Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

Wir haben einen Änderungsantrag vorgelegt, der den Antrag der Koalition ersetzen soll, in dem wir ein Gesamtkonzept anfordern, aber auch Schwerpunkte setzen. Ein Schwerpunkt ist, dass es eine angemessene Ausstattung in den Schulen, insbesondere in den Klassen neun und zehn, geben muss, und zwar auch durch den Einsatz qualifizierter Lehrerinnen und Lehrer, meine Damen und Herren. Es bringt doch nichts, wenn da Blinde von der Farbe reden! Politikunter––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

richt ist ein ernst zu nehmendes Fach, und politische Bildung ist so ernst zu nehmen, dass dafür qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer eingesetzt werden müssen. Wenn das zu viele Details für Sie sind, liebe Frau Stahmann, dann tut mir das leid für Sie!

(Beifall bei der CDU)

Wir möchten, das hat auch Herr Beilken von der Linken ja eben schon angesprochen, dass die gesellschaftswissenschaftlichen Unterrichtsfächer insgesamt neu strukturiert werden. Es gibt nicht nur die politische Bildung. Es gibt Welt–Umwelt–Kunde, Geografie, Geschichte und Wirtschaft–Arbeit–Technik. Dort wollen wir uns wieder auf drei Kernbereiche konzentrieren. Das bedeutet nicht, dass Arbeitslehre abgeschafft wird. Das bedeutet nicht, dass Welt–Umwelt– Kunde abgeschafft wird. Aber es muss doch darum gehen, dass diese sehr breit gefächerten gesellschaftswissenschaftlichen Fächer, auch was die Lerninhalte angeht, zusammengefasst werden. Zum Teil weiß doch die linke Hand nicht, was die rechte Hand tut, zum Teil wird es von unterschiedlichen Lehrkräften erteilt, und am Ende sind wichtige Unterrichtsinhalte, weil es keine Absprache und keinen stringenten Lehrplan gegeben hat, eben nicht vorgekommen. Ich halte es für richtig, dass wir uns auch um die Lehrpläne kümmern, und zwar um die Lehrpläne von Klasse fünf bis zum jeweiligen Abschluss nach Klasse zehn oder nach dem Abitur.

Meine Damen und Herren, es ist richtig, dass wir uns um die politische Bildung kümmern. Kinder und Jugendliche haben Anspruch darauf, nicht nur das politische System zu verstehen, sondern auch daran zu partizipieren. Der Antrag der Linken, den wir ablehnen, greift nur Punkte auf, die im Schulgesetz geregelt sind, die an den Schulen stattfinden. Wir arbeiten an den Schulen natürlich nicht nur unter uns, natürlich werden Externe herangezogen. Wir haben da eine große Bandbreite, viel mehr als Sie in Ihrem Antrag zusammengeschrieben haben.

Dazu gehören zum Beispiel auch die Parlamente. Es ist ja eben nicht nur die Bremische Bürgerschaft. Viele Schulklassen fahren jedes Jahr nach Berlin, besuchen den Bundestag oder den Bundesrat. Wir haben die Wettbewerbe. Da gibt es noch weitere Wettbewerbe: Der Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten ist hier zu nennen, der auch immer eine große Anzahl bremischer Beiträge beinhaltet. Wir haben die Landeszentrale für politische Bildung, die einen ganz wichtigen Auftrag hat. Darüber werden wir im neu zusammengesetzten Beirat auch noch einmal zu sprechen haben, wie wir mit der Landeszentrale für politische Bildung dort noch besser arbeiten können.

Wir haben natürlich die politischen Parteien, die einen grundgesetzlichen Auftrag haben, an der Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Zum Volk gehören die Schülerinnen und Schüler natürlich auch. Darum ist es wichtig, dass die Parteien, die Fraktio

nen auch an die Schulen gehen. Da machen wir auch ganz viele Diskussionsrunden. Wir haben viele gesellschaftspolitisch relevante Organisationen, Umweltorganisationen, die dort engagiert sind. Das ist alles Politik und politische Teilhabe, das passiert an den Schulen, meine Damen und Herren von der Linken. Darum ist Ihr Antrag, was das angeht, im Prinzip überflüssig.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben zur Kenntnis genommen, dass Rot-Grün jetzt erst einmal ein Konzept haben möchte. Ich bin gespannt, wie dieses Konzept dann aussieht. Ich würde mich freuen, wenn Sie sich eines Besseren besinnen. Wir haben hier, glaube ich, sehr gute Konkretisierungen zu Ihrem vom Grundsatz her richtigen Vorstoß vorgelegt. Wenn Sie meinen, dass Ihnen das zu detailliert ist, tut es mir leid! Wir werden unserem Antrag zustimmen, Ihrem Antrag werden wir in dieser pauschalen Weise leider nicht zustimmen können. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie fordern in Ihren Anträgen eine Stärkung der politischen Bildung in Schulen. Prima, dafür bin ich im Grunde genommen auch, denn das zunehmende verständliche Desinteresse von Schülerinnen und Schülern an Politik nimmt erschreckende Ausmaße an. Sehr viele Jugendliche haben überhaupt kein Interesse, sich mit dem Thema Politik zu beschäftigen. Das hat meines Erachtens folgende Gründe:

Erstens werden die Themen Politik und Geschichte an unseren Schulen völlig unverhältnismäßig und einseitig eingetrichtert. Damit sind sehr viele Schüler überfordert. Zweitens, wenn unter Billigung des ehemaligen Bremer Senats sogar eine ehemalige RAFTerroristin unsere Kinder unterrichten darf,

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Wie bitte?)

dann wundere ich mich überhaupt nicht mehr über den schlechten Bildungsstand und das politische Desinteresse unserer Schüler. Drittens, wenn ich mir den Änderungsantrag der Linken ansehe, dann weiß ich leider Gottes auch, wie ihre verstärkte einseitige politische Bildung in der Praxis aussehen soll.

Hierzu möchte ich gern einmal mit Erlaubnis des Präsidenten die völlig unverdächtige und realistisch denkende Tochter des ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau, SPD, Anna Rau zitieren. Sie sagt zum Thema politische Bildung in Schulen in einem Interview dem Magazin „Max“ Folgendes:

Auf die Frage ihres Vaters, was sie gerade im Politikunterricht durchnehme, sagte damals schon Anna Rau: „Auf die Frage kannst du normalerweise immer nur mit ,Nationalsozialismus’ antworten.“ Daraufhin Johannes Rau: „Das hört sich aber nicht sehr begeistert an.“ Anna Rau: „Ja, der Zweite Weltkrieg nervt mich extrem, immer und immer wieder dasselbe. Man fängt mit Hitler an,“

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Zitieren Sie nur noch, oder sagen Sie auch etwas Eigenes?)

„das rosarote Kaninchen, dann kommt Anne Frank, dann kommt ,Die Welle’, dann schaut man ,Schindlers Liste’ am Wandertag. Im Konfirmationsunterricht nimmt man den Holocaust sowieso durch und in Geschichte auch. Man könnte fast sagen, man spricht in allen Fächern darüber, da stumpft man irgendwie ab. Es ist einfach zu viel, andauernd Hitler oder das rosarote Kaninchen, es ist zu viel.“

Anna Rau zum Thema Ausländer und Rechtsradikalismus im Politikunterricht: „Ich interessiere mich schon für bestimmte Themen, aber wenn etwa im Falle des kleinen Joseph in Sebnitz so eine Lawine losgetreten wird, ist mir das nach einiger Zeit zu viel. Der Rechtsradikalismus ist mir sowieso über. Das bespricht man in der Schule an jedem Tag, aber es wird einfach nicht genug differenziert, wer wirklich ein Rechter ist. Wenn man von einem besoffenen Jugendlichen angemacht wird und zurückblufft, ist es nicht schlimm, solange es ein Deutscher ist. Wenn es aber ein Ausländer ist, heißt es sofort: Du bist rechtsradikal.“ Vater Rau sagt daraufhin: „Das sehe ich anders.“ Und nun Anna Rau: „Das sehen sehr, sehr viele in unserer Schule und überhaupt.“

Meine Damen und Herren, dieser absolut realistischen Aussage der unverdächtigen Tochter des ehemaligen Bundespräsidenten Rau, SPD, habe ich nichts, aber auch gar nichts hinzuzufügen. Damit ist zum Antrag verstärkter Politikunterricht alles gesagt worden. Selbstverständlich sollen sich unsere Schülerinnen und Schüler mit der eigenen Geschichte im Politikunterricht korrekt auseinandersetzen, das ist ganz klar, aber nicht nur einseitig.

Dass der Irrsinn wirklich keine Grenzen kennt, zeigt mir ein Projekt einer verstärkten politischen Bildung an 14 deutschen Schulen, wahrscheinlich bald auch bundesweit, in dem das Thema Holocaust mit ComicFiguren in einem Comic-Heft für Schüler aufgearbeitet wird. Das, meine Damen und Herren, empfinde ich als eine grobe Beleidigung und Missachtung der Opfer. (Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Dass Sie ein Problem mit der Be- schäftigung mit dem Holocaust haben, das glaubt man!)

