Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann das jetzt hier einfach auch so nicht stehen lassen! Frau Schön, Sie sollten sich sehr genau überlegen, was Sie sagen!
Wenn Sie sagen, dass Sie hier ganz einfach keine guten Professoren anstellen können, weil wir ein sogenanntes Billigland sind,
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie hat gesagt sehr gute! – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Zuhören!)
in dem dann an den Universitäten nur Professoren beziehungsweise exzellente Wissenschaftler sind, die wir für wenig Geld bekommen,
dann muss ich einmal ganz ehrlich sagen, dann müssen Sie sich auch wirklich einmal an den Universitäten und Hochschulen umschauen! Wir haben sehr exzellente Wissenschaftler, gerade auch bei den Professoren.
Ich finde es sehr wichtig, dass wir dies hier auch äußern und dass wir ihnen hier auch noch einmal Mut machen und ihnen sagen, dass sie so weitermachen sollen und nicht einfach nur sagen können, es fehlt das Geld, dafür kaufen wir aber irgendwelche hochrangigen Personen ein, die dann vielleicht hier eine Wissenschaft betreiben, die dem Land auch nicht weiterhilft.
(Beifall bei der CDU und bei der SPD) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Wir sollten es hier nicht an dem Geld festmachen, sondern an der Qualität dessen, was in der Forschung geleistet wird. Da ist eindeutig festzustellen, dass wir sehr gute, exzellente Wissenschaftler haben. Da ist es unwichtig, ob wir jetzt sagen können, wir zahlen meinetwegen 10 000 Euro mehr oder nicht. Sie sind hier geblieben, weil sie sich hier profilieren wollen und weil sie hier im Land Bremen, für die Universität und für die Hochschulen arbeiten wollen. (Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das hat sie doch gesagt!)
Ich finde, das ist sehr wichtig, dass dies hier gesagt wird und dass hier nicht der Eindruck entsteht, dass wir hier keine guten Professoren haben, weil wir es uns nicht leisten können. Ich finde, eine solche Aussage darf man hier nicht machen. – Vielen Dank!
Bevor ich jetzt den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich auf der Besuchertribüne recht herzlich begrüßen eine Gruppe angehender Berufsschullehrer und Referendare. – Herzlich willkommen!
Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe – Regelleistungen neu berechnen und Sofortmaßnahmen für Kinder und Jugendliche einleiten
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich spreche heute über unseren Antrag „Arbeitslosengeld II und Sozialhilferegelleistungen neu berechnen und Sofortmaßnahmen für Kinder und Jugendliche einleiten“. Wir Grünen sind der Meinung, dass die derzeitige Höhe der Regelleistungen für Arbeitslosengeld II und der Grundsicherung nicht geeignet ist, den Unterhalt von Menschen so zu sichern, dass ein Leben in Würde geführt werden kann. Schon bei der Berechnung der Regelleistungen im Jahr 2004
wurde der Bedarf für Lebenshaltungskosten falsch eingeschätzt und gewichtet. Bei der Neuberechnung im letzten Jahr wurden wiederum Kostensteigerungsfaktoren nicht berücksichtigt, zum Beispiel die Kosten der Gesundheitsreform und die 3 Prozent Mehrwertsteuererhöhung.
Es kann und darf nicht sein, dass die Kosten von 1,53 Euro für ein Schulmittagessen in einer Ganztagsschule nicht aufgebracht werden, weil dann nur noch 55 Cent für Frühstück und 54 Cent für ein Abendessen für Schulkinder vorhanden sind. 2,62 Euro gibt es pro Tag für Nahrung im SGB-Bereich. Auch die Regelsatzkosten von 4,92 Euro im Monat für Schulmaterial reichen nicht aus. Wer schulpflichtige Kinder hat, wird mir das sicherlich bestätigen können. Was ich meinen beiden Kindern im Monat an Geld für Hefte und Bücher mitgeben muss, ist ein Mehrfaches. Auch wurde nicht bedacht, dass Kinder und Jugendliche Tagesausflüge machen. Solche Fehler müssen korrigiert werden, um nicht Kindern und Jugendlichen, deren Eltern auf staatliche Hilfe angewiesen sind, die Chance zum Aufbau eines Lebens mit eigenständiger Existenzsicherung zu verbauen.
