Protokoll der Sitzung vom 03.07.2008

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich glaube, wir haben ein gutes Verfahren besprochen. Wir werden mit Sicherheit keiner einzigen inhaltlichen Debatte in dieser Frage ausweichen. Da können Sie ganz sicher sein. Wir werden am Ende ein vernünftiges politisches Ergebnis in der Bürgerschaft haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine verehrten Damen und Herren! Herr Möllenstädt, es mag ja sein, dass Sie die Ausschusssitzungen so erinnern, wie Sie sie hier geschildert haben. Ich habe mich noch einmal kurz vergewissert, die Abgeordneten sämtlicher anderer Fraktionen erinnern das anders.

Sie haben nicht diskutiert, dass Sie allgemeine verfassungsrechtliche Bedenken haben, sondern Sie haben diskutiert, wir mögen das doch bitte inhaltlich

alles noch einmal diskutieren und dazu Sachverständige hören. Zu einer politischen Auseinandersetzung sollten wir Sachverständige hören! Sie konnten auch nicht belegen, welche Sachverständigen man denn eigentlich für die Zweckmäßigkeitsprüfung einer Fünfprozenthürde heranziehen könnte. Ich verstehe das ja! Wenn ich FDP wäre, würde ich als Partei, die ums Überleben kämpft, auch sagen, eine Fünfprozenthürde ist Teufelszeug.

Wenn ich Sie noch an eines erinnern darf, Herr Ella: Wenn es denn so gewesen wäre, dass Sie ein ernsthaftes Interesse an einer Diskussion gehabt hätten, wäre es ja gut! Nur möchte ich Sie daran erinnern, dass Sie die einzige Fraktion in diesem Haus gewesen sind, die der Überweisung in den Ausschuss nicht einmal zugestimmt haben. Was wollen Sie denn? Sie wollen schlicht und ergreifend, dass die Fünfprozenthürde nicht eingeführt wird.

(Zurufe von der FDP)

Diese Diskussion, warum wir sie denn einführen wollen, wollen Sie überhaupt nicht führen. Ich kann für die SPD einfach ein für alle Mal klarstellen: Wir haben in unserem Landesparteitagsbeschluss „Wahlprogramm“ festgelegt, wir wollen die Fünfprozenthürde wieder einführen. Nun kann ich verstehen, dass man als FDP die Wahlprogramme anderer Parteien nicht liest. Wie Sie darauf kommen können, dass wir das still und heimlich machen, erschließt sich mir allerdings nicht. Es hat eine ausführliche Diskussion in der Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven gegeben. Die Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven hat sich mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, die Fünfprozenthürde wieder einzuführen. Wir als SPD sind der Meinung, es kann im Land Bremen in den beiden Kommunen kein unterschiedliches Wahlrecht gelten. Es kann nicht sein, dass in der Stadtgemeinde Bremen eine Fünfprozenthürde gilt und in Bremerhaven nicht.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Herr Dr. Kuhn hat etwas gesagt zu dem Thema, ob Sie sich Freunde in Bremerhaven machen. Das weiß ich nicht, aber wenn Sie die Stadtverordnetenversammlung mit einem Beirat vergleichen, dann haben Sie auch die Kommunalverfassung in Bremen überhaupt nicht begriffen. Die Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven hat weitreichende Kompetenzen. Da geht es darum, eine stadtregierungsfähige Mehrheit sicherzustellen. Das ist eine völlig andere Situation als in einem Beirat. Wer das vergleicht, dem kann ich nur anraten: Schauen Sie doch noch einmal in die Verfassung!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Letzter Punkt! Herr Tittmann, schön, Recycling finden wir alle gut, dass Sie aber zum selben Thema zweimal identische Reden gehalten haben, lässt ein bisschen auf Vergesslichkeit schließen. Das ist aber auch nicht mein Hauptpunkt, sondern der ist, dass deutlich wird, dass Sie gar nicht begriffen haben, was der Ausschuss hier vorlegt. Der Ausschuss hat hier nicht vorgelegt, dass wir inhaltlich über die Fünfprozenthürde reden, sondern er hat vorgelegt, dass wir das höchste Verfassungsgremium, das wir für Zweifelsfragen haben, anrufen wollen. Das ist der Staatsgerichtshof. Wer die Vorlage einer Entscheidung an den Staatsgerichtshof als undemokratisch bezeichnet, der hat Rechtsstaatlichkeit überhaupt nicht begriffen. Das allerdings wundert mich bei Ihnen überhaupt nicht!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Zur Kurzintervention der Abgeordnete Dr. Möllenstädt!

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Tschöpe, eines muss man doch wirklich noch einmal klarstellen: Zur Vorbereitung dieser Sitzung hat wie immer eine interfraktionelle Sitzung der Fraktionen stattgefunden. Dort war die FDP die einzige Fraktion, die diesen Tagesordnungspunkt überhaupt debattieren wollte.

(Beifall bei der FDP – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das hätte man sich angesichts Ihres Beitrags auch schenken können!)

Das möchte ich doch hier noch einmal in aller Deutlichkeit klarstellen! Deshalb kann man hier sehr wohl auch von heimlich, still und leise sprechen.

(Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/ Die Grünen])

Herr Kollege, jetzt reden wir doch einmal über die Grünen! Sie hoffen doch, dass Sie vom Staatsgerichtshof von Ihrem Problem befreit werden, dass Sie umgefallen sind, dass Sie Ihren Wählern etwas anderes versprochen haben als das, was Sie jetzt tun.

