wollen, nämlich die Frage: Wie hoch ist der Anteil befristeter und oder gering bezahlter Arbeitsplätze, und wie haben sich diese im Bereich der Kulturwirtschaft, je nach Datenlage, in den letzten fünf oder zehn Jahren entwickelt? Diesen auf die dort arbeitenden Menschen bezogenen Anteil hätten wir gern im Bericht. Das ist ein Beitrag zur sprachlichen Vereinfachung, denn ich habe die Formulierung „prekäre Arbeitsplätze“ hier einfacher ausgedrückt, und es ist auch ein Beitrag zum Bürokratieabbau, da ich dazu keinen Antrag stelle, sondern herzlich darum bitte, dies in den Bericht aufzunehmen. Wenn Sie das hier erklären, dann ersparen Sie uns eine Anfrage in der Richtung und einen Verwaltungsvorgang. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal freue ich mich ja, dass die heimliche Kultursenatorin unseres Stadtstaates anwesend ist.
Die heimliche! Denn der übliche Kultursenator glänzt bei den meisten kulturellen Debatten und Veranstaltungen mit Abwesenheit.
(Beifall bei der CDU – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Aber ist Chefsache! – Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Er sitzt im Vermittlungs- ausschuss! Nur zu Ihrer Kenntnis!)
Wir haben das deutlich erlebt beim Chorfestival. Wir haben ihn vermisst bei der Präsenz unseres Bundespräsidenten bei einem Konzertaufenthalt. Ich erlebe es bei vielen Kulturveranstaltungen und Theaterpremieren, die ich abends besuche. Ich freue mich immer wieder darüber, die sehr angenehme Zusammenarbeit mit Frau Emigholz loben zu können und sie dort auch anzutreffen. Der Kultursenator glänzt durch Abwesenheit.
Es kennt ihn als solchen in Bremen niemand, und wenn Sie, so wie ich, bundesweite Freunde und Kontakte haben, weiß überhaupt niemand, wer in Bremen im Senat für Kultur verantwortlich ist.
Zum Thema Kulturwirtschaftsbericht haben sich ja meines Erachtens doch recht erfreuliche Sichtweisen
ergeben. Frau Krusche, ich hatte es Ihnen bereits gesagt, wir werden Ihrem Antrag zustimmen. Wir hatten früher ein Nebeneinander von Wertschöpfung und Arbeit und Erwirtschaftung von Umsätzen, Gehältern und Steuern auf der einen Seite und auf der anderen Seite Freizeit, Vergnügung, Erholung und Erbauung und haben dies fälschlicherweise bisher als weichen Wirtschaftsfaktor eingestuft. Wir hatten also allenfalls ein Nebeneinander von Kultur hier und Wirtschaft dort.
Zwischenzeitlich hat sich aber eine Phase der Annäherung ergeben. Das sehen wir durch Sponsoring, das sehen wir durch Imagetransfer, das sehen wir dadurch, dass Firmen Kultureinrichtungen nutzen, das sehen wir durch die Kulturbörse der Handelskammer. Es hat sich also so etwas wie ein Miteinander ergeben, aber eben noch kein Füreinander.
Neu ist jetzt die Erkenntnis, dass Kulturwirtschaft doch ein eigenständiger Wirtschaftszweig sein kann, ein Motor mit Zugkraft, ich würde sogar sagen, einer mit Frontantrieb. Es gehört also zu den wirtschaftlichen Kernbereichen und schafft eine Menge von Arbeitsplätzen, hat eine hohe Wertschöpfung, und auch die öffentliche Hand profitiert durch enorme Rückflüsse. Herr Professor Herzogenrath belegt es immer wieder mit dem Track Record seiner Ausstellungen.
Wie ist nun die künftige Entwicklung? Wie kann man diesen Jobmotor nutzen? Wie kann man daraus einen Innovationsimpuls ziehen, denn die kreativen Industrien, meine Damen und Herren, können meines Erachtens geradezu Quantensprünge initiieren. Wer einmal die Ausstellung „Zeitsprünge“ im Wagenfeld-Haus, in der Design GmbH, gesehen hat, der sieht an anschaulichen Beispielen – und ich empfehle jedem den Besuch –, wie die kreativen Industrien ganz wesentlichen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung genommen haben.
In Bremen kommt die Einsicht, Herr Ella hat es schon gesagt, spät, aber immerhin noch rechtzeitig, immerhin 16 Jahre nach dem ersten Kulturwirtschaftsbericht in Nordrhein-Westfalen. Was kann nun aus dieser Einsicht erwachsen, wie kann man sie nutzen, welche Wachstumsstrategien kann man daraus erarbeiten, ableiten, und wie kann unser Stadtstaat mit all seinen Problemen von diesen Erkenntnissen profitieren?
Ich will jetzt nicht einen halben Meter Literatur zitieren und auch nicht die ganzen klugen Theorien, die Sie alle kennen, von Richard Florida über aktuelle Roland-Berger-Studien, sondern ich denke, wir sollten auf das Nützliche und auf das Pragmatische kommen, das Erfolgsrezept auch für Bremen sein kann, wo wir doch genügend Schlusslichtpositionen haben und leider sogar manche unrühmliche Spitzenposition. Die Einrichtung einer Arbeitsgruppe, Frau Krusche, da muss ich Sie leider berichtigen, wurde schon in der letzten Legislaturperiode, nach der Debatte im Frühjahr 2007, vom letzten Kultursenator in die Wege geleitet.
Herr Göbel hat ja interessanterweise bei dem Seminar, das wir gemeinsam besucht haben, Resümee gezogen und diese Arbeit der letzten eineinhalb Jahre von seiner Seite aus gewürdigt. Ganz so leer können die Schubladen nicht gewesen sein, von denen Herr Nagel immer spricht.
Jetzt holt man sich zu Recht den parlamentarischen Auftrag, um diese Arbeit fortzusetzen. Ich will dazu abschließend nur einige Anmerkungen machen! Erstens: Ein Bericht allein genügt nicht. Auch Schönschreiben der Situation reicht nicht. Wir müssen bei aller hohen Wertschätzung das Thema nicht überschätzen. Wir sind eben nicht New York, Dublin, Barcelona oder Berlin. Bei aller Bremer Technik, bei aller hanseatischen Toleranz und bei all den vielen Talenten: Lasst uns einfach Bodenhaftung behalten! Wir können keinen neuen Hype, keine New-creativeIndustry gebrauchen. Wir hier in Bremen brauchen ganz pragmatische Ergebnisse.
Dieses Vorhaben eines Kulturwirtschaftsberichts muss ein, Sie haben es richtig gesagt, iterativer, wertvoller Prozess werden, so ähnlich wie die Werkstattidee von Herrn Heller bei der Bewerbung zur Kulturhauptstadt. Deswegen ist es sinnvoll, möglichst viele zu beteiligen, es als einen systematischen Prozess mit Offenheit anzulegen und die Integration allen Interessierten zu ermöglichen. Ferner, und das haben Sie auch ganz deutlich gesagt, muss es ressortübergreifend sein und nicht kleinkarierte Behördenkonkurrenz. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kau, es fällt mir gelegentlich schwer, etwas zu Ihren Einlassungen zur Arbeitsaufteilung zwischen Senator und Staatsrätin zu sagen, und zwar schlichtweg deswegen, weil ich glaube, dass wir auch immer dabei sind, Legenden zu stricken. Von einem Kultursenator erwarte ich als erstes Rahmensetzungen und eine aktive Schutzfunktion für die Kultur. Ich würde ihn nicht gern zum „Grüßaugust“ abstempeln,
Es zeigt sich vor allen Dingen daran, was man für den Bereich konkret entwickelt und auch im Wirtschaftlichen aushandelt und wie man mit Einrichtungen umgeht, wenn sie in der Krise sind, dass der Senator der erste Unterstützer und nicht der erste Feind der Einrichtung ist.
Bremen braucht pragmatische Ergebnisse und keinen Hype, Herr Kau, das teile ich vollständig. Gerade zum Thema pragmatische Ergebnisse, was das Ressort und auch die Arbeit angeht, würde ich Hausaufsätze füllen können. Das spare ich mir aber. Da macht ja auch jeder seine pragmatischen Erfahrungen.
Jetzt zum Bereich der konkreten Dinge, die angesprochen wurden! Ich möchte mich ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen für ihre Initiative bedanken, und nur der politischen Korrektheit halber: Wir haben Kulturwirtschaft im Jahr 2006/2007 berichtet und vorbereitet auf Initiative der Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/ Die Grünen, das sage ich hier ganz deutlich. Da sollte man auch Ross und Reiter nennen, genauso wie ich es gut finde, dass die Koalitionsfraktionen in ihrer Schwerpunktsetzung, Themen zu begleiten, nicht nur das Feld Kulturwirtschaft entdeckt und entwickelt haben, sondern auch sich genauso um einen verbreiterten Zugang für sozial Schwache kümmern. Ich finde, das sind zwei gute Achsen dieses breiten Feldes.
Das zeigt gesellschaftspolitisch vor allen Dingen eines: dass Kultur schon lange aus der gesellschaftlichen Niedlichkeitsecke verschwunden ist. Das ist mir als Kulturpolitikerin ein wichtiges Anliegen. Kultur ist in keiner Weise nur ein kostspieliger Zeitvertreib für wenige und eine Repräsentantenschau, sondern Kultur ist Lebenselixier und impulsgebend für die Stadt. Das, meine Damen und Herren, steht in jeder Betrachtungsweise im Vordergrund.
Eine Studie der Universität, die kürzlich veröffentlicht wurde, das haben Sie mitbekommen, hat nachgewiesen, wie wichtig im Stadtmarketing, in der Standortverankerung der Sektor Kultur ist. Herr Sen
kal hat in seinem Beitrag darauf hingewiesen. Dem ist nichts hinzuzufügen, genauso wenig zu den Entwicklungsfeldern. Deswegen sollten wir das Potenzial, was hier aufgegriffen wurde in den verschiedenen Entwicklungsfeldern auch deutlich nutzen und herausarbeiten.
