Protokoll der Sitzung vom 02.07.2008

unterfahrende Entwicklungskurve bei den Hochschulen, die war gerade noch vertretbar, aber die Tarifsteigerungen nicht mehr, sagen Sie! Da muss man jetzt schon noch ein bisschen genauer hinschauen, denn, Frau Kollegin, Sie wissen eigentlich ganz genau: Dass die Tarifsteigerungen nicht obendrauf kommen, ist zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Hochschulgesamtplanes im Februar 2007 ausdrücklich klar gewesen. Das war dort mit einberechnet. Es war klar, wenn der HGP V verabschiedet wird, gibt es eine bestimmte Summe, und mit dieser Summe des Sonderhaushaltes Hochschulen ist dann jeweils dafür zu sorgen, dass Tarifsteigerungen und Steigerungen bei den Beamtenbezügen aufgefangen werden. Das ist die Logik dieser Sonderhaushalte.

Ich habe mir das natürlich noch einmal geben lassen. Der erste Bericht damals von Herrn Senator Lemke im September 2006 im Senat hatte noch eine kleine Fußnote, da hieß es, über Tarifsteigerungen müsse gegebenenfalls noch einmal nachgedacht werden. Die Beschlussvorlage vom Februar 2007, von der Großen Koalition so gefasst, mit – ich sage es noch einmal – erheblichen Einschränkungen für die Hochschulen, hat diese Fußnote nicht mehr gehabt, sondern hat ausdrücklich festgestellt, dass es die Tarifsteigerungen nicht obendrauf gibt. Das heißt, man hat gewusst, das sind die Summen, die 2008/2009 zur Verfügung stehen, und die Hochschulen müssen nach der Logik der Sonderhaushalte das Geld selbst erwirtschaften. Das war Ihr Beschluss! Es ist nicht Rot-Grün, das jetzt verweigert, dass diese zusätzlichen Tarifsteigerungen gezahlt werden, sondern es ist Ihre Grundlage gewesen.

Wir haben etwas anderes gemacht. Wir, die Grünen jedenfalls, waren nicht der Meinung, dass dieser HGP V „gerade noch vertretbar“ war, sondern wir haben damals, das wissen Sie, im Wahlkampf erklärt, dass wir das anders machen wollen. Wir haben von 10 Millionen Euro geredet, das haben wir nicht geschafft, den Hochschulen das zusätzlich zu geben. Aber wir haben gemeinsam mit der SPD beschlossen – und das war natürlich auch schon ganz schwierig – für zwei Jahre jeweils 7,5 Millionen Euro zusätzlich für die Hochschulen aufzubringen, einmal für den Hochschulpakt, also für das Halten einer gewissen Zahl von Studienplätzen auf dem Niveau von 2005, und dann für die Verbesserung der Lehre.

Das war, meine Damen und Herren, eine riesengroße Anstrengung, die wir gegenüber dem HGP V aufgebracht haben. Das federt diese schwierigen Konsolidierungsprozesse oder Abschmelzungsprozesse oder wie immer man das benennen will, erheblich ab. Es soll der Schwerpunkt in der Lehre sein, es ist der Schwerpunkt im Erhalt der Studienplätze, aber es kommt schon eine Menge obendrauf gegenüber dem, was Sie mitbeschlossen ha

ben, Frau Kollegin Spieß! Das will ich noch einmal festhalten.

Wir haben auch beschlossen, dass wir den Beamten bei der Besoldungserhöhung, die wir jetzt vorgezogen haben – wir haben einmal hochgerechnet, was das für Hochschulen bedeutet, bei ihren Beamten sind das in etwa 370 000 Euro – diesen Betrag auch als Kompensation geben wollen, damit sie dadurch nicht zusätzlich belastet werden. Auch das ist ja nicht wenig.

