgerichts. Jeweils einen Fluchtversuch im Jahr 2006 gab es im Erwachsenenvollzug und im Jugendvollzug.
Zu Frage 2: In Oslebshausen konnten 2 Gefangene bei Verladetätigkeiten beziehungsweise in der Freistunde mit einer Aufstieghilfe über die Mauer flüchten. Aus dem gelockerten Vollzug der damaligen Jugendstrafvollzugsanstalt Blockland gelang im Jahr 2002 einem Gefangenen und 2003 drei Gefangenen die Flucht über den Zaun.
In Bremerhaven konnte ein Gefangener im Jahr 2003 über das Dach fliehen. Im Jahr 2004 gelang insgesamt 8 Gefangenen die Flucht aus der Anstalt in Bremerhaven. Am 1. Januar 2004 konnten 3 Gefangene durch ein Oberlicht fliehen. Im April flohen 4 Gefangene durch das Fenster ihres Gemeinschaftshaftraumes, am 18. April 2004 floh ein Gefangener durch eine Kellerluke.
Am 20. Oktober 2006 gelang es einem Gefangenen, sich auf dem Weg vom Gericht zum Gefangenentransportwagen aus seiner Handfessel zu befreien und über die 3,50 Meter hohen Eisengitter des Schleusenbereichs aus dem Innenhof des Landgerichts zu fliehen.
Zu Frage 3: Nachdem die Anstaltsmauer in Oslebshausen 1997 durch eine Umwehrung mit Natodraht verstärkt wurde, ist die Zahl der Fluchten erheblich zurückgegangen. Wie beschrieben gelang 2002 nur 2 Gefangenen die Flucht über die Mauer. Die Erfahrungen in 2004 führten in der Justizvollzugsanstalt in Bremerhaven zu umfangreichen sicherheitstechnischen Nachrüstungen. Der bundesweite Vergleich fällt schwer, weil es bis zum Jahr 2005 keine bundeseinheitliche Zählweise und Definition von Entweichungen gegeben hat. Im Jahr 2005 gab es in Bremen keine Entweichung, während es bundesweit 492 Entweichungen gegeben hat. – Soweit die Antwort des Senats!
Ich habe gerade verstanden, dass es 2005 keine Entweichungen gab. Das widerspricht aber der Darstellung in der Antwort auf die Große Anfrage „Strafvollzug“. In dieser Antwort sagen Sie, dass es 2005 60 Nicht- oder verspätete Rückkehrer aus der Lockerung gab. Wie können Sie diesen Widerspruch erklären?
Das ist das Problem mit dieser Statistik. Der Oberbegriff heißt „Entweichungen“. Bis 2005 sind unter diesem Begriff auch alle Gefangenen gezählt worden, die nicht rechtzeitig aus ihrer Vollzugslockerung oder ihrem Freigang zurückgekommen sind. Das sind natürlich ganz andere Zahlen und Größenordnungen, mit denen man es dann zu tun hat.
viele Gefangene sind konkret über die Mauern von Oslebshausen entwischt? Natürlich ist jeder Ausbruch einer zu viel. Wenn Sie sich aber die Bilanz der letzten Jahre anschauen, seitdem wir dort nachgerüstet haben, seitdem wir diesen dreifachen Stacheldraht auf der Mauerkrone haben, sind es insgesamt 3 Gefangene in 10 Jahren gewesen. Ich denke, das ist eine durchaus diskutable Bilanz.
Ich möchte dennoch fragen: Wie viele von diesen 60 Personen, die nicht oder verspätet aus der Lockerung zurückgekehrt sind, sind denn nicht zurückgekehrt?
Frau Abgeordnete, Sie wissen, dass wir seit dem Untersuchungsausschuss 1997, an dem Sie alle beteiligt waren, jeden Monat dem Rechtsausschuss detailliert auf 5 Seiten alle Zahlen vorlegen über die Zahl der Entweichungen, der Nichtrückkehrer, der Inhaftierten. Wir berichten monatlich über alles, was im Vollzug passiert ist. Deswegen, glaube ich, ist es hier nicht die richtige Stelle, um diese Fragen erneut zu stellen.
Da wir nach versuchten Entweichungen gefragt hatten, läge es auf der Hand, hier auch eine Antwort dazu zu geben!
Ich muss sagen, solange es Gefangene gibt, wird es auch Entweichungen und Versuche von Entweichungen geben. Das ist normaler Alltag. Ich finde, die Zahl der wirklich verloren gegangenen Gefangenen spricht dafür, dass unsere Männer und Frauen eine sehr ordentliche Arbeit leisten.
