Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gerade im letzten Monat konnten wir wieder die erfolgreiche Teilnahme vieler Bremer Schulen am Wettbewerb „Demokratisch handeln“ erleben. 12 von 58 Preisen des Bundeswettbewerbs gingen nach Bremen.
Ich finde, das ist eine großartige Leistung, und da möchte ich meinen Dank an alle richten, die daran teilgenommen haben, und natürlich von dieser Stelle auch noch einmal Glückwunsch an die Preisträgerinnen und Preisträger!
Wir haben in Bremen viele Schulen, die sich an Wettbewerben, an Initiativen beteiligen, und das tun sie oft sehr erfolgreich. Ob es darum geht, bei „Jugend debattiert“ teilzunehmen oder „Schule ohne Rassismus“ zu betreiben, wir sind in Bremen durchaus dabei, an vielen Stellen gute Arbeit zu leisten. Aber das sind immer noch Einzelinitiativen, und aus der Sicht der rot-grünen Koalition muss das Ganze gebündelt werden, es muss aus unserer Sicht doch noch einmal wieder angegangen werden, um die Bedeutung der politischen Bildung stärker in das Bewusstsein zu rücken.
Deswegen haben wir den Antrag eingebracht, ein Konzept zur Stärkung der politischen Bildung an Schulen zu entwickeln. Das muss aus unserer Sicht auf zwei Ebenen geschehen. Einerseits muss angeschaut werden, wie der Politikunterricht an den Schulen stattfindet. Es gibt durchaus Kritik an der Stundentafel. Es muss geprüft werden, inwieweit im Rahmen der bestehenden Stundentafel in Bezug auf die sozialen und die politikwissenschaftlichen Fächer vielleicht Möglichkeiten bestehen, der politischen Bildung mehr Geltung zu verschaffen. Es muss andererseits aber auch geschaut werden, von wem Politikunterricht heute eigentlich gemacht wird. Ich möchte hier überhaupt nichts gegen Kolleginnen und Kollegen sagen, die fachfremd Politikunterricht durchführen, aber es kann auch nicht sein, dass qualifizierte Politiklehrkräfte kaum noch eingestellt werden und wir zum Beispiel an den Berufsschulen eine Situation haben, wo man davon ausgeht, dass jede Person, die eine Tageszeitung liest, auch in der Lage ist, Politikunterricht zu geben.
Bei der politischen Bildung geht es einerseits um die Vermittlung politischen Fachwissens, das geschieht im Unterricht Politik. Darüber hinaus muss politische Bildung aber auch als Querschnittaufgabe betrachtet werden. Es geht darum, wie das Schulgesetz es ja vorgibt, die Jugendlichen zur Bereitschaft zu erziehen, politische und soziale Verantwortung zu übernehmen. Dafür, meine Damen und Herren, braucht es Möglichkeiten, selbst in Verantwortung zu geraten, zu erleben, wie man politisch handeln kann. Das geht nicht ausschließlich über Politikunterricht, dafür braucht man Projekte, Partizipationsmöglichkeiten, Beteiligungsmöglichkeiten an den Schulen. Hier ist es notwendig, immer wieder zu schauen: Wie kann man an Schulen dafür sorgen, dass solche Projekte tatsächlich auch strukturell verankert werden und nicht in das Belieben einer einzelnen Kollegin oder eines Kollegen gestellt werden?
Es gibt dazu gute Beispiele. Ich möchte auf die Humboldt-Schule in Bremerhaven hinweisen, wo Schülerinnen und Schüler der neunten Klasse aktiv für den Erhalt des Freibads Grünhöfe gestritten haben. Eine wunderbare Aktion, Politik zu erleben und auch als junger Mensch zu erleben, dass man Dinge erreichen kann! Das muss aus unserer Sicht viel stärker in die Schulen hineingetragen werden!
Darüber hinaus wissen wir aber auch, dass einen maßgeblichen Einfluss auf die Bereitschaft der Jugendlichen, soziale Verantwortung zu übernehmen, das Schulklima hat. Hier ist also jede Schule gefordert, ein entsprechendes Schulklima zu organisieren,
in dem es zur Selbstverständlichkeit gehört, sich einzusetzen, Verantwortung zu übernehmen, sich zu beteiligen.
