Protokoll der Sitzung vom 02.07.2008

Jetzt kommen wir zur dritten Forderung: So wie es für Studierende ein Semesterticket gibt, soll es auch für Schülerinnen und Schüler ein Spezialticket geben, das den Wegfall des Nachtzuschlags für Schülerinnen und Schüler ermöglicht! Dazu ist Folgendes zu sagen: Das Semesterticket für Studenten ist ein sehr großer Erfolg, und der Wunsch nach einem ähnlichen Angebot für Schülerinnen und Schüler ist auf jeden Fall nachvollziehbar, aber wir müssen uns natürlich darüber im Klaren sein, wie das bezahlt wird. Dieses Semesterticket wird faktisch von den Studierenden bezahlt, weil sie einen Solidarbeitrag über die Studienbeiträge finanzieren, den alle Studenten entrichten müssen, egal ob sie den ÖPNV nutzen oder nicht. Da hat es in Kassel sogar schon Klagen gegeben. Die sind dann so ausgegangen, dass es weiterhin möglich ist, dass man die Studierenden über die Semesterbeiträge zur Finanzierung heranziehen darf.

Das heißt also, das kostet etwas und muss von den Studierenden bezahlt werden. Wenn man, glaube ich, realistisch ist, kann man sagen, das ist nicht so ohne Weiteres auf Schülerinnen und Schüler übertragbar, dass sie einfach herangezogen werden, und die rechtlichen Voraussetzungen dafür sind auch derzeit nicht gegeben.

Unabhängig davon ist mir vom Verkehrsverbund Bremen-Niedersachsen, von den Leuten, die für die Tarifgestaltung zuständig sind, zugesagt worden, dass über weitere Möglichkeiten nachgedacht wird, das Angebot für Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Derzeit wird als Arbeitsgrundlage eine Übersicht über entsprechende Angebote in anderen Verkehrsverbünden erstellt, und in diese Überlegungen ist auch die Abschaffung des Nachtzu

schlags einbezogen. Zusagen können hier aber noch keine gemacht werden.

Der vierte Punkt, der gefordert war, war die Erhöhung der Altersgrenze für Kinderfahrausweise vom jetzt 15. Lebensjahr bis zum 17. Lebensjahr. Dazu muss man sagen, dass das Bundesrecht ist. Bis zum 15. Lebensjahr – das ist eine bundeseinheitliche Regelung – kann es Kindertickets geben, aber – das ist eine wichtige Zusatzinformation, die vielleicht nützlich ist – Schülerinnen und Auszubildende, die einen Schülerausweis oder eine VBNKundenkarte besitzen, können Zehnerschülertickets der BSAG sowie Schülerwochen- und Schülermonatstickets sogar über das 17. Lebensjahr hinaus benutzen und so von günstigen Fahrpreisen profitieren. Das heißt, die Situation ist eigentlich schon besser, als sie hier gewünscht wird.

Dann kommen wir kurz zum Baubereich! Die Jugendlichen haben die Auffassung geäußert, dass die sozialen Brennpunkte auch durch eine Ghettoisierung von Migrantenfamilien entstehen. Diese werde durch eine Ballung von Sozialwohnungen begünstigt. Sie schlagen daher vor, Sozialwohnungen zukünftig mehr zu streuen. Das ist eine Forderung gewesen. Dieser Einschätzung der Jugendlichen kann man sich anschließen, sie ist nicht von der Hand zu weisen. Es ist aber natürlich auch ein bisschen historisch zu erklären. Man hat in den Fünfziger- und Sechzigerjahren aufgrund der damals vorherrschenden Wohnungsnot gewaltige Wohnbestände gebaut, die man heute so nicht mehr bauen würde, das ist vollkommen klar. Damals war das Thema Migranten noch kein Thema. In den Folgejahren, Achtziger-, Neunzigerjahre, sind dann in diese Wohnungen häufig Migranten eingezogen, sodass es zu sozialen Segregationstendenzen, also quasi zur Ballung, gekommen ist.

Unsere Wohnungsbaugesellschaft, die GEWOBA, achtet schon heute über Quartiersmanagement darauf, dass man eine gesunde Sozialstruktur hinbekommt. Grundsätzlich ist es so, dass diese Sozialwohnungen auch einer sogenannten Sozialbindung unterliegen, die 38 Jahre währt, also fast 40 Jahre. In manchen Fällen ist sie abgelaufen, in anderen Fällen wird sie demnächst erlöschen. Man wird bei den Wohnungsbaugesellschaften – darum kümmern wir uns auch – verstärkt darauf achten müssen, dass die Mischung stimmt, denn die Sozialstruktur ist ein ganz entscheidender Faktor für die soziale Stabilität im Quartier. Grundsätzlich stimmen wir aber mit der Aussage des Jugendparlaments überein.

„Der Senat sorgt mit Neueinstellungen jedes Jahr für eine konstant ausreichende Zahl an Polizistinnen und Polizisten. Damit die Erfahrungen der älteren Po

lizisten nicht schlagartig verloren gehen, sind darüber hinaus Möglichkeiten für eine freiwillige Verlängerung der Lebensarbeitszeit geschaffen worden.“ Erfahrungen lassen wir nicht einfach hinter uns, sondern wir nutzen sie weiter.