Wir Grünen sind der Ansicht, dass gerade Bremen als Stadtstaat mit einer besonders hohen Anzahl von Langzeitarbeitslosen eine besondere Verpflichtung hat. In Bremen lebt jedes vierte Kind, in Bremerhaven jedes dritte Kind im SGB-II- oder im SGB-XII Bereich. Bremen könnte eine Vorreiterrolle in der Bekämpfung der Kinderarmut übernehmen, denn auch Langzeitarbeitslosen und deren Familien muss ein Leben in der Gemeinschaft ermöglicht werden. Eine solche Ausgrenzung können sich Staat und Gesellschaft nicht leisten.
Deshalb haben wir diesen Antrag eingebracht. Er gliedert sich in zwei Teile. Der erste betrifft die Regelsätze, der zweite betrifft Sofortmaßnahmen für Kinder und Jugendliche. Erstens, die Regelleistungen als Referenzgröße für Sozialleistungen nach dem SGB II und dem SGB XII sind so auszugestalten, dass sie dem sozialstaatlichen Gebot der Deckung des Existenzminimums für alle Menschen Rechnung tragen. Zweitens, die Berechnungsgrundlage der Regelleistung muss grundlegend überprüft werden. Drittens, die Auswirkung der Mehrwertsteuererhöhung auf die Verbrauchsgüterpreise muss ab Januar 2007 berücksichtigt werden. Viertens, durch eine gesetzliche Regelung ist sicherzustellen, dass atypische Mehrbedarfe wie zum Beispiel Übergrößen bei Bekleidung angemessen berücksichtigt werden. Fünftens, der mit der Gesundheitsreform 2004 gesetzlich vorgesehene Mehraufwand wie Praxisgebühren, Zuzahlungen und Leistungsausschluss ist nachvollziehbar in den Regelleistungen abzubilden. Sechstens, nicht 85 Prozent der durchschnittlichen Stromkosten der unteren Einkommen sollen zur Grundlage genom
men werden, sondern 100 Prozent in dieser Einkommensgruppe ist in Einsatz zu bringen. Siebtens, die materielle Schlechterstellung von Kindern im Alter von über 7 Jahren im Vergleich zur alten Sozialhilfe muss rückgängig gemacht werden.
Jetzt der zweite Abschnitt! Hier geht es um die Sofortmaßnahmen für Kinder und Jugendliche. Erstens, Lehrmittel müssen im Notfall die notwendigen Ausstattungen für Schüler im SGB II- und im SGB XIIBereich als Sachleistung zur Verfügung gestellt werden. Zweitens, Mahlzeiten im Rahmen der Ganztagsbetreuung in Kindertagesstätten und Schulen sind auch Kindern im SGB II- und SGB XII-Bezug zu ermöglichen. Hier ist weniger als ein Euro vorgesehen. Die Differenz zu den tatsächlichen Kosten ist auf Antrag als Sachleistung zu gewähren. Drittens, die Inanspruchnahme von Sport- und Musikangeboten ist zu ermöglichen. Die Kosten hierfür sollen als Sachleistung in angemessenem Umfang gewährt werden.
Bisher konnten als einmalige Zusatzleistung nur mehrtägige Klassenfahrten geltend gemacht werden. Diese Möglichkeit ist auszuweiten auf gemeinschaftliche Tagesausflüge von Kindergartengruppen und Schulklassen. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag im Sinne der Betroffenen und nicht um ein konsequentes dafür/dagegen. – Danke!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Schmidtmann, Sie haben es ja heute Morgen schon gesagt: Sie sind jetzt im Wahlkampf angekommen. Das haben wir auch bei dem vorherigen Tagesordnungspunkt gemerkt.
