(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Schon wie- der Legendenbildung! – Zuruf des Abg. R ö w e k a m p [CDU])
Wenn man ein derart völlig neues Gesetz verabschieden will, dann macht man die Anhörung und Beteiligung zuerst.
Das ist so, das muss man machen! Das ist eine Abwägung, und dann gibt man eine Begründung für das Gesetz. Das ist hier nicht gegeben! Wir bekommen hier einen Gesetzentwurf, und es liegt noch nicht einmal eine Begründung vor. Die Begründung hat nun der Fraktionsvorsitzende persönlich liefern wollen. Ich habe es nicht so richtig verstanden,
ob es wirklich eine echte Begründung war. Jetzt möchte ich einmal anhand von zwei oder drei Punkten sagen, warum das ein Gesetzentwurf ist, der rechtlich nur auf vagen Füßen steht.
Was Sie alles gesagt haben, das trifft hier in Wirklichkeit gar nicht zu. Sie müssen nur noch einmal den Paragrafen 1 lesen, darin ist von gewissen sozialen Mindeststandards die Rede. Was aber bedeutet das denn eigentlich, was heißt das und was ist damit gemeint? Das ist ein Rechtsbegriff, der auslegbar und dehnbar ist.
Wenn es da zu irgendwelchen Streitigkeiten kommt, dann möchte ich einmal sehen, wer an welcher Seite recht bekommt, nämlich gar keiner, weil es völlig undefiniert ist! Völlig unbrauchbar!
Dann behandelt der Paragraf 17 die Chancengleichheit von Mann und Frau. Dies geht völlig an dem ganzen Gewerbe, das davon betroffen ist, vorbei.
Jeder Verband und jedes Unternehmen wird Ihnen sagen: Sie können es gar nicht alles abwägen, weil sie in gewissen Bereichen, in denen sich Frauen für manche Berufe bewerben, keine Bewerbungen haben. Es ist völlig an der Realität vorbei, deswegen sage ich, das hätte man alles vorher mit den Menschen besprechen können. Dann hätte man vielleicht den einen oder anderen Satz im alten Vergabegesetz ändern können, aber ein neues Gesetz mit diesen vagen Formulierungen zu schaffen, halte ich für ziemlich abenteuerlich. Dafür geben wir uns natürlich auch nicht her!
(Beifall bei der CDU – Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Weil du die Antwort nicht geben könntest! – Lachen bei der SPD)
Das wissen Sie doch gar nicht, ob ich die Antwort nicht geben kann, weil ich Ihre Frage nicht kenne, weil ich sie nicht annehme!
In dem Gesetz ist ferner keine Befristung vorgesehen. Wir haben uns vorgenommen, dass wir die Gesetze immer auf fünf Jahre befristen wollen. Außerdem ist das Mittelstandsfördergesetz hier überhaupt nicht angewandt worden. Reihenweise Fehler! Dafür geben wir uns nicht her.
Wenn Sie wollen, dass eine Anhörung stattfindet und dass wir Änderungen vornehmen sollen, dann beraumen Sie sie an, dann werden wir auch unsere Argumente einbringen, aber so, wie es hier ist – ohne jegliche Abstimmung, nur weil Sie versuchen wollen, den Leuten zu erklären, dass Sie hier eine besonders soziale Ader an den Tag legen wollen –, bekommen Sie unsere Zustimmung nicht. – Danke sehr!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jetzt kläre es einmal eben auf! Ich habe leider nicht eineinhalb Stunden Redezeit. Ich könnte es selbstverständlich aufklären. Herr Focke, ich freue mich auch schon auf die Anhörung, da können wir uns dann sachlich über die Themen auseinandersetzen.
Herr Focke, wir haben Jahr und Tag zusammen im Vergabeausschuss gesessen. Sie kennen die Probleme genauso wie ich, Sie wissen, was in dem Ausschuss gelaufen ist und an welchen Dingen Vergaben manchmal gescheitert sind, die wir gern anders gemacht hätten.
Herr Focke, es ist schon so: Die Vergabeentscheidung, die es hier in Bremen in einer Straßenbausache gegeben hat, da lag der Preisunterschied zwischen dem Ersten und Zweiten bei etwa drei Prozent. Der Erste, der das bekommen hat – eine nicht bremische Firma –, hat dann Pflasterarbeiten an einen Subunternehmer vergeben. Ich habe dann gefragt: Bildet diese nicht bremische Firma aus? – Nein! Ich wusste, diese bremische Firma bildet aus. Leider ist die Vergabe dann so erfolgt, dass die nicht bremische Firma das bekommen hat. Ich habe dann die Vergabejuristen aus der Behörde gefragt: Wie sähe es denn aus, wenn wir eine Formulierung hätten, dass bei gleichwertigen Angeboten der Ausbildungsbetrieb das wirtschaftlich günstigere Angebot abgeben würde? Da wurde mir dann gesagt: Jawohl, das wäre so. Hätten wir dieses Gesetz gehabt, wäre dieser große Auftrag in Bremen geblieben, und der Ausbildungsbetrieb hätte diesen Auftrag bekommen. Deswegen ändern wir das, Herr Focke, damit wir in solche Fallen nicht mehr hineinlaufen, und dort etwas tun können.
Mit dieser Regelung „Soziale Gesichtspunkte“ schaffen wir für den Vergabeausschuss und für die vergebenden Stellen Handlungsspielräume, die dann ausgenutzt und genutzt werden können, vernünftige Entscheidungen im Interesse Bremens zu treffen. Im Übrigen, Herr Möllenstädt, bin ich Ihnen richtig dankbar, meine FDP-Welt stimmt wieder.
Ganz klasse, hervorragend! Ich habe mich hier in den letzten Debatten erwischt, dass ich Beifall bei FDPBeiträgen geklopft habe. Das ist jetzt wieder alles in Ordnung. Super, schönen Dank, Sie haben meine Welt wieder in Ordnung gebracht, das finde ich ganz klasse! Ihren Beitrag finde ich nicht klasse, sondern ziemlich daneben. Ich will darauf jetzt aber nicht im Einzelnen eingehen, das hat mit der Redezeit zu tun, aber auch in dem Zusammenhang freue ich mich auf die nette, schöne Debatte in den Anhörungen.
Zu der grundsätzlichen Zielsetzung hat Kollege Dr. Sieling schon etwas gesagt. Es gibt übrigens 9 Bundesländer, die ein Vergabegesetz haben. Das Vergabegesetz in Nordrhein-Westfalen ist daran gescheitert, dass die Kommunen und die Betriebe, die privatisierten Betriebe, nicht daruntergefallen sind. Die Umfrage hat ergeben, das Gesetz wirkt nicht. Kein Wunder, wenn keiner darunterfällt, kann es auch nicht wirken! Daran ist es gescheitert.
Wir, Kollege Dr. Sieling hat es erörtert, wollen, dass die privatisierten Betriebe darunterfallen, und wir wollen, dass die Kommunen, dass alle darunterfallen. Den Fehler machen wir also schon einmal nicht, sondern den merzen wir gerade aus.
Es geht, Herr Möllenstädt, um ein ganz altes Prinzip: gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Das ist überhaupt nichts Neues, sondern ein ganz altes Prinzip. Wenn Sie sagen, na ja, die Konkurrenz ist ein wenig günstiger, dann frage ich Sie: Wo fängt denn „ein wenig“ an, 7 Euro Stundenlohn für einen Arbeitnehmer aus Polen, 2 Euro für einen Arbeitnehmer aus Bulgarien oder Rumänien oder eine Schale Reis für jemanden, der aus China kommt? Wo fängt es denn an mit „ein wenig günstiger“? Auch die globalisierte Wirtschaft braucht Spielregeln, und sie ist für die Menschen und nicht für die Profitmaximierung da.
Deswegen brauchen wir Spielregeln, Spielregeln für 481 Millionen Euro, die wir allein über den Vergabeausschuss des Bauressorts innerhalb von 4 Jahren vergeben. Bei den 481 Millionen Euro ist keine Hafenvergabe und keine Vergabe des Sportsenators dabei und wer noch so alles vergibt. Es geht um eine Menge Geld, deswegen gibt es einiges an Emotionen.
Wir verbessern mit dem Vergabegesetz die Einnahmen, weil wir – ich habe es eben schon gesagt – Aufträge in der Region halten können. Es hat auch damit zu tun, dass wir Vergabegrenzen festlegen wollen, die höher sind als diejenigen, die es derzeit gibt. Es geht auch darum, dass wir den Mittelstand fördern, das ist hier angesprochen worden. Natürlich kennen wir das Mittelstandsförderungsgesetz, in dem vorgesehen ist, dass größere Aufträge in kleine Lose geteilt werden müssen, um auch die heimische Wirtschaft und auch die Mittelständler beteiligen zu können.
Dies ist im Entwurf des Vergabegesetzes explizit aufgenommen worden, weil wir genau das wollen. Wir wollen, dass die bremische, die heimische, die regionale Wirtschaft Aufträge bekommen kann und bekommen wird, deswegen gibt es andere Auftragswerte für freihändige und beschränkte Auftragsvergaben.
Ich sage aber auch gleich in Richtung der Wirtschaft, weil ich weiß, dass damit Gefahren verbunden sind, das will ich gar nicht verschweigen: Wenn die Bauwirtschaft anfängt oder wenn andere anfangen, Preisabsprachen zu treffen und damit das Gesetz aushebeln, dann lassen wir uns etwas einfallen. Das sage ich hier ganz deutlich. Wir müssen dann sehen, dass das nicht so ist.
Der ÖPNV bleibt im Gesetz enthalten, nicht wie in Niedersachsen, wo er herausgestrichen wird. Wir lernen und die Niedersachsen lernen, da, wo die CDU etwas zu sagen hat, gibt es keine Vergabegesetze, wird die soziale Gerechtigkeit heruntergefahren, und der ÖPNV fällt heraus.