Meine Damen und Herren, um es ausdrücklich aufzuzeigen, es geht hier überhaupt nicht um die Stigmatisierung von Kindern aus diesen prekären Familienverhältnissen, sondern einzig und allein um das Erkennen dieser Umstände
sowie um eine wirkungsvolle Betreuung und Hilfe zur Verhinderung des Einstiegs in eine kriminelle Karriere.
Das wird meines Erachtens im Rahmen des Konzepts „Stopp der Jugendgewalt“ weder von Jugend und Soziales, noch von Bildung ausreichend praktiziert.
Anerkennen will ich aber ausdrücklich, dass die Senatorin für Bildung in diesem Zusammenhang einen Mentalitätswechsel zur besseren Zusammenarbeit mit den beteiligten Ressorts deutlich erkennen lässt, das haben Sie, Frau Senatorin, gesagt!
Da aufgrund der kriminologischen Forschung, die ich schon angesprochen habe, auch die häufig wiederkehrende Schulverweigerung als ein Indiz für spätere kriminelle Karrieren angesehen werden muss, sollte die Bildungsbehörde nach Auffassung der CDUFraktion allerdings sehr viel konsequenter als bisher gegen die Eltern dieser Kinder vorgehen.
Immerhin hatten wir in Bremen in den Jahren von 2003 bis 2008 insgesamt 2957 Schulpflichtverletzungen. Das zuständige Dezernat bei der Staatsanwaltschaft wurde jedoch aufgelöst, weil es keine entsprechenden Anzeigen und damit auch keine Verfahren gab. Offensichtlich wurden die Schulpflichtverletzungen also nicht besonders konsequent verfolgt. Die aktuellen kriminologischen Forschungsergebnisse weisen weiterhin darauf hin, dass Sanktionen bei straffällig gewordenen Jugendlichen möglichst schnell und konsequent zu erfolgen haben, da den Jugendlichen sonst der unmittelbare Bezug zur Tat fehlt.
Die CDU-Fraktion begrüßt in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Anweisung des Leitenden Oberstaatsanwaltes an die Staatsanwälte, Jugendgerichtsverfahren in der Regel nicht mehr durch Einstellung abzuschließen, sondern ein Urteil zu fordern. Wir sind überzeugt davon, dass ein Urteil mit Auflagen den straffällig gewordenen Jugendlichen deutlich mehr beeindruckt, als eine Einstellung mit entsprechenden Auflagen.
Einstellungen, Herr Frehe, gab es für diese Jugendlichen in der Vergangenheit nämlich schon viele durch die Staatsanwaltschaft. Bevor also jemand zum Jugendgericht kommt, hat er bereits durch die Staatsanwaltschaft einige Einstellungen in der Regel erfahren.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass die aktuelle Statistik für 2008 eine deutlich steigende Jugendkriminalität für Bremen ausweist, Frau Garling. Dies bestätigt die enorme Bedeutung eines umfassenden und in der Verfahrensweise ganzzeitlichen Konzepts zur Verhinderung und Bekämpfung der Jugendgewaltkriminalität.
Die CDU-Fraktion fordert deshalb den Senat auf, erstens mit differenzierten Maßnahmen stärker als bisher Familienbiografien auszuwerten und bei entsprechender Prognose mit Erziehungshilfen sowie Prä
ventionskonzepten eine drohende kriminelle Karriere möglichst frühzeitig zu unterbrechen. Zweitens, Datenschutz beziehungsweise sozialrechtliche Bestimmungen hinsichtlich einer möglichen Behinderung des erforderlichen Informationsaustausches zu überprüfen. Herr Erlanson, dazu kann ein Datenschutzkonzept hilfreich sein. Drittens, das Schwellentäterkonzept deutlich besser als bisher in den beteiligten Ressorts zu vernetzen und umzusetzen. Herr Fecker hat schon darauf hingewiesen! Viertens, Verfahren sollten gegen Intensivtäter schneller und konsequenter zu spürbaren Sanktionen führen. Dabei sollte aus unserer Sicht häufiger als bisher das vereinfachte Verfahren gemäß Paragraf 76 Jugendgerichtsgesetz Anwendung finden.
