Protokoll der Sitzung vom 16.11.2006

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Das ist doch noch gar nicht sicher!)

und lassen sich das jetzt noch einmal höchstrichterlich bestätigen. Sie versuchen auch gar nicht, die Chance wahrzunehmen, rechtzeitig an die Zukunft zu denken und jetzt das Ruder herumzureißen und in die Zukunft zu gehen. Stattdessen warten Sie einfach ab und vergeuden damit viel Zeit, sich auf den richtigen Weg zu begeben. Das verstehen wir nicht!

Ein letzter Satz noch zu den Ummeldungen: Wenn es stimmt, was heute in der Zeitung stand, dann haben sich 2004 3000 Studierende umgemeldet – Aussagen des Stadtamtes –, 2005 auch etwa 3000 Studierende, und 2006 waren es danach bisher 1500 Studierende. Wo sie da jetzt die 10 Millionen Euro zusätz

lich eingenommen haben, würden wir dann zu gegebener Zeit gern noch einmal erklärt haben! Also, reden Sie Ihr Modell nicht schön, sondern stellen Sie sich doch bitte der Zukunftsverantwortung hier in dem Bundesland!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/1132 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Bündnis 90/Die Grünen und Abg. W e d l e r [FDP])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD und CDU)

Stimmenthaltungen?

(Abg. T i t t m a n n [DVU])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Datenschutz für ALG-II-Bezieherinnen und -Bezieher verbessern!

Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU vom 15. September 2006 (Drucksache 16/1141)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Rosenkötter.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Peters-Rehwinkel.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es geht hier um den von der SPD und der CDU vorgelegten Antrag, Datenschutz für ALG-II-Bezieherinnen und -Bezieher verbessern! Das Ganze hat eine Vorgeschichte: Wenn ein Rundfunkteilnehmerverhältnis besteht, wenn ich mich also offen dazu bekenne, dass ich entweder Radio höre und/oder Fernsehen sehe, dann habe ich eine Pflicht zur Entrichtung von Rundfunk––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

gebühren. Von diesen Gebühren kann ich mich auch befreien lassen, diese Möglichkeit besteht. Sodann wäre ein Antrag bei der Gebühreneinzugszentrale, kurz GEZ, zu stellen.

Die Voraussetzung für eine solche Gebührenbefreiung ist das Vorliegen von sozialer Bedürftigkeit. Früher wurden dann eigene Prüfungen durchgeführt, ob diese gegeben ist. Jetzt wird dieser Befreiungstatbestand der sozialen Bedürftigkeit an den Leistungsbescheid des Sozialträgers geknüpft. Das heißt, gemäß Paragraf 6 Absatz 1 Ziffer 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags muss der Bescheid des Sozialträgers entweder im Original oder per beglaubigter Kopie dort vorgelegt werden.

Das Problem ist, dass in einem solchen Bescheid sehr viele persönliche, sozial relevante Daten stehen, und die GEZ benötigt für die Befreiung von den Rundfunkgebühren im Grunde nur die Auskunft, dass eine Leistung ausgezahlt wird, und es muss bekannt sein, von welcher Dauer dieser Bewilligungszeitraum ist. Die Übermittlung der gesamten Daten ist also insoweit überhaupt nicht erforderlich. Es stehen sehr viele persönliche Daten darin, die im Grunde genommen niemanden etwas angehen.

Dieser Tatbestand wurde zu Recht von den Datenschutzbeauftragten auch hier vor Ort kritisiert. Das ist keine lediglich formale Beanstandung, es geht wirklich um Daten, die von sehr persönlicher Natur sind, die zu diesem Zweck nicht herausgegeben werden müssen und sollten. Insoweit haben wir uns auch im Rechtsausschuss mit dem Thema beschäftigt.

Das haben wir im Grunde auch erfolgreich getan, weil es jetzt so gehandhabt wird, dass es die Möglichkeit gibt, dass abgestempelt wird, dass ein Bescheid im Original vorgelegen hat, sodass dann hier nicht alles wieder erneut zur Gebührenbefreiung vorgelegt werden muss. Nur ist das sozusagen die bremische Lösung. Das ist einerseits schön, andererseits besteht dieses Problem bundesweit. Das ist dann auch die Richtung, in die wir gehen wollen, damit es eine bundesweite Regelung zu diesem Thema gibt. Das ist der Anlass unseres Antrags.

