Einstellung bei geringer Schuld setzt ja voraus, dass der Tatvorwurf so gering sein muss, dass man unter Opportunitätserwägungen auf ein Strafverfahren verzichten kann. Da, glaube ich, liegen Sie nicht richtig, dass es da um Straftäter geht, die mindestens dreißig Mal vorher erwischt worden sind und womöglich noch – –.
Ach, Dunkelziffer, das weiß ich nicht! Auf jeden Fall ist das ein Punkt, der dazu führen kann einzustellen, auch ohne Auflage.
Der zweite Punkt ist, das hatten Sie schon gesagt, jemand, der mit Drogen erwischt wird, aber nicht abhängig ist! Wenn er nicht abhängig ist, sollte man ihm auch keine Therapieauflage machen. Therapieauflage ist dann richtig, wenn jemand auch abhängig ist und mit dieser Therapie weitere Straftaten verhindert werden können. Ein weiterer Tatbestand verbirgt sich hinter diesen Zahlen: zum Beispiel dann, wenn zur Beschaffung dieser Drogen weitere Straftaten begangen worden sind und diese verurteilt werden und deshalb die anderen Drogenstraftaten – also die Tatsache, dass er das auch in Rauschgift umgesetzt hat – dann entfallen und deswegen dieses Verfahren eingestellt wird.
Das heißt, wenn man diese unterschiedlichen Tatbestände zusammenfasst, kann man aus den puren Zahlen nicht ersehen, warum diese Abweichung so ist, auf jeden Fall kann man nicht daraus schließen, dass der Senat oder die Staatsanwälte leichtfertig mit solchen Drogendelikten umgehen.
Auch die Frage der CDU, ob in jedem Fall Mitteilung an die Schule gemacht wird, führt, finde ich, in eine problematische Richtung. Ich denke nicht, dass es darum geht, dass jemand, der Drogen genommen hat, an der Schule stigmatisiert werden sollte, sondern erst dann muss die Schule und die Jugendhilfe informiert werden, wenn befürchtet werden muss, dass er erstens andere gefährdet oder zweitens dauerhaft drogenabhängig ist.
Doch, wenn er einmal Drogen nimmt, gefährdet er sich vielleicht, aber es kann noch nicht dazu führen, dass einer, der auf einer Party einmal Drogen nimmt, dann in der Schule gemeldet wird. Ich denke, diese Stigmatisierung kann genau zum Gegenteil führen, nämlich dazu, dass er eher in die Drogenszene hineingetrieben wird.
Ich komme zum Schluss! Weil es nicht klar ist, wie sich diese unterschiedlichen Zahlen ergeben, kann man jedenfalls die weitreichenden Schlüsse, die Herr Hinners daraus gezogen hat, nicht daraus ziehen. Deswegen, denke ich, ist dieser Vorwurf, den er an den Senat gemacht hat, unzutreffend und nicht geeignet. – Danke!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion hat mit großem Interesse die Antwort des Senats auf die Große Anfrage der CDU gelesen. Ich denke, diese Antwort provoziert Nachfragen, die auch unbedingt gestellt werden müssen, nämlich unter anderem nach der hohen Einstellungsquote ohne Auflagen.
Ich hoffe, dass uns der Staatsrat hier gleich Aufklärung dazu geben kann, ansonsten müssten wir noch einmal vertiefend nachfragen, weil das genau darstellt, dass wir hier in Bremen entweder eine Sonderrolle einnehmen, dass wir ganz besonders gut in der Drogenbekämpfung und in der Suchtbekämpfung sind oder dass es hier Ausnahmen gibt, die man eventuell nicht tolerieren kann. Deshalb ist die Anfrage sehr aufschlussreich.
Wir haben es heute in der Debatte schon vor der Mittagspause erörtert: Auf der einen Seite darf es keine Kriminalisierung geben, die man vorschnell vornehmen könnte, aber auf der anderen Seite auch keine Bagatellisierung.
Ich denke, genau da muss man auch die Schnittkante anlegen. In der Jugendarbeit – jeder der sich in der Jugendarbeit ein wenig auskennt, weiß das – ist es sehr wichtig, dass man frühzeitig Grenzen und Linien aufzeigt, die nicht überschritten werden sollen. Wir kennen die Debatte auch aus anderen Zusammenhängen mit jungen Intensivtätern, die dann irgendwann sagen: Hätte man mir früher einmal die Grenzen aufgezeigt, dann hätte ich mich vielleicht anders verhalten. Da müssen wir sehr genau hinsehen!
Der nächste Punkt ist: Wenn man nachlesen kann, dass so viele Verfahren eingestellt werden – und da kommen wir zu der gesamten Drogenproblematik, unter anderem im Ostertor – dann entsteht natürlich in der Öffentlichkeit auf der anderen Seite auch der Eindruck, Drogenkriminalität und Drogenhandel werden in Bremen eventuell nicht so ernst genommen
Deshalb denke ich, dass wir uns die Antworten des Senats sehr genau anhören und gegebenenfalls noch einmal vertiefend nachfragen werden. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich auf das eingehen, was Frau Troedel gesagt hat. Frau Troedel, weiche Drogen freizugeben, ist nun überhaupt keine Strategie, die die CDU für sinnvoll erachtet.