Die zweite Forderung war, dass Polizeireviere rund um die Uhr besetzt werden sollen. Da ist die Aussage, dass die Polizei ihre Kräfte zielgenau einsetzen muss und dass die Erfahrung lehrt, dass viele Reviere nachts kaum oder fast gar nicht aufgesucht werden. Daher ist es für uns wichtiger, dass unsere Polizistinnen und Polizisten die gefährlichen Ecken in der Stadt absichern und dass auf jeden Fall, wenn jemand die 110 anruft, unverzüglich Hilfe kommt. Zur Forderung, weil dieser Job für uns alle so wichtig ist, sollen die Polizeibeamten 3 Prozent mehr verdienen! Wir haben trotz knapper Kassenlage 2,9 Prozent beschlossen, und, ich glaube, das ist sehr gut darstellbar.

Was die Umtriebe der NPD in Gröpelingen betrifft, so sind wir da natürlich völlig auf Ihrer Seite und werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, dieser verfassungsfeindlichen Partei das Handwerk zu legen. – So viel zu diesen Fragen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Mitteilung des Senats, Drucksache 17/419, und von der Mitteilung des Vorstands der Bremischen Bürgerschaft, Drucksache 17/449, Kenntnis.

Es ist mittlerweile interfraktionell vereinbart worden, abweichend von der Tagesordnung den Tagesordnungspunkt 12, Güterverkehrszentrum stärken und weiterentwickeln, für heute auszusetzen.

Akute Finanznot der Krankenhäuser mildern – Sanierungsbeitrag abschaffen!

Antrag der Fraktion der FDP vom 22. April 2008 (Drucksache 17/360)

Wir verbinden hiermit:

Sanierungsbeitrag der Krankenhäuser jetzt streichen

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 6. Mai 2008 (Drucksache 17/380)

s o w i e

Entlastung der Krankenhäuser bei den Tarifsteigerungen

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 28. Mai 2008 (Drucksache 17/428)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Dr. Schulte-Sasse.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Krankenhauslandschaft war in den vergangenen Jahren enormen Veränderungsprozessen und Veränderungsnotwendigkeiten ausgesetzt. Wir haben das hier im Hause mehrfach debattiert. Die Veränderungen kommen unter anderem in einer zumindest in der Stadt Bremen deutlichen Reduzierung der Zahl der Planbetten und einer landesweit sinkenden Verweildauer der Patientinnen und Patienten in den Häusern zum Ausdruck.

Für das laufende Jahr 2008 hat das Bundesgesundheitsministerium eine an der Grundlohnrate ausgerichtete Kostensteigerungsrate von 0,64 Prozent für die Krankenhäuser bekanntgegeben. Hiervon werden gemäß GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz 0,5 Prozent als Sanierungsbeitrag der Krankenhäuser für die GKV abgezogen. Für das Jahr 2009 wird mit einer Kostensteigerungsrate von einem Prozent gerechnet. Dieser Entwicklung der Einnahmeseite stehen Personalkostensteigerungen in den kommunalen Krankenhäusern von 2,5 Prozent im Jahr 2008 und 5 Prozent im Jahr 2009 gegenüber.

Hinzu kommen unter anderem steigende Sachkosten, insbesondere für Energie. Andere kostentreibende Entscheidungen der Berliner Großen Koalition wie die Mehrwertsteuererhöhung belasten die Krankenhäuser zusätzlich. Den Krankenhäusern werden Mehrbelastungen in einer Zeit zugemutet, in der sie sich, angesichts der Umstellung auf das System der diagnosebezogenen Fallpauschalen, ohnehin in einer sehr schwierigen Situation befinden. Viele Krankenhäuser haben im Rahmen der Konvergenzphase gravierende Anpassungen vorgenommen und ihr Rationalisierungspotenzial weitgehend ausgeschöpft. Da viele Krankenhäuser die zu erwartenden Steigerungsraten nicht anders ausgleichen können, steht es zu befürchten, dass es zu Personalabbau und Qualitätsverschlechterungen kommt.

Es ist aus Sicht der FDP nicht zu verantworten, dass über eine gleichermaßen für alle Krankenhäuser geltende Deckelung, die die Krankenhäuser unabhängig von ihrer jeweiligen Situation trifft, versor

gungsnotwendige Abteilungen in Gefahr geraten oder dass Patienten abgewiesen oder unzureichend behandelt werden.

(Beifall bei der FDP)

Ein notwendiges Maß an Effizienzdruck aufzubauen, ist das eine, aber es ist völlig unverantwortlich, eine ruinöse Unterdeckung gesetzlich zu verankern. Die FDP-Fraktion hat für das Anliegen der Krankenhäuser, zu einer Entlastung zu kommen, großes Verständnis. Wir glauben, dass dies vor dem Hintergrund der Einnahmeentwicklung der GKV vertretbar ist, und daher unterstützen wir die Bemühungen der Krankenhäuser, die hohe medizinisch-pflegerische Qualität der Krankenhausversorgung aufrechterhalten zu wollen.

