cher Bevölkerung ausgetragen wird. Bündnis 90/Die Grünen findet, dass das keine Reformvorschläge sind, und wir lehnen sie auf der ganzen Linie ab! – Danke!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorredner haben es bereits gesagt: Die Belastung der Länder durch die Prozesskostenhilfe hat erheblich zugenommen, und auch die Zahlen für Bremen sind bereits benannt worden. In den vergangenen drei Jahren hatten wir hier einen Anstieg um 17 Prozent zu verzeichnen. Angesichts unserer Haushaltsnotlage werden wir uns sicherlich der Diskussion nicht verschließen können, ob es Einsparmöglichkeiten gibt. Sechs Bundesländer haben einen entsprechenden Antrag in Berlin eingebracht, und wir werden prüfen müssen, ob wir denkbare Entlastungen befürworten können oder nicht. Ich werde dazu, in welcher Form man das machen kann, gleich etwas sagen.
Zum Gesetzentwurf, Frau Wargalla, ist noch keine Entscheidung getroffen worden. Der Entwurf des Bundesrats aus dem Mai des vergangenen Jahres befindet sich noch im Gesetzgebungsverfahren, und aktuell wird darüber diskutiert, welche Veränderungen sozialpolitisch und auch verfassungsrechtlich möglich und nötig sind und welche nicht gehen, weil wir uns sicher darin einig sind, dass wir das Grundrecht einer Prozesskostenhilfe absichern wollen.
Auch die CDU-Fraktion ist dafür, dass der Rechtsschutz durch die Gerichte auch für Bürgerinnen und Bürger mit geringem Einkommen gesichert werden muss. Einig sind wir uns auch sicherlich darin, dass eine missbräuchliche Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe verhindert werden muss. Das heißt, wenn abzusehen ist, dass ein Prozess nicht zu gewinnen ist, weil jemand mutwillig einen Prozess anstrengt – auch das passiert – oder mit falschen Informationen die Prozesskostenhilfe erlangt, dann kann auch keine Prozesskostenhilfe gewährt werden. Insofern finden wir es richtig, dass der Begriff der Mutwilligkeit neu und klarer definiert wird. Ich denke, das ist ein Punkt, in dem wir uns alle immer noch einig sind.
Was die übrigen Neuerungen im Gesetzentwurf angeht – Sie, Herr Grotheer und Frau Wargalla, haben ja schon einige genannt –, sind das eher sozialpolitische Debatten, und es geht zum Beispiel um die Frage: Ist eine Bearbeitungsgebühr vertretbar, oder muss es eine einheitliche Definition des Existenzminimums geben?
Für die CDU-Fraktion möchte ich sagen, dass wir es für richtig halten, dass für die Prozesskostenhilfe grundsätzlich die gleichen Maßstäbe gelten sollen wie für die Sozialhilfe. Das heißt, welche Freibeträge zu
grunde gelegt werden dürfen, kann im gerichtlichen Verfahren nicht anders zu bewerten sein als bei den sozialhilferechtlichen Bedarfssätzen. Das Existenzminimum sollte also im Gerichtsverfahren dem Sozialrecht angeglichen werden.
Sie haben beide auch dargelegt, welche weiteren Fragen Sie stellen, zum Beispiel die Bewilligung der Prozesskostenhilfe als Darlehen für Menschen, die am Rande des Existenzminimums leben, oder auch den Vorschlag, das im Rechtsstreit Erlangte für die Kosten des Prozesses auch bei den Armen einzusetzen. Zu allen Punkten gibt es bisher keinen endgültig abgestimmten Vorschlag des Bundes. Wichtig ist dabei in unseren Augen, dass die Änderungsvorschläge in ihrer Gesamtheit, also alle zusammen, dem verfassungsrechtlichen Grundsatz entsprechen, dass niemand davon ausgeschlossen werden darf, sein Recht geltend zu machen, auch nicht diejenigen Menschen, die am Rande des Existenzminimums leben. Es muss also ein Konzept erarbeitet werden, das unnütze Prozesse vermeidet, eine Beteiligung an den Kosten nur dann vorsieht, wenn sie leistbar sind, und wirklich arme Leute nicht schlechter stellt als alle anderen.