Zu dem Antrag, den die rot-grüne Koalition eingebracht hat, möchten wir zusätzlich einen Änderungsantrag einbringen, da die Behandlung dieses Themas ja nun schon seit einiger Zeit auf sich warten ließ, ist die Zeitvorgabe überholt. Hier steht, dass bis zum Schuljahresende das entsprechende Konzept vorgestellt werden soll. Das ist sicherlich nicht machbar. Von daher wird unser Antrag darauf abzielen, das bis Oktober vorzulegen. Die Änderungsanträge der Fraktionen der Linken und der CDU sind aus unserer Sicht zwar inhaltlich durchaus mit unseren Zielrichtungen konform, gehen aber zum Teil derartig ins Detail oder nehmen Dinge vorweg, die im Schulgesetz sowieso geregelt sind, dass es aus unserer Sicht nicht notwendig ist, sie aufzunehmen. Von daher werden wir sie ablehnen. – Ich bedanke mich!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Situation für den Politikunterricht an den Schulen ist derzeit verbesserungswürdig. Dies meinen nicht nur Fachlehrer, sondern das ist auch Auffassung der rotgrünen Koalition. Deswegen legen wir heute auch einen Antrag vor, weil wir das, was wir aus Gesprächen mit Lehrkräften, Eltern und Schülerinnen und Schülern gehört haben, auch ernst nehmen wollen. Wir fordern den Senat mit diesem Antrag auf, sich grundlegend mit einer Stärkung der politischen Bildung zu beschäftigen. Das ist aus unserer Sicht ein wichtiger Punkt neben anderen Fächern, die man in der Schule hat.
Demokratie wächst nicht von allein, sie ist nicht angeboren, sie muss immer wieder neu gelernt werden. Deswegen brauchen wir auch regelmäßigen Politikunterricht an den Schulen. Meines Erachtens kann das gar nicht früh genug anfangen. Ich finde auch, in den Grundschulen und in den Kindergärten muss man auch schon mit Bildung, mit Beteiligung, mit Partizipation beginnen. Das muss sich natürlich wie ein Faden bis zum Schulabschluss, bis in Leistungskurse, bis zum Abitur durchziehen. Daran müssen wir weiter arbeiten.
Wir sind ja selbst immer wichtige Akteure im Bereich der politischen Bildung. Das Parlament lädt junge ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Menschen ein zur Aktion „Jugend im Parlament“, die wir jetzt regelmäßig veranstalten. Der Präsident begrüßt sehr oft Jugendliche, die Preise einheimsen. Frau Böschen hat darauf hingewiesen: Bremen ist wirklich spitze beim Mitmachen bei demokratischen Projekten, aber die Lehrer sagen natürlich auch, das machen wir eigentlich alles nebenher. Wir finden das gut, wir machen es aus Überzeugung, aber wir meinen auch, dass wir mehr politische Bildung in anderen Fächern verankern müssten.
Die Lehrer schlagen selbst vor, dass man auch im Fach Deutsch das Fach Politik stärker mit einbeziehen könnte.
Deswegen greift aus meiner Sicht auch der Antrag der CDU-Fraktion zu kurz. Das ist sicherlich ein Weg, Kollege Rohmeyer, den Sie vorschlagen, aber wir möchten vom Senat mehr Vorschläge hören. Ich denke, dann kann man Ihren Vorschlag auch noch einmal diskutieren, aber dem Antrag brauchen wir an dieser Stelle nicht zuzustimmen.
Die derzeitige Situation, dass der Politikunterricht in den Jahrgangsstufen neun und zehn im Gymnasium nur jeweils eine Stunde ist, gehört aus unserer Sicht auf den Prüfstand. Wir haben im Bremischen Schulgesetz stehen, dass demokratisches Verständnis, Kenntnisse über politische Strukturen und Prozesse gefördert werden sollen. Das steht unter Paragraf 5. Dort werden Bildungs- und Erziehungsziele formuliert. Es steht geschrieben: „Die Schule soll insbesondere erziehen, erstens zur Bereitschaft, politische und soziale Verantwortung zu übernehmen, und zweitens zur Bereitschaft, kritische Solidarität zu üben.“ Das sind wichtige Ziele. Wir als Parlament sind aber auch aufgefordert, dafür zu sorgen, dass Schulen diese Aufgaben schultern können und auch entsprechend ausgestattet werden.
