Protokoll der Sitzung vom 10.04.2008

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wird ja nicht alles herausgerech- net!)

für den Ausbau der Hochschule Bremerhaven, Zuschüsse für Investitionen, Finanzhilfen, Erschließung der südlichen Fischereihäfen.

(Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/ Die Grünen])

Meine Damen und Herren, das sind Landesaufgaben! Natürlich, wenn Sie alles hineinrechnen, haben Sie eine hohe Investitionsquote, die Sie aber auch in Bremen haben, weil Sie in Bremen auch Landesaufgaben erfüllen. Das ist ja genau der Trick, den Sie hier verwenden!

(Beifall bei der CDU)

Insofern ist es eben nicht richtig. Wir brauchen besondere Hilfen. Wir müssen im Bereich des Strukturwandels weiter voranschreiten. Genau das ist Taschenspielerei, die Sie hier betreiben, indem Sie Investitionsquoten hochrechnen, die vom Land sowieso getätigt werden. Oder will mir hier jemand erklären, dass Sie als Land die Hochschule nicht mehr unterstützen wollen?

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie können der Landespolizei je- derzeit beitreten!)

Ich glaube, dass das auch unsere Freunde in der Großen Koalition in Bremerhaven nicht unbedingt wollen. Der Diskussion würde ich ja gespannt folgen.

Die Neuausrichtung der Investitionspolitik und der Wirtschaftspolitik ist ja ein Riesenproblem. Wir stehen doch gerade in Bremerhaven mit engen Landesgrenzen im Wettbewerb mit dem Landkreis Cuxhaven. Es ist falsch, wenn wir in diesem Bereich von einer Zuschussfinanzierung zur Darlehensfinanzie

rung bei der Wirtschaftsförderung ausgehen. Wenn im Landkreis Zukunftsförderung gewährt wird, sind wir in einem Wettbewerbsnachteil. Das heißt, wir werden in den nächsten Monaten und im nächsten Jahr mit Sicherheit erkennen müssen, dass Wirtschaftsansiedlungen nicht mehr in dem Umfang vonstattengehen wie vorher, weil man natürlich in den Landkreis abwandern wird. Man hat das ja bei einer großen Wirtschaftsansiedlung gesehen, die nach Cuxhaven gegangen ist. Da war das nicht nur das Grundstück, es war auch die Frage von Wirtschaftsförderung.

Meine Damen und Herren, ganz wichtig ist, und bei der Diskussion, lieber Martin Günthner, werden wir Seite an Seite gegen Bremen stehen,

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Das ist nachweislich falsch!)

darauf weise ich jetzt schon hin, die Frage von Haushaltsgenehmigung in Bremerhaven.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Klug ist das nicht, Herr Bödeker! Klug ist das nicht!)

Liebe Frau Linnert, wir können nicht auf die Instrumente zurückgreifen, auf die Sie zurückgegriffen haben, Kürzung der Sondervermögen, Beleihung der Gesellschaften BLG, BIG und Gewoba. Das können wir als Bremerhavener nicht machen. Wir haben keine Sondervermögen, bei denen wir Zuweisungen kürzen können. Wir müssen andere Wege gehen, um unseren Haushalt aufzustellen. Gerade da ist es eben außerordentlich wichtig, dass wir von Bremen Unterstützung bekommen, insbesondere im Genehmigungsverfahren der Haushalte.

Meine Damen und Herren, wenn Dr. Kuhn hier sagt, man hat mit dem Haushalt eine Punktlandung gemacht, dann kann ich Ihnen aber nur sagen, Sie hätten vorher das Fahrgestell ausfahren sollen, das wäre hilfreicher gewesen.

(Beifall bei der CDU)

Im Bereich der Häfen kürzen Sie die Sondervermögen. Sie haben Hafengebühren erhöht. Es gibt ja die Kleine Anfrage, in der gefragt wurde, wie sich Hafengebührenerhöhungen auswirken. Man hat immer im Hinblick auf Hamburg geantwortet. Man hat nicht auf die West-Range-Häfen geantwortet, was ja wesentlich ist, weil wir genau da in einen Nachteil kommen. Deswegen haben wir auch vor der Hafengebührenerhöhung gewarnt. Frau Linnert hat hier erklärt, dass sie CT III, CT IV und die Osthafenerweiterung abfinanzieren will. Dafür sind wir dankbar, denn die Aufträge sind erfüllt, die Arbeiten sind zu

Teilen ausgeführt. Das müssen Sie abfinanzieren. Oder wollen Sie plötzlich Ihre Rechnung nicht mehr bezahlen?

