Protokoll der Sitzung vom 21.03.2007

zustellen, dass selbst Frau Linnert jetzt hier sagt, das Hellermann-Gutachten wäre ja richtig prima, und Hellermann dokumentiert auch, was wir da gemacht haben. Ganz so neu ist diese Argumentation ja nicht. Er bringt es hier noch einmal auf den Punkt, es mag natürlich sein, dass das auf die Grünen besser wirkt, wenn es ein renommierter Wissenschaftler tut, als wenn wir hier von Koalitions- und Regierungsseite versuchen, das zu erklären.

(Zuruf der Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen])

Natürlich, die verschiedenen Vergleiche mit den anderen Stadtstaaten, mit Ländern, mit Kommunen haben wir immer aufgemacht. Wir haben auch immer in unserer Argumentation darauf hingewiesen, dass wir zum Beispiel überproportional hohe Sozialhilfeausgaben pro Einwohner haben. Wenn man das alles abziehen würde, dann würden wir noch viel weniger ausgeben als die anderen. Dem ist die Opposition in der Argumentation in der Vergangenheit nicht ganz so gefolgt. Es freut mich, dass Sie dazugelernt haben!

Ich denke auch, das ist eine neue Art von Wahlkampf. Man steht jetzt nicht hier, um irgendwie die Regierung kaputt zu reden, sondern vielleicht versucht man ja, sich moderater zu präsentieren, und sieht sich selbst schon in irgendeiner anderen Rolle nach dem 13. Mai.

Sie haben gesagt, Hellermann sage richtige Sachen, und er ziehe leider die falschen Schlüsse. Sie sind aber vollkommen die Antwort schuldig geblieben, welche.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Korioth!)

Korioth! Sie haben aber nicht ein Beispiel dafür nennen können, wo Sie meinen, dass Korioth das Richtige sagt.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Doch!)

Das einzig Richtige, was wir bei Korioth finden konnten, ist, dass er scheinbar in der Lage war, richtig zu zitieren, weil man sich da nur die Originalquellen durchlesen muss und dann feststellen kann, jawohl, die Abgeordnete Karoline Linnert hat diese Sätze so und nicht anders gesagt. Sie werden aber deswegen nicht richtiger.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Doch, bleibt richtig, auch wenn Herr Korioth sie falsch nutzt!)

Ich glaube nicht, dass es das ist, was Sie damit meinten.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben die fehlende Transparenz gerügt und haben das auf die haushaltsmäßigen Finanzierungen bezogen. Ich weiß nicht, wo Sie in den letzten Haushaltsausschusssitzungen waren; wir haben uns mit einem ganz dicken Band beschäftigt, so dick war er noch nie, in dem uns wirklich sämtliche außerhaushaltsmäßigen Verpflichtungen Bremens aufgelistet wurden. Das ist ein kontinuierlicher Prozess über die letzten Jahre. Wir haben bereits im Jahr 2004 den ersten Band gehabt, wir haben ihn mittlerweile auch noch unterteilt auf das Grundinvestitionsprogramm. Wir haben sämtliche Vorverpflichtungen der kommenden Haushalte, und ich glaube, was die Transparenz in diesem Bereich anbelangt, dafür brauchen wir uns in Bremen nicht zu verstecken. Das sollen uns erst einmal andere nachmachen!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das muss nämlich auch Hamburg nachmachen, damit wir überhaupt wissen, was wir vergleichen, wenn wir von Investitionsquoten und so weiter reden. Wer da Gesellschaften gegründet hat mit einem übermäßig ausgestatteten Eigenkapital und jetzt große Investitionen tätigen kann, ohne in die Haushalte zu greifen, weil es so etwas wie Eigenkapitalverzehr gibt, solche Zahlen gehören natürlich auch mit auf den Tisch, wenn man da adäquate Vergleiche anstellen will. Diesen Vorwurf müssen wir entschieden zurückweisen!

Überdimensioniertes ISP! Dieses ISP war in den ganzen Jahren überhaupt nicht frei zu entscheiden. Jedes Jahr, wie machen wir das eigentlich neu und in welcher Summe? Es hat eine Sanierungsvereinbarung mit dem Bund gegeben. Das müssten Sie eigentlich wissen, das war nämlich noch zu Zeiten der Ampelkoalition hier in Bremen. Die ersten Sanierungszahlungen und die ersten Projekte haben wir nämlich im Jahr 1993 gestartet. Da ist genau ausgerechnet worden unter den damals gegebenen Zinssätzen, und das waren 6,5 Prozent. Darüber mögen sich die Investitionsressorts freuen, wir Haushälter können das ja eher skeptisch sehen, weil die Zinsersparnisse nicht ganz so hoch waren. Diese Zinsersparnisse sind da richtig festgehalten worden, und dann ist das kumuliert, aufaddiert worden bis zum Jahr 1998: Es erreichte eine Summe von 600 Millionen DM.

Sie kritisieren, dass es ein Anschlussinvestitionsprogramm gab. Genau das war auch der ursprüngliche Gedanke des Sanierungsprogramms, das erste lief bis 1998. Die Idee war, wir verpflichten uns von 1998 bis 2004, ohne weitere Sanierungshilfen trotzdem jährlich 600 Millionen DM weiter für wirtschafts

und finanzkraftstärkende Investitionen zur Verfügung zu stellen.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Wenn sich die Bedingungen än- dern, muss sich auch die Strategie ändern, das ist doch klar!)

Sie können das gern nachlesen! Es gibt drei wunderbare dicke Bände, damals herausgegeben von Finanzsenator Kröning, in denen das alles bis ins Kleinste erklärt ist. Das kann man wunderbar nachvollziehen, auch die Mechanismen im Finanzausgleich, übrigens auch die Frage, welche ökonomischen Wirkungen denn damit einhergehen.

Ich würde nie behaupten, in der Ökonomie gibt es kausale Zusammenhänge, wie es sie, glaube ich, in ganz wenigen Wissenschaften geben würde. Wir können uns selbst über Mathematik oder sonst irgendetwas, das jedem logisch scheint, streiten, das gibt es schlichtweg nicht. Es gibt aber doch Erkenntnisse, die Sie nicht leugnen können. Sie wissen doch genau, wie viel Steuereinnahmen mit Arbeitsplätzen einhergehen, wie viel Steuereinnahmen mit Einwohnern einhergehen, wie viele Sozialausgaben wir durch jeden Arbeitsplatz verhindern, der hier Bremern zur Verfügung gestellt wird.

(Zuruf der Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen])

Diese Zahlen können Sie nehmen. Wenn Sie dann allein im Universitätsbereich schauen, 6000 Arbeitsplätze rund um die Universität herum hätte es ohne ISP nicht gegeben. Das ist so klar wie das Amen in der Kirche!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wenn Sie dann die allgemeingültigen und von allen akzeptierten Daten vom Statistischen Bundesamt zugrunde legen, was ein Arbeitsplatz bedeutet und so weiter, dann können Sie ganz leicht ausrechnen, dass der Nutzen hier in Bremen eindeutig höher ist als diese 150-Millionen-DM-Einsparung, die wir gehabt hätten, wenn wir nichts gemacht hätten.

(Beifall bei der CDU)

Alle die Leute, die kritisieren, dass ökonomische Prognosemodelle dahinterstehen und man das nicht kausal gegenrechnen kann, machen sich allerdings auch nicht die Mühe, uns vorzurechnen, was denn passiert wäre, wenn wir nichts gemacht hätten,

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

denn so einfach, dass man nur 150 Millionen DM weniger gehabt hätte, ist es nämlich nicht. Wir hätten nämlich eine gegenteilige Wirkung, und die Schere würde weit auseinandergehen zu der gegenwärtigen Situation.

(Zuruf der Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen])

Als Letztes finde ich, was nicht geht, ist, dass Sie sich hier hinstellen und behaupten, wir würden über einen Finanzrahmen reden, den die Grünen nicht kennen. Sie haben doch selbst gesagt, Sie haben die Ergänzungsschrift! Also, ich meine, selbst Herr Wedler hat sie. Ich habe sie noch nicht in Papierform, aber man kann ja auch digital lesen. Wenn Sie dann weitergeblättert hätten auf Seite 70 folgende, genau da sind die Tabellen Anlage 1, da wird der Finanzrahmen und nicht der Finanzplan, ich habe auch nicht von einem Finanzplan gesprochen, wie er in der ersten Klageschrift beigefügt wurde, aktualisiert um die Steuerschätzungen, und genau daraus habe ich meine Zahlen, und die liegen auch Ihnen vor. Es ist schlichtweg eine Mär, hier zu behaupten, Bündnis 90/Die Grünen hätte diese Information nicht.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Perschau.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte mir eine ganze Reihe von Punkten notiert, zu denen ich etwas sagen wollte, aber Frau Wiedemeyer hat das so exzellent abgearbeitet,

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

dass ich da keinen Dissens habe, und ich fände es völlig abwegig, das zu tun.

Wir haben ja zwei Oppositionsreden gehört, die hatten eine auffallende Diskrepanz in ihrer inhaltlichen Sortierung. Sie hatten in den ersten zwei Dritteln eine kraftvolle Rabulistik und am Ende ein Bekenntnis zur Zustimmung zu dem gemeinsamen Antrag von CDU und SPD. Das finde ich gut! Deshalb habe ich mir eigentlich vorgenommen, den Mund zu halten. Ich glaube, dass es klug ist, diese rudimentäre Solidarität, die ja auch in dem Abstimmverhalten liegt, auch zu nutzen, weil jeder, der sozusagen hier mit Schlaumeiereien glaubt, „Punkte machen“ zu können, sich hinterher die Frage wird beantworten müssen, wem das bitte schön genutzt hat. Deshalb rate ich uns zur größtmöglichen Solidarität.

Das bedeutet nicht, dass wir da eine Meinungsgleichschaltung wollen, aber wir müssen uns darüber klar werden, was Bremen nützt und was Bremen scha

det. Wir sind in einer ganz großen Herausforderung, die diese Föderalismuskommission in sich trägt, aber auch, was unsere Klage vor dem Verfassungsgericht und unsere eigenen Entscheidungen betrifft. Je größer die Solidarität ist, desto überzeugender ist es. Deshalb liegt mir eigentlich daran, diese überraschenden Zustimmungsbekenntnisse von Frau Linnert und Herrn Wedler doch konstruktiv für unsere gemeinsame Arbeit für Bremen zu nutzen. Deshalb möchte ich mich weiterer kritischer Auseinandersetzungen mit den beiden Oppositionsrednern enthalten.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 16/1335 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und Abg. W e d l e r [FDP])

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(Abg. T i t t m a n n [DVU])

Meine Damen und Herren, ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Regierungserklärung des Senats Kenntnis.

Wir treten nun in die Mittagspause ein. Der Beginn nach der Mittagspause ist pünktlich um 14.30 Uhr.