Ich kann nur aus eigener Erfahrung sagen: Guter Politikunterricht macht Spaß. Ich selbst habe einen Leistungskurs Gemeinschaftskunde besucht in Bremerhaven an der Bürgermeister-Smidt-Schule, früher hieß sie Schulzentrum Mitte, heute Lloyd-Gymnasium. Das war aus meiner Sicht ein wichtiger Grundstein auch für mein späteres Studium, sowie für meine berufliche Laufbahn, die ich genommen habe. Deswegen möchte ich an dieser Stelle dafür streiten, dass es wichtig ist, ein solches Fach im Paket der Abiturprüfung zu haben, weil es junge Menschen befähigt, sich einzumischen, teilzuhaben an der Gesellschaft und auch ihre eigenen Interessen zu vertreten.
Wir haben derzeit zu wenig Politikunterricht, auch im Bereich der Sekundarstufe, auch im Bereich der Haupt- und Realschule, die wir jetzt Sekundarschule nennen. Die Arbeitgeber erwarten aber bei ihren Einstellungstests schon erhebliche politische Kenntnis
se von den Jugendlichen. Von daher noch einmal, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Plädoyer, dass wir wirklich ein umfassendes Konzept für politische Bildung für Kinder und Jugendliche im Land Bremen hier auf den Weg bringen, heute insbesondere für den Bereich der Schulen. Das sagt unser Antrag aus. Er ist gut, er ist umfassend. Liebe Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen, Sie können diesem Antrag unbesorgt zustimmen. Ihre Anträge können Sie auch zurückziehen, weil unser Antrag einfach der bessere ist. – Danke schön!
Ich finde es schön, Frau Stahmann, dass Sie der Meinung sind, dass Ihr Antrag der bessere ist. Das wollen wir ja auch weiter so halten, dass das jeder von sich denkt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben hier anscheinend eine große Einigkeit, das heißt, ich habe noch niemanden von der CDU oder FDP gehört, aber, ich sage einmal, Rot-Rot-Grün will die politische Bildung offenbar stärken. Das ist aus meiner Sicht angestoßen worden von Lehrerinnen und Lehrern und Schülerinnen und Schülern, die Frau Stahmann eben erwähnt hat, und insbesondere von den Jugendlichen, die sich in einer Initiative aus der WahlO-Mat-Gruppe heraus in für mich beeindruckender Weise für den Politikunterricht eingesetzt haben und zähe Arbeitsgruppentreffen, zähe Gruppentreffen dazu organisiert haben. Ich bedanke mich noch einmal dafür und will das hier auch ein Stück mit als Hintergrund nehmen.
Ebenso ist es ja bekanntlich aus dem Jugendparlament heraus massiv gefordert worden, den Politikunterricht zu stärken. Die erste Gruppe hatte sich mehr auf die Qualität gestürzt und wollte also einen besseren Politikunterricht, gerade aus ihrer unmittelbaren Erfahrung heraus, dass das einmal so nebenbei gemacht wird. Frau Böschen hat es unter anderem erwähnt: Man braucht dafür qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer, die man einstellen muss, wenn man diesen Bereich ernst nimmt. Das unterstützen wir selbstverständlich. Wir werden zur Qualität des Unterrichts gleich noch einen gesonderten Antrag begründen, der dazu beitragen soll. Was den Umfang betrifft, der ist, besonders von den Jugendlichen aus dem Jugendparlament heraus, mit zwei Wochenstunden gefordert worden. In der Bildungsdeputation waren wir die Einzigen, die das unterstützt haben. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Wir haben allerdings eine etwas unübersichtliche Situation. Frau Stahmann hat eben auch schon gesagt, wir haben eine Stunde in den Jahrgangsstufen neun und zehn. Wir haben aber ja auch das Fach Umweltkunde, wir haben auch die Fächer Wirtschaft, Arbeit, Technik, also wir haben eine ganze Sammlung von Fächern, in denen dieser Unterricht stattfindet und natürlich immer in unterschiedlicher Form. Ich bitte deswegen um eine Bestandsaufnahme im Zusammenhang mit der Erstellung dieses Konzepts. Ich denke, das gehört sowieso dazu. Wenn Sie das zusagen, sage ich einmal, müssen