Protokoll der Sitzung vom 25.01.2007

Der Druck auf die Preise wird am besten dadurch gewährleistet, dass neue Anbieter in den Markt eintreten. Wettbewerb ist die Lebensader aller Stadtwerke und die Voraussetzung für günstige Strompreise. Um wirksamen Wettbewerb zu erreichen, benötigt Deutschland neben den regenerativen Energien mehr Stromproduzenten und Kraftwerke. Wir müssen dafür sorgen, dass der Markt bezüglich Handel und Liberalisierung funktioniert, und zwar nicht nur auf Deutschland beschränkt.

Wir brauchen einen funktionierenden europäischen Markt für Strom und für Gas. Vor allem aber müssen wir darauf hinwirken, dass der Netzzugang für

neue Anbieter verbessert wird. Da sind wir im Erzeugungsbereich an der richtigen Stelle. Wir müssen dafür sorgen, dass neue Anbieter in den Markt eintreten. Es ist nicht akzeptabel, dass neue Anbieter über Jahre hinweg mit fragwürdigen Argumenten am Netzzugang gehindert werden.

Meine Damen und Herren, die Bürger sind mündig. Die Bürger werden auch durch ihr Verhalten entscheiden. Sie haben zukünftig mehr Wahlfreiheit. Danach wird sich die Preisobergrenze bestimmen. Schon jetzt bestehen Möglichkeiten, den Lieferanten zu wechseln. Leider nehmen die Bürger sie noch nicht so wahr. Es muss in diesem Zusammenhang vielleicht noch mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden.

Wie wir in unserem Antrag fordern, wollen wir dem Kartellamt ein Instrumentarium an die Hand geben, um die Missbrauchsaufsicht zukünftig effizienter zu gestalten. Mit der Erleichterung beim Nachweis von Preismissbrauch und mit der Beweislastumkehr zugunsten der Energieversorgungsunternehmen geben wir dem Kartellamt ein gutes Instrumentarium an die Hand. Dies sollte nicht als Kontrolle angesehen werden, sondern als effektives Instrumentarium. Wir wollen eine größere Wettbewerbslandschaft, die uns allen eine sichere und günstige Energieversorgung garantiert. Aus diesem Grund haben wir den Antrag gestellt. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Garling.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die schnell steigenden Strompreise in Deutschland werden ein immer größeres soziales und wirtschaftliches Problem und sorgen beim Endverbraucher für Unverständnis und Ärger, und dies zu Recht!

(Beifall bei der SPD)

Sie engen die Konsummöglichkeiten der privaten Haushalte ein und belasten Unternehmen massiv. Ein Durchschnittshaushalt zahlt heute etwa ein Drittel mehr für Strom als noch im Jahr 2000, und weitere Strompreiserhöhungen werden angekündigt, so auch in Bremen. Parallel dazu steigen die Gewinne der wenigen großen Energiekonzerne, die den Markt beherrschen, rasant an. Die vier großen Stromversorger E.ON, Vattenfall, RWE, EnBW haben ihre Gewinne in wenigen Jahren von 4,6 auf, man höre und staune, 13,5 Milliarden Euro pro Jahr steigern können.

Woran liegt der Preisanstieg? Die ökologisch und ökonomisch sinnvolle Förderung der erneuerbaren Energien oder der Kraftwärmekopplung gehören jedenfalls nicht zu den Preistreibern. Nur etwa 5 Prozent des Strompreises der Privathaushalte könnten hierauf zurückgeführt werden, und bei strominten

siven Unternehmen sorgen weitreichende Ausnahmeregelungen für noch geringere Belastungen. Es ist eher so, dass der Fall der Strompreise vor 2000 und der danach wieder stattgefundene Anstieg vor allem auf den Bereich Stromerzeugung, -transport und -vertrieb zurückzuführen ist. Ein Anstieg des Preises von mehr als 30 Prozent ist aus Sicht der SPD-Fraktion allerdings erklärungsbedürftig.

(Beifall bei der SPD)

Die stark gestiegenen Gas- und Ölpreise können es nicht sein und auch nicht der Preisanstieg bei der Steinkohle. Der Löwenanteil des Stroms wird nach wie vor mit Braunkohle und Kernenergie erzeugt, und gerade mit der Kernenergie werden satte Gewinne eingefahren. In diesem Bereich hat es keine Preisänderung gegeben, und die Unternehmen sind von Importen unabhängig.

Der Börsenpreis orientiert sich an den Erzeugungskosten der teuersten Kraftwerke, und dabei lassen sich kräftige Gewinne mit den Kraftwerken machen, die billiger produzieren. Wenn der Börsenpreis sich am teuersten Kraftwerk orientiert, führt der Weiterbetrieb von abgeschriebenen Kernkraftwerken nur zu Sondergewinnen bei den Betreibern. Eine Verlängerung der Restlaufzeiten von Kernkraftwerken wäre nicht beim Stromkunden, sondern in den Bilanzen der Energieversorgungsunternehmen zu spüren.

(Abg. I m h o f f [CDU]: Und bei den CO2-Emissionen!)

Meine Damen und Herren, damit erübrigt sich aus Sicht der SPD-Fraktion auch die Legende, der Einsatz von Kernenergie hätte eine preissenkende Wirkung.

(Beifall bei der SPD)

Deutschland hat im europäischen Vergleich sehr hohe Strompreise. In Europa ist im Bereich der Haushaltskunden der Strompreis von 2000 bis 2006 um 9 Prozent gestiegen. In Deutschland haben wir eine Preissteigerung von 43 Prozent. Unser Strom gehört zu den allerteuersten in Europa, und unser größtes Problem ist der fehlende Wettbewerb. Bei uns verfügen vier große Energieversorgungsunternehmen über mehr als 80 Prozent der Kraftwerkskapazitäten am Markt, und deren Netzbetreibergesellschaften besitzen 100 Prozent der Übertragungsnetze. Dies haben sie auch weidlich dadurch ausgenutzt, dass sie Konkurrenten nicht in ihre Netze ließen.

Aus Sicht der SPD-Fraktion ist die Grundlage für wettbewerbsfähige Preise ein funktionierender Wettbewerb.

(Beifall bei der SPD)

Dafür müssen wir konsequent die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen. Die Bundesnetzagentur leistet in diesem Zusammenhang gute Arbeit. Sie hat den Energieversorgungsunternehmen, die mit ihren Netzen ein natürliches Monopol besitzen, die Netzentgelte drastisch gesenkt. Diese machen mehr als ein Drittel des Endpreises für Haushaltskunden aus. Wenn jetzt die Energieversorger behaupten, dass die gesunkenen Netzentgelte durch die gestiegenen Erzeugungskosten kompensiert werden, ist dies aus den vorhin von mir genannten Gründen wenig glaubwürdig.

(Beifall bei der SPD)

Der gemeinsame Antrag von CDU und SPD passt dabei auch in die richtige Richtung. Die vom Bundeswirtschaftsministerium angedeutete Reform im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen muss bei kartellrechtlich veranlassten Prüfungen auf einer Beweislastumkehr beruhen. Nicht mehr die Behörde muss bei hinreichendem Verdacht des Missbrauchs einer Marktstellung den Nachweis führen, vielmehr muss der adressierte Marktakteur durch Belege seiner Preiskalkulation die durch Kosten verursachte Preisentwicklung belegen, natürlich auch bezogen auf die zivilrechtliche Einklagbarkeit durch die Endverbraucher.

Das eigentliche Ziel muss sein, mehr Anbietern einen Zugang auf Deutschlands Strommarkt zu gewähren. Dies bedeutet, auch einen diskriminierungsfreien Zugang zum Netz zu gewährleisten. Wir brauchen einen Ausbau der Stromnetze, wenn wir in Zukunft in Nord- und Ostsee mit Windkraft Strom erzeugen und ins Land bringen wollen.

(Abg. K l e e n [SPD]: Das ist die Rache der Konzerne, die schalten den Strom ab!)

Meine Damen und Herren, auch in Bremen sind wir aktuell damit konfrontiert, dass die swb Strompreiserhöhungen in erheblichem Maße durchsetzen will. Wir wissen, dass hierzu eine genaue Prüfung durch das Ressort vorgenommen wird. Gestern hat die Bundesnetzagentur die Netznutzungsentgelte für Bremen beschieden. Die Bundesnetzagentur hat 13,57 Prozent der von swb Netze für den Netzbetrieb bei der Bundesnetzagentur angezeigten Kosten zur Entgeltgenehmigung nicht anerkannt.

