Protokoll der Sitzung vom 19.02.2009

Es bleibt aber, Herr Abgeordneter Günthner, am Ende ein zum Glück nicht häufig eintretendes Restrisiko für die öffentlichen Betreiber von Häfen, dass sie am Ende auf bestimmten Kosten, die dann nicht mehr beizutreiben sind, weil Eigentümer insolvent sind, zum Beispiel auf den Virgin Islands sitzen, also in einem anderen Rechtssystem agieren, sitzen blei

ben. Wie gesagt, das ist nach Erfahrung unseres Hafenkapitäns die Ausnahme, und unser Hauptziel ist am Ende, die Sicherheit im Hafengebiet für die Menschen sicherzustellen. Es sind noch keine exorbitanten Kosten, wir reden im Moment noch über 10 000erBereiche.

Haben Sie den Wunsch, eine weitere Zusatzfrage zu stellen?

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Danke!)

Herr Senator, weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Damit ist die Fragestunde beendet, meine Damen und Herren!

Aktuelle Stunde

Für die Aktuelle Stunde liegen zwei Themen vor, und zwar erstens, auf Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Mathes, Dr. Güldner und Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen das Thema

Umweltgesetzbuch im Bund gescheitert – Konsequenzen für Bremen

und zweitens, auf Antrag der Abgeordneten Focke, Strohmann, Röwekamp und Fraktion der CDU das Thema

Senatsstreit beenden – wichtige Verkehrsprojekte nicht verhindern.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mathes.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist zu befürchten, dass die Große Koalition im Bund es nicht schafft, ein einheitliches Umweltgesetzbuch zu realisieren, schlimmer noch, im Moment ist der Streit schon so weit gediehen, dass es in den Sternen steht, ob wenigstens das Naturschutzund Wasserrecht hier noch in dieser Legislaturperiode des Bundes verabschiedet werden kann. CDU und SPD sind nicht einigungsfähig, und ein Scheitern auf der ganzen Linie ist zu befürchten.

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Ist das jetzt schon Wahlkampf?)

Nein, Herr Günthner! Es geht um ein sehr wichtiges Vorhaben, das schon über 30 Jahre in der Pipeline ist und das dringend realisiert werden müsste.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. (A) (C)

Ein Blick zurück, worum geht es? Ich zitiere hier aus diesem Werk, das ist der Entwurf der unabhängigen Sachverständigenkommission von 1997, und auf diesen Entwurf hat dann der Referentenentwurf des Umweltgesetzbuches basiert. Dort heißt es im Vorwort, und ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: „Es ist ein großes und zugleich lohnendes Ziel, ein Umweltgesetzbuch zu schaffen, das die wesentlichen Teile des Umweltrechts zusammenfasst, vereinheitlicht, harmonisiert und dabei fortentwickelt. Es mag übertrieben klingen, würde man es als eine Jahrhundertaufgabe bezeichnen, falsch wäre es jedoch nicht, denn wie vor einem Jahrhundert das Bürgerliche Gesetzbuch die wesentlichen Teile des Zivilrechts der bürgerlichen Gesellschaft in einem einheitlichen Gesetzeswerk kodifizierte, so soll dies jetzt für ein Rechtsgebiet geschehen, das für die Überlebensfähigkeit der menschlichen Gesellschaft von zentraler Bedeutung ist.“ Soweit die Sachverständigenkommission in 1997!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, erst vor drei Jahren ist mit der Föderalismusreform I dann der Weg eröffnet worden, dieses Werk zu vollenden. Das Ergebnis der damaligen Föderalismusreform war Ausdruck des Wunsches und des Willens der Bundesländer und so auch Bremens, dieses einheitliche Umweltgesetzbuch zu realisieren. Nun droht dieses Jahrhundertwerk kurz vor dem Ziel an dem Widerstand vor allem Bayerns und der Union zu scheitern. Das ist in der Tat ein Armutszeugnis für die Bundesregierung. Die CDU stellt sich damit gegen den verfassungspolitischen Auftrag der Föderalismuskommission, und das dürfen wir uns, das darf Bremen sich auch nicht gefallen lassen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es geht nicht nur darum, dass hier mittlerweile auch 1,2 Millionen Euro in die Erarbeitung dieses Umweltgesetzbuches geflossen sind. Nein, es geht vor allem auch darum, dass die Nichtrealisierung dieses Umweltgesetzbuches negative Konsequenzen auch für Bremen hat. Hier möchte ich zitieren, und zwar aus der Stellungnahme des Deutschen Städtetages vom 4. Februar 2009: „Ein einheitliches Genehmigungsverfahren bedeutet Zeitgewinn für die Unternehmen und weniger Aufwand bei den Behörden. Wenn das Umweltgesetzbuch scheitert, bleibt es dabei, dass beispielsweise für Industrieanlagen mehrere Zulassungsverfahren parallel laufen müssen.“ Das Umweltgesetzbuch hätte gerade für kleine und mittlere Unternehmen bedeutet, dass sie von bürokratischem Aufwand und von Kosten entlastet worden wären.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die CDU behauptet immer, sie wolle den Mittelstand fördern. Jetzt könnte sie in der Tat diesen lauwarmen

Reden auch einmal Taten folgen lassen, aber was passiert? Genau das Gegenteil!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Da wird schlichtweg nicht verstanden oder vielleicht, schlimmer noch, ignoriert, wie wichtig ein nachhaltig ökologisches Wirtschaften und damit natürlich auch die entsprechenden Gesetze sind. Nicht zuletzt angesichts der Finanzkrise wäre ein Umweltgesetzbuch ein Segen, ein Impuls für Wachstum und Beschäftigung. Angesichts der finanziellen Situation der öffentlichen Haushalte ist die Entlastung von unnötigen Bürokratien bei Aufrechterhaltung der Umweltstandards ein Muss!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich finde, wir dürfen hier gemeinsam, ehrlich gesagt – und ich appelliere auch an alle Fraktionen –, die Hoffnung nicht aufgeben. Dieses wirkliche Jahrhundertwerk hätte, wie gesagt, ich habe es nur exemplarisch für den Bereich des Mittelstandes genannt, erhebliche Bedeutung auch für die öffentlichen Haushalte und für die Umwelt. Wir wünschen uns daher, dass im Bund vielleicht doch noch eine Einigung herbeigeführt wird und dass sich Minister Gabriel hier durchsetzt und der Naturschutz nicht unter die Räder kommt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Mir bleibt daher abschließend nur noch der Appell: Bitte helfen Sie mit, dass die unrühmliche Geschichte, die sich jetzt abzeichnet, doch noch zu einem guten Ende geführt wird! Das wäre gut für die Umwelt, gut für Deutschland und gut für Bremen! – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dennhardt.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren und ganz besonders sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion!

Das Umweltgesetzbuch, UGB, ist an der Blockade durch Ihre infolge von massiven Stimmenverlusten in Bayern ins Taumeln gebrachte Schwesterpartei gescheitert.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Damit hat die CSU ein wichtiges Vorhaben der Großen Koalition in Berlin zu Fall gebracht. Im Koaliti

onsvertrag heißt es – ich gehe von der Genehmigung dieses kurzen Zitats aus –: „Die verschiedenen Genehmigungsverfahren sind im Rahmen eines Umweltgesetzbuchs durch eine integrierte Vorhabengenehmigung zu ersetzen. Entsprechende Erwartungen sind auch mit der Neuordnung der Gesetzgebungskompetenzen für die Umwelt als Ergebnis der Föderalismusreform I verbunden. Hier wurde dem Bund die Möglichkeit zur konkurrierenden Gesetzgebung für die Bereiche Wasserwirtschaft und Naturschutz gegeben.“