(Beifall bei der FDP)

Da hilft auch das Geschrei nichts. Auch die Behauptung, die ja nun völlig abwegig ist, zu meinen, dass uns das nur persönlich anginge, dass wir als FDP in Bremerhaven um das Überleben kämpfen würden, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

das ist doch absurd, bei fast 10 Prozent Wahlergebnis bei der letzten Wahl! Das ist doch wirklich lächerlich!

(Beifall bei der FDP – Abg. B ö d e k e r [CDU]: Kurzzeitgedächtnis!)

Sie glauben doch nicht das, was Sie tun! Was meinen Sie denn, wie viele Menschen uns zusprechen und sagen, es ist richtig, dass ihr das macht? Wir werden das auch weiterhin machen. Die Argumente, die Sie heute genannt haben, sind völlig absurd, und ich denke und hoffe, das haben Sie jetzt auch gemerkt! – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Winther.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Tschöpe, Ihr erster Diskussionsbeitrag war der Bericht, und dieser Bericht sollte eigentlich sachlich sein, insofern darf ich darauf hinweisen, dass Sie mich falsch zitiert haben, denn ich war genau wie Sie – –.

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Vielleicht falsch verstanden!)

Okay, dann einigen wir uns darauf! Ich war genau wie Sie dafür, dass wir zunächst den Staatsgerichtshof anrufen. Allerdings habe ich den Vorschlag gemacht, dass wir die Diskussion nicht abwürgen, sondern uns im Anschluss daran mit dem Ergebnis auseinandersetzen und insofern die FDP noch einmal die Gelegenheit hat, zu dem Stellung zu nehmen, was wir als Votum vorgelegt bekommen. Ich darf auch darauf hinweisen, was Herr Bödeker schon während der Debatte vor über einem Jahr zum Thema Volksgesetzgebung angekündigt hat, dass wir ein Problem mit der Abschaffung der Fünfprozentklausel haben. Insofern ist es hier nicht überraschend und auch nicht neu, wie wir uns verhalten, und dass wir für die Wiedereinführung sind.

Nun muss ich doch noch einmal sagen, lieber Herr Dr. Möllenstädt, Sie fordern einerseits die Anrufung selbst, Sie bezeichnen andererseits dieses Vorgehen als einen Schachzug. Sie haben sich da wirklich verheddert! Ich denke, es ist richtig und gut, dass wir zunächst einmal die fachliche und juristische Basis haben, damit wir wissen, was wir rechtmäßig entscheiden können, denn es nützt uns überhaupt nichts, Gutachter zu bestellen, juristische Diskussionen zu führen, wenn wir nicht die richtige Voraussetzung haben, wenn wir nicht wissen, wovon wir ausgehen sollen. Dieses Verfahren, erst den Staatsgerichtshof anzurufen, spart uns eine Menge Zeit und Geld; Zeit insofern, als es sowieso dazu gekommen wäre, dass

er angerufen worden wäre, dann können wir es auch gleich tun, und dann können wir die Präliminarien vermeiden. Es ist so, das weiß hier auch jeder, dass das Urteil des Staatsgerichtshofs ein abschließendes Urteil ist und wir dieses zur Grundlage aller weiteren Entscheidungen hinnehmen müssen. Insoweit können wir zwar – und das haben wir ja auch im Rechtsausschuss beschlossen – dann dieses Votum diskutieren. Ich bin in der Tat gespannt, wie es dort diskutiert wird,

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Deswegen sagen Sie auch nicht, was die CDU will!)

denn es ist richtig, dass wir hier wohl im Parlament unterschiedliche Ansichten haben. Ich weiß, dass Sie – sehr geehrte Kollegen der Regierungsfraktionen – eine Koalitionsvereinbarung haben, in der dieser Punkt geregelt ist, aber ich weiß auch, dass die Grünen im Grunde Ihres Herzens anderer Meinung sind.

Ich darf noch einmal darauf hinweisen, Herr Dr. Möllenstädt, Sie haben auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Schleswig-Holstein Bezug genommen! Das Bundesverfassungsgericht hat hier die Funktion eines Staatsgerichtshofs für Schleswig-Holstein wahrgenommen und hat ganz klar gesagt, dass es eine Frage der tatsächlichen Gegebenheiten ist, wie zu entscheiden ist. Einer der ganz großen Unterschiede zu Schleswig-Holstein ist, dass in Bremerhaven der Oberbürgermeister von der Stadtverordnetenversammlung gewählt wird und nicht in einer Direktwahl, wie das in Schleswig-Holstein der Fall ist.

Deswegen gehe ich davon aus, dass der Bremer Staatsgerichtshof sich weniger mit verfassungsrechtlichen Fragen, sondern mit tatsächlichen Fragen auseinandersetzen wird. Insofern, warten wir diese Entscheidung ab! Ich denke, dann können wir auch eine fundierte Entscheidung und keine aus dem blauen Dunst treffen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag des nichtständigen Ausschusses „Erleichterung der Volksgesetzgebung und Weiterentwicklung des Wahlrechts“ mit der DrucksachenNummer 17/471 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE und FDP)

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht des nichtständigen Ausschusses Kenntnis.

Masterplan Industrie

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 20. Mai 2008 (Drucksache 17/404)

Dazu