(Beifall bei der FDP)

Mit unserem vorgelegten Antrag machen wir einen ersten Vorschlag, und, ich darf bereits ankündigen, weitere werden in den nächsten Monaten folgen.

(Beifall bei der FDP)

Den beiden hastig nachgereichten Anträgen der Koalition fehlt es indes an Glaubwürdigkeit, schließlich waren gerade die Sozialdemokraten auf Bundesebene maßgeblich für die Einführung des Sanierungsbeitrages ebenso verantwortlich wie für die schädliche Mehrwertsteuererhöhung.

Auch in der Begründung Ihrer Anträge, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, können Sie sich nicht zu einem ehrlichen Urteil über das Scheitern der Politik der Ministerin Ulla Schmidt durchringen. Wenn es einer so allgemeinen Aufforderung, wie Sie das in Ihrem zweiten Entschließungsantrag vorbringen, zur Entlastung der Krankhäuser bei den Tarifsteigerungen bedarf, so frage ich mich doch: Was hat denn der Senat bisher unternommen, um sich für die Krankenhäuser im Land Bremen einzusetzen?

Der den Krankenhäusern auferlegte, allein der Kostendämpfungslogik geschuldete Sanierungsbeitrag muss so bald wie möglich entfallen; die FDP im Bundestag hat dies bereits für das laufende Jahr 2008 und damit auch rückwirkend für bereits gezahlte Beträge jüngst gefordert. Die 0,5-prozentige Kürzung der Rechnungen hat sich aus unserer Sicht als völlig kontraproduktiv erwiesen. Letztlich werden die Patientinnen und Patienten zu den Leidtragenden der Politik von SPD und CDU im Bund werden.

Es ist kaum vermittelbar, dass die Große Koalition in Berlin mit der Mehrwertsteuererhöhung selbst zu den Kostensteigerungen bei den Krankenhäusern beigetragen hat, die sie dann anschließend mit

dem Sanierungsbeitrag begrenzen will. Gesundheitspolitisch ist das durch nichts zu begründen, und deshalb fordern wir: Weg mit dem von Anfang an willkürlichen Sparopfer für die Krankenhäuser! Meine Damen und Herren, bitte stimmen Sie dem Antrag der FDP zu!

(Beifall bei der FDP)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Brumma.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir freuen uns, dass die FDP sich wieder in die Diskussion einklinkt. Denn bei den Diskussionen zum Gesundheitsmodernisierungsgesetz haben Sie sich einfach verweigert. Sie haben gesagt, dabei machen wir nicht mit, dabei kommt zu wenig Privates heraus. Von daher sind wir froh, dass Sie sich heute an der Diskussion wieder beteiligen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir diskutieren in letzter Zeit viel über die Kliniken und deren finanzielle Situation. Wir haben zwei Anträge zu deren Entlastung eingebracht. Ich glaube, das ist notwendig, denn wir sollten das tun, was für uns möglich ist, und auf die Bundespolitik einwirken. Bereits im Dezember 2007 haben wir hier im Hause darauf hingewiesen, dass der Budgetdeckel für die Tarifsteigerung in den Krankenhäusern geöffnet werden muss. Schon damals haben wir gesagt, die Rahmenbedingungen sind zu bedrückend für die Häuser.

Meine Damen und Herren, die Beschäftigten in unseren Krankenhäusern stellen rund um die Uhr und 365 Tage im Jahr die stationäre Versorgung und die Notfallversorgung unserer Bevölkerung sicher. Sie tun dies bei steigenden Patientenzahlen und mit immer weniger Personal. Die Kosten erhöhten sich in der Vergangenheit bundesweit um fünf Prozent. In Bremen und Bremerhaven ist es ähnlich. Dagegen sind die Preise für Krankenhausleistungen gesetzlich fixiert und festgelegt.

2007 wurde das Budget effektiv um 0,2 Prozent gekürzt. Mit dieser Budgetkürzung mussten – wie Sie, Herr Dr. Möllenstädt, schon sagten – die Tariferhöhungen, die gestiegene Mehrwertsteuer, Energiekosten, der Sanierungsbeitrag und die Anschubfinanzierung zur integrierten Versorgung finanziert werden. Allein in der GesundheitNord summierten sich diese Beträge auf 23 Millionen Euro im Jahr. Dies konnte noch einmal durch verschiedene einmalige Maßnahmen und das Sinken des Arbeitslosenbeitrages geschultert werden.

Die Budgeterhöhung in diesem Jahr beträgt leider nur 0,14 Prozent. Damit steht bei der Steige

rungsrate bereits das fünfte Jahr in Folge eine Null vor dem Komma. Dagegen hatten die gesetzlichen Krankenkassen, die diese Betriebskosten zahlen, zum vierten Mal hintereinander ein positives Jahresergebnis und steuern auf eine vollständige Entschuldung zu. Das ändert auch nichts daran, dass sie in diesem Jahr vielleicht ein kleines Minus haben. Wir sagen, im Moment wiegt die Problematik bei den Krankenhäusern höher als bei den Kassen, und deshalb müssen wir von uns aus aktiv werden.