Wir sehen auch, das ist ja unbestreitbar, dass die Frage der Tarifsteigerungen bei den Sonderhaushalten ein Problem ist. Wir haben im Haushaltsausschuss bei den Haushaltsberatungen überlegt, was wir anders machen können. Sollten wir sie nämlich nicht in Zukunft auf einem anderen Weg und in einem anderen Verfahren mit einberechnen, heißt das ja leider noch nicht, dass wir dadurch mehr Geld haben, Frau Spieß! Wir ändern zunächst einmal nur das Verfahren. Wir haben nicht mehr das starre Verfahren – einmal Sonderhaushalt festgestellt, ihr müsst selbst sehen, wie ihr damit klar kommt –, sondern wir wollen ein Verfahren, wir haben das so beschlossen, mit den Stimmen der CDU im Haushaltsausschuss, dass bei der Aufstellung der Haushalte 2010 folgende die Zuschüsse zu den Personalkosten der Hochschulen nicht pauschal fortgeschrieben werden, sondern dass die reale Situation gemeinsam von der Senatorin für Bildung und Wissenschaft, der Senatorin für Finanzen und den Hochschulen untersucht und die Ergebnisse zur Grundlage von Entscheidungen gemacht werden. Diesen Weg werden wir gehen.

Wir sehen die schwierige Situation der Hochschulen. Wir haben etwas getan als rot-grüne Koalition, ich sage es noch einmal, mehr, als Sie damals getan haben. Jetzt stellen wir uns der Lage, wie sie ist. Sie können uns glauben, dass wir gern mehr tun würden, aber Sie müssen uns dann auch schon sagen, woher wir das Geld nehmen sollen. Es ist jedenfalls keine zusätzliche Verschlechterung, sondern wir haben die Lage der Hochschulen gegenüber dem Stand Sommer 2007 verbessert. Wir geben gern zu, dass wir mehr machen müssten. Das ist die Wahrheit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich rufe jetzt auf die Abgeordnete Frau Kummer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann an das anschließen, was Herr Dr. Kuhn gesagt hat. Wenn Sie, Frau Dr. Spieß, fordern, dass wir die Tariferhöhungen bei den Hochschulen mit einbeziehen, dann gilt das logischerweise für alle anderen Eigenbetriebe und Sonderhaushalte auch, und dann begeben wir uns in eine Haushaltsdebatte, die wir, glaube ich, kon

sequent, wenn wir das für alle machen, nicht zu Ende führen können,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Situation Nullverschuldung!)

weil wir so viel Geld, dass wir allen gleichmäßig damit obendrauf helfen können, dann auch nicht haben, das wissen Sie aber auch.

(Beifall bei der SPD)

Frau Dr. Spieß, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wir lehnen Ihren Antrag aus drei Gründen ab. Ich kann es auch kurz machen, weil Herr Dr. Kuhn schon einiges gesagt hat.

Erstens, die Hochschulen sind Sonderhaushalte. Sonderhaushalt heißt, man kann vergleichsweise frei wirtschaften, nicht so sehr in dem engen Korsett von Haushaltsstellen und Kameralistik. Wir glauben, damit vernünftige Rahmenbedingungen dafür vorzugeben, dass die Hochschulen und die Universität auch das machen können, wofür sie verfassungsrechtlich ihre Freiheit haben, nämlich die freie Entfaltung von Wissenschaft und Forschung. Sonderhaushalt bedeutet dann aber eben nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Ausweislich einer Vorlage aus dem letzten Haushaltsausschuss, die wir letzten Freitag zum Thema „Mehrbelastung aus Tarifverhandlung“ beraten haben, wurde deutlich, dass fast alle Betriebe und Gesellschaften eben für diese Sonderhaushalte potenzielle Tarifsteigerungen in ihren Wirtschaftsplänen berücksichtigt haben. Bei den Hochschulen steht da eine Null. Dann wird das Argument auch ein bisschen schwierig, weil alle anderen das machen, natürlich nicht in der Höhe, wie es jetzt gekommen ist, aber das ist die Natur von Tarifverhandlungen, dass man nicht in die Zukunft blicken kann, aber die Hochschulen haben da eine glatte Null eingestellt. Das jetzt so ad hoc zu heilen, halte ich nicht für sinnvoll.