Natürlich, Herr Ella, darf ein solcher Bericht keine Alibiveranstaltung werden. Dann wäre er die Mühe nicht wert, die sich alle machen, sondern dieser Bericht ist dafür da, eine Grundlage zur Förderung und Schaffung von Arbeitsplätzen zu schaffen. Das muss unser Ziel sein!
Kulturförderung ist nämlich auch aktive Wirtschaftspolitik. Ich möchte Ihnen das in einigen Zahlen belegen! 2,9 Prozent der Arbeitsplätze entwickeln sich bereits im Bereich Kulturwirtschaft neu. Das sind 8000 Arbeitsplätze, das sollte man nicht verkennen. Damit liegen wir im Bundestrend, auch wenn wir derzeit noch keine bundespolitische Erhebung mit BremenBezug haben. Die können wir nachliefern. Wenn es schon um die Geschichtsschreibung kulturwirtschaftlicher Berichte und Erhebungen geht, darf ich Ihnen sagen, dass in Zeiten, wenn man sich länger mit Kultur beschäftigt, schon in den Jahren 1988, 1989 und 1990 das ifo-Institut für Wirtschaftsförderung, damals noch unter sozialdemokratischer Regierung, mit einer Studie zur Umwegrentabilität und mit der Wirkung von Kultur für das Gemeinwesen beauftragt wurde. Wer sich tiefer mit dem Thema beschäftigt, weiß das auch ganz sicher und weiß, dass wir schon früh als Bremerinnen und Bremer Strukturen angelegt haben.
Wir müssen aber konkreter werden. Konkret werden wir im Bereich der Wirtschaftsförderung, im Rahmen der GBI mit Existenzgründerförderung, konkret werden wir auch im Kulturressort mit der Existenzgründerförderung für Künstlerinnen und Künstler. Da sind noch gar nicht alle Potenziale ausgeschöpft. Es geht uns darum, mit wenigen Fördermitteln – die Kollegin Frau Krusche hat es gesagt – auch im arbeitsplatzfördernden Bereich hohe Effekte zu erreichen. Das ist möglich! Schaut man sich künstlerische Einzelschicksale an, stellt man fest, dass allein die Vermarktung, die Katalogausweisung dazu führt, dass viele unabhängig von staatlicher Alimentierung arbeiten können. Das Potenzial sollten wir nutzen. Es ist nicht voll ausgeschöpft, und ich habe hier auch nur ein Einzelbeispiel genannt. Das gilt insbesondere für den Sektor der Kreativwirtschaft.
Ich glaube, dass es in der Wirtschaftsförderung sehr vernünftig ist, nicht auf große Betriebe und große Strukturen zu setzen, sondern kleinteilige, intelligente Förderstrategien anzulegen. Ich bin froh, das will ich hier sagen, weil es darum ging, über Netzwerke zu reden, dass wir, obwohl die Ressorts Kultur und Wirt
schaft formal voneinander getrennt sind, jetzt eine wirklich ganz hervorragende Zusammenarbeit haben,
eine Zusammenarbeit, die wir auch mit unseren Kolleginnen und Kollegen vom Bauressort pflegen, denn wir wollen keine Ressortegoismen vorantreiben, sondern wir wollen ermöglichen, wir wollen Kreativität für diese Stadt in intelligenten Netzwerken nutzbar machen, wir wollen zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, und wir wollen die Stadt lebendig erhalten, und ein kreatives Netzwerk ist dafür notwendig und wichtig.
Ich finde es gut, dass sich viele entschlossen haben, dem Antrag der Koalitionsfraktionen beizutreten. Es ist ein wichtiges Signal nach außen an die Kulturszene, dass dieser Bereich so ernst genommen wird. Deshalb unterstütze ich diese Voten voll. Lassen Sie uns nicht über Zuständigkeiten, Verfahren und Auftritte, sondern lieber über die Sache reden, was wir gemeinsam in der Sache machen können! Dann, sichere ich Ihnen zu, haben wir den Bürgermeister als ersten Bündnispartner dafür, diese Initiativen umzusetzen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der gestrigen Kottisch-Manier – er ist leider nicht mehr anwesend – will ich mir auch ein Zitat, wenn Sie gestatten, erlauben, es ist immerhin auch von unserem alten Johann Wolfgang von Goethe. Er sagt sehr passend zu diesem Thema: „Wir behalten von unseren Studien am Ende doch nur das, was wir praktisch anwenden.“ Deswegen noch einmal ein Blick auf die Praxis!
Natürlich ist es richtig, Frau Emigholz, dass ein Kultursenator Rahmenbedingungen bestimmt. Rahmenbedingungen zu bestimmen ist aber etwas anderes als bloße Moderation. Wenn man in der Kulturdeputation immer nur Fragen entgegennimmt, die Antworten anderen aufgibt und selbst keine eigenen Beiträge liefert, ist das nicht das Setzen von Rahmenbedingungen.