Ich denke, in diesem Sinne sollten wir dieses Gesetz weiter aufmerksam, aber auch kritisch begleiten, und ich glaube, wir sollten uns, wenn wir denn einen Entwurf zu diesem Gesetz haben, hier oder auch im Rechtsausschuss diesem Thema wieder widmen. – Vielen Dank!
Frau Abgeordnete Wargalla, ich habe das so verstanden, dass Sie jetzt von der Möglichkeit der Kurzintervention Gebrauch machen möchten. – Bitte, nutzen Sie das Saalmikrofon!
Frau Winther, ich wollte Ihnen bezüglich der Mutwilligkeit eigentlich nur mitteilen, dass schon jetzt im Paragrafen 114 ZPO vermerkt ist, dass Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussichten auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Alle behaupteten Mitteilungen, die bisher bei der Beantragung von der Prozesskostenhilfe über den Missbrauch gemacht worden sind, sind bisher nicht belegt worden! Der Paragraf reicht voll und ganz aus, wir müssen ihn nicht ausweiten. – Danke!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe Verständnis, dass Sie zum Ende der Legislaturperiode diese Debatte sehr einvernehmlich beenden. Ich will das auch nicht stören, aber ich gehe davon aus, damit ist das Thema nicht erledigt. Sie werden sich damit in der nächsten Legislaturperiode erneut befassen müssen!
Damit man mir nicht sagen kann, ich hätte nicht das gesagt, was ich hätte sagen müssen, möchte ich die Gelegenheit heute noch einmal dazu nutzen. Es geht um Kostendämpfung, ein Thema, das Sie bisher nur aus dem Bereich der Pflegeversicherung oder Krankenversicherung kennen. Mit der Justiz gibt es große Gemeinsamkeiten, weil die Steigerungsraten, die Sie zum Beispiel im Bereich der Pflegeversicherung erfahren, gleichermaßen für den Justizbereich gelten.
Wir haben eine riesige Haushaltsstelle, einige kennen das, einigen sage ich das hier, Auslagen in Rechtssachen. Dahinter verbinden sich drei elementare Sachen: Das ist die Prozesskostenhilfe auf der einen Seite, es sind die Betreuungskosten auf der anderen Seite und seit einigen Jahren die Kosten für die privaten Verbraucher-Insolvenzverfahren. Auf Bremen bezogen bedeutet dies: In den letzten zehn Jahren haben sich diese Kosten um 100 Prozent erhöht. Vor zehn Jahren sind wir mit gut 10 Millionen Euro noch ausgekommen, heute liegen wir bereits bei 23 Millionen Euro.
Extreme Steigerung im Bereich der Betreuungskosten! Das ist kein bremisches Problem, wenn ich mir die Zahlen von Niedersachsen anschaue, Niedersachsen hat im Jahre 1995 0,5 Millionen Euro für Betreuungskosten ausgegeben, heute liegt Niedersachsen weit über 60 Millionen Euro.
Sie sehen also, wir haben es bundesweit mit extremen Steigerungskosten zu tun, die eine Dimension erreicht haben, dass sie in der Tat auch auf Bundes- und Landesebene zur Kenntnis genommen werden müssen, nicht nur das, wir müssen darauf reagieren! Diese Kostensteigerung können wir dauerhaft nicht einfangen. Ich mache das schon seit vielen Jahren und trage jedes Jahr vor, warum wir mit unseren Ausgaben nicht zurechtkommen, Sie kennen das! In diesem Jahr ist die Entwicklung genauso wie im Vorjahr.
Wir als Verwaltung haben keinen Einfluss auf die Entwicklung der Kosten bei den Gerichten, aber auch auf der Ebene der Gerichte ist das genau das gleiche Problem. Wenn Sie die Fälle in der Betreuung haben, brauchen Sie keinen Taschenrechner, sondern
Sie müssen nur die Anträge nehmen, es gibt dann eine Kostenpauschale, das multiplizieren Sie, und dann haben Sie in etwa das amtliche Ergebnis, welches dann ausgezahlt wird. Null Spielraum, null Chance, daran etwas zu drehen! Von daher gesehen gehört sehr viel Fantasie dazu zu glauben, dass wir in den nächsten Jahren im Justizbereich irgendetwas einsparen werden.