(Beifall bei der SPD)

Die Kostenkalkulation muss jetzt natürlich um diesen Faktor berichtigt werden. Die SPD-Fraktion erwartet in diesem Zusammenhang vom Senator und Ressort, alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel auszuschöpfen, damit die finanzielle Mehrbelastung im Ergebnis nachvollziehbar und erträglich ist. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Mathes.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte kurz unsere Positionierung zum Antrag darstellen und vor allen Dingen noch einmal etwas zu dessen Stellenwert sagen. Wir Grünen werden dem Antrag zustimmen, weil er ein Schritt in die richtige Richtung ist. Er ist aber nicht ausreichend, und ich bin auch ganz erstaunt, muss ich ehrlich sagen, weil Frau Garling eigentlich in ihrer Rede auch dargelegt hat, warum dieser Schritt, die Stärkung des Kartellamts, allein nicht ausreicht. Trotzdem haben Sie nur diese eine einzige Maßnahme in Ihrem Antrag vorgeschlagen, um das zu bescheiden. Das wird insgesamt aber nicht ausreichen, das Ziel zu erreichen, was auch von Herrn Imhoff hier formuliert worden ist, nämlich einen wirklichen Markt herzustellen im Bereich des Stroms.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der entscheidende Schritt ist nämlich, um sozusagen die Marktmacht der Oligopolisten, die ich hier an der Stelle auch gern einmal nennen möchte, das sind nämlich die EnBW, die E.ON, die RWE und Vattenfall, zu begrenzen, dass wir wirklich eine Vielfalt von Anbietern bekommen, dass wir einen funktionierenden Markt bekommen, dass wir transparente Preise bekommen. Um das zu erreichen, ist vor allem eines notwendig: Es ist eine eigentumsrechtliche Entflechtung von Transportnetz und Stromerzeugung notwendig.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, genau diese Debatte wird doch im Moment geführt. Die Debatte wird europaweit geführt, und da muss man doch hier auch einmal Tacheles reden: Wie hat sich denn da die Bundesregierung verhalten, was ist denn da abgelaufen? Beim Vorschlag vom Kommissionspräsidenten Barroso, nämlich genau zu einer Trennung von Erzeugung und Transportnetz zu kommen, haben vor allen Dingen Frankreich und Deutschland gemauert, und es ist bis jetzt nicht entschieden. Daher bin ich optimistisch, weil von beiden Fraktionen eigentlich das gleiche Ziel formuliert wurde, nur die Mechanismen stimmen mit der Erreichung dieses Ziels in dem Antrag nicht überein.

Ich bin optimistisch, dass man da vielleicht vorankommt, und man sieht ja auch Bewegung. Ich möchte hier einerseits mit einem Zitat die Blockadehaltung, insbesondere von einem SPD-Vertreter, deutlich machen, und zwar hat nämlich am 15. Januar 2007 in einer AFP-Meldung sich der Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier dahingehend geäußert, dass die Trennung von Netz und Erzeugung nicht vorzunehmen sei, weil insbesondere dahinter steht die star

ke Lobby, glaube ich, die Lobbypolitik der Stromkonzerne, die das auch so formulieren, dass sie nicht zerschlagen werden wollen. Wirtschaftsminister Glos hatte sich ursprünglich auch absolut gegen diese Trennung ausgesprochen. Mittlerweile ist er aber, ich sage einmal, überzeugt worden, dass das, wenn wir wirklich einen Wettbewerb herstellen und einen wirklichen Strommarkt erreichen wollen, dann die entscheidende Maßnahme ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, ich weiß, die Redezeit ist beschränkt, ich hätte zwar mehr zu sagen, aber ich möchte Ihnen nicht weiter Ihre Mittagspause vorenthalten. Es ist, ich glaube, deutlich geworden, dass wir das als einen richtigen Schritt empfinden. Wir hoffen und werden daran weiterarbeiten, dass sich, wenn es dann zur Entscheidung kommt seitens der Bundesregierung in diesem europäischen Konzert, Deutschland entsprechend verhält und auch für eine Trennung von Transportnetz und Erzeugung eintritt, sodass wir im Strommarkt wirklich dahinkommen, dass wir zu korrekten, zu fairen Preisen kommen und nicht zu einer Bereicherung der Oligopolisten. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon seit Jahren erwirtschaften die Energiekonzerne auf Kosten und zulasten der Verbraucher Milliardengewinne. Die Zahlen wurden hier schon genannt. Allein der Energiekonzern E.ON verbuchte im ersten Halbjahr sage und schreibe 4,8 Milliarden Euro. Das ist ein Plus von 13 Prozent. Trotzdem steigen die Energiepreise für den Verbraucher unverantwortlich und unverschämt konstant an. Allein die Ankündigung der swb, die Strompreise ab 2007 um 5 Prozent bis 9 Prozent zu erhöhen, lässt jedem Normalbürger die Nackenhaare zu Berge stehen. Hinzu kommt ja noch die unverschämte dreiprozentige Mehrwertsteuererhöhung. Hier klingen mir noch die unendlichen Wahllügen von CDU und SPD in den Ohren, Mehrwertsteuererhöhung mit uns niemals, um Gottes willen. Jetzt haben wir 19 Prozent.