Der Referentenentwurf aus dem Bundesumweltministerium wurde in enger Zusammenarbeit und mit einstimmiger Unterstützung der Umweltministerkonferenz vom 5. und 6. Juni 2008, also gerade auch der Umweltminister aus unionsgeführten Bundesländern, erarbeitet. Nachdem im November 2008 noch auf bundesministerieller Ebene die letzten Streitpunkte ausgeräumt wurden, machte die CDU/CSU-Fraktion im Dezember 2008 eine neue Streitpunktliste mit 28 Einzelforderungen auf. Das Bundesumweltministerium erklärte sich bereit, etwa drei viertel dieser Vorschläge umzusetzen. Dies reichte der CDU/CSU-Fraktion nicht aus. Ende Januar 2009 unternahm Bundesumweltminister Gabriel mit seinem Besuch in München beim Ministerpräsidenten Seehofer den letzten Rettungsversuch dieses wichtigen Koalitionsvorhabens. Doch der bayerische Ministerpräsident bestand dabei auf ein vollständiges Abweichungsrecht der Länder. Dies würde das Ergebnis der Föderalismusreform I und auch das UGB-Vorhaben der Koalitionsvereinbarung ad absurdum führen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Daraufhin erklärte Bundesumweltminister Gabriel am 1. Februar 2009 das Scheitern des Umweltgesetzbuches. Was hat die CSU damit kaputt gemacht? Ziel des UGB ist die Vereinheitlichung und Vereinfachung des Umweltrechts durch Zusammenführung ohne Absenkung von Umweltstandards. Es sollte zukünftig gelten: ein Projekt, eine Behörde, ein Verfahren, eine Genehmigung. Durch die Blockade der Union gilt stattdessen weiterhin: Bei der Zulassung eines Vorhabens muss in das Bundes-Immissionsschutzgesetz, das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, das Wasserhaushaltsgesetz und das jeweilige Landeswassergesetz geschaut werden, oder mit anderen Worten: ein Projekt, mehrere Behörden, mehrere Verfahren, mehrere Genehmigungen.

Das ist gerade, meine Kollegin Frau Dr. Mathes hat es schon angesprochen, für kleine und mittelständische Unternehmen schwer zu bewältigen. Mit dem Umweltgesetzbuch hätten etwa zehn Prozent des bürokratischen Aufwands bei Genehmigungsverfahren eingespart werden können. Damit könnte die Wirtschaft netto um 27,2 Millionen Euro entlastet werden. Vor diesem Hintergrund hat selbst der BDI die CSU

Forderung nach einem vollständigen Abweichungsrecht der Länder als wirtschaftsfeindliche Aufsplitterung des Rechts bezeichnet.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: So weit, so absurd!)

Die Übernahme des integrativen Ansatzes von der EU in das Umweltgesetzbuch hätte eine Beschleunigung der Umsetzung des neuen Umweltrechts der EU in deutsches Recht ermöglicht. Die Union nimmt hier weiterhin Verzögerungen in Kauf. Obwohl das Umweltgesetzbuch auch von CSU-geführten Ländern mitgetragen wurde, war die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Merkel hier zu schwach, um die CSU zur Vernunft zu rufen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Oder war es aus wahltaktischen Gründen oberstes Ziel der Union, einen Erfolg von Bundesumweltminister Gabriel mit dem Umweltgesetzbuch zu verhindern?

Perspektivisch gilt es, den integrativen Ansatz des Umweltgesetzbuchs konsequent weiter zu verfolgen. 2010 läuft das Moratorium aus, nach dem die Länder auf eigene Gesetzesänderungen verzichten. Dann droht ein vom CSU-geführten Bayern angeführter Dumpingwettbewerb zur Absenkung der Umweltstandards in den Ländern. Es bleibt zu hoffen, dass die CSU das wichtige Umweltgesetzbuch-Vorhaben bei einer Wiedervorlage nach der Bundestagswahl nicht weiterhin in der Bundesregierung blockieren kann. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Imhoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Umweltgesetzbuch gescheitert – Konsequenzen für Bremen“, das ist heute Thema der Aktuellen Stunde, und man sollte erst einmal schauen, wo man herkommt. Ich denke, das Umweltrecht ist in vielen Gesetzen verstreut. Es gibt eine zersplitterte Umweltgesetzgebung in unserem Föderalismussystem, was zukünftig auch zu Konkurrenzverhalten führen wird, und das wird dann wiederum zulasten der Umwelt gehen, und das ist nicht hinnehmbar. Deswegen ist es wichtig, dass wir ein Umweltgesetzbuch bekommen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)

Doch wohin wollen wir mit dem Umweltgesetzbuch? Es muss transparenter werden, unsere hohen Umweltstandards, die wir in Deutschland haben, müssen wir erhalten, und es muss weniger bürokratisch sein. Die Kosten würden dadurch reduziert werden, wie Frau Dr. Mathes auch schon ausgeführt hat, obwohl ich ihr nicht ganz abnehmen kann, dass sie sich hier als Anwalt der Wirtschaft darstellt, aber das ist ein anderes Thema. Wir wollen eine Verfahrenserleichterung erreichen.