Lassen Sie mich einmal ausreden, Frau Troedel! Alle aktuellen Untersuchungen zeigen eindeutig auf, dass Einstiegsdrogen, weiche Drogen genauso gefährlich sein können wie harte Drogen.
Alle aktuellen Untersuchungen! Es wäre also völlig falsch, diesen Weg, die weichen Drogen freizugeben, zu beschreiten.
Im Übrigen, was die Prävention angeht, gebe ich Ihnen natürlich recht, aber die Prävention wird nicht dadurch erreicht, dass man die Drogen freigibt, sondern sie wird durch Beratung und, wo es erforderlich ist, durch Therapie erreicht.
Herr Frehe, ich habe nicht von Dealern gesprochen, ich habe von Drogeneinsteigern gesprochen. Dass die Behörde, die Staatsanwaltschaft und die Gerichte mit Dealern anders umgehen, steht für mich außer Frage. Ob das die richtige Verfahrensweise ist, das haben wir hier gar nicht diskutiert. Das ist vielleicht ein––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
mal ein Thema an einer anderen Stelle. Ich habe hier aber von Drogeneinsteigern gesprochen, und das sind in der Regel Jugendliche, und denen muss, aus meiner Sicht, deutlich gemacht werden – und zwar möglichst am Anfang, wehret den Anfängen, dies wäre an der Stelle für mich ganz wichtig –, wie gefährlich das ist, was sie machen.
Deswegen müssen sie keine Therapie bekommen, aber eine Drogenberatung, denn dafür sind diese Institutionen da. Eine Drogenberatung ist an der Stelle ganz wichtig!
Das, Herr Frehe, kann im Rahmen einer Auflage von der Staatsanwaltschaft oder vom Gericht festgelegt werden. Wenn das in 62,5 Prozent aller Fälle nicht gemacht wird, dann fehlt da etwas, dann fehlt da einfach die Beratung der Jugendlichen, die ganz offensichtlich gefährdet sind. Ich will sie gar nicht verurteilen, nicht kriminalisieren und nichts, das habe ich nie gesagt, da stehe ich auch völlig auf einer anderen Seite. Aber eine Drogenberatung halte ich an der Stelle für ganz wichtig.
Dann haben Sie davon gesprochen, dass eine Mitteilung an die Schule nicht durchgeführt werden sollte, wegen der Gefahr der Stigmatisierung. Darüber kann man sich im Einzelfall unterhalten, aber es wird auch keine Mitteilung an die Jugendhilfe gemacht, Herr Frehe, und da geht es nicht um Stigmatisierung, da geht es um Hilfe, um Beratung.
Warum bekommt die Jugendhilfe keine Mitteilung? Das ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Vielleicht wird uns ja der Herr Staatsrat gleich Näheres dazu sagen, warten wir es einmal ab! – Danke!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin dankbar für die Nachfragen, die hier gekommen sind, weil ich meine, da einiges an Aufklärung geben zu können. Ich weiche jetzt hier vom Redemanuskript ab, hier ist so viel in der Debatte gekommen, darauf muss ich direkt reagieren.
Als Erstes zu den Zahlen: Das Bild, das zu den Einstellungen gezeichnet worden ist, ist so nicht zutreffend. Da sind Sie einem statistischem Problem aufgesessen, denn man muss zusammenrechnen die Einstellungen ohne Auflage und die Einstellungen nach Paragraf 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung. Das sind zwei Einstellungsarten, die zusammen im Grunde
ohne Folgen bleiben, wo nichts folgt. In der Praxis der Staatsanwaltschaft und auch der Staatsanwaltschaften der anderen Länder ist es so, dass man von der einen oder anderen Möglichkeit Gebrauch macht. Die Einstellung ohne Auflage ist rechtstechnisch etwas einfacher. Paragraf 170 Absatz 2 setzt eine Begründung voraus.
Also, wenn man diese beiden Einstellungsarten zusammennimmt, dann ergeben sich folgende Zahlen: Bremen hat danach, also bei diesen beiden Einstellungsarten zusammen, eine Einstellungsquote von 71,4 Prozent. Dann nenne ich einmal die Bundesländer, die noch höhere Quoten haben: Das sind Brandenburg mit 74,6 Prozent, Rheinland-Pfalz mit 73 Prozent, Saarland mit 71,6 Prozent, Schleswig-Holstein mit 83,3 Prozent und Sachsen-Anhalt mit 74,3 Prozent. Das heißt, das sind die Einstellungen, die ohne weitere Konsequenzen bleiben. Ich muss diese beiden Gruppen zusammennehmen, und dann liegt Bremen sozusagen im unteren Mittelfeld, was die Einstellungen betrifft. Das ist das Bild, das sich ergibt.