Meine Damen und Herren, die Tatsache, wie eingangs dargestellt, dass die Jugendgewaltkriminalität in den letzten 20 Jahren um das Vierfache gestiegen ist, erfordert von allen Ressorts einen Mentalitätswechsel. Die Instrumente der Achtzigerjahre haben offensichtlich versagt. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist doch nicht so, dass das Thema Jugendgewalt erst durch diesen integrativen Ansatz ein Thema für die Ressorts geworden wäre. Es ist doch so, dass viele schon gearbeitet und ihre Arbeit gesehen haben, aber es wurde vereinzelt gearbeitet, und die Kommunikation hat nicht so stattgefunden, wie sie inzwischen stattfindet. Es ist lobenswert, dass die Kommunikation in Gang gekommen und dieser interdisziplinäre Ansatz gewählt worden ist, mit dem auch gesehen wird, wie jede Gruppe in ihrer Fachlichkeit mit dem Problem umgeht, denn eines ist klar: Wir wollen, dass die Jugendgewalt gestoppt wird, und das aus vielerlei Gründen.
Zum einen wollen wir nicht, dass den Opfern etwas passiert, das kann keiner wollen. Wir wollen aber natürlich auch den Jugendlichen, die gewalttätig werden, Zukunftschancen bieten, die sie sich massiv verbauen, wenn sie kriminelle Karrieren starten, und wir wollen auch für die Gesellschaft etwas erreichen, wir wollen eine Gesellschaft ohne Kriminalität und Gewalt! Deswegen ist es lobenswert, wenn dieser Weg gegangen wird.
Wir haben einige Probleme, die wir nicht wegleugnen können: Wir haben eine Siedlungsstruktur und eine Sozialstruktur, und wir haben alle unterschiedliche Ansätze, um sie zu beheben. Wir wissen, was es da für Nachteile gibt, und müssen schauen, was passiert. Es muss darüber diskutiert werden, wie wir genügend Mittel für sozialräumliche Arbeit zur Verfügung stellen können. Insofern ist es gut, dass vie
le Diskussionen geführt wurden, beispielsweise über das Anpassungskonzept, mit dem es gelungen ist, mit entsprechenden Hinweisen der Opposition, aber auch mit konstruktiver Arbeit der Regierung, die Mittel entsprechend aufzustocken, damit mehr sozialräumliche Arbeit geschehen kann. Es ist aber auch notwendig sicherzustellen, dass das auch weiterhin möglich ist, denn Jugendfreizeitheime und andere Einrichtungen leisten eine entsprechende sozialräumliche Arbeit.
Entgegen dem, was hier schon wieder anklang und dem Eindruck, der in dieser gemeinsamen Sitzung erweckt worden ist, darf eines nicht vergessen werden: All die Dinge tun wir nicht nur, um Jugendgewalt zu stoppen, sondern ein Teil dessen, was in der Jugendarbeit gemacht wird, und ein Teil der Bildung trägt eben auch zum Stopp der Jugendgewalt bei, sie sind aber nicht allein mit diesem Zweck verbunden, und das darf nicht vergessen werden!
Das Ganze hat natürlich auch dazu geführt, dass im nachgeordneten Bereich an der Basis, dort, wo die Arbeit getan wird – denn die Senatoren können sich in ihren Amtsstuben vieles ausdenken –, bei dem einzelnen Lehrer, bei dem einzelnen Sozialarbeiter auf der Straße und bei dem einzelnen Polizisten, ein Bewusstseinswandel stattgefunden hat, der dazu geführt hat, dass mehr miteinander geredet und der andere auch verstanden wird sowie dass interdisziplinär gearbeitet wird. Es hat auch dazu geführt, dass Lösungen gefunden wurden, um Datenschutzprobleme anzugehen, die manchmal den Austausch verhindert haben, und auch Sichtweisen der anderen kennenzulernen, um sich damit die Möglichkeit zu eröffnen, etwas für die Kinder und Jugendlichen zu tun.
In dem Konzept wurden Dinge positiv benannt, die ich auch positiv benennen will: Die Wirkung von Sport gegen Gewalt, die Bildung mit ihrer Wirkung gegen Gewalt. Dabei geht es unter anderem um Projekte, die dazu führen, dass wir Schulvermeidung verhindern. Werkschulen sind dankenswerterweise schon angesprochen worden, die Abschlüsse und Perspektiven vermitteln sollen. Es geht aber auch darum, was konkret in der Schule gelernt wird, wie man beispielsweise durch Orchesterarbeit mit Musik, durch Sport Regeln akzeptieren lernt, weil das Ganze sonst nicht funktioniert, deswegen diese beiden Beispiele. Dort wird so gearbeitet, damit Kinder und Jugendliche Dinge lernen, die sie in ihrem familiären und sozialen Umfeld heute teilweise nicht mehr lernen können.
