Protokoll der Sitzung vom 20.02.2008

Die sind verdreckt, die sind marode, die sind beschmutzt und nichts anderes. Wenn Sie das nicht wahrhaben wollen, dann sind Sie hier am verkehrten Platz! Das ist wieder urtypisch, Sie reden hier wieder einmal mit leeren Schlagworten um den heißen Brei herum. Unsere Kinder aber, Herr Dr. Buhlert, brauchen keine leeren Schlagworte. Was unsere Kinder dringend benötigen, sind Zukunftsentwicklungen auch im Bereich der Kinderspielplätze im Allgemeinen. Dazu gehören saubere, sichere, wohlfühlbare Kinderspielplätze in Bremen und Bremerhaven. Aber nein, stattdessen sollen dringend erforderliche Zuschüsse, meines Wissens das sogenannte Impulsprogramm, gekürzt werden. Herr Dr. Buhlert, ist es richtig, dass das gekürzt wird oder nicht?

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Warten Sie die Haushaltsberatungen ab!)

Aber komisch! Im Bundestag war auch Ihre Fraktion, die FDP, bei der unverschämten zehnprozentigen Diätenerhöhung der Bundestagsabgeordneten – –.

(Unruhe)

Ja! Darum haben Sie sich mehr Sorgen gemacht als um die Sorgen der Kinder und die Zukunft unserer Kinder. Das ist politisch unverantwortlich! Da waren sich fast alle einig, da dauerte die Diskussion keine zehn Minuten, da haben Sie Ihre Diätenerhöhung beschlossen. Aber für den sehr wichtigen Schutz und die Zukunft unserer Kinder ist urplötzlich kein Geld da. Da wird unendlich lange herumgeeiert, zuviel geredet, zerredet und rigoros gekürzt. Darum sage ich in aller Deutlichkeit, Sie müssen endlich mehr für unsere Kinder tun und viel mehr in ihre Zukunft in

vestieren und nicht nur über angebliche Kinderfreundlichkeit reden.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Jetzt noch ein Bier!)

Herr Dr. Buhlert, ich habe schon etliche Anträge zur Bekämpfung der Kinderarmut auch in Bremerhaven, auch in der Stadtverordnetenversammlung, gestellt, dort sind Sie zwar nie anwesend, maßen sich aber hier an, über Diskussionen in der Stadtverordnetenversammlung zu reden.

(Zuruf des Abg. D r. B u h l e r t [FDP])

Das ist typisch. Wer das nicht begreifen will oder nicht begreift, der macht sich mitschuldig an einer erschreckenden und zunehmenden Orientierungslosigkeit, Zukunftslosigkeit unserer Kinder und somit an einem steigenden moralischen Werteverfall in unserer Gesellschaft.

Meine Damen und Herren, geben Sie unseren Kindern eine saubere, sichere Zukunft, und das fängt bei sauberen, sicheren und wohlfühlbaren Kinderspielplätzen in Bremen und Bremerhaven an! Dass ich mich dabei nicht auf die Unterstützung der FDP verlassen kann, haben Sie soeben deutlich gemacht. – Ich danke Ihnen!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag des Abgeordneten Tittmann mit der Drucksachen-Nummer 17/155 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/ Die Grünen, Die Linke und FDP)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Opferschutz durch Prävention

Antrag der Fraktion der CDU vom 4. Dezember 2007 (Drucksache 17/164)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Lemke.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Winther.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben in diesem Hause vor ungefähr anderthalb Jahren das Thema Schutz vor Sexualstraftaten debattiert. Ich muss feststellen, dass das damals eine sehr engagierte Debatte war, dass sie aber leider ohne jegliche Konsequenz geblieben ist. Wer aber den Opferschutz ernst nimmt, der kann nicht nur debattieren, sondern der muss sich auch Gedanken machen, was notwendig ist und geschehen muss, um Sexualstraftaten zu vermeiden. Hier liegt einiges im Argen.

Sowohl für bereits verurteilte Sexualstraftäter als auch für gefährdete Menschen ist das Therapie- und Vermeidungsangebot in Bremen nicht ausreichend. Ich finde es bedauerlich, dass ich dieses Thema hier ohne Beteiligung des Justizressorts diskutiere. Ich meine, das bestätigt noch einmal mein Problem, das ich hier habe, dass die Signale, die wir auch beim letzten Mal gesetzt haben, beim Senat nicht angekommen sind.

(Beifall bei der CDU)

Ich fange einmal mit der ersten Gruppe an, und zwar: Wer nach einer Sexualstraftat zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden ist, erhält in aller Regel die Auflage, sich einer Therapie zu unterziehen und auch die Tat aufzuarbeiten. Diese Auflagen aber durchzuführen, gleicht in Bremen eher einer Odyssee. Es gibt in Bremen nicht genug Therapiemöglichkeiten, denn zu wenig niedergelassene Therapeuten sind qualifiziert, und diese Ärzte möchten nicht nur Sexualstraftäter in ihren Praxen sitzen haben.

In vielen Fällen werden zusätzlich Auflagen ausgesprochen, die die klassische Therapie nicht erfüllen kann. In der Therapie durch einen approbierten Arzt geht es in aller Regel um eine tiefenpsychologische Aufarbeitung der Probleme, nicht aber darum, mit Tätern, mit dem Umfeld und mit dem Opfer umzugehen zu lernen. Gerade diese umfassende Aufarbeitung einer Straftat zahlen die Kassen nicht.

Hilfe könnte die Fachstelle für Gewaltprävention leisten, die diese umfassende Arbeit anbietet. Sie kooperiert mit anderen Fachstellen, arbeitet handlungsorientiert und vor allen Dingen opferorientiert, geht also weit über die klassische ärztliche Therapie hinaus. Diese Fachstelle stellt das Delikt in den Mittelgrund und weniger den Hintergrund der Tat. Ziel ist, dass der Täter Verantwortung für sein Handeln übernimmt, und damit soll bewirkt werden, dass Wiederholungstaten, soweit es geht, vermieden werden. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Was die Fachstelle für Gewaltprävention anbietet, ist also ein Behandlungsprogramm und kein Heilprogramm. Wer ein solches Angebot annehmen will, muss es selbst zahlen oder unter 18 Jahren sein, dann nämlich übernimmt die Kinder- und Jugendhilfe die Kosten. Wer aber zum Beispiel Hartz-IV-Empfänger ist, für den zahlt niemand die 50 Euro, die eine solche Behandlungsstunde kostet, und das kann nicht in unserem Sinne sein.

(Beifall bei der CDU)

Ähnlich sieht die Situation bei Menschen aus, die noch nicht offiziell strafrechtlich aufgefallen sind, die zum Beispiel von ihren Frauen, von der Polizei gemeldet wurden, oder auch bei denen, die sich selbst melden. Als Selbstzahler können sie Hilfe bei den Ärzten oder auch bei der Fachstelle in Anspruch nehmen, sind sie aber minderbemittelt, bleibt die Hilfe auf der Strecke. Für diese Menschen brauchen wir dringend einen Fonds, denn es kann nicht sein, dass umfassende Therapie zur Vermeidung von Sexualstraftaten vom sozialen Stand des Betroffenen abhängt.

Bremerhaven hat einen solchen eigenen Finanzierungstopf. Den hat es deswegen, weil in Bremerhaven gar keine Therapeuten zur Verfügung stehen, um Behandlungen zu übernehmen. Dieser Topf ist mit 6000 Euro ausgestattet, diese 6000 Euro decken, wenn überhaupt, nur die Spitze des Eisbergs ab, eine tiefergehende Beratung ist mit dieser Summe nicht zu leisten.

Es gibt aber auch noch eine andere Gruppe, die wir nicht außer Acht lassen sollten, das sind die Menschen mit pädophilen Neigungen, die, ohne bereits Täter geworden zu sein, Hilfe suchen. Das sind auch die Menschen, die mit Kinderpornografie im Internet agieren. In einer aktuellen Aktion der Polizei in Bremen sind 80 Personen durch Kinderpornografie aufgefallen. Man schätzt, dass 50 Prozent dieser Fälle in Kindesmissbrauch enden. Also, auch hier präventiv zu wirken, muss ein ganz großes Anliegen von uns allen sein.

(Beifall bei der CDU)

Das Berliner Projekt der Charité „Kein Täter werden“ hat Wege aufgezeigt, wie man schon im Vorfeld gefährdete Menschen ansprechen und behandeln kann. 800 Personen haben sich in Berlin freiwillig gemeldet, und von ihnen sind 500 als gefährdet diagnostiziert worden. Eine Zahl, die uns zu denken geben sollte! Experten gehen davon aus, dass 20 bis 50 Fälle in Bremen präventiv zu behandeln wären, wenn wir ein solches Projekt hätten, haben wir aber leider nicht! Das wären möglicherweise 20 bis 50 Sexualstraftaten, die wir verhindern könnten.

Angesichts dieser Situation fordert die CDU-Fraktion den Senat auf, ein Konzept vorzulegen, wie er

den Mangel in der Prävention sowohl bei bereits verurteilten Tätern als auch bei gefährdeten Menschen beheben will. Es wären rund 50 000 Euro nötig, um zum Beispiel, das können aber auch andere Stellen sein, die Fachstelle für Gewaltprävention in die Lage zu versetzen, diese Arbeit zu leisten. Ich denke, es kann doch nicht sein, dass wir diesen Beitrag zum Schutze der Opfer nicht aufbringen können.

(Beifall bei der CDU)

Wir hatten die Regierungsfraktionen gebeten, unseren Antrag mit zu unterstützen, dies ist aber leider nicht gelungen. Verstehen kann ich das nicht, denn ich weiß, dass alle für eine entsprechende Prävention sind. Ich bin gespannt, wie Sie erklären, dass Sie unseren Antrag hier nicht mittragen. Da es keinen gemeinschaftlichen Antrag gab, sind wir darauf angewiesen, diesen Antrag in den Rechtsausschuss zu überweisen, insofern bitte ich um Überweisung. Details werden wir dann dort sicher im Einzelnen beraten können. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Ehmke.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat beantragen wir hier heute die Überweisung in den Rechtsausschuss, und das hat, Frau Winther, das hatte ich Ihnen ja aber auch gesagt, nichts damit zu tun, dass wir eine grundsätzliche Schwierigkeit mit dem Anliegen dieses Antrags haben. Im Gegenteil, das kann ich hier ganz deutlich sagen, weisen Sie da auf ein richtiges und wichtiges Problemfeld hin, mit dem man sich auseinandersetzen muss, und das wollen wir auch gern tun.

Es ist aber so, dass sich aus diesem Antrag ein paar Fragen ergeben haben. Zum Beispiel sagen Sie, dass in Bremen und Bremerhaven nicht ausreichend niedergelassene Therapeuten zur Verfügung stehen. Nach den Informationen, die ich aus dem Ressort habe, ist diese Einschätzung so nicht völlig richtig, sondern in Bremerhaven gibt es in der Tat, kein Dissens, zu wenig niedergelassene Therapeuten, mit denen das Problem bearbeitet werden kann, deswegen findet in Bremerhaven ja auch bereits eine Kooperation mit der Fachstelle statt.

Für Bremen ist die Einschätzung des Ressorts eine andere, und es ist darauf hingewiesen worden, dass im Hinblick auf die Bewährungsauflagen kein einziger Fall bekannt sei, bei dem aufgrund einer nicht ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

stattgefundenen Therapie eine Bewährung hätte widerrufen werden müssen.

(Vizepräsidentin D r. M a t h e s über- nimmt den Vorsitz.)

Das heißt, nach Kenntnis der Bewährungshilfe gibt es keinen der beschriebenen Fälle, dass eine notwendige Therapie in Bremen nicht durchgeführt worden ist. Ich bin aber bereit, dass man sich das anschaut, dem müssen wir natürlich nachgehen, und wenn es da ein Problem gibt, dann müssen wir das Problem lösen, völlig d’accord! Ich möchte aber gern, dass wir uns im Rechtsausschuss sowohl mit der Fachstelle, die nämlich in der Tat sagt, es gibt da Probleme, als auch mit der Bewährungshilfe damit auseinandersetzen, ob es diese Probleme gibt, und wenn ja, wo und in welchen Umfang, und wenn das so ist, werden wir sie auch lösen.

Ich will ansonsten auf den zweiten Bereich dieses Antrags kurz hinweisen, das ist der Komplex der Selbstmelder. Wir haben auch da ein Gespräch mit der zuständigen Stelle geführt. Das Ergebnis war so, dass auch die Betroffenen uns nicht ganz genau quantifizieren konnten, in welchem Umfang eigentlich Mittel erforderlich wären, um sie in die Lage zu versetzen, ein solches Programm durchzuführen. Das müssen wir aber wissen, um es tun zu können!