In dem Wissen um die Problematik soll eine bundesweite Regelung geschaffen werden, die zudem auch arbeitserleichternd für die damit befassten Behörden ist. Der Antrag geht dahin, dass eine schlichte Bescheinigung ausreichend sein sollte, die aber erst noch kreiert werden muss, die für eine Gebührenbefreiung vorgelegt werden kann. Im Bestfall als andere Lösung könnte eine solche Information von den Behörden über einen elektronischen Weg übermittelt werden. Das wäre dann zugleich kostengünstiger, ginge sehr schnell, und es wäre auch im Sinne der Bürgerfreundlichkeit so zu handhaben.

Für diesen Antrag müsste auch der Staatsvertrag entsprechend geändert werden, damit dort eine solche Vorlage oder eine solche Datenübermittlung reicht. Für eine solche Bundesratsinitiative, um die der Se

nat hier gebeten werden soll, wird von unserer Fraktion nun um Unterstützung gebeten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Knäpper.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Kollegin Frau Peters-Rehwinkel hat schon vieles gesagt, das möchte ich auch nicht wiederholen. Trotzdem möchte ich zu diesem Antrag noch einmal kurz Stellung nehmen!

Wir haben diesen Antrag hier auf der Tagesordnung, und wir haben uns, wie schon gesagt, schon mehrfach im Rechtsausschuss damit befasst. Fakt ist, diese Problematik war auch im Bericht des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit aufgeführt. Leider konnten wir uns aber im Ausschuss nicht einigen, wir haben die Kuh nicht vom Eis bekommen.

Nach unserer Meinung besteht seit der Novellierung des Rundfunkgebührenstaatsvertrags wirklich ein großes datenschutzrechtliches Problem. Konnte dieser Antrag vorher direkt bei Radio Bremen gestellt werden und war er für den Antragsteller kostenlos, so hat sich dies seit dem 1. April 2005 geändert. Die Antragsteller werden verpflichtet, den Leistungsbescheid im Original oder auch in Kopie, die aber dann allerdings beglaubigt sein muss, direkt bei der GEZ mit Sitz in Köln einzureichen. Jetzt fängt das ganze Drama an, und darauf möchte ich noch einmal eingehen.

Die GEZ bekommt in schriftlicher Form auch gleich Kenntnis davon, wie viele uneheliche Kinder vorhanden sind, ob eine Schwangerschaft besteht und so weiter. Die GEZ weigert sich ohne Angabe von Gründen, eine Bedürftigkeit seitens der ausstellenden Behörde anzuerkennen. Wo sind wir eigentlich, wenn behördliche Bescheinigungen mit Dienstsiegel und Unterschrift von der GEZ nicht anerkannt werden? Da das Original häufig auch für andere Zwecke vom Leistungsempfänger benötigt wird, werden von der GEZ auch Kopien anerkannt, aber sie müssen beglaubigt werden, und eine beglaubigte Kopie kostet zwischen sechs und 9,50 Euro plus Porto, habe ich mir sagen lassen. Das heißt: Erst Geld ausgeben, um dann vom Geldausgeben befreit zu werden! Ich sage hier ganz deutlich, und wir sind uns mit unserem Koalitionspartner, mit Frau Peters-Rehwinkel und Herrn Grotheer, einig: So kann es nicht weitergehen!

Obwohl wir dieses Verfahren schon mehrfach im Rechtsausschuss wegen datenschutzrechtlicher Bedenken behandelt haben, hat sich bisher nichts geändert. Darum dieser Antrag, um hier über den Bundesrat Abhilfe zu schaffen! Es ist aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht hinzunehmen, dass im Bescheid eine Vielzahl von personenbezogenen Sozialdaten,

Gesundheitsdaten, Daten von Kindern, Eltern und besonderen Hilfen mit aufgeführt werden, die für die Gebührenfreiheit bei der GEZ unnötig und überflüssig sind. Es ist nämlich so, dass der Gebührenbefreiungsantrag mit dem ALG-II-Bescheid an die GEZ gesendet wird. Der gesamte Sozialleistungsbescheid wird dann komplett für die weitere Bearbeitung bei der GEZ eingescannt und gespeichert. Dies ist aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht in Ordnung und kann so nicht hingenommen werden; warum, werde ich gleich auch noch einmal erklären.

Es muss auf jeden Fall eine andere Lösung gefunden werden, auch Frau Peters-Rehwinkel ist schon darauf eingegangen. Auch, wenn die GEZ wie eine Behörde auftritt, stelle ich fest, sie ist eine Institution der Rundfunkanstalten, die Gebühren einzieht, sonst nichts! Die BAgIS muss verpflichtet werden, nur solche Bescheinigungen herauszugeben, die die notwendigen Daten enthalten, die für die Rundfunkgebührenbefreiung ausreichen. Hier geht es um Verfassungsrechte und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Es geht die GEZ nichts an, wann Herr Meier im Krankenhaus war, wie lange er dort gelegen hat, in welcher Krankenkasse er ist und wie viele uneheliche Kinder er hat.

Ich sage hier noch einmal ganz deutlich: Jeder hat Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden,

(Beifall bei der CDU und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

so ist das Sozialgeheimnis gesetzlich verankert. Das müssten auch die Arbeitsgemeinschaften beziehungsweise die Job-Center, die Agenturen für Arbeit und die für eine selbstständige Aufgabenwahrnehmung optierenden Kommunen in unserem Land beachten. Arbeitslose müssen intimste Fragen nach Schulden, Ehe und Suchtproblemen beantworten. Wichtig dabei ist daher eine effektive Sicherung, um die erhobenen, oft sehr sensiblen, persönlichen Daten zu schützen.

Mit den Beispielen, die ich hier noch einmal angeführt habe, wollte ich nur noch einmal zum Ausdruck bringen: So kann es nicht gehen, wenn es darum geht, Gebührenbefreiungen zu erreichen! Wir dürfen nicht weiter Blindekuh spielen, sondern wir wollen mit diesem Antrag ein Zeichen setzen und mit einer Bundesratsinitiative schnelle Änderungen herbeiführen. – Besten Dank, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Köhler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind hier im

Hause, glaube ich, in dieser Sache alle völlig einer Meinung.

(Beifall)

Diese Bescheide sind teilweise 20 bis 30 Seiten lang, uneheliche Kinder sind zum Beispiel genannt worden. Darin stehen aber seit Neuerem auch Vereinbarungen, die zwischen dem Hilfeempfänger und der BAgIS getroffen werden, zum Beispiel zur Drogentherapie, zur Entschuldung oder Schuldenberatung. Man muss sich wirklich einmal vorstellen, zu welch einem Striptease die Leute gezwungen werden, wenn sie einfach nur eine Befreiung von den Rundfunkgebühren haben wollen.

Wir haben im Rechtsausschuss das Thema ganz lange und mehrfach erörtert, es ist eine Bremer Lösung gefunden worden. Es ist alles, wenn man sich das einmal anschaut, ziemlich absurd gewesen, worum es da gegangen ist. Der Hintergrund ist eine Regelung im Rundfunkgebührenstaatsvertrag. Möglicherweise reicht es nicht aus, wenn man die Gesetze zum Arbeitslosengeld II verändert, möglicherweise muss man an diesen Rundfunkgebührenstaatsvertrag auch heran.

Zur Frage, wie das Schicksal dieser Bremer Lösung, die gefunden worden ist, aussieht, gibt es uneinheitliche Aussagen. Angeblich soll es so sein, dass man immer noch zur BAgIS gehen kann und dann auf dem Antrag, den man bei der GEZ stellt, bescheinigt bekommt, dass die Angaben, die man gemacht hat, in dem Antrag zutreffend sind und mit dem übereinstimmen, was im Bewilligungsbescheid für das Arbeitslosengeld II auch steht.

Die Anträge auf Rundfunkgebührenbefreiung sind bislang in Bremen verarbeitet worden, inzwischen ist es aber eine bundeseinheitliche Verwaltung. Es ist wohl so organisiert, dass, je nachdem, welchen Nachnamen man hat, unterschiedliche Mitarbeiter zuständig sind. Es kann einem also passieren, wenn man einen häufigen Nachnamen hat und der jeweilige Sachbearbeiter die Bremer Lösung kennt und bereit ist, sie anzuwenden, dass man überhaupt keine Probleme hat, mit diesem Vermerk – also ohne Vorlage dieses 20- bis 30-Seiten-Bescheides – tatsächlich eine Rundfunkgebührenbefreiung zu bekommen. Wenn man aber das Pech hat, einen seltenen Nachnamen zu haben und der jeweilige Sachbearbeiter, der bundesweit für Leute mit demselben Nachnamen zuständig ist und der noch nie eine Bremer Lösung gesehen hat, dann kann es erst einmal zu Nachfragen kommen.