Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis möchte ich im Zusammenhang mit der Diskussion um die PIN AG, die im Moment geführt wird, aus einer Zeitungsmeldung der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zitieren. Dort wird wiedergegeben, wie ein Mitgesellschafter der PIN AG die Sache bewertet. Ich zitiere: „Herr Döpfner“, also der Springer-Chef, „geht mit einem werthaltigen Unternehmen um, als spiele er Fußball mit einer leeren Blechdose.“ Soweit ein Geschäftsführer eines PIN-AG-Minderheitsaktionärs! Weiter: „Springer spielt mit dem Feuer. PIN könnte auf veränderter Basis weiter betrieben werden.“ Soweit die Einschätzungen von Mitgesellschaftern der PIN AG selbst!
Ich darf, Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis auch eine Einschätzung von Herrn Alt, dem Chef der Bundesagentur für Arbeit, anführen. Ich zitiere: „Man hat sich politisch dafür entschieden, dass der Briefschreiber das Porto voll bezahlt und nicht teilweise der Steuerzahler über die Grundsicherung.“
Ich darf weiter zitieren: „Wir mussten vielen grünen Briefträgern aufstockende Beträge zahlen, weil ihr Gehalt zur Sicherung ihrer Existenz nicht ausreicht.“ Soweit der Chef der Bundesanstalt für Arbeit!
Es gibt einen anderen kommentierenden Ton zu dem Thema. Ihr Parteivorsitzender, Herr Westerwelle, hat es für richtig gehalten, von „Mindestlohn ist DDR pur ohne Mauer“ zu sprechen. Dabei hat er wohl übersehen, dass dann Großbritannien eine DDR ohne Mauer wäre,
die USA eine DDR ohne Mauer, die Niederlande eine DDR ohne Mauer und viele andere auch. Soweit meine Antwort auf die Frage!
Ja, bitte, eine letzte! Herr Senator, denken Sie nicht auch, dass es angesichts der von Ihnen vorgetragenen Äußerungen nicht sinnvoller wäre, einen Einkommenszuschuss zu zahlen und zu dem Modell des liberalen Bürgergeldes überzugehen? Denn das ist doch, jedenfalls nach meinem Eindruck, die eindeutige Konsequenz aus dem, was Sie vorgetragen haben!
Herr Abgeordneter, zunächst halte ich es für gut und sinnvoll, dass alle politischen Parteien – die CDU und selbstverständlich die Sozialdemokratische Partei Deutschlands – sich mit der Frage eines existenzsichernden Auskommens für unsere Bürgerinnen und Bürger beschäftigen. Wir – wie im Übrigen auch die Europäische Kommission und, wie ich es eben zitiert habe, andere Länder – halten den Mindestlohn für den richtigen Weg, es zu tun. Herr Althaus, der Ministerpräsident von Thüringen, hat ja auch angekündigt, dass er in ein oder zwei Jahren etwas vorschlagen will. Wir halten den Mindestlohn – im Moment jedenfalls – für den sinnvollsten Weg, mit dem Thema umzugehen.
Herr Senator, teilen Sie mit mir die Auffassung, dass durch die Einführung des Mindestlohns die Anzahl der zu transportierenden Briefe schlagartig vermindert werden wird?
Frau Abgeordnete, Sie sprechen da ein Thema an, ohne dass man Details aus Interna des Unternehmens weiß, dass natürlich die Frage, wie viele Briefe die Beschäftigen jeweils zustellen, ein ganz
entscheidender Faktor ist und dass es offensichtlich erhebliche Probleme bei einigen Postdienstleistern gibt, genug Briefe zu generieren, also vom Markt genug Briefe so zu generieren, dass das Verhältnis von Kosten zu Ertrag in einem richtigen Verhältnis steht. Insoweit ist es unschwer ableitbar, ohne dass man Interna wissen muss, dass es zumindest ein ganzes Bündel von Themen gibt, die zu der wirtschaftlichen Situation geführt haben, in der sich die PIN AG jetzt offensichtlich befindet.
Ihnen ist wahrscheinlich auch bekannt, dass die Deutsche Post angeboten hat, die Briefzusteller, die gegebenenfalls bei der PIN AG ihre Arbeitsplätze verlieren, zu übernehmen und dann eben zu anständigen Löhnen. Teilen Sie meine Auffassung, dass dies kein schlechter Tausch für diese Postzusteller wäre?