Sie wissen genau, dass unser Vollzug keineswegs den bundesweiten Standards entspricht. Diese Anstalt ist 110 Jahre alt, es ist ein unübersichtliches, großes Areal mit einer Außengrenze von 1,6 Kilometern. Dass wir so wenig Ausbrüche in diesem Bereich haben, ist in erster Linie der Arbeit unserer Mitarbeiter geschuldet, die mit einem hohen Personaleinsatz dafür sorgen, dass sich die Zahlen in diesem Rahmen bewegen.
Die Situation der Ausbrüche ist uns bekannt, deswegen ja auch die Sanierungsmaßnahmen! Ich hatte nach den übrigen Entweichungen aus der Lockerung gefragt, aber okay! Dann lassen Sie mich wenigstens noch fragen: Was bedeutet denn verspätete Rückkehr? Ist das eine halbe Stunde, eine Stunde, sind das Tage? Haben Sie Erkenntnisse, was in dieser Zeit geschehen ist? Sind dort weitere Straftaten verübt worden?
Bei verspäteter Rückkehr beziehen wir das auf jede Rückkehr, selbst wenn jemand 5 Minuten zu spät kommt. Das ist bereits eine verspätete Rückkehr. 99 Prozent aller Gefangenen kommen natürlich normal wieder zurück.
Sehr wahrscheinlich doch 99,59 Prozent, aber jedenfalls ist das eine Größenordnung, die uns keine Sorgen bereitet!
Herr Staatsrat, Sie hatten dargestellt, dass 2 Gefangene über die Mauer in Oslebshausen geflohen sind. Können Sie sagen, wie hoch die Mauer an der Stelle war, an der sie geflohen sind?
Die Höhe der Mauer in Oslebshausen variiert zwischen zirka 5,90 Meter auf der einen Seite bis 3,20 Meter auf der anderen Seite. Eine Flucht über die Mauer ist im Bereich Werkhof passiert in Verbindung mit einer Steighilfe. Verzeihen Sie mir, aber ich glaube, auch das ist hier nicht der richtige Ort, um darüber nachzudenken, wo man günstiger über die Mauer gehen kann!
Überhaupt nicht! Wir können aber trotzdem wahrscheinlich gemeinsam feststellen, dass es nicht allein von der Höhe der Mauer abhängt, ob jemand sie übersteigen kann, sondern dass auch andere Faktoren maßgeblich sind und dass die Mauer an der Stelle nun genau dem Standard entspricht, der auch bei Neubauten gefordert wird, also dass es nicht an einer zu niedrigen Mauer gelegen hat, dass diese Ausbrüche möglich waren!
Es kommt natürlich eine Reihe von Faktoren zusammen, aber es liegt auf der Hand, dass es Probleme gibt, wenn man Bereiche mit so einer niedrigen Mauer hat. Wir sagen auch nicht allein, die Mauer muss erhöht werden, sondern wir haben auch in unserer Planung vorgesehen, dass innen ein weiterer Sicherheitszaun gezogen wird. Das, denke ich, wird dazu beitragen, die Sicherheit erheblich zu verbessern, und das ohne diesen enormen Personaleinsatz, den wir uns zurzeit leisten müssen.
Ich sage noch einmal: Auf die Höhe allein kommt es nicht an! Sie sehen auch anhand der Zahlen, seit wir diese 3 Rollen Stacheldraht auf diese Mauer gesetzt haben, ist die Zahl deutlich zurückgegangen. Es hängt also davon ab, dass man ein Bündel von Maßnahmen trifft, um die Sicherheit zu verbessern.
Aber Sie stimmen mir insgesamt in der Bewertung zu, dass es sich bei der Anstalt in Oslebshausen um eine sichere Strafanstalt handelt?
Noch einmal zu dieser Frage: Sicher ist relativ! Sie ist so sicher, dass wir jedenfalls alle Gefangenen, die zu mehr als 8 Jahren verurteilt wurden, und alle Lebenslänglichen dort nicht unter
bringen können, weil die Sicherheitsstandards in der Tat so niedrig sind. Das gilt natürlich auch für Bremerhaven. Sie sehen, dass in diesen Jahren durchaus in Bremerhaven einiges passiert ist. Das ist, wenn überhaupt, nur dann zu verantworten, wenn man weiß, dass wir nach Bremerhaven nur Gefangene schicken, die für maximal 1 Jahr inhaftiert werden. Das sind teilweise diejenigen, die wir beim Schwarzfahren in der Straßenbahn angetroffen haben. Diese schicken wir nach Bremerhaven. Sie kommen, wenn sie ausbrechen, meistens am zweiten Tag wieder.