Herr Dr. Güldner, das ist überhaupt kein Vorwurf! Ich finde dies merkwürdig, wie das hier diskutiert wird. Wahlkampf in einer parlamentarischen Demokratie ist nichts Schlimmes, das ist eher eine Selbstverständlichkeit. Natürlich ist es notwendig, dass wir uns über Konzepte auseinandersetzen und streiten, damit der Wähler auch merkt, wo die Unterschiede zwischen den Parteien und den Kandidatinnen und den Kandidaten liegen. Ich kritisiere das nicht. Ich stelle es an dieser Stelle nur fest. Ich finde aber, auch in dieser Debatte muss man Wahrheiten sagen, und man muss auch Wahrheiten vertragen können.
Herr Schmidtmann, es gibt in der Sache, ich sage das vorab, viele Gemeinsamkeiten zwischen uns. Wir sehen die Dinge in der Sache ähnlich, aber es gibt zwischen den Grünen und der SPD in dieser Frage einen ganz entscheidenden Unterschied. Wir leug
nen die Vergangenheit nicht, und wir leugnen auch nicht die Verantwortlichkeiten. Wir haben nicht vergessen, was wir vor einigen Jahren in Berlin im Bundestag beschlossen haben, was unsere Partei mitgetragen hat. Das ist bei Ihnen offenbar ganz anders.
Ich war nicht im Bundestag, ich war hier in Bremen, ich habe es aber in der Presse verfolgt wie die Öffentlichkeit auch. Es gab monatelange Auseinandersetzungen und Streitigkeiten um die Einzelheiten der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe unter der Überschrift Hartz IV. Haben Sie eigentlich nicht mitbekommen, dass die Grünen sich daran ordentlich beteiligt haben, dass die Grünen im Bundestag zugestimmt haben? Ich verstehe nicht, weshalb in Ihrem Antrag nicht mit einem Wort auf diese Geschichte eingegangen wird. Ich finde das nicht in Ordnung, dass es weder schriftlich noch in dem, was Sie hier vortragen, zur Geltung kommt, dass auch die Grünen dieses Projekt mitgetragen haben. Ich komme darauf später noch zurück.
Ich finde aber, um zur Sache zur kommen, wir haben in der Tat ein großes Problem besonders hier im Land Bremen, weil wir an der Spitze liegen, was den Anteil der Arbeitslosigkeit und auch was den Anteil der Bezieherinnen und Bezieher von ALG II angeht. Aus unserer Sicht ist dabei vor allem dramatisch, dass es 42 000 Bedarfsgemeinschaften allein in der Stadt Bremen gibt. Davon sind besonders viele Kinder betroffen. Es ist ein enormer sozialer Sprengsatz, den wir natürlich sehen, zumal es nach allen Berichten, die wir bekommen, auch zunehmend Anzeichen dafür gibt, dass Armut vererbt wird. Wer als Kind armer Eltern auf die Welt kommt, hat eine große Chance, auch später als Erwachsener auf den Bezug von staatlichen Transferleistungen angewiesen zu sein. Das ist nichts Gutes, das ist eine ganz schlimme Entwicklung. Das können und wollen wir nicht hinnehmen. Da geht es nicht um eine Neiddebatte, die wir hier anfangen wollen, wie uns von unserem Koalitionspartner vorgeworfen wird, sondern es geht darum, dass wir dafür streiten, dass ein sozialstaatlicher Anspruch, den unsere Verfassung formuliert, auch in praktische Politik umgesetzt wird. Chancengleichheit und Teilhabe haben nichts mit Neid zu tun, sondern mit der Forderung nach Gerechtigkeit.
Ich frage Sie an dieser Stelle: Was können eigentlich Kinder dafür, wenn die Eltern langfristig arbeitslos sind? Welche Verantwortung trägt ein siebenjähriger Junge dafür, dass seine Mutter oder sein Vater den Arbeitsplatz verliert? Diese Frage müssen wir doch stellen! Wir müssen auch überlegen, was wir tun können, um im Einzelfall behilflich zu sein. Wir sind Realisten, das sage ich auch ganz deutlich, wir sind nicht in der Lage, mit staatlichen Transferleistungen die Folgen von Arbeitslosigkeit komplett zu beseiti
gen. Das behauptet wahrscheinlich auch niemand hier, aber wir können die Folgen abmildern, und deshalb müssen wir unsere Rolle als Land und als Kommune nutzen, um zu Verbesserungen zu kommen, wo immer es geht.
Um noch einmal auf die Geschichte von Hartz IV einzugehen: Es ist ja so, ich kann mich gut daran erinnern, dass bei uns in der SPD auch viele kritische Stimmen waren, die davor gewarnt haben, dass die Pauschalierung von Leistungen zu ungerechten Ergebnissen führen wird, aber wir müssen doch sagen: Am Ende hat die SPD dieses Projekt mitgetragen, die Grünen haben es mitgetragen und CDU/CSU hat es auch über die Vereinbarungen, die dann im Bundesrat getroffen worden sind, politisch mitgetragen. Wer diese Urheberschaften verschweigt, finde ich, versucht, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen. Das ist bitter, vor allen Dingen ist es für die Betroffenen bitter, dass auf ihrem Rücken eine solche politische Auseinandersetzung ausgetragen werden soll.
Die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe ist nach wie vor als vernünftig zu betrachten. Es ist auch rückblickend richtig, dass der Bund hier finanzpolitisch in die Pflicht genommen worden ist, soweit es um die Grundsicherung geht, das ist nicht mehr Sache der Kommunen. Wir sagen auch: Es muss nachgebessert werden! Die Bedarfssätze reichen aus unserer Sicht nicht aus. Wir wissen, wie es sich in der Praxis auswirkt. Es ist kein Inflationsausgleich vorgesehen, es ist eine Anpassung an die Rentenentwicklung vorgesehen. Das passt aber als Bezugsgröße eigentlich nicht, weil Renten nicht nur das Existenzminimum sichern, sondern weil Renten ein Ergebnis von Arbeitseinkommen sind.
Es mag sein, dass bei kurzfristiger Bezugsdauer die Bedarfssätze ausreichen, bei langfristigem Bezug geht das jedenfalls nicht. Besonders ärgerlich ist, dass wegen der Pauschalierung – das war politisch so gewollt, das müssen wir heute so erkennen, das muss nachgebessert werden – es in vielen Fällen so ist, dass im Einzelfall gerechte Lösungen nicht gefunden werden können. Das betrifft insbesondere die Kinder. Dort, wo früher ein Sonderbedarf anerkannt werden konnte bei der Sozialhilfe, gibt es heute nichts nebenher, sondern es ist alles mit einer Pauschale abgegolten. Das heißt, auch die warme Kleidung im Winter, das Fahrrad, das zu klein geworden ist, kann heutzutage nicht mehr als besonderer Bedarf anerkannt werden, sondern das ist in den Pauschalen mit enthalten. Besonderen Lebenslagen kann hier keine Rechnung getragen werden.
Das sehen auch die Sozialverbände übereinstimmend: Sie haben eine Resolution verfasst, dass eine Erhöhung der Bedarfssätze um 20 Prozent notwendig sei. Die Entscheidung darüber treffen nicht die Kommunen, um es deutlich zu sagen, sondern diese Entscheidung muss der Bund treffen, er ist für diese Gesetzgebung zuständig. Wir können da als Bremer keinen Alleingang machen. Wir sagen aber als So
Das ist etwas, was auf Bundesebene verhandelt werden muss, wo wir mit den anderen Ländern zusammen an diesem Thema arbeiten müssen.
Darüber hinaus stellen wir uns aber natürlich die Frage, und wir beantworten sie auch: Was können wir eigentlich in Bremen und Bremerhaven machen? Da sagen wir: Es gibt Möglichkeiten mit kreativen Lösungen, die nicht immer viel Geld kosten müssen. Da muss ich in Richtung unseres Koalitionspartners sagen, der ja sagt, wir fordern immer nur Geld, das bringt doch da gar nichts! Das meinen wir nicht, sondern wir wollen kreative Lösungen, wir wollen kommunale Einrichtungen nutzen und so organisieren, dass Leistungen auch bei den Kindern ankommen.
Ich frage Sie, auch die Kollegen von der CDU: Wissen Sie eigentlich, wie viele Kinder in der Lage sind, unsere Hallenbäder zu nutzen, wenn in die Bedarfssätze ein Betrag von knapp 2,70 Euro für Freizeit monatlich eingestellt ist