Es sind Dinge, die wir weiter in den Fachgremien Jugendhilfeausschuss, Sozial- und Jugenddeputation und Bildungsdeputation angehen müssen. Zum einen stellt sich die Frage, wie wir eine kontinuierlich bessere Qualität in der Bildung schaffen können – Schulentwicklungsprozess sei als Stichwort genannt –, und zum anderen, wie wir mit Alkohol- und Drogenmissbrauch von Jugendlichen umgehen, die eine gewisse Gewalt- und Kriminalitätskomponente haben. Wie gehen wir außerdem mit der Frage der Heimunterbringung um, was sind die Lösungen, die bisher noch nicht gefunden wurden? Wie kommen wir auch dort weiter voran?
Es gibt also noch viele Details zu klären, aber die Sache ist, glaube ich, auf dem Weg, und wir als Opposition werden die Regierungsarbeit kritisch begleiten, um zu schauen, ob der Weg entsprechend begangen wird. Eines ist aber klar: Mit diesem Ansatz ist ein großer Schritt getan, das Ziel ist noch lange nicht erreicht; es geht darum, die Jugendgewalt zu bekämpfen. Die drei Gründe, die mir dafür mindestens einfallen, habe ich benannt. Für uns als FDP bleibt es ein wichtiges Thema, und wir werden nach Tatkräften unterstützen, denn es geht um die Zukunftsperspektiven von Kindern und Jugendlichen und unserer Gesellschaft. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wer den Bericht aufmerksam gelesen hat, hat vielleicht festgestellt, dass Bremerhaven lediglich aufgefordert worden ist, sich an den Arbeitsgruppen zu beteiligen. Es sieht nun nicht so aus, dass Bremerhaven plötzlich festgestellt hat, dass es auch dort das Thema Jugendkriminalität gibt, sondern wir sind schon ein bisschen weiter. Da die bisherigen Redner, was ich auch verstehen kann, ihren Schwerpunkt auf Bremen gelegt haben, habe ich mir erlaubt, Ihnen darzustellen, dass sich auch in der kleineren Stadt eine ganze Menge tut.
Ja, Herr Abgeordneter, es ist aber nicht so einfach zu verstehen! Wenn Sie Projekte nennen, die sich nur auf die Stadt Bremen beziehen, kann ich nicht gleichzeitig sagen, das trifft für Bremerhaven gleichermaßen zu. Das soll auch gar kein Vorwurf sein. Es ist inzwischen so geregelt, dass Bremerhaven in dem nächsten Bericht vorkommt, und zwar mit all den schönen Projekten, die es in der Vergangenheit schon gegeben hat und die es auch in der Zukunft noch geben wird. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Dreh- und Angelpunkt der ganzen Geschichte ist etwas, das es in Bremen noch nicht gibt. Ich nehme mir einmal das Recht heraus, ein bisschen Werbung zu machen. Unsere Maßnahmen umfassen nicht nur das Feld Jugendkriminalität, sondern auch andere Kriminalitätsfelder, und dafür gibt es ein wichtiges Instrument mit dem Namen Präventionsrat. Dieser ist tatsächlich, wie er sein sollte, nämlich mit allen Beteiligten, nicht nur mit Polizei und Justiz, sondern auch mit Jugendamt, mit Schule, mit allen Interessierten, die damit etwas zu tun haben, sehr einfallsreich und kreativ.
Wir haben beispielsweise zwei Projekte gemacht, das eine heißt „Mut gegen Gewalt“. Sie können in Bremerhaven fragen, wen sie wollen, sie kennen es alle, das ist sehr deutlich geworden. Das andere Projekt – nicht nur Polizei, sondern auch Schule – ist die Werkstattschule in Bremerhaven, die für ihre Aktivitäten mit Jugendlichen, die einen etwas schwierigen Hintergrund haben, den Deutschen Schulpreis bekommen hat. Durch diese Werkstattschule hatten sie die Möglichkeit, auch praktisch tätig zu werden und vielleicht einen Ausbildungsplatz zu bekommen, woran vorher nie zu denken gewesen wäre. Ich möchte es erwähnen, weil ein hohes, auch ehrenamtliches Engagement der Leute dahintersteht. Das halte ich für notwendig, denn es lässt sich nicht nur hauptamtlich regeln.
Wir würden das gern fortsetzen. Momentan liegt ein Plan auf dem Tisch im Konzert mit allen anderen Projekten hier in Bremen, er heißt „Mut gegen Gewalt“, bezieht sich auf fünf Stadtteile, und wir hoffen sehr, dass dieses Projekt vor allen Augen Berücksichtigung findet, wenn es um die Finanzierung geht.
Unsere Bearbeitung von Jugendkriminalität ist ein Teil von Prävention. Wir haben uns in Bremerhaven für ein anderes Prinzip entschieden, hier in Bremen läuft es ein bisschen anders. Unser Prinzip heißt: Der Jugendsachbearbeiter arbeitet nach dem Scout-Prinzip, das heißt, jeder Jugendsachbearbeiter begleitet Jugendliche und begleitet auch Kinder. Auch in diesem Fall haben wir uns etwas einfallen lassen, das, glaube ich, sehr hilfreich ist. Wenn Kinder beispielsweise beim Ladendiebstahl oder anderen Dingen erwischt werden, wird darüber nicht locker hinweggegangen, weil daran sowieso nichts zu ändern ist, sondern der Jugendsachbearbeiter nimmt sofort Kontakt zum Elternhaus auf, um die Eltern einzuladen. Manchmal ist es ganz hilfreich, wenn die Eltern mit ihrem Sprössling, dem Zwölfjährigen, bei der Polizei auftauchen müssen. Für viele ist es so hilfreich, dass es der einzige Fall bleibt und nie wieder vorkommt. Das ist ein Teil von Prävention, den ich sehr wichtig finde.
zur Schule, zum Elternhaus, sodass er genau weiß, was in anderen Bereichen läuft. Da ist nicht hier eine Maßnahme und dort eine, sondern es ist so vernetzt, dass alle Informationen bei ihm landen, sodass er sich ein Bild machen kann. Das ist mehr Prävention als man sich vorstellen kann, und zwar nicht durch Jugendämter, sondern tatsächlich durch Polizei. Ich glaube, das sollte man auch einmal erwähnen, weil sich jede Menge tut und wir nicht erst am Anfang sind.
Ich hoffe sehr, dass der nächste Bericht so aussieht, dass man sagen kann, die Bekämpfung von Jugendkriminalität oder das Projekt „Stopp der Jugendgewalt“ findet in beiden Städten gleichermaßen Beachtung, und es werden ganz hervorragende Dinge damit gemacht. – Vielen Dank!
Dieses Konzept „Stopp der Jugendgewalt“ ist ein Konzept der Kooperation der verschiedenen Ressorts, ich habe das in der fraglichen Debatte schon ausdrücklich begrüßt. Natürlich ist die Zusammenarbeit, die sich seit einiger Zeit hier entwickelt hat, namentlich zwischen Soziales und Bildung, nur zu begrüßen. Die Zusammenarbeit mit der Polizei ist allerdings eine Besonderheit, die das Ganze sehr kennzeichnet. Alles in allem habe ich den Eindruck, dass dies noch behutsam geschieht und dass auch Gefährdungen akuter Art in dieser Weise kooperativ in den Griff bekommen werden müssen, soweit es geht, aber es hängt schief in Sachen Ganzheitlichkeit, Nachhaltigkeit, Prävention und langfristiger Wirkung, deswegen hatte ich dagegen gesprochen. Die langfristige Wirkung erfordert mehr Prävention. Es ist einfach kein Zufall, dass die Polizei eine stärkere Bedeutung bekommt, und diese Tendenz ist eben aufgrund mangelnder Prävention für die Zukunft leider noch zu befürchten.
Den jungen Leuten fehlen bekanntlich Perspektiven, es fehlt die gute Ausbildung und die Perspektive auf eine Beschäftigung, und bekanntlich gibt es eine pädagogische Unterversorgung in allen Bereichen, das sagen alle Fachleute. Die Demonstration der Lehrerinnen und Lehrer hat wieder die ganze Wut, was sie alles schultern und richten sollen, mittrans––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.