Protokoll der Sitzung vom 02.07.2008

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Jetzt kommt die konterrevo- lutionäre Rede!)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben von Herrn Ella gerade wie so oft eine drastische Beschreibung gehört, was Sie im Wissenschaftsbereich anrichten, der ich zustimmen kann. Er ist allerdings gleichzeitig aufseiten der FDP einer der extremsten Sparkommissare hier im Haus, das passt nicht zusammen, er übertrifft ja in dieser Hinsicht noch Herrn Dr. Kuhn, und das will etwas heißen!

(Heiterkeit beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir haben also einen Antrag der CDU, um auch darauf einzugehen, der sachlich richtig ist, der aber gleichzeitig ebenfalls letztlich unglaubwürdig ist, denn gerade heute hat Herr Röwekamp für die CDU der rot-grünen Koalition auch noch einmal Unterstützung bei weiteren Kürzungen, die heute ja praktisch für die nächsten Jahre angekündigt wurden, zugesagt. Dann passt auch das damit nicht zusammen, hier den Finger zwar auf die Wunde zu legen, Geld zu fordern, aber für weitere Kürzungen die Hand zu reichen. Da sind wir einmal wieder die Einzigen, das muss ich leider sagen, die eine konsequente Position haben. Das ist heute auch schon mehrfach angesprochen worden.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Konsequent daneben!)

Wir bleiben nämlich bei dem, das gilt auch für den Wissenschaftsbereich, was Herr Bürgermeister Böhrnsen schon im Wahlkampf richtig gesagt hat, nämlich nach meiner Erinnerung: Bremen hat bereits bis auf die Knochen gespart, mehr geht deshalb nicht. Ich habe gelegentlich diesen Satz so zitiert und auch bundesweit vertreten. Sie aber vergessen – oder muss ich sagen, verraten? – diese Wahrheit nun offenbar alle miteinander.

Dafür ist auch die Nichtfinanzierung von Tarifsteigerungen leider ein weiteres Beispiel. Tarifsteigerungen nicht extra zu finanzieren ist eine perfi––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

de Form zusätzlicher Kürzungen. Das gilt für den Wissenschaftsbereich genauso wie im kleineren Rahmen auch zum Beispiel für die Kindertagesstätten. Man muss das, das klang heute in den Ausführungen an, in ausreichender Form in den Haushalt einstellen. Wenn das nicht passiert, ist das eine Kürzung, man kann das drehen und wenden, wie man will.

DIE LINKE hat ganz im Gegensatz zu dem, was ich hier über Sie berichten musste, konsequent in den Haushaltsberatungen gefordert, zu dem Hochschulgesamtplan IV zurückzukehren. Dann sind die Hochschulen wieder so ausgestattet, dass sie die Erwartungen auch erfüllen und ihre Rolle spielen können,

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Was heißt denn wieder?)

und zwar als öffentliche Hochschulen. Wenigstens zurück zum Hochschulgesamtplan IV, das haben wir beantragt. Das sind nun einmal 14 Millionen Euro für 2008, 18 Millionen Euro für 2009, Sie haben das miteinander abgelehnt.

Wenn die CDU nunmehr angesichts des Alarmrufes seitens der Leitungen der Hochschulen hier auftritt und wenigstens ein Drittel dessen, was wir gefordert haben, einfordert, ist das immerhin etwas. Ich sage, besser spät als nie. Die CDU hat diesmal auch darauf verzichtet, eine Gegenfinanzierung im selben Ressort einzufordern, wie beim letzten Mal. Deswegen können wir diesem Antrag in diesem Fall zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zur Finanzierung verweisen wir auf Ihre Mitverantwortung für Bremens Finanzklemme, die seit heute noch offenkundiger geworden ist, und darauf, dass Sie jedes Jahr 5 Millionen Euro für die private Jacobs-Universität auszugeben sich entschieden haben. Das wäre in etwa der hier einzusetzende Betrag. Wenn Sie als rot-grüne Koalition Ihre 7,5 Millionen Euro für bessere Lehre ernst meinen, sollten Sie wenigstens diesem Antrag in diesem Fall hier zustimmen, wenn Sie schon unseren in den Haushaltsberatungen abgelehnt haben.

Wenn die Hochschulen nicht wenigstens die Tariferhöhungen zusätzlich refinanziert bekommen, müssen diese, wie hier schon zum Teil geschildert, im Mittelbau befristete Verträge auslaufen lassen. Sie müssen Personal abbauen, das bekanntlich sowohl in der Forschung – ich will das hier nicht im Einzelnen ausführen, das ist auch hier geleistet worden – als auch in der Lehre dringend gebraucht wird. Bekanntlich wird durch Bachelor- und Masterstudiengänge mehr Aufwand insbesondere für Prüfungen nötig.

Sie bringen die Hochschulen mit dieser gesamten Kürzungspolitik und auch mit der Verweigerung dieses Antrags, und das sagen die Hochschulen natürlich selbst mittlerweile sehr laut, an den Rand qualitativer Mindeststandards, ähnlich übrigens wie bei den Krankenhäusern. Es tut mir leid, ich würde das nicht erfinden, wenn es nicht so auf der Hand liegen würde. Die Parallelen zu Ihrer Abwärtspolitik im Krankenhausbereich drängen sich auf bis in die Details. Befristete Verträge für substanzielle Tätigkeiten lässt man auslaufen. Wo dies nicht geht, geht es an die Professorenstellen; in diesem Fall, Sie provozieren, ähnlich wie im Krankenhausbereich, mit Ihren fortgesetzten Kürzungen bei Forschung und Lehre die Privatisierungsfalle auch für den Wissenschaftsbereich.

Passenderweise war kürzlich unter anderem der bekannte Kapitalvertreter Hilmar Kopper bei der Bremer Universität zu Gast, um für eine Umwandlung in eine private Stiftungsuniversität zu werben. Das ist das, was natürlich dann am Ende dabei herauskommt. Ob Sie nun guten Willen dabei haben und Bauchschmerzen, die Sie immer wieder hier darstellen, oder nicht! Ich hatte schon gestern das Wort von den tragischen Helden dargestellt,

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Ja, der steht gerade vorn!)

das ist aber nichts, was uns in Zukunft weiterbringt. Vielleicht werden Sie irgendwann auch dieser Rolle müde und werden sich überlegen, mit uns zusammen für eine wirkliche Finanzierung dessen, was der Bevölkerung in diesem Land zusteht, zu sorgen.

(Beifall bei der LINKEN)

Machen Sie heute einen kleinen Schritt, um Ihre aktuelle Kürzungspolitik zu beenden! Stimmen Sie wenigstens diesem halbherzigen CDU-Antrag zu, der weit hinter dem zurückbleibt, was eigentlich nötig wäre! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächste rufe ich auf die Abgeordnete Frau Dr. Spieß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte doch noch zu einigen Punkten etwas sagen. Herr Dr. Kuhn, Sie haben mir zugestimmt, dass ich die Situation, in der sich die Hochschulen befinden, richtig dargestellt habe. Sie empfinden es ebenso, sagen aber, die Tarifsteigerungen wären in HGP V enthalten, und man könne sie jetzt nicht zusätzlich verlangen. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Sie haben selbst gehört, auch die SPD hat dort gesagt, ist es oder ist es nicht so, nichtsdestoweniger wissen wir, dass der Kulturbereich die Möglichkeit genutzt hat, die Tarifsteigerungen in einigen Bereichen, wo eine Notlage herrscht, eben doch außerhalb des Haushalts dargestellt zu bekommen. Insofern wäre es auch die Aufgabe gewesen. Wenn Sie wirklich den Schwerpunkt im Bereich Wissenschaft setzen, dann können Sie sich nicht nur mit den positiven Ergebnissen, die in der Forschung bis jetzt noch geleistet werden, profilieren, aber sagen, wir werden dort kein Geld hineinstecken. Das geht eben nicht!

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen])

Sie können gleich sprechen, jetzt bin ich an der Reihe! Es ist einfach so, dass es nicht dargestellt werden kann zu sagen, wir hätten für eine Verschlechterung gesorgt, oder Sie würden jetzt alles verbessern! Womit denn? Sie sind sich ja nicht einmal mit der SPD darüber einig, ob die Mittel nun zum Löcherstopfen benutzt werden oder ob sie für die Verbesserung der Qualität von Lehre verwendet werden. Auch da gibt es schon Konflikte, und die Universität weiß langsam selbst nicht mehr, woran sie ist!

(Beifall bei der CDU)

Sie müssen uns auch nicht erklären, dass wir mit dem HGP V dafür gesorgt haben, dass diese Einsparungen überhaupt vorgenommen werden, das ist uns durchaus bewusst! Jetzt auch zu Ihnen, Frau Kummer! Natürlich haben wir dem HGP V zugestimmt, und es ist hier nicht die Rede davon, dass wir davon zurücktreten würden oder dass wir sagen würden, wir hätten es nicht getan, sondern wir sagen ganz einfach – und das ist auch in der letzten Legislatur in den Debatten so von uns dargestellt worden –, dass der HGP V einfach schon das war, was einfach nur die äußerste Grenze dessen war, was geleistet werden muss. Jetzt heißt es aber, es wird keinen HGP V geben, sondern, ich nenne es einfach schon einmal, einen HGP VI, also einen Hochschulgesamtplan, wo zusätzliche Stellen noch eingespart werden müssen aufgrund der Tarifsteigerungen, die man vornehmen muss. Herr Dr. Kuhn, es ist auch so, Sie sagen, es gab von Ihnen einen Antrag, dass Sie eben nicht möchten, dass diese Einsparmaßnahmen durch den HGP V durchgeführt werden. Jetzt, da Sie an der Regierung sind, tragen Sie den HGP V aber mit! Das ist auch ein Fakt, und dem sollten Sie sich auch langsam einmal stellen und nicht immer sagen, wir sind nicht schuld.

(Beifall bei der CDU und bei der LINKEN)

Es ist ganz einfach so, wenn Sie diese Tarifsteigerungen zusätzlich – und es handelt sich nicht um die 320 000 Euro, die Sie hier großzügig verteilen wollen, sondern es handelt sich um 3 Millionen Euro, das ist ein Betrag, der eine ganz andere Dimension hat – wirklich wollen, dann geben Sie den Universitäten zusätzlich diese Mittel und sagen, es ist uns wert, dass es dazu kommt, dass die Universitäten oder Hochschulen keinen weiteren Stellenabbau vornehmen müssen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Woher?)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe es nicht verstanden, die CDU hat gemeinsam mit der SPD den HGP V verabschiedet. Bei der Verabschiedung dieses Hochschulgesamtplans ist ausdrücklich klar gewesen, dass danach eintretende Tarifsteigerungsbelastungen nicht extra ausgeglichen werden. Das ist nicht vergessen worden, darüber hat man nicht etwa nicht nachgedacht, oder es gab sie damals noch nicht, sondern das war alles ganz klar. Es lag auf der Hand, was kommen würde, und die damalige Koalition hat sich nicht in der Lage gesehen zu sagen, wir gleichen das extra aus, sondern hat gesagt, das ist mit darin, das ist damit abgegolten. Das haben Sie damals mit beschlossen!

Wir Grünen haben im Wahlkampf nicht gesagt, alles zurück auf Null, wir haben gesagt, wir wollen einen Ausgleich, wir haben eine Ziffer genannt. Ich habe gesagt, wir haben das nicht geschafft, okay, aber wir haben pro Jahr 7,5 Millionen Euro extra geschafft. Ich räume gern ein, dass wir da mehr gemacht hätten. Warum soll ich aus meinem Herzen eine Mördergrube machen? Warum soll ich das schönreden? Gemessen an dem, was wir gern möchten von den Hochschulen, müssten sie mehr Mittel haben, und wir müssen auch über Schwerpunktsetzungen nachdenken, das ist doch offensichtlich!

Ich will aber hier nicht stehen lassen, dass Sie sozusagen gerade den ordentlichen chirurgischen Schnitt gemacht hätten und wir als Rot-Grün darangegangen wären, zusätzliche Belastungen zu erfinden oder nicht auszugleichen, die den Hochschulstandort kaputt machen. Das stellt doch wirklich die Tatsachen auf den Kopf,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

weil wir einen Ausgleich geschaffen haben, das sage ich noch einmal. Das muss ich insofern zurückwei

sen, und wenn Sie uns einen Vorschlag machen, woher wir mehr Geld dafür nehmen,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Bei Nullverschuldung, wie wir vorhin gehört haben!)

sind wir offen für diese Diskussion, aber dann muss die Diskussion auch so geführt werden!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Kummer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Dr. Spieß, um Ihrem Gedächtnis ein bisschen auf die Sprünge zu helfen, möchte ich gern aus dem HGP V zitieren. Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten aus Seite 10: „Gegenüber der bisherigen Planung zur Finanzausstattung im Wissenschaftsplan 2010 sind folgende finanztechnische Anpassungen vorgenommen worden: Einbeziehung der neuen Durchschnittswerte für Personalkosten, die auch die neuen Weihnachtsgeldregelungen und den TV-L berücksichtigen. Die dabei heranzuziehenden Besoldungs- beziehungsweise Vergütungsdurchschnittssätze mussten um die in den letzten Jahren zu verzeichnenden Veränderungen angepasst werden. Sie beruhen auf Vorgaben des Finanzsenators.“ – Ich danke für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon eine ganze Menge zu der Haushaltsproblematik gesagt worden. Eines, Frau Dr. Spieß, wollen wir Ihnen aber nicht durchgehen lassen: Wenn Sie sagen, ich habe mich an einer Stelle bei dieser Haushaltsberatung nicht durchgesetzt, kann ich Ihnen nur sagen, Sie haben sich genau an der Stelle nicht durchgesetzt, wenn Sie denn wirklich da etwas anderes vorgehabt hätten. Ich habe aber gar nicht den Eindruck, es ist nichts dokumentiert, dass da irgendetwas – –.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Kein Antrag! Nichts!)

Nichts, kein Antrag liegt vor, und wir müssen sagen, Sie haben damit akzeptiert, genau das, was ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Frau Kummer eben vorgelesen hat, dass Durchschnittssätze dort in den HGP V geschrieben worden sind, die keine Progression enthielten, auch gar nicht enthalten konnten, also jetzt jedenfalls nicht genau die Zahlen, weil man die noch gar nicht genau kannte. Aber sie enthielten jedenfalls keine Progression in den Personalkosten, und das haben Sie akzeptiert. Also halten wir erst einmal fest: Wenn Sie vorgehabt hätten, sich durchzusetzen, dann haben Sie es nicht getan!