Wenn so hier verstärkte Bildung entstehen soll, dann werde ich den Antrag selbstverständlich ablehnen.

Im Übrigen habe ich noch nicht gehört, dass im Rahmen eines verstärkten Politikunterrichts darüber aufgeklärt worden ist, dass zum Beispiel der 8. Mai 1945 für Millionen unschuldiger geschändeter, vergewaltigter Frauen und kleiner Kinder und für Millionen anderer bestialisch ermordeter unschuldiger Menschen eben kein Tag der Befreiung gewesen ist, sondern ganz im Gegenteil. Dieses oft verschwiegene Thema gehört auch ebenso zu einem korrekten politischen Unterricht, meine Damen und Herren.

(Unruhe – Glocke)

Ebenso sollte in einem verstärkten politischen Unterricht darüber aufgeklärt werden, warum meines Wissens Redakteure der „Bild“-Zeitung im Arbeitsvertrag einen Passus unterschreiben müssen, sich fast nur einseitig positiv über Israel und dessen mörderische verbrecherische Politik gegenüber dem palästinensischen Volk äußern zu dürfen.

(Zurufe – Glocke)

Herr Abgeordneter Tittmann, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf! Herr Abgeordneter Tittmann!

(Unruhe – Glocke)

Das hat mit Antisemitismus nichts zu tun, das hat etwas mit korrektem Journalismus zu tun.

Herr Abgeordneter Tittmann, wenn ich das Wort ergreife, haben Sie still zu sein und mir zuzuhören! Für diese Äußerung, die Sie gerade gemacht haben, erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Beifall)

Danke schön!

Meine Damen und Herren, für eine verstärkte und korrekte politische Bildung bin ich auch, aber nicht für eine andauernde einseitige überfordernde politische Besudelung unserer Schüler. Darum wäre es gerade zweckmäßig, in unserer heutigen Zeit im Rahmen einer verstärkten politischen Bildung unseren Kinder die von den Achtundsechziger-Gutmenschen zerstörten moralischen Grundwerte wie zum Beispiel Disziplin, Achtung vor älteren Menschen, Anstand und Ordnung, Erziehung wieder beizubringen,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das Konzept 1933 bis 1945, sagen Sie es doch gleich!)

damit unsere Kinder wieder ein selbstverständliches Selbstwertgefühl, einen gesunden Nationalstolz zurückbekommen, wie es in anderen Ländern normal

ist, damit sie nicht immer und ewig in einem eingeimpften Sühne- und Büßergewand umherlaufen müssen, für schreckliche Dinge aus der Vergangenheit, für die sie überhaupt nichts können und die sie erst recht auch nicht zu verantworten haben.

Unsere Schüler brauchen nicht nur eine verstärkte politische Bildung, sondern sie brauchen insgesamt eine viel bessere Schulbildung, vor allem brauchen unsere Kinder aber wieder Hoffnung und eine gesicherte Zukunft. Sie brauchen Lehrstellen, Arbeit und neuen Lebensmut im Zusammenhang mit einer vernünftigen Erziehung mit den eben genannten moralischen Grundwerten.

(Glocke)

Herr Abgeordneter Tittmann, Ihre Redezeit ist zu Ende!

(Beifall)

Kann ich mir schon vorstellen! Ihre Anträge werde ich selbstverständlich ablehnen. – Danke!

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, warum es mehr politische Bildung in diesem Land braucht, dann war es diese Rede.

(Beifall)

Diese Rede zu ertragen, war schon sehr schwierig, ich habe mich ehrlich gefragt mit meinen Kollegen, ob Walter Moers Sie nicht als Vorbild für eines seiner Bücher genommen hat.

Wir müssen uns der Vergangenheit bewusst sein und uns fragen, wie wir verantwortlich mit der Vergangenheit umgehen. Anders kann es doch nicht sein. Das müssen alle Schülerinnen und Schüler lernen, damit solche Leute wie Sie in deutschen Parlamenten keinen Platz finden!

(Beifall)

Es muss doch, und deswegen unterstützen wir diesen Antrag der Koalition, dafür geworben werden, denn es ist schwierig, für Verständnis für unser demokratisches System, für unsere repräsentative Demokratie zu finden. Es gibt kein besseres Regierungssystem, auch wenn es kompliziert ist und Politiker hervorbringt, die wir vielleicht an der einen oder anderen Stelle nicht wünschen. Aber es gibt kein besseres System! Es ist ein Wert, für den die Deutschen lange gekämpft haben und für den sie sich lange ein