Protokoll der Sitzung vom 22.01.2009

Viele Dozenten an den verschiedenen Einrichtungen dieses Landes sind unterbezahlt, und es besteht dringender Handlungsbedarf. In der Debatte um die Große Anfrage zu diesem Thema habe ich dazu ja bereits deutlich Stellung genommen. Sie wissen, gerade wir Liberale haben ein offenes Ohr für die Belange der Freiberufler und setzen uns für eine angemessene Bezahlung und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen ein. Den vorliegenden Antrag allerdings halten wir zur Verbesserung der Situation der Betroffenen für nur sehr bedingt geeignet. Dazu einige Erklärungen:

Zunächst sehen wir die Lehrbeauftragten an den Hochschulen hier falsch aufgehoben. Die FDP setzt sich in diesem Bereich nicht zuletzt durch einen aktuellen Parteitagsbeschluss für einen eigenen Wissenschaftstarifvertrag ein, dieser muss sich auch mit den Entgelten für die freiberuflich an den Hochschulen Beschäftigten befassen. Eine solche Frage ist dann von den Tarifpartnern und damit den Hochschulen und den Gewerkschaften in Eigenregie zu regeln, das öffentliche Tarifrecht bietet hier keine passenden Regelungen.

Für die an der VHS und an anderen Bildungseinrichtungen tätigen Dozentinnen und Dozenten stellt sich diese Situation allerdings anders dar. Hier gibt es unserer Meinung nach auch den größten und aku

ten Handlungsbedarf. Eine Angleichung, Frau Schön sprach das schon an, an die Gehälter der festangestellten Mitarbeiter ist wohl aber angesichts der Haushaltslage nicht darstellbar. Zudem ergäbe sich durch eine Umwandlung der Verträge mit freien Mitarbeitern in Angestelltenverhältnisse ein Konflikt mit der für die Bildungseinrichtungen und auch für die Dozentinnen und Dozenten notwendigen Flexibilität.

Meine Damen und Herren, wir fordern den Senat allerdings auf, sich für eine deutliche Anhebung der Honorare einzusetzen. Angesichts der langen Zeit, in der keine Anpassungen stattgefunden haben, halten wir beispielsweise bei der Volkshochschule erst einmal 10 bis 15 Prozent für nicht zu hoch gegriffen. Damit würde sich Bremen noch immer unterhalb des Niveaus von Volkshochschulen wie etwa Frankfurt, Nürnberg oder Hannover bewegen und so den Zwängen der Haushaltsnotlage entsprechen. Es wäre aber ein Zeichen für die Arbeit der Dozentinnen und Dozenten und eine deutliche Verbesserung ihrer Situation.

(Beifall bei der FDP)

Bei der Forderung, das Risiko für ausfallende Veranstaltungen auch auf die Veranstalter zu verteilen, sind wir ebenfalls bei Ihnen, Herr Beilken. Hier muss eine Regelung gefunden werden, die den Lehrenden mehr Planungssicherheit gibt, die ihnen einen Teil des Ausfallrisikos abnimmt, die vorliegende Formulierung lässt allerdings noch Fragen offen.

Meine Damen und Herren, den Antrag in der aktuellen Form halten wir für nicht vollständig zustimmungsfähig. Wir teilen die Auffassung, dass es Handlungsbedarf gibt, allerdings nicht so, wie von der Fraktion DIE LINKE vorgeschlagen wird. Wir fordern den Senat aber auf, jetzt aktiv zu werden, und werden uns dann gegebenenfalls selbst im Frühjahr noch einmal zurückmelden. Heute werden wir uns enthalten. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Beilken.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zuerst muss ich feststellen, insgesamt scheinen wir doch zur Bewegung in diesem Bereich hier etwas beigetragen zu haben, nicht nur mit unserem Antrag.

(Abg. Frau M ö b i u s [SPD]: Das waren die Dozentinnen und Dozenten!)

Die Dozentinnen und Dozenten in gleichem Maße, selbstverständlich! Wir sind nur das ausführende, das ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

hilfreiche Organ im Parlament für diejenigen in der Bevölkerung, die sich wehren.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Vielleicht auch nur als Wurmfortsatz!)

Wenn wir das schaffen, wenn wir diese Funktion hier erfüllen, dann sind wir zufrieden.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu haben wir uns auch zur Wahl gestellt, und nur so kann es auch Fortschritte geben. Wir haben die Situation auch hier im Parlament zu diskutieren, um das gleich einmal zu sagen, verehrte Frau Dr. Spieß, denn wir haben das sowohl in der Kulturdeputation angesprochen als auch einen entsprechenden Antrag letztlich mit Erfolg im Betriebsausschuss gestellt. Aber es zeigt sich doch, dass die entscheidenden Weichenstellungen dann letztlich hier vom Haus vorgenommen werden müssen. Wir werden das natürlich auch in den Haushaltsberatungen wieder thematisieren müssen. Wir müssen hier eine Absichtsbekundung haben, wir müssen uns dahin vorarbeiten, dass tatsächlich mehr Geld aus dem Haushalt hierfür in die Hand genommen werden muss. Die Volkshochschule hat selbstverständlich erklärt, dass sie selbst da nicht die entscheidenden Schritte tun kann. Sie müsste an der einen Stelle etwas wegnehmen, was sie an der anderen Stelle hinzufügt, und wir haben alle Kenntnisse, dass die Volkshochschule nirgendwo anders Geld herausschneiden kann, um die Honorare aus ihren Mitteln zu erhöhen. Das wurde dort mittlerweile auch schon mehrfach geäußert. Der Ball wurde zurück an die Politik gespielt, wir haben die Verantwortung.

Ein Wort zur Diskriminierung, ich möchte versuchen, es Ihnen zu erklären: Vergleichen Sie es einmal mit der Diskriminierung, die wir auch bei Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern zu bekämpfen versuchen! Es sind in derselben Situation unterschiedliche Statusmischungen, die dazu führen, dass dieselbe Arbeit gemacht wird, und die eine Arbeit ist halb so teuer wie die andere.

Das ist zum Beispiel in der Weiterbildung so: Wenn ein hauptamtlicher Dozent doziert, kostet das die Volkshochschule oder die WiSoAk doppelt so viel, als wenn ein freiberuflicher Dozent doziert, und es sind zum Teil auch Stellen in diese Richtung umgewandelt worden, das muss ich zur Ergänzung sagen. Wir hatten selbst hier bei der Bürgerschaft auf der Treppe die Information von Betroffenen, die sagten: Früher war ich hauptberuflich, jetzt bin ich auf nebenberuflich geändert worden, die Institution war jetzt nicht die Volkshochschule. Es sind viele betroffen, auch private Institute. Jetzt koste ich sie nur halb so viel, aber ich selbst habe auch nur halb so viel und kann davon eigentlich nicht leben. Eine prekäre Lebenssituation, die ausgenutzt wird!

Gerade den Status der Selbstständigkeit kann man ja erhalten, allerdings muss auch die Bezahlung dann entsprechend sein. Wir haben im Antrag vorgeschlagen, dass wir anbieten, es umzuwandeln. Die, die gern ins Angestelltenverhältnis wechseln möchten, sollen das tun. Wenn wir das Freiberufliche beibehalten, müssen wir es entsprechend auf dasselbe Niveau anheben, sonst ist es Diskriminierung. Wenn es keine Diskriminierung ist, dass für dieselbe Arbeit nur etwa 50 Prozent der Erträge hereinkommen, frage ich mich, wo man das Wort überhaupt sinnvoll verwenden kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben hier im Hause schon Ansätze, dass sich vielleicht tatsächlich etwas im nennenswerten Rahmen bewegt. Unser Antrag geht ja dahin, das Ziel stufenweise zu erreichen. Wir wissen, dass es um hohe Beträge geht, Frau Böschen hat es aufgezeigt, es müssten also 1,5 Millionen Euro für die Forderung, wie sie die Dozentinnen und Dozenten formuliert haben, aufgebracht werden. Wir selbst zielen ja auf eine Gleichbehandlung, das liefe dann auf etwa 50 Euro für die Honorarstunde hinaus. Auch wenn wir nur schrittweise – und sei es auch nur mit anfänglich 15 Prozent – dahingehen, die Perspektive ist wichtig, und die Schritte dürfen nicht so klein sein, dass man sie als verschwindend bezeichnen müsste.

Es sind viele Dozentinnen und Dozenten, die nach einem neuen Job suchen und in die Fluktuation hineingehen, sie versuchen, aus diesem Bereich zu fliehen, obwohl sie sich – wie hier mehrfach gesagt wurde – sehr engagiert eingearbeitet haben, weil es einfach unhaltbare Zustände sind. Wenn Sie nur einen Tropfen auf dem heißen Stein zustande bekommen, und wir haben ja Haushaltsmöglichkeiten, wir haben 360 Millionen Euro, wenn ich es richtig sehe, Mehreinnahmen durch mehr Steuereinnahmen zu verzeichnen – –.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Und ich dachte schon, Sie hätten das mit dem Haus- halt am Beispiel der Volkshochschule be- griffen!)

Der Haushalt muss für diese Erhöhung genutzt werden, es sind zum Beispiel Mehreinnahmen vorhanden. In Zukunft werden auch sehr viele Millionen für den Bereich Bildung ausgegeben, und da vermisse ich den guten Willen. Ich weiß es ganz genau: Wenn Sie wollen, können Sie in dieser Richtung etwas organisieren, und zwar auch deutliche Schritte. Es stimmt, dass es nicht nur die Dozentinnen und Dozenten betrifft, wir haben zum Beispiel von der ver.di eine Veranstaltung „Journalisten/Journalistinnen, Dozenten/Dozentinnen und Honorarkräfte – Freier Fall ins Prekariat“

(Glocke)

am 20. September in Bremen. Das heißt, es sind noch mehr betroffen, und deshalb haben wir die Pflicht, endlich die nötigen Anpassungen vorzunehmen! – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vorweggeschickt noch einige Informationen, bevor ich in die Sache einsteige: Aktuell zahlt die Bremer Volkshochschule ihren Lehrenden 18 Euro, das ist hier schon mehrmals gesagt worden. Für eine Unterrichtsstunde, das heißt 45 Minuten, sind es in den Bereichen Deutsch als Fremdsprache 18,50 Euro, Aufbaukurse werden mit 20,50 Euro bezahlt und Spezialkurse mit 25,00 Euro, alles andere sind Regelungen und Honorarsätze, die der Direktor in seiner Entscheidung hat. Sonderhonorare können gezahlt werden, wenn ein außergewöhnlicher Aufwand entstanden ist.

Lassen Sie mich weiter vorwegschicken, dass sich die Angemessenheit eines Honorars daran orientiert, die Qualität zu sichern! Es gibt eine Studie aus dem Jahre 2006, wonach Bruttohonorarsätze in Deutschland zum Teil bei 8 Euro liegen. Hier bewegen sich die Honorarsätze, die nach dem Bremischen Weiterbildungsgesetz gezahlt werden, auf wesentlich höherem Niveau, eben – wie gesagt – aktuell auf 18 Euro, und die Volkshochschule richtet sich nach diesen Richtsätzen.

Hier also von einer extremen Lage im Vergleich zu anderen Bundesländern und zu der Situation in der Bundesrepublik zu sprechen, ist nicht in Ordnung und ausgesprochen populistisch! Sie erwecken Erwartungen, die angesichts des Haushalts meines Erachtens nicht erfüllt werden können. Ich bin gespannt auf die Haushaltsdebatte, die wir an dieser Stelle zu führen haben, denn wir sind tatsächlich in einem gewissen Dilemma. Wir haben in der Koalitionsvereinbarung festgelegt, dass wir die Weiterbildungsbeteiligung erhöhen wollen, 12,5 Prozent stehen darin. Wir werden noch sehen, wie schwer wir uns tun, dies im Haushalt zu erfüllen.

Genau in diesem Dilemma sind wir: Stecken wir das Geld in Weiterbildungsbeteiligung, oder stecken wir es in höhere Honorare? Auch das werden Sie miteinander abwägen müssen. Herr Beilken, im Betriebsausschuss wird Ihnen vorgestellt werden, wie die Lage im Augenblick in vergleichbaren Volkshochschulen gleicher Größenordnung ist. Es ist schon erwähnt worden, dass Volkshochschulen gleicher Größenordnung, zum Beispiel Dresden bei 10,50 Euro bis 18 Euro, Hamburg bei 19,38 Euro, Hannover bei 18,50 Euro, Köln bei 16,50 Euro liegen. Ich könnte es jetzt weiter fortsetzen: Auch hier kann man nicht davon reden, dass extreme Abweichungen in Bremen trotz

Haushaltslage vorhanden sind. Wenn Sie das Umland nehmen, mit dem die Volkshochschule letztlich in Konkurrenz steht, dann haben Sie in Diepholz 16 bis 18 Euro, in Delmenhorst 17,60 Euro, in Lilienthal 18 Euro. Auch hier sind keine extremen Abweichungen zu verzeichnen.

Ihr Begriff von Diskriminierung ist zumindest juristisch nicht zu halten, auch wenn Sie ihn vielleicht politisch gern so benutzen wollen. Bei Diskriminierung geht es in der Tat darum, dass man Gleiches ungleich behandelt. Wir haben aber nicht Gleiches! Wenn wir diejenigen nehmen, die hauptamtlich fest beschäftigt sind, dann haben sie insgesamt im Betrieb Volkshochschule noch andere Pflichten als diejenigen, die einen Lehrauftrag haben. Deshalb ist hier nicht Gleiches diskriminiert behandelt worden, sondern hier ist Ungleiches, dazu können Sie sich nachher noch einmal Gedanken machen.

(Abg. B e i l k e n [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Ich lasse jetzt keine Zwischenfrage zu, Frau Präsidentin! Das heißt, wir behandeln hier nicht ungleich, sondern hier sind die Verhältnisse ungleich, und das wollte ich an dieser Stelle feststellen. Wenn Sie es politisch als Kampfbegriff verwenden möchten, sollten Sie sich Gedanken machen, ob Sie nicht Erwartungen wecken, die Sie am Ende, wenn Sie den Haushalt vor sich liegen haben, nicht erfüllen können!

(Beifall bei der SPD)

Die Frage ist, was auf Dauer eigentlich passieren muss. Ich halte es natürlich für richtig, dass man auch darüber diskutiert, ob es nicht auf die Dauer einen Tarifvertrag für die Beschäftigten in der Weiterbildung geben muss. So ist es eine richtige Herangehensweise, denke ich, wenn der DGB auf Bundesebene ein Weiterbildungsgesetz fordert. Hier könnten zu den Qualitätsmerkmalen der Einrichtung auch vernünftige Arbeitsbedingungen und Honorare vereinbart werden.

(Beifall bei der SPD)

In Bremen hat, wie gesagt, der Betriebsausschuss der Bremer Volkshochschule die Betriebsleitung beauftragt, das ist ja auch schon erwähnt worden. Hier haben wir also demnächst eine vernünftige Diskussion, weil alles, was verabredet ist, dann vorliegt. Von daher wäre eigentlich die Reihenfolge richtig gewesen, erst einmal diese Diskussion abzuwarten. In der Tat benötigt eine Volkshochschule auch eine gewisse Flexibilität in der Vergabe ihrer Aufträge; dennoch ist es richtig, die Vergleiche anzustellen. Einige liegen schon vor, und wir können mit den Ergebnissen 2009 rechnen.

Ich denke nur, dass die Haushaltsnotlage des Landes Bremen angesichts der insgesamt finanziell angespannten Situation auf keinen Fall verträgt, dass wir wesentlich die Durchschnittshonorare vergleichbarer Institutionen überschreiten. Das gilt auch für alle anderen Themen und Standards, die wir haben. Deshalb bitte ich um Verständnis, dass wir zunächst die Diskussion im Betriebsausschuss abwarten sollten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD, und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Eine Kurzintervention des Abgeordneten Beilken!

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte darauf hinweisen, dass ich nur die Entgelte vergleiche, die für die Unterrichtsstunde berechnet werden. Es gibt interne Berechnungen, was die jeweiligen Institutionen für die Unterrichtsstunde berechnen, wenn ihre eigenen Hauptamtlichen dort unterrichten. Das liegt mehr als das Doppelte über dem, was die Institutionen bezahlen müssen, wenn eine Honorarkraft unterrichtet. Ich habe auch schon gehört, dass manche Schulen in anderen Bundesländern für Computerunterricht jemanden von der Volkshochschule einstellen, weil er nur die Hälfte kostet. Wir könnten da also noch sehr viel Klarheit schaffen, aber das machen wir bei anderer Gelegenheit. – Vielen Dank!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 17/613 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)