Der zweite Grund, warum wir das ablehnen, das hat Herr Dr. Kuhn auch bereits gesagt: Grundlage der derzeitigen Zuweisung an die Hochschulen ist der HGP V aus dem Februar 2007. Hier streiten sich nun die Beteiligten, ob darin nun die zusätzlichen, allgemeinen oder normalen Tarifsteigerungen in den 245 Millionen Euro enthalten sind oder nicht. Ich will Sie jetzt nicht in der Kürze der Zeit mit Details aus Prozenten und so weiter langweilen, aber am Ende läuft es auf die Frage hinaus, ob das Glas halb voll oder halb leer ist.

Die Frage, die Sie sich aber gefallen lassen müssen, liebe Frau Dr. Spieß und liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ist, warum Sie heute darauf kommen, dass damals Ihre Zustimmung zum HGP V falsch war, ebenso, warum Sie in den damaligen Haushaltsberatungen keinen Antrag ge

stellt haben, um diesem Umstand abzuhelfen. Da waren Sie noch Regierungsfraktion, da hätte möglicherweise die Sache größere Aussicht auf Erfolg gehabt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Womit ich zum dritten Grund der Ablehnung komme: Wir haben ja auf das Problem reagiert, es ist uns ja in den Haushaltsberatungen nicht unbekannt. Wir haben das Problem in den Beratungen der Haushaltsausschüsse gehabt, Herr Dr. Kuhn hat das zitiert, was wir für die nächsten Beratungen 2010/ 2011 vorhaben. Wir haben den Anteil an der Besoldungserhöhung noch einmal gesondert berücksichtigt, und wir haben last, not least 7,5 Millionen Euro pro Jahr an Schwerpunktmitteln für die Lehre an der Universität und den Hochschulen bereitgestellt. Die rot-grüne Koalition hat in dieser Haushaltsberatung Schwerpunkte gesetzt. Deswegen ist Ihre Behauptung aus Ihrem Antrag, der Wissenschaftsstandort Bremen sei akut gefährdet, abstrus und entbehrt, glaube ich, jeglicher Grundlage.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wissenschaft ist für die rot-grüne Koalition ein Schwerpunkt – das haben wir mit den letzten Haushaltsberatungen eindrucksvoll bewiesen –, und ich empfehle, den Antrag der CDU abzulehnen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Ella.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Immer ist zu lesen, Deutschland droht der Abstieg, weil wir zu wenig auf Zukunftsfelder setzen. Wir investieren zu wenig in Forschung und Entwicklung, wir setzen zu wenig auf Qualifikation. Alle Welt weiß das, den Senat kümmert es nicht. Er setzt dem – Herr Dr. Kuhn deutete es an – schon existenzbedrohenden Hochschulgesamtplan V die Krone auf und verweigert den Hochschulen die Übernahme der Kosten für die Tarifsteigerung.

(Beifall bei der FDP – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Man müsste sich im Haushalt aus- kennen!)

Jetzt geht Rot-Grün hin und versucht zu vertuschen, dass man massiv an unserer Zukunft spart. Man würde für zwei Jahre 15 Millionen Euro soge

nannte zusätzliche Gelder für die Lehre an den Hochschulen bereitstellen – Herr Dr. Möllenstädt und Frau Dr. Spieß sprachen es schon an –, es ist vermutlich nur dem Abhängigkeitsverhältnis der Hochschulen geschuldet, dass sich nicht lauter Protest regt. Wer wagt es denn, sich gegen die Hand aufzulehnen, die alle zwei Jahre über das Geld entscheidet, und dabei auch noch Befindlichkeiten an den Tag legt, liebe Kolleginnen und Kollegen?

Der Millionenzuschlag dürfte aber nicht für Gehaltserhöhungen verwendet werden, heißt es da angesichts der knappen Haushalte. Es ist wirklichkeitsfremd, sich hier eine Verbesserung der Lehre vorzustellen, wenn der Grundbedarf nicht einmal gesichert ist.

(Beifall bei der FDP)

Wenn das Geld für Brot nicht reicht, meine Damen und Herren, kann ich von den Almosen des Senats ja auch keinen Kuchen kaufen.

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, sei an dieser Stelle auch noch einmal deutlich unsere Forderung nach langjährigen Verträgen mit den Hochschulen formuliert. Diese benötigen Unabhängigkeit und mehr Freiheit in ihrem Handeln, kein Leben von der Hand in dem Mund. Geben Sie den Wissenschaftseinrichtungen in diesem Land mehrjährige Verträge, die Planungssicherheit garantieren! Dazu gehört dann auch eine genaue Regelung über den Umgang mit Tarifsteigerung. In anderen Ressorts funktioniert so etwas ja auch sehr gut, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP)

Im Wissenschaftsausschuss hieß es dann vor einiger Zeit: „Wir müssen an Karlsruhe denken. Wir müssen sparen, um die Klage nicht zu gefährden. Berlin ist vom Bundesverfassungsgericht vorgeworfen worden, sie würden zu viel für Hochschulen ausgeben.“ Meine Damen und Herren, werfen Sie doch bitte einmal einen Blick auf den Benchmarkingbericht des Senats, auf Seite 77! Wir sind bei den Ausgaben für Hochschulen und Forschung pro Einwohner deutlich unter Berlin. Wir sind bei den Ausgaben im Städtevergleich sogar ganz hinten, und das ohne Ihre Sparmaßnahmen.

(Beifall bei der FDP – Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Aber Spitze bei der Einwerbung von Drittmitteln, Herr Ella!)

Haben wir eigentlich je von anderen Bundesländern gehört, dass wir für Hochschulen zu viel Geld ausgeben? Selbst wenn es so wäre, machen Sie doch einmal deutlich, dass all diese Länder und genauso der Bund mit uns den Hochschulpakt geschlossen haben! Die Stadtstaaten sind ausdrücklich aufge

fordert, ihre Anzahl an Studienplätzen zu halten. Ich sage Ihnen, mit den Sparmaßnahmen ist das nicht mehr zu schaffen, stattdessen die Mogelpackung 15 Millionen Euro zusätzlich für die Lehre. Ein Paradebeispiel für dreistes Verpacken von rückwärtsgewandter Politik! Allein die von den Hochschulen zu tragenden Tarifsteigerungen werden einen Großteil dieser 15 Millionen Euro auffressen, da sie aus dem laufenden Haushalt nicht gedeckt werden können. Der kleine Unterschied ist nur, dass jetzt erfolgende Tarifsteigerungen auch noch zu zahlen sind, wenn die sogenannten zusätzlichen Mittel bereits ausgelaufen sind, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Muss man so viel Dummheit ertra- gen?)

Betrachten wir das Thema noch einmal von einer anderen Seite! Zwei Jahre Gelder für die Lehre, wen wollen Sie eigentlich damit nach Bremen locken?

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Sie nicht!)

Welche Perspektive bieten Sie denn? Einmal ganz davon abgesehen, dass es auch eine gewisse Zeit braucht, bis Strukturen aufgebaut sind, bis Personal eingestellt ist! Vielleicht hoffen Sie ja, dass der HGP V in zwei Jahren vergessen ist und die Betroffenen sich an die neuen Missstände gewöhnt haben, dann könnte man ja die zusätzlichen Mittel leise auslaufen lassen. Wie einfach das klingt, und wie typisch es für die Politik wäre!

(Beifall bei der FDP)

Die Übernahme der Tarifsteigerungen im Wissenschaftsbereich ist ein wichtiger Schritt. Wir unterstützen daher den Antrag, auch wenn er uns nicht weit genug geht. Der HGP V muss zurückgenommen werden, er schädigt die Wissenschaftslandschaft in unserem Land nachhaltig und wirft uns um Jahre zurück.

(Beifall bei der FDP)

Geld, meine Damen und Herren, ist vorhanden, das sehen wir in den Diskussionen um Ökostrom und Wohnraumförderung, um die Eislaufhalle, Hafenanbindung, um Senatorengehälter und so weiter. Wenn Sie die Arbeitslosigkeit in unseren Städten nachhaltig senken wollen, müssen Sie auch in die Hochschulen investieren. Wenn Sie die soziale Spaltung vermindern wollen, müssen Sie auch für die Hochschulen Geld ausgeben. Nur aus Innovation erwachsen bei uns Arbeitsplätze, auch für Gering

qualifizierte. Den Hochschulen steht mit HGP V bereits das Wasser bis zum Hals, die Tarifsteigerungen bringen das Fass zum Überlaufen. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Beilken.