wir dazu nicht extra noch einmal eine Kleine Anfrage stellen, wie sich eigentlich dieser Politikunterricht in Bremen in der letzten Zeit, in den letzten Jahren entwickelt hat. Wir haben also die Frage der Qualität und des Umfangs. Zur Frage der Qualität haben wir uns die Mühe gemacht, einen Änderungsantrag zu stellen, weil es ja schön ist und auch leicht und schnell geht, einfach einen Antrag zu stellen, der Senat möge ein Konzept erstellen. Das ist schön und gut. Wir haben den Anspruch, etwas mit zu gestalten aus dem Parlament heraus, und wir haben zwei Punkte in dem Änderungsantrag erarbeitet. Das eine ist, die eben schon zum Teil für richtig erklärte Querschnittsaufgabe zu beherzigen, dass wir eben gesagt haben, neben dem Politikunterricht soll mit diesem Konzept das gesamte Schulleben in den Blick genommen werden, insbesondere Toleranz und Mitbestimmung in allen Fächern vermittelt gelebt werden. Das Konzept muss deshalb die Unterstützung und Stärkung der Mitbestimmungsrechte von Schülerinnen und Schülern zum Ziel haben. Wenn Sie sagen, das machen wir sowieso, den Antrag lehnen wir aber ab, das kennen wir ja. Wir werden dann darauf zurückkommen, ob Sie es auch tatsächlich machen. Das wäre dann immerhin auch eine Art Kooperation.
Das andere ist in ähnlicher Weise externe Unterstützung und Exkursion. Wir haben zum Beispiel mit der DGB-Jugend oder dem Lidice-Haus externe Anbieter, die zu einer erheblichen Bereicherung der Unterrichtsqualität beitragen. Das wird sicherlich von niemandem bestritten. Das sollte in diesem Konzept auch noch mehr befördert werden, denn wenn Schülerinnen und Schüler, wenn die Jugendlichen aus der Schule herauskommen und andere politisch Engagierte erleben, dann ist das unbestreitbar eine große Qualitätsverbesserung. Es ist ein zusätzlicher Aufwand, das ist klar, und das können wir nicht einfach nur von den Lehrerinnen und Lehrern verlangen, dass sie das einmal eben zusätzlich machen, wie es eben auch korrekter Weise benannt worden ist. Das sollte Teil des Konzepts sein und entsprechend auch integriert werden in die Ressourcen, die zur Verfügung gestellt werden.
Wir werden dem Antrag also einerseits zustimmen, andererseits bitten wir, unsere konkreten Vorschläge, wie es qualitativ zu verbessern ist, schon gleich dem Senat für seine Bearbeitung mit auf den Weg zu geben, und, wie gesagt, auch eine Bestandsaufnahme, was die bisherige stundenmäßige Entwicklung betrifft, gehört meines Erachtens dazu.
Kurze Stellungnahme zum Antrag der CDU! Wir haben hier doch festzustellen, dass die Fächer, die besonders zur Emanzipation, zur emanzipatorischen Bildung beigetragen haben, nämlich Welt–UmweltKunde sowie Wirtschaft–Arbeit–Technik, gestrichen werden, auch Politik wird gestrichen. Das heißt dann wieder die gute alte Gemeinschaftskunde, obwohl auch die natürlich gut sein kann, aber es ist doch eher ein Rückschritt, und es sieht so aus, als wenn dadurch das Konzept zur Stärkung, das hier vorgeschlagen wird, in Wirklichkeit dann doch ein Konzept zur Schwächung sein könnte. Deswegen werden wir den Antrag ablehnen. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Rot-Grün macht es sich sehr einfach. Rot-Grün fordert ein Konzept zur Stärkung der politischen Bildung an den Schulen, insbesondere der Sekundarstufen I und II, und das sollen wir einmal eben so beschließen. Dann, Frau Stahmann, sagten Sie noch, unser Antrag sei zu detailliert,
darum brauchten Sie bei ihm nicht mitzustimmen. Nur, weil Sie hier eine etwas luschige Formulierung wählen, heißt das noch nicht, dass Ihr Antrag besser ist. Ihr Antrag ist einfach etwas sehr pauschal, möchte ich einmal sagen. Wenn Sie sich nicht mit Details beschäftigen möchten, werden wir das schon für Sie tun.
(Beifall bei der CDU – Abg. Frau S t a h - m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Ihrer ist zu schmalspurig!)