Wenn dann noch der SPD-Vizekanzler Müntefering beleidigt und quasi mit Tränen in den Augen, Tränen im Gesicht, frech und schamlos behauptet, man solle doch die Wahlversprechungen bitte nicht so ernst nehmen, dann frage ich mich allen Ernstes: Was soll und was kann der Bürger Ihnen dann überhaupt noch glauben, woran soll der Bürger Sie denn sonst in die Pflicht nehmen, außer an Ihren Wahlaussagen? Tatsache ist doch, die Nebenkosten explodieren ins Unermessliche und sind kaum noch bezahl

bar. Teilweise sind die Nebenkosten jetzt schon höher als die Kaltmiete. Unsere Bürgerinnen und Bürger werden in hohem Maße jetzt schon in allen Bereichen des täglichen Lebens von den Regierenden der Altparteien überdimensional und rücksichtslos finanziell ausgebeutet, und die Energiekonzerne erwirtschaften auf dem Rücken der Verbraucher Milliardengewinne.

Das ist ein Skandal sondergleichen. Hinzu kommt ja noch, dass die deutschen Energiekonzerne wegen möglicher illegaler Absprachen ins Fadenkreuz der EU-Wettbewerbsbehörde geraten sind. So wurden meines Wissens die Geschäftsräume der Versorger E.ON, RWE, EnBW und einiger Tochterfirmen durchsucht. Laut Aussage der Ermittler liegt der Verdacht nahe, es sei zu Gebiets- oder Preisabsprachen gekommen. Meine Damen und Herren, wenn sich das bewahrheitet, dann ist die Mafia, die solche verbrecherischen Machenschaften macht, die reinste, barmherzigste Wohlfahrtsbetreuung, die sozialste Sozialeinrichtung, die es überhaupt gibt, und der unschuldigste Kindergarten und Kirchenchor überhaupt!

Sie sehen, meine Damen und Herren, auf der Grundlage der unverschämten Milliardengewinne darf der Strom nicht teurer werden, ganz im Gegenteil, der Strom muss für den Verbraucher deutlich und spürbarer billiger werden. Dafür wird sich die Deutsche Volksunion im Sinne und zum Wohle der Verbraucher auch weiterhin überparteilich vehement einsetzen und selbstverständlich dem Antrag „Willkürliche Preiserhöhungen durch Stromerzeuger verhindern“ mit den eindeutigen Forderungen, sich im Bundesrat für eine Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen einzusetzen, selbstverständlich uneingeschränkt zustimmen.

Ich möchte aber am Ende meiner Rede deutlich darauf hinweisen, dass zahlreiche ehemalige gescheiterte etablierte Politiker der Altparteien heute in sehr gut dotierten verantwortlichen Aufsichtsratspositionen in den jeweiligen Energiekonzernen als verantwortliche Aufsichtsratschefs Entscheidungen treffen, die erst zu den unverschämten und unbezahlbaren Strompreiserhöhungen beigetragen haben. Insofern halte ich den eingebrachten Antrag der Altparteien für äußerst unehrlich, unseriös und scheinheilig, denn ehemalige etablierte Politiker der Altparteien, also die sogenannte Strompreispolitikerlobby, haben diese Strompreise mit gestaltet und tragen somit für die Erhöhungen der Strompreise, die unverantwortlichen Erhöhungen, die Verantwortung. Als Belohnung haben, laut Medienberichten, unzählige etablierte Politiker und Prominenz, die sich dafür halten, Freikarten für die Fußballweltmeisterschaft bekommen und von den Energiekonzernen andere Vergünstigungen erhalten!

(Abg. Frau W a n g e n h e i m [SPD]: Zum Thema!)

Das ist zum Thema, das ist aber genau zum Thema! Das ist genau zum Thema, denn das ist mit Sicherheit nicht im Sinne und zum Wohle der abgezockten Verbraucher, das ist eine politische Schande, ein Skandal sondergleichen.

Das Wort erhält Herr Senator Neumeyer.