Protokoll der Sitzung vom 25.04.2007

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich finde es ein bisschen schade, dass es so lange gedauert hat, bis dieser Generalplan jetzt wirklich vorliegt, dass er so kurz vor Ende der Legislatur erst vorliegt, denn insgesamt ist, glaube ich, in den letzten 3 Jahren schon mit Niedersachsen daran gearbeitet worden, und es gab in der letzten Zeit auch noch so ein Hin und Her, was die Finanzierung des Generalplans betrifft. Bisher ist eine Summe von 100 Millionen Euro veranschlagt, wobei eigentlich alle wissen, dass diese Summe wahrscheinlich bei Weitem nicht ausreichen wird. Es wird aller Voraussicht nach sehr viel mehr Geld kosten, weil man jetzt auch noch nicht sagen kann, insbesondere bei den technischen Bauwerken, welche Lösungen man dort entwickeln kann. Man muss sich zum Beispiel vorstellen, für den Bereich der Schlachte wird es schon schwierig werden, dies alles entsprechend höher zu bauen.

(Glocke)

Ich komme gleich zum Ende.

Insgesamt sind wir aber froh, dass dieser Generalplan jetzt noch durch den Senat gegangen ist und dass wir jetzt endlich anfangen können, denn Deiche werden vorwiegend in den Sommermonaten gebaut, und wir brauchen dringend den Startschuss. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Imhoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! De nich will dieken, de mutt wieken. Das ist ein Spruch, der von früher her gilt, und ein Stück weit gilt er auch heute noch, aber früher war es ja so, dass, wenn man nicht gedeicht hat, man sein Land verlor und anderen Leuten das Land geschenkt wurde mit einer Deichlast. Heute sind wir stolz darauf, dass wir unser Land haben, und wir sind nicht bereit, einen Quadratzentimeter abzugeben, und deswegen werden wir auch nicht weichen.

Eines bleibt festzuhalten: Unsere Weserdeiche haben in den letzten Jahren auch dem jemals höchsten gemessenen Wasserstand bei den Sturmfluten 1994 und 1995 standgehalten. Diese gewaltigen Sturmfluten haben uns jedoch veranlasst, mit Niedersachsen zusammen unsere Deichhöhen und Wasserbauwerke neu zu überprüfen. Hinzu kamen ein stetiger An––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

stieg des Meeresspiegels und Untersuchungen zu den Auswirkungen des Klimawandels. So ist der uns jetzt vorliegende Generalplan Küstenschutz auf den Weg gebracht worden.

Warum ist Küstenschutz für Bremen und Bremerhaven so wichtig? Wichtig ist er, weil 85 Prozent der Bremer Landesbevölkerung auf Hochwasserschutz angewiesen sind. 85 Prozent sind gefährdet bei Sturmfluten, und genau aus diesem Grund nehmen wir das Thema ernst, weil Menschen, Tiere und Sachgüter hier in Gefahr stehen, und die gilt es zu schützen.

Der Generalplan ist zusammen mit Niedersachsen entwickelt worden, und das macht auch Sinn, denn wenn es eine große Sturmflut gibt und Niedersachsen schützt nicht, dann laufen wir von hinten voll, während Niedersachsen nicht unbedingt vollläuft oder nur geringfügig, wenn wir in Bremen nicht die Deiche schützen. Insofern ist mit Niedersachsen dort ein gemeinsames Konzept gemacht worden, was Sinn macht.

Die Maßnahmen im Einzelnen! In Bremerhaven fangen wir an. Dort gibt es 50 Kilometer Deich, die fast komplett erhöht werden müssen, sowie die Hochwasserspundwände auf der Columbus-Insel, die Sturmflutsperrwerke an der Geeste und die Kaiserschleuse. In Bremerhaven fangen wir auch an mit unseren Maßnahmen, weil sie dort am wichtigsten sind und auch am schnellsten umzusetzen sind.

