Im Konkreten darf man sich aber, glaube ich, auch nicht wundern, wenn man die Geister der Privatisierung und die Geister des Wettbewerbs ruft, dass man sich dann auch mit solchen Dingen zurechtfinden muss, dass irgendjemand sagt: Pass einmal auf! Wenn ich den Auftrag nicht bekomme, dann muss ich möglicherweise irgendetwas Schließen. Solche Zusammenhänge, dass man auf unterschiedlichste Weise Druck macht, dass man auf unterschiedlichste Weise diese Form von Vergabe zu beeinflussen versucht, sind die Realität solcher Verfahren, ich kenne sie in vielfältiger Hinsicht. Darüber darf man sich nicht beschweren.
Wenn man sozusagen solche Formen von Effekten nicht haben möchte, muss man sich insbesondere bei der öffentlichen Daseinsvorsorge meines Erachtens sehr intensiv Gedanken machen, wie man eine Kombination aus öffentlichem Eigentum und Transparenz beziehungsweise Antibürokratismus hinbekommt und sich möglicherweise ein Stück weit schneller und intensiver von der Vorstellung verabschieden, dass der Wettbewerb und privates Eigentum alles besser machen. – Danke!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Für die FDP steht außer Frage, dass alles getan werden muss, um der Bahn möglichst viele Arbeits- und Ausbildungsplätze im Ausbesserungswerk Sebaldsbrück zu erhalten.
Dazu halten wir einen politischen Schulterschluss aller Fraktionen im Haus für wichtig, und wir werden ihn auch nach Kräften unterstützen. Ich will hier in die Richtung der Kollegen Rupp und Jägers sagen: Das ist kein Anlass, um daraus für irgendeine einzelne Partei oder politische Meinung Honig zu saugen,
sondern wir sollten ein klares, gemeinsames Signal für den Erhalt dieser Arbeits- und Ausbildungsplätze setzen.
Es ist zwar richtig, dass der Standort Sebaldsbrück innerhalb der Fahrzeuginstandhaltungswarte der Bahn schon seit längerer Zeit und trotz aller guten und richtigen Anstrengungen der Belegschaft immer wieder einmal als Wackelkandidat gehandelt wurde, aber es ist unanständig seitens der Bahn, die Standortschließung in Sebaldsbrück in einem Zusammen
Herr Kollege Focke, auch wir finden, Bremen kann und darf sich in dieser Frage nicht erpressen lassen!
Das, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, gilt für uns unabhängig davon, ob Vorwürfe im Bezug auf eine politische Einflussnahme oder Korruption zugunsten eines Mitbewerbers der Bahn erhärtet werden können oder nicht. Selbst wenn sich die von Betriebsräten gegen die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen und ihren Geschäftsführer vorgebrachten Vorwürfe erhärten lassen sollten, so kann dies das Verhalten der Bahn in keiner Weise rechtfertigen.
Die Klärung, ob es eine unzulässige Einflussnahme auf das Vergabeverfahren gegeben hat, wäre dann Angelegenheit der Justiz.
Herr Jägers, ich muss schon sagen, wenn Sie hier die Transparenz kritisieren: Sie sind doch bei all den ganzen Schritten dieses Verfahrens mit dabei gewesen. Manchmal habe ich das Gefühl, Sie machen sich in dieser Frage einen ziemlich schlanken Fuß
und lassen Ihren Koalitionspartner hier ziemlich bitter im Regen stehen. Ich kann Ihnen für meine Fraktion sagen: Wir sind froh, zumindest an dieser Stelle, keinen Koalitionsvertrag mit Ihnen geschlossen zu haben, denn dies ist ja wohl kein fairer Umgang miteinander. Ich würde mir eigentlich schon auch wünschen, dass so etwas in dieser Art und Weise dann nicht auch noch öffentlich breitgetreten wird. Das ist kein gutes Bild für Bremen. Wir sollten hier eigentlich mit einer Stimme für den Erhalt von Ausbildungsund Arbeitsplätzen in unserem Land sprechen.
Meine Damen und Herren, im Rahmen einer Beiratssitzung des Stadtteilbeirats Hemelingen hat ein Betriebsrat in der vergangenen Woche plastisch die Reaktion des Bahnchefs Mehdorn auf die Nachricht der verlorenen Ausschreibung beschrieben. Dies ist aus meiner Sicht alles andere als das Idealbild eines modernen und sachlichen Führungshandels. Ein wütender und tobender, cholerischer Autokrat wurde dort beschrieben, der wie ein Kombinatsdirektor aus seiner
Zentrale heraus sein Unternehmen mit Vergeltungsrache und Erpressungsaktionen auf Kosten seiner eigenen Mitarbeiter überzieht. Das entspricht nicht unserer Vorstellung von vernünftigem Führungshandeln und nachhaltiger und sozialverantwortlicher Unternehmenspolitik.
Ich kann Ihnen auch sagen: Für uns gilt das, unabhängig davon, ob es sich hierbei um ein privates oder ein öffentliches Unternehmen handelt.
Ich möchte hinzufügen, dass Herr Mehdorn aus meiner Sicht inzwischen selbst zum größten Hindernis einer wirklich erfolgreichen Bahnprivatisierung geworden ist. Vor dem Hintergrund der Erfahrung mit dem Instandhaltungswerk Sebaldsbrück ist es doch völlig unverständlich, Herr Rupp, warum gerade jetzt einige fordern, dass künftig bei der Bahn weiter der Staat alles machen soll. Der hier diskutierte Fall zeigt doch gerade, dass eine Staatsbahn den Wettbewerb um eine gute Qualität für die Kunden eben oftmals nicht für sich entscheiden kann und dann versucht, auf anderen Wegen und erpresserischen Methoden an Aufträge zu kommen.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der Fall zeigt doch auch, dass die Tatsache, dass sich ein Unternehmen mehrheitlich in der Hand des Bundes befindet, eben keine Garantie dafür ist, dass Arbeits- und Ausbildungsplätze in unserer Region erhalten bleiben. Zugleich wird gefordert, Bremen möge die Schaffung und den Erhalt von Arbeits- und Ausbildungsplätzen in der Region stärker bei öffentlichen Auftragsvergaben berücksichtigen. Darüber, das will ich ausdrücklich sagen, kann man grundsätzlich reden. Allerdings muss man fairerweise sehen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für Vergabegesetze sehr eng sind und nach dem angesprochen Urteil des EuGH nochmals enger geworden sind.
Ich will auch sagen: Hier sollte man den Menschen nicht Sand in die Augen streuen und behaupten, wir könnten das von heute auf morgen in dieser Form verändern. Das ist nicht so, das wissen auch alle in diesem Haus, und deshalb ist es unredlich, den Menschen hier Dinge zu versprechen, die sie – zumindest in realistischer Zeiterwartung – so überhaupt nicht einhalten können.
Was am Ende aus unserer Sicht nicht dabei herauskommen darf, ist, dass zukünftig Ausschreibungen völlig beliebig gestaltet werden und schon vor
dem Ende der Ausschreibung feststeht, wer am Ende den Auftrag bekommen wird. Das würde zu Verschwendung, Korruption und Cliquenwirtschaft führen, und die Zeche würden am Ende Steuerzahler und Verbraucher zahlen. Das kann nicht in unserem Interesse sein! – Herzlichen Dank!
Es hat nur gefehlt, dass Sie sagen, christdemokratisches Bündnis, sozialdemokratische Linke oder irgendetwas, dann wäre es allumfassend gewesen, dann hätte ich das wieder angenommen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe acht Jahre hier im Parlament gesessen, als die Große Koalition regiert und die Grünen opponiert haben. Ich bin sehr froh, dass wir jetzt ein so lebendiges und vielfältiges Parlament bekommen haben, weil wir in der Tat auch sehr spannende Debatten zu Grundsatzfragen bekommen haben, so wie diese gerade, die ja sozusagen von dem Antrag von der CDU aus jetzt doch in sehr grundsätzliche Themenstellungen ausschweift. Zu diesen grundsätzlichen Themenstellungen möchte ich ganz klar Stellung nehmen für die Grünen!
Wir Grünen, alle, wie wir da sitzen, sind große Fans des Wettbewerbs und der Ausschreibungen und des Prinzips, dass der größte Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger, für die Kunden und für die öffentliche Hand – ich nenne sie ausgesprochen an dritter Stelle, weil der Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger für mich an erster Stelle kommt – dadurch entsteht, dass wir diese Aufträge ausschreiben, dass wir diese Ausschreibungsverfahren korrekt nach Recht und Gesetz durchführen und dass wir am Ende zu einem nachvollziehbaren und, wie in diesem Fall, transparenten Ergebnis kommen.
Das ist ein ganz wichtiger Grundsatz, der hier für die Grünen eindeutig an erster Stelle steht. Uns ist aber auch wichtig, und das ist genauso wichtig für diese grüne Fraktion – wenn Sie teilnehmen würden an der Diskussion bei den Grünen, würden Sie merken, wie sehr das eine Rolle spielt –, dass dieses Prinzip, dass wir für die Menschen vorteilhaft finden, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
nicht auf der Basis von Ausbeutung und Lohndumping zustande kommt. Nur beides zusammen macht Sinn: einerseits den Wettbewerb, die Ausschreibungen richtig zu finden für ein gutes Ergebnis, und gleichzeitig darauf zu sehen, dass es nicht auf dem Rücken von einigen wenigen, die dann für einen Hungerlohn arbeiten müssen, stattfindet. Das müssen wir zusammenbekommen, meine Damen und Herren, in dieser Frage und in diesem Prozess!
Weil die Menschen da draußen auch klare Positionen erwarten, will ich auch zu dem sehr geschätzten Kollegen Jägers Folgendes sagen: Das, was Sie angesprochen haben, diese Art von Fantasie, die Sie vorhin meinten, als Sie von Fantasie gesprochen haben, die wir walten lassen sollen in Ausschreibungsverfahren, wollen wir auf gar keinen Fall!
Diese Fantasie, die Sie meinen, soll meiner Meinung nach komplett der Vergangenheit angehören, mit der möchte ich nichts zu tun haben. Ich bin Gründungsmitglied der Bremer Regionalgruppe von Transparency International. Ich kämpfe gegen diese Art von Fantasie in solchen Ausschreibungsverfahren, um das hier auch ganz klar zu sagen.
Ich glaube, dass wir uns in Bezug auf die Arbeitsplätze im Grundsatz einig sind. Wir sind uns aber nicht ganz einig über die Methode, wie wir die Arbeitsplätze am besten sichern. Das ist ein Streit, der überall stattfindet, gerade auch wieder im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf. Ist der Protektionismus – das eher Abschotten, das eher eigene Betriebe begünstigen – langfristig in der Nachhaltigkeit gedacht der Weg, um die Arbeitsplätze zu schützen? Oder ist ein geregelter Wettbewerb auch mit anderen langfristig, auch für die eigenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die wir alle hier im Blick haben, das Geeignetere? Ich glaube, dass wir in der Tat eine Mischung brauchen. Aber die rein protektionistische Herangehensweise – wir müssen alles tun, um die Arbeitsplätze oder die Vergaben an bremische Unternehmen, es ist in dem Beispiel der DB auch nur begrenzt der Fall, dass wir das tun müssen – halte ich nicht für schlüssig und sinnvoll.
Sehen Sie sich an, wie zum Beispiel die Holländer europaweit ausschreiben und damit sehr gute Erfahrungen machen! Sie haben es in Holland geschafft, Arbeitsplätze für die eigenen Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer zu sichern! Auch die skandinavischen Länder zeigen Ihnen, dass in diesen Ländern versucht wird, beides wieder zusammenzubringen und die Arbeitsplätze zu sichern, indem sie einen so geregelten und kontrollierten Wettbewerb organisieren, dass es für die eigenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Ende des Tages eine Gewinnangelegenheit ist, dies so zu machen.