Protokoll der Sitzung vom 09.03.2009

Ich sage Ihnen, die CDU-Fraktion ist dabei, das von Ihnen vorgelegte Programm noch so zu verbessern,

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Da sind wir ja gespannt!)

dass es, erstens, Kriterien gibt und, zweitens, wir auch mehr Nachhaltigkeit in die Projektliste bekommen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Ich bin mir nicht sicher, ob alle, die mir zugehört haben, es so verstanden haben, aber ich will es gern noch einmal wiederholen, selbst wenn Sie da eine andere Meinung haben. Ich habe ja nicht gesagt, dass die Vorschläge, die wir machen, die Projektliste ersetzen sollen, sondern wir müssen notwendigerweise dieses Geld selbstverständlich so ausgeben, und wir sind selbstverständlich in einem gewissen Rahmen, den die Bundesregierung vorgesehen hat, und ich bin sehr dafür, dass wir dieses Geld nehmen und es ausgeben.

Ich habe im Detail kritisiert, dass ich es mir ein Stück weit anders gewünscht hätte, und interessanterweise haben Sie mir, Herr Röwekamp, an dem Punkt völlig beigestanden. Sie haben gesagt, im Kern ist diese Investition richtig, aber man hätte im Detail prüfen müssen, ob es nicht eine andere Schwerpunktsetzung, ein anderes Projekt gegeben hätte, und da haben wir dafür geworben, dass man das möglicherweise mit einer Beirätebeteiligung und einer Stadtteilbeteiligung hätte optimieren können. Soviