Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Herr Tittmann hat seine Standardrede wie zu jedem Thema herausgeholt, und ich finde, darauf braucht man nicht weiter einzugehen. Zu den Sachargumenten, die hier im Rahmen der Debatte vorgetragen wurden, möchte ich schon das eine oder andere hier gern erwähnen, insbesondere auch in Ihre Richtung, Frau Dr. Mathes.
Das Energiewirtschaftsgesetz, das überhaupt erst ermöglicht hat, dass es leider wieder zu einer Oligopolbildung in Deutschland gekommen ist, mit der vier große Energiekonzerne, die Sie richtig genannt haben, E.ON, Vattenfall, EnBW und RWE, 80 Prozent des Stromerzeugermarktes kontrollieren, ist ein Produkt der rot-grünen Bundesregierung gewesen.
Die kostenlose Zuteilung von CO2-Zertifikaten hat einen deutlichen Beitrag dazu geleistet, dass es zu Monopolgewinnen, ohne dass es zu einer Steigerung von Wirtschaftskraft gekommen ist, eben gerade bei diesen Großkonzernen gekommen ist. Es hat auch einen relativ unbefangenen Umgang mit diesen Stromkonzernen gegeben.
Ich darf daran erinnern, dass der ehemalige Bundeskanzler Helmut – ich wollte erst sagen Helmut Schmidt, aber den habe ich natürlich nicht gemeint, das hätte er nicht gemacht –, Gerhard Schröder sich heute ganz wohl fühlt im Zusammenhang mit Gazprom. Ich darf daran erinnern, dass sich der ehemalige Wirtschaftsminister Müller, der für Strompreisgenehmigungen, für die Genehmigungen von Anlagen, für die Netzentgelte zuständig war, mittlerweile wohlfühlt beim RAG. Aber ich darf auch daran erinnern, dass der größte deutsche Energiekonzern E.ON Ruhrgas nur durch einen Ministererlass zustandegekommen ist gegen jeglichen fachlichen Rat.
Über den fachlichen Rat auch der zuständigen Bundeswirtschaftsbehörde hat sich der Bundeswirtschaftsminister hinweggesetzt und hat E.ON Ruhrgas als größten Energiekonzern in Deutschland ermöglicht. Wer sich heute hinstellt und sich über Oligopole aufregt, der muss sich auch dessen bewusst sein, dass hier politische Setzungen der rot-grünen Bundesregierung eben gerade dies ermöglicht haben.
Was das Thema Netztrennung angeht, das ist richtig. Die muss her! Aber nicht nur die Netztrennung, Erzeugung, Handel und Netzbetrieb müssen vernünftig getrennt werden. Das ist auch im Übrigen im Energiewirtschaftsgesetz so vorgesehen, es soll diskriminierungsfrei erreicht werden. Zurzeit befinden wir uns in der Umsetzung dessen, was Rot-Grün auf den Weg gebracht hat, das sogenannte „Anbundling“, das heißt, es darf keine wirtschaftliche Verflechtung, keine Einflussnahme von Holding-Konzernen gegenüber den Netzbetreibern in Zukunft erfolgen.
Es ist sehr richtig, dass nicht nur das Bundeskartellamt gestärkt werden soll, insofern unterstützen wir als Senat der Freien Hansestadt Bremen ausdrücklich die Initiative der Koalitionsparteien, die auch von den Grünen unterstützt wird. Wir wollen aber auch nicht die gute Rolle der Bundesnetzagentur vergessen, die in einem ziemlich schwierigen Verfahren gegen die großen Konzerne, aber eben auch gegen die kleinen, regionalen Monopole versucht, tatsächlich auch zu schauen, was ist echte Kostenstruktur, was ist Monopolgewinn, und entsprechend zu einer Festsetzung von Netzentgelten kommt.
Die Festsetzung von Netzentgelten beim Gas liegt inzwischen auch für Bremen und Bremerhaven schriftlich vor. Das hat dazu geführt, immerhin, dass wir erstmalig seit zwei Jahren wieder in Bremen auch zu einer Absenkung von Gasentgelten für die Verbraucher in Bremen und Bremerhaven gekommen sind. Da kann man erkennen, es lohnt sich, genauer hinzuschauen, und das war richtig, dass das so passiert ist.
Aktuell liegt ein Antrag des Bremer Energieversorgers, der swb Vertrieb, auf eine Strompreiserhöhung vor. Es ist so, dass die swb ein Anrecht darauf haben, dass wir nach Recht und Ordnung diesen Antrag ganz ordentlich prüfen. Das macht der Strompreisreferent, so wie er das immer gemacht hat. Allerdings füge ich hinzu, wir schauen jetzt noch etwas genauer auch in dem Wissen um die Monopolgewinne der großen Konzerne auf das, was beantragt wurde, und es reicht uns heute nicht mehr, wie das vielleicht noch in den vergangenen Jahren der Fall war, dass man die Kostensteigerung beim Einkauf und beim Bezug von Energie berücksichtigt hat. Wir wollen uns auch genauso anschauen, wie sich eigentlich die Kostenblöcke bei der Erzeugung von Energie entwickelt haben.
Da heute Strom ein Handelsprodukt ist, das an der Börse gehandelt wird, kann es nicht sein, wenn man günstig einkauft, dass der günstige Einkauf zugunsten der Energiekonzerne geht, aber wenn man dann möglicherweise nicht so günstig eingekauft hat, dass das dann sozialisiert wird und auf die Gebührenzahler, das heißt, auf die Haushalte, aber eben auch auf den Wirtschaftsstandort Deutschland übertragen wird. In
folgedessen ist heute eine Strompreisbearbeitung, eine Genehmigungsbearbeitung, noch anstrengender als zuvor, das darf ich Ihnen versprechen. Wir sind nach heutigem Kenntnisstand nicht bereit, den Strompreisantrag so, wie er uns heute vorliegt, zu genehmigen. – Schönen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktion der CDU und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 16/1201 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Meine Damen und Herren, bevor wir jetzt in die Mittagspause eintreten, möchte ich darauf hinweisen, dass wir nach der Mittagspause, die um 14.45 Uhr endet, den Landesbehindertenbeauftragten gebeten haben, eine Rede zu halten zu dem Antrag „Bremen baut Barrieren ab“. Darum bitte ich um pünktliches Erscheinen, damit der Landesbehindertenbeauftragte nicht vor leerem Hause steht.
Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich eine Besuchergruppe der CDU-Fraktion aus Bremen-Nord. Herzlich willkommen!
Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Große Anfrage hier in der Bürgerschaft zu wiederholen. Ich gehe davon aus, dass Sie davon nicht Gebrauch machen werden, sodass wir in die Aussprache eintreten können.
Herr Dr. Steinbrück (Landesbehindertenbeauftrag- ter): Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich ganz herzlich dafür bedanken, dass ich heute als Landesbehindertenbeauftragter die Gelegenheit habe, hier vor der Bremischen Bürgerschaft zum Thema Barrierefreiheit zu sprechen. Bevor ich beginne, möchte ich die Frau Präsidentin bitten, mich doch vielleicht 2 bis 3 Minuten vor Ablauf meiner Redezeit zu erinnern, dass sie gleich vorbei ist, weil ich die optische Anzeige hier nicht wahrnehmen kann. Da ich hier nur Gast bin und nicht ständig zum Haus gehöre, verlange ich auch nicht, dass eine akustische Signalanlage im Sinne der Barrierefreiheit eingebaut wird, aber eine Erinnerung hilft vielleicht doch zu verhindern, dass ich Ihren engen Zeitplan überstrapaziere.
Ich beginne nun mit meinem inhaltlichen Beitrag. Ich denke, wenn sich heute die Bremische Bürgerschaft mit dem Thema Barrierefreiheit und der Großen Anfrage der CDU- und SPD-Fraktionen sowie der Antwort des Senats hierauf befasst, dann macht das deutlich, dass das Thema Barrierefreiheit in Bremen einen hohen Stellenwert einnimmt. Bremen geht damit nicht etwa einen Sonderweg, sondern liegt, wie ich meine, damit voll im Trend insbesondere auch der Entwicklungstendenzen innerhalb der Europäischen Union. So hat die Europäische Union bereits mit ihrem Aktionsplan „Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen“ im Jahr 2003 den Zugang für alle zu einer zentralen Aufgabe der EU erklärt.
Barrierefreiheit ist aus mehreren Gründen wichtig, ich möchte hier nur zwei nennen. Menschen mit Behinderung sind Träger von Rechten wie jeder andere auch, und Barrierefreiheit dient sozusagen der materiellen Verwirklichung von Grund- und Freiheits
rechten für Menschen mit Behinderung. Barrierefreiheit dient aber nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern der Bevölkerung insgesamt. Deutlich kann man das immer sehen an den vielen Kinderwagen, die die Bremer Niederflur-Bahnen und -Busse nutzen. Aber auch die Hotelgäste der hier benachbarten Hotels profitieren davon, wenn sie mit ihren Rollenkoffern den barrierefreien ÖPNV benutzen können und dann in einem barrierefreien Bahnhof ihren vielleicht etwas schweren Koffer auch noch bis zum Gleis und zum Zug bringen können. Das vielleicht als einige Vorbemerkungen!
In der Antwort des Senats wird ja zunächst darauf eingegangen, dass zum Bremischen Behindertengleichstellungsgesetz auch drei Rechtsverordnungen gehören, nämlich die barrierefreie Informationstechnik-Verordnung, die Verordnung über barrierefreie Dokumente und die Kommunikationshilfeverordnung. Diese drei Verordnungen machen ganz deutlich, dass sich das Thema Barrierefreiheit nicht etwa nur auf Bauen und bauliche Barrieren bezieht, sondern auch auf Kommunikations- und Informationsbarrieren. Dies meint, dass Menschen beispielsweise mit sensorischen Behinderungen, also Blinde, hochgeradig Sehbehinderte oder hörbehinderte Personen, häufig vor Kommunikations- und/oder Informationsbarrieren stehen. Die genannten Rechtsverordnungen zielen darauf ab, solche Barrieren abzubauen.
In diesem Zusammenhang ist aus meiner Sicht positiv hervorzuheben, dass sowohl die Feuerwehrleitzentrale als auch die Polizeileitzentrale in Bremen und Bremerhaven inzwischen ein Notruffax haben, was auch hörbehinderten Menschen die Möglichkeit gibt, Notrufe an diese Zentralen zu richten. In anderen Bundesländern setzen sich die Behindertenbeauftragten aktuell derzeit dafür ein. Bremen geht da mit gutem Beispiel voran.
Die Bremische Informationstechnikverordnung nennt Übergangsfristen. Bis zum 14. April 2007 soll das gesamte Internetangebot des Landes Bremen und der Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven barrierefrei sein. Hierauf wird in der Antwort des Senats nicht näher eingegangen. Ich habe in der vergangen Woche alle Senatoren angeschrieben und gebeten, mir mitzuteilen, ob und inwieweit in ihrem Ressort diese Frist eingehalten werden kann und wie gegebenfalls, falls das nicht der Fall sein sollte, gewährleistet ist, dass das dann zeitnah geschieht.
Ich will aber auch nicht verhehlen, dass Bremen sich auch hier auf einem recht guten Weg befindet. Beim Senator für Finanzen besteht ein Kompetenzzentrum für die Gestaltung von Informationssystemen, kurz KOGIS genannt. Dieses Kompetenzzentrum unterstützt, wenn es angefordert wird, die einzelnen Dienststellen und Ressorts auch bei der Umgestaltung des Internets.
Wichtig bei der Internetgestaltung ist aus meiner Sicht auch, dass natürlich die Informationsgewinnung nicht nur gegenüber staatlichen Stellen, also Behörden des Landes Bremen und der Stadtgemeinden, wichtig ist, sondern dass auch für Menschen mit Behinderung generell ein barrierefreier Internetzugang wichtig ist. Ich sage das deshalb an dieser Stelle so deutlich, weil mich in den letzten Tagen gesicherte Informationen erreicht haben, dass das Portal bremen.de beabsichtigt, aus Kostengründen zumindest Teile seines Internetauftritts in Zukunft nicht mehr barrierefrei zu gestalten, wie mir zugetragen wurde, wie gesagt, aus meines Erachtens sicheren Informationsquellen. Für Menschen mit Behinderung ist dies nicht hinnehmbar, und ich hoffe, dass diese Absicht oder diese Überlegung nicht weiterverfolgt wird, sonst, denke ich, müsste ich mich da auch einschalten.