Das ist mit Sicherheit kein schlechter Tausch, und ich füge auch gern noch einmal an, dass das bisherige Entlohnungssystem zu Belastungen des Steuerzahlers geführt hat.
Herr Senator, ist Ihnen aus der modernen Wirtschafts- und Sozialgeschichte ein Fall bekannt, in dem die Forderungen und Auseinandersetzungen um eine erhebliche, aber notwendige Lohnerhöhung nicht verbunden gewesen wären mit der Drohung der Arbeitgeber, dass dies zu großen Entlassungen und Kündigungen führen würde?
Herr Abgeordneter, das ist wirtschaftsgeschichtlich die natürliche Auseinandersetzung zwischen der Kapitalseite und der Arbeitnehmerseite. Insofern ist das für sich genommen nicht überraschend. Eine besondere Qualität bekommt der Vorgang eben dadurch, dass hier ganz klar die Verbindung zwischen einer unternehmerischen Frage, nämlich der Lohnstruktur in einem Unternehmen, verbunden wird mit einer politischen Forderung Richtung der gewählten Organe, nämlich Bundestag und Bundesrat, von einer Gesetzesbeschlussfassung Ab
stand zu nehmen, um dieses unternehmerische Thema zu klären. Das hat schon eine besondere Qualität, vor allem, weil es von jemandem kommt, der als einflussreicher Medienunternehmer auch eine Verantwortung für das Gesamte in der Bundesrepublik Deutschland hat. So zumindest meine Auffassung!
Für die Aktuelle Stunde liegen zwei Themen vor, und zwar erstens auf Antrag des Abgeordneten Dr. Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und des Abgeordneten Dr. Sieling und Fraktion der SPD „GALILEO: eine Herausforderung für Bremen“ und zweitens auf Antrag der Abgeordneten Hinners, Röwekamp und Fraktion der CDU „Ausgetrickst – Rot-Grün schiebt Besoldungserhöhung für Beamte“.
Hinsichtlich der Reihenfolge der Redner wird nach der Reihenfolge des Eingangs der Themen verfahren. Wir kommen daher jetzt zu
Bevor ich nun den ersten Redner aufrufe, möchte ich auf der Besuchertribüne recht herzlich eine Gruppe von Polizeibeamten aus Bremen und Bremerhaven begrüßen.
Außerdem möchte ich den Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats Herrn Mevissen und Vertreter der Deutschen Steuergewerkschaft begrüßen. – Seien Sie alle herzlich willkommen!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In jüngster Zeit konnte man in den Medien Überschriften ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
lesen wie „GALILEO soll Jobs in Bremen schaffen“, „Viele Firmen an GALILEO beteiligt“, „GALILEO – Hoffnung auf Aufträge“, „Akzeptabler Kompromiss“.
Ich will einen kleinen Moment bei der Überschrift „Akzeptabler Kompromiss“ verweilen! Die Europäische Union hat sich mit dem Satelliten-Navigationssystem GALILEO relativ schwer getan, schwer getan deshalb, weil es nationale Interessen zuhauf gab, weil es auch um ein relativ großes Volumen ging, 3,4 Milliarden Euro sind da zu vergeben, und natürlich die nationalen Wirtschaften zahlreiche eigene Interessen hatten. Nunmehr gibt es aber eine Finanzierung, den Kompromiss, und die Europäische Union hat beschlossen, GALILEO umzusetzen.
Es sind 30 Satelliten, die in der Umlaufbahn das machen, was GPS als bekanntes Navigationssystem der Amerikaner nunmehr auch eigenständig für Europa machen soll. Die Eigenständigkeit ist deshalb nicht ganz unerheblich, weil das Navigationssystem GPS unter militärischer Kontrolle ist, während GALILEO von vornherein als ziviles Navigationssystem konzipiert ist. Das heißt, es unterliegt eben nicht der militärischen Kontrolle, was ich selbst als Grüner, überhaupt vielleicht auch als jemand, der dem Militär relativ skeptisch gegenübersteht, außerordenlich wichtig und richtig finde.