Im Bereich des linken Weserufers haben wir 21,6 Kilometer Deiche, davon müssen 13 Kilometer erhöht werden, wobei davon 3 Kilometer Spundwände und andere Schutzbauwerke sind. Im Bereich des rechten Weserufers haben wir den größten Anteil, hier haben wir 37 Kilometer Deichlänge, wovon 27 Kilometer erhöht werden müssen und das oftmals auch um einen halben Meter, außerdem die Bauwerke Lesum-Sperrwerk, die Spundwände in Bremen-Nord.

Dann haben wir noch die Schlachte. Ich glaube, es wird noch schwere Diskussionen in Bremen geben. Jetzt sagen alle, ja, wir müssen unsere Deiche erhöhen zum Schutz, aber wenn man jetzt von einer prognostizierten Erhöhung der Schlachtesicherungsmaßnahmen von 2 Metern hört, dann, denke ich, brauchen wir nicht lange zu warten, bis die ersten Bürgerinitiativen auf dem Platz stehen, die uns sagen werden, dass das alles so nicht geht, und ich höre jetzt schon die Gastwirte schreien. Ich glaube aber, es wird ein Verfahren geben, das transparent ist und in dem alle mitdiskutieren dürfen, mit dem wir versuchen werden, für alle einen vernünftigen Kompromiss zu finden.

All diese Maßnahmen werden nicht im kommenden Jahr abgewickelt, sondern in den nächsten 10 Jahren. Ich denke, das ist ein Zeitraum, der der Größe der Maßnahmen auch angemessen ist und insofern auch als schnell aufgefasst werden kann. Zu den verschiedenen Bemessungsgrundlagen möchte ich nur so viel sagen, in Schleswig-Holstein werden die Dei

che anders bemessen als in Bremen. Man kann nur noch einmal zum Vergleich sagen: In Bremen sind wir durchgängig höher aufgrund unserer Bemessungsgrundlagen als in Schleswig-Holstein, und ich denke, wir sind da in guten Schuhen, auch wenn es jetzt eine neue Studie gibt. Diese neue Studie muss ausgewertet werden, und wir müssen in dem kommenden Verfahren schauen, ob wir unsere Deiche jetzt noch weiter erhöhen müssen, als es der Generalplan aussagt, oder nicht.

Eines ist aber auch klar, es wird nicht durchgängig um 25 Zentimeter erhöht, sondern es wird unterschiedlich erhöht. Das errechnet sich dadurch, dass es an verschiedenen Ecken verschiedene Strömungen, Wellenschläge, verschiedene Windeinflüsse gibt, und insofern gibt es dort verschiedene Höhen, die aber nicht kantig irgendwie abgestuft werden, sondern langsam auslaufen.

Als letzten Punkt möchte ich noch drei Punkte zur Finanzierung sagen. Als Erstes begrüße ich, dass die norddeutschen Länder eine Initiative auf den Weg gebracht haben, dass der Bund sich auch tatsächlich beteiligt, denn das ist gesetzlich festgeschrieben, dass er zu 70 Prozent die Kosten mit übernehmen muss, was über die GAK-Mittel finanziert wird. Die Mittel gibt es, aber sie reichen bei Weitem nicht aus, um 70 Prozent der Gemeinschaftsaufgaben zu finanzieren.

Der zweite Punkt ist, dass die 100 Millionen Euro, die wir auf die zehn Jahre veranschlagt haben, dynamisch sein können, wahrscheinlich auch sein werden, weil wir natürlich mit jeder einzelnen Baumaßnahme sehen, wie teuer es wird. Es ist eine Schätzung, und wir sollten hier keine Augenwischerei machen. Es kann vielleicht billiger werden, aber wie so oft im Leben wird es vielleicht auch ein bisschen teurer.

Als letzten Punkt zur Finanzierung möchte ich sagen, es hat mich erst einmal gefreut, dass der Senat das als Querschnittsaufgabe gesehen hat. Dann hat es mich schon ein bisschen geärgert, dass es dort leichte Querelen gab. Wenn auf Staatsräteebene etwas abgesprochen wird, man sich am Montag noch einig ist, der Finanzsenator, ich weiß ja nicht, ob er die Nacht am Deich geschlafen hat oder wo auch immer, sich am Dienstag nicht erinnern kann – schade, dass er nicht da ist –, wie die Absprache der Staatsräte war, dann finde ich das schon ganz schön traurig.

Für uns steht eines fest: Deichschutz ist eine Querschnittsaufgabe des Senats und kann nicht allein auf Kosten des Umweltressorts gehen! Das Umweltressort und das Bauressort haben in den letzten Jahren wirklich erhebliche Einschnitte erfahren, und wir müssen aufpassen, dass wir uns dort nicht selbst untergraben. Auch wenn wir ein Haushaltsnotlageland sind, bringt jedes Ressort seine einzelnen Beiträge. Das wissen auch die Kollegen von der SPD-Fraktion. Deswegen brauchen Sie da nicht zu rumoren.

Insofern finde ich, dass wir im Ganzen eine gute Vorlage haben, dass wir eigentlich eine solide Finanzierung aufgestellt haben. Ich freue mich, dass wir noch einmal so kurz vor der Wahl ein Thema haben, das nicht vom Wahlkampf geprägt ist. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Dr. Mathes.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vorab möchte ich in Erinnerung rufen, dass Küstenschutz vor allen Dingen Klimaschutz ist. Das war immer Politik von uns Grünen in diesem Hause, der Sie leider nicht gefolgt sind.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das heißt, wir müssen uns jetzt leider auch mit dem weltweiten politischen Versagen, das ist nicht nur auf Bremen bezogen, nämlich den Folgen des Klimawandels auseinandersetzen. Hier drängt die Zeit für Bremen.

Bremen ist weit im Verzug hinsichtlich der entsprechenden Anpassungsmaßnahmen. Deswegen hatten wir Grünen auch die Aktuelle Stunde mit dem Thema „Senat versagt beim Küstenschutz“ beantragt, weil wir Druck erzeugen wollten, dass der Generalplan endlich verabschiedet wird. Es wäre fahrlässig gewesen, wenn noch weitere Verzögerungen eingetreten wären. Man kann sagen, buchstäblich in letzter Sekunde haben sich die Senatoren, Herr Neumeyer und Herr Dr. Nußbaum, geeinigt. Wir Grünen werden eben insbesondere auch, weil die Zeit extrem drängt, den Beschlussvorschlag, der sich in der Mitteilung des Senats befindet, mittragen, auch wenn wir nicht mit allem hundertprozentig übereinstimmen.

Es ist, wie gesagt, aber dringend erforderlich, dass keine weiteren Verzögerungen eintreten, und das umso mehr aufgrund der Tatsache, dass der Klimawandel sich erheblich schneller vollzieht, als irgendjemand noch vor Monaten gedacht hätte, dass es sich in dieser Richtung darstellen würde. Das heißt, es muss mit den Deichanpassungen losgehen. Alles andere wäre unverantwortlich.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der zweite Punkt, der für uns sehr wichtig ist, ist, dass mit dem Generalplan jetzt auch eine substanzielle Grundlage vorhanden ist, die es ermöglicht, dass Bremen in Verhandlungen mit dem Bund tritt, sodass dieser sich angemessen an den Küstenschutzmaßnahmen beteiligt. Deswegen ist es zu begrüßen, den Generalplan Küstenschutz heute hier zu verabschieden.

Bremen hinkt hinterher, Niedersachen und Hamburg haben bereits mit den Deicherhöhungen begonnen. Die Große Koalition hat es versäumt, rechtzeitig auf den Klimawandel zu reagieren. Auf Kosten schneller, angeblicher Erfolge hat der Senat nicht gehandelt und seine Hausaufgaben nicht gemacht. Gleichzeitig wurden die finanziellen Spielräume für Bremen extrem eingeschränkt. Es wurde Geld für überflüssige Projekte ausgegeben. So sind zum Beispiel jetzt im Anschlussinvestitionsprogramm bereits Finanzmittel bis 2014 verfrühstückt. Ich nenne einmal einige Beispiele: 9,4 Millionen Euro für den Büropark Oberneuland, 152,9 Millionen Euro für den SpacePark, 55,6 Millionen Euro für die Kapazitätserweiterung der Stadthalle, 174 Millionen Euro für den Hemelinger Tunnel und so weiter.

(Abg. Frau W i n d l e r [CDU) : Alte Kamellen!)

Das heißt, hier hätte man Geld gehabt, wenn man anders regiert hätte, wenn man richtig regiert hätte und nicht solche Projekte finanziert hätte.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Zu- rufe von der CDU – Abg. P e r s c h a u [CDU]: Das ist ja wie im Kindermärchen!)

Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt! Frau Garling hatte es bereits angesprochen, dass der Generalplan Küstenschutz auf einer jetzt noch unrealistischen Grundlage basiert, weil nämlich der beschleunigte Meeresspiegelanstieg nicht eingerechnet wurde. Herr Senator Neumeyer, trotz Ihres Versprechens in der Umweltdeputation, in Verhandlungen mit Niedersachsen einzutreten, ist das bis heute nicht erfolgt. Es ist weiter offen, soweit ich es verstanden habe. Mir ist auch klar, dass es nicht einfach ist. Mir ist klar, meine Damen und Herren, dass es nicht einfach ist, mit dem niedersächsischen Umweltminister zu verhandeln. Aber eines erstaunt mich schon: Wenn man im Umweltausschuss in Niedersachsen sagt, dass man auch nicht mehr tun muss, weil Bremen auch nur diese 25 Zentimeter säkularen Anstieg des Meeresspiegels annimmt, dann kommen in der Tat Zweifel bei mir auf, ob der Umweltsenator engagiert genug verhandelt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir Grünen erwarten, dass entsprechend nachgebessert wird, denn, Herr Imhoff, wir sind nicht in guten Schuhen, sondern wir müssen dann die Gummistiefel anziehen.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Das reicht nicht!)

Last, not least fordern wir Grünen, dass auf die Vertiefung der Unterweser verzichtet wird. Nach dem neuen IPCC-Bericht muss von diesem Vorhaben endgültig Abstand genommen werden. Was passiert eigentlich, wenn man die Unterweser weiter vertieft? Was heißt das? Das bedeutet, dass man die Folgen des Klimawandels um 10 Jahre nach vorn verschiebt. Das heißt, dann reicht die Zeitplanung, so, wie sie der Senat vorgelegt hat, überhaupt nicht mehr aus, weil man dann die Deiche und die Schutzbauwerke noch schneller erhöhen und entsprechende Maßnahmen treffen muss. Deswegen fordern wir Grünen Sie auf, dass endgültig von diesem ökologisch und ökonomisch unsinnigen Projekt der Unterweservertiefung Abstand genommen wird. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Imhoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte nur noch einmal eben kurz darauf eingehen, dass Frau Dr. Mathes sagt, dass wir schon lange etwas zum Küstenschutz hätten tun müssen. Ohne fachliche Begründung, ohne eine Untersuchung dessen hätten wir keine GAK-Mittel vom Bund dafür ausgeben können, weil das ein Verstoß gegen die Landeshaushaltsordnung ist.

Ich sehe, gerade die Grünen, die sonst ja immer darauf erpicht sind, die Landeshaushaltsordnung einzuhalten, die sonst immer den Zeigefinger heben und sagen, das macht ihr verkehrt, und das ist nicht richtig – –.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Da gab es ja auch genug zu zeigen!)

Das glauben Sie! Aber Sie haben ja nie Recht bekommen, das ist ja das Problem!

(Beifall bei der CDU)

Dass Sie uns jetzt gerade vorwerfen, dass wir dafür Geld ausgeben müssen und dafür gegen die Landeshaushaltsordnung verstoßen sollen, finde ich schon ein bisschen seltsam. Aber ich freue mich, dass wir alle für den Küstenschutz sind. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster erhält das Wort Senator Neumeyer.