Wir werden, und das ist meine Befürchtung, wenn, und das ist natürlich in erster Linie eine Sache des Bundesgesetzgebers, der dies zu verantworten hat, hier nicht massiv gegengesteuert wird, nicht 23 Millionen Euro wie in diesem Jahr ausgeben, sondern in 10 Jahren weit über 40 Millionen Euro. Das sind die Prognosen, die wir haben. Damit wären alle unsere Haushalte gesprengt. Von daher gesehen, denke ich, ist es höchste Zeit, dass wir auch das Thema Kostendämpfung in der Justiz diskutieren. Es ist für uns völlig klar, dass der Rechtsstaat ein wesentliches Element unserer Demokratie ist, aber wir müssen auch deutlich die Frage stellen, genauso wie in allen anderen Bereichen: Können wir das System in dieser Breite dauerhaft finanzieren, oder muss es reduziert werden?
Wenn man zu dem Ergebnis kommt, und das nehme ich aus diesen Debatten mit, dass Sie glauben, das, was wir haben, sollten wir erhalten, das sollten wir verteidigen, dann, glaube ich, ist das eine Einsicht, die man teilen kann, aber bitte, dann bleiben Sie auch konsequent, denken Sie an diese Debatte nach der Legislaturperiode, wenn es dann darum geht, der Justiz die notwendigen Mittel dafür bereitzustellen, oder aber wir müssten in eine andere Richtung gehen!
Ich glaube, dass kein Weg letztlich daran vorbeiführt! Wir können diese Kosten nicht dauerhaft aufbringen, deswegen sind Korrekturen auch an diesem System notwendig.
Das ist nett, Herr Staatsrat! Ich stimme mit Ihnen überein, dass wir uns darüber unterhalten müssen, dass die Sozialkosten, und letzten Endes sind es ja Sozialkosten, im Bereich Justiz immer höher werden.
Aber ich möchte, dass diese Sozialkosten, die gerade in der Prozesskostenhilfe entstanden sind, weil wir die Gebührensätze der Anwälte erhöht haben, nicht auf Kosten der ärmeren Bevölkerung umverteilt werden. Das ist das Ansinnen, wozu ich auch ver
sucht habe, klarzumachen, dass das nicht geht. Ich kann nicht auf der einen Seite die Gebühren erhöhen und auf der anderen Seite die arme Bevölkerung nehmen, die das ausgleichen soll. Da müssen andere Regelungen getroffen werden. – Danke!
Frau Abgeordnete, Ihr Einwand ist zutreffend. Es ist nicht zu vermitteln, dass auf der einen Seite in einer großen Aktion die Gebühren in dieser Form erhöht werden und dass wir, nachdem wir gesehen haben, wir wussten es auch vorher, dass das zu enormen Steigerungen führt, dann dazu übergehen zu sagen, ja, wo können wir das nun wieder einsparen. Ich glaube, das passt nicht zusammen. Das war eine sehr einseitige, zielorientierte Maßnahme gewesen, für die ich kein Verständnis habe.
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats mit der Drucksachen-Nummer 16/1330 auf die Große Anfrage der Fraktionen der SPD und der CDU Kenntnis.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist jetzt interfraktionell vereinbart worden, dass wir etwas früher in die Mittagspause gehen, weil die Mitglieder der Wirtschaftsförderungsausschüsse bereits um 14.00 Uhr ihren nächsten Termin haben.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt unterbreche ich jetzt die Sitzung und wünsche Ihnen eine angenehme Mittagszeit. Um 14.30 Uhr geht es weiter.
(Unterbrechung der Sitzung 12.48 Uhr) * Vizepräsidentin Dr. Mathes eröffnet die Sitzung wieder um 14.31 Uhr. Vizepräsidentin Dr. Mathes: Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.
Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich eine Besuchergruppe der Fraktion der CDU, Mitglieder der SPD, Mitglieder der Arbeiterwohlfahrt
aus Huchting und eine Gruppe der Seniorenvertretung der SPD und der Arbeitsgemeinschaft der SPD „60 plus“. Herzlich Willkommen!