Auch die Frage der Schleuse ist natürlich eine Frage, die in der letzten Legislaturperiode entschieden worden ist. Insofern war es genau richtig. Was Sie aber nicht machen ist die Unterhaltung. Ich erwähne als Beispiel die Wassertiefe in den Häfen und – weil es wichtig ist, auch wenn nicht jeder die Meinung teilt – die Frage der Drehbrücke im Hafen. Das heißt, für Unterhaltung und Sanierung haben Sie im Haushalt nichts zur Verfügung gestellt.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, weil man jeden Euro nur einmal ausgeben kann!)

Sie finanzieren die alten Sachen ab, aber Sie erhalten nichts im Hafen!

(Beifall bei der CDU)

Die Frage von guten Strukturen ist ja eine ganz wesentliche und wichtige, gerade im Hafenbereich. Wenn ich an die Hafenbehörde denke, in der 24 Stellen abgebaut werden sollen, bei einer Behörde, die hervorragend funktioniert, dann sage ich Ihnen, das ist ein absoluter Fehler, das können Sie so nicht machen. Lassen Sie Strukturen, die funktionieren, so wie sie sind. Es kann nicht angehen, dass die Aufgaben von bremenports erledigt werden, die müssen wir bei der Hafenbehörde lassen!

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Da sind wir uns einig!)

Auch da sind wir uns einig. Sie sehen also, wir haben in Bremerhaven große Probleme. Wir brauchen die Hilfe des Landes. Wir haben die Hilfe des Landes auch in der Vergangenheit bekommen. Aber gerade was die Genehmigung der Haushalte angeht, sind wir allein nicht handlungsfähig, da brauchen wir die Hilfe. Ich appelliere hier in diesem Hause auch an das Finanzressort, dass wir dort zusammen einen genehmigungsfähigen Haushalt erarbeiten, ohne dass, was die Grünen immer gesagt haben, wir uns in Bremerhaven kaputtsparen, weil das die falsche Politik ist.

Wir sind in Bremerhaven auf einem guten Weg. Der Haushalt, wie er jetzt hier vorgelegt wird, ändert den Kurs. Und wenn der Kurs geändert wird, sind wir eben nicht mehr auf einem guten Weg. Das heißt, die Selbständigkeit Bremens und Bremerhavens wird dann gefährdet, wenn es uns nicht gelingt, Bremerhaven mit zu sanieren. Insofern müssen wir eigentlich zusammen – wir haben im Mai Haushaltsberatungen in Bremerhaven – dort einen vernünftigen Haushalt vorstellen, um die Zukunft des Landes abzusichern.

Das ist mit dieser Landesregierung so nicht abzusehen. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Hoch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wie sich die Ausgangssituation gestaltet, hat mein Kollege Herr Dr. Kuhn ja schon deutlich herausgearbeitet. Es ist allen hier im Hause klar, dass die Sanierung des Landes Bremen nur mit Hilfe von Bremerhaven gelingt. Wir wissen auch, dass sich Bremerhaven mitten im Strukturwandel befindet, und deshalb ist es auch richtig, dass wir in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben haben, dass es eine überproportionale Berücksichtigung Bremerhavens bei den Landesinvestitionen gibt. Das steht so auch im Haushalt. Das sind für 2008 75 Millionen Euro, das sind 25,3 Prozent, und 2009 80 Millionen Euro, das sind 27,3 Prozent. Da kann ich nur sagen: Es ist gut, dass wir die Quote von 25 Prozent nicht festgelegt haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich denke, das macht deutlich, dass der begonnene Strukturwandel weiter unterstützt und vorangetrieben wird. Das werden wir ja auch in Zukunft jährlich in dem Bericht zur Lage in Bremerhaven lesen können, der uns jetzt erstmals vorgelegt wird, in dem genau aufgeschlüsselt ist, wie sich der Anteil der Seestadt an den Gesamtinvestitionen des Landes entwickelt hat. Das ist eine neue Transparenz, die ich als Bremerhavenerin nur begrüßen kann.

Auch der kommunale Finanzausgleich hat endlich geregelt, dass die Personalausgaben für die Polizei und Lehrer künftig nicht mehr zu 95 Prozent, sondern zu 100 Prozent erstattet werden. Auch die prozentuale Einwohnergewichtung, die deutlich über der von Bremen liegt, trägt dem Sonderbedarf Bremerhavens Rechnung. Bremerhaven hat tolle Potenziale, die wir auch weiter entwickeln wollen. Aber dabei blenden wir auch die hohe Langzeitarbeitslosigkeit und die Probleme in den Stadtteilen nicht aus. Aufgrund der kurzen Zeit werde ich nur einen Teil ansprechen.

Ich nenne hier zuerst den Fischereihafen. Dieses Gewerbegebiet hat sich nicht nur im Bereich der Lebensmittelindustrie enorm entwickelt, sondern auch viele kleinere Unternehmen haben hier weiter expandiert und neue Arbeitsplätze geschaffen. Das werden wir auch weiter finanziell unterstützen. Gerade an dem Beispiel Fischereihafen wird deutlich, dass ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

die finanzielle Unterstützung die eine Seite ist, dass aber eine Unterstützung der Firmen bei der Ansiedlung und der Expansion und anderen Problemen genauso wichtig ist. Das wird dort durch die Fischereibetriebsgesellschaft hervorragend gelebt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Auch die Windkraftbranche hat sich an diesem Standort hervorragend entwickelt. Zuletzt hat sich die WeserWind gGmbH für diesen Standort entschieden. Ausschlaggebend für die Standortentscheidung waren die hervorragenden Bedingungen Bremerhavens und die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten dort vor Ort. Da ging es eben nicht um die Höhe der Subvention.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist ein deutliches Beispiel dafür, dass wir auch mit der Umstellung der Wirtschaftsförderung Gewinne erzielen können, nämlich indem wir Firmen langfristig an den Standort binden, Firmen, die diesen Standort schätzen und nicht, wenn die Subventionen aufgebraucht sind, den Standort wieder verlassen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Auch die Hochschule Bremerhaven gehört, wie man heute so schön sagt, zu diesem Kompetenzcluster Windenergie. Die enge Kooperation mit der Wirtschaft hat die Hochschule Bremerhaven inzwischen zu einem Standortfaktor werden lassen. So konnten wir neulich hören, dass inzwischen die Anwahl der Studenten eben wegen des guten Rufs geschehen ist, das freut mich besonders sehr. Wir werden auch in den Ausbau der Hochschule weiter Geld investieren, und das steht auch im Haushalt. Das finde ich auch richtig.

(Abg. Frau D r. S p i e ß [CDU]: Wo steht das?)

Das können Ihnen die Haushälter zeigen! Das finde ich als Bremerhavenerin nicht nur aus den eben genannten Gründen wichtig, sondern es bringt auch junge Menschen in die Stadt, und die brauchen wir in Bremerhaven besonders nötig.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist auch ein guter Übergang, um das MutterKind-Zentrum anzusprechen. Auch dafür werden 17 Millionen Euro in den Haushalt investiert. Das, denke ich, ist wichtig, um endlich die oberzentrale Bedeutung Bremerhavens in der Gesundheitsversorgung zu stützen.

Bremerhaven ist ohne Häfen nicht denkbar. Über diese Häfen werde ich jetzt hier aber nicht viel sagen, da wurde genug zu den Investitionen gesagt, und das haben wir in den letzten Monaten hier auch ausführlich debattiert. Aber der Punkt, dass da nicht investiert wird, hat mich schon etwas geärgert. Demnächst gehen Sie herum und sagen, wir lassen da das Wasser ab.

(Heiterkeit und Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. B ö d e - k e r [CDU]: Das ist Ihnen zuzutrauen! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Die Men- schen würden das glauben!)

Das ist schön, dass Sie denken, ich könnte so etwas möglich machen, Herr Bödeker!

Ich habe am Anfang gesagt, dass wir die Problembereiche auch nicht ausgeblendet haben. Einer davon ist die hohe Langzeitarbeitslosigkeit, die wir immer noch in Bremerhaven haben. Zukünftig soll Bremerhaven bei der Verteilung der EU-Mittel in den Arbeitsmarktprogrammen entsprechend dem Anteil an den Arbeitslosen berücksichtigt werden. Das zu Ihnen, Herr Bödeker, weil Sie das ja gerade angesprochen haben! Das haben wir in der letzten Deputationssitzung beschlossen, dass es an der Quote festgemacht wird. Davon wird Bremerhaven profitieren, denn ich denke, dass es wichtig ist, Menschen wieder eine Perspektive zu geben. Ich denke, ich habe deutlich gemacht, wo die Schwerpunkte liegen. Diese Regierung unterstützt Bremerhaven. Das können Sie dem Haushalt entnehmen.

Aber zum Schluss muss ich noch eine Bemerkung zur Klage in Karlsruhe machen. Bremerhaven hat sich mit Vertretern Bremens auf den Kurs geeinigt, wie das Land die Klage vorbereitet. Das ist für beide Kommunen nicht einfach, aber das ist notwendig. Deshalb sollten die nötigen Abstimmungen zwischen Bremerhaven und dem Finanzressort – Sie haben das gerade erwähnt – nicht über die Presse und politische Begleitmusik stattfinden. Probleme in einen Koffer zu packen, wie es gerade der Stadtkämmerer Herr Teiser macht, und nach Bremen zu schicken, denke ich, ist nicht lösungsorientiert. Ich erwarte für Bremerhaven, dass es zu Gesprächen kommt und nicht zu einem regen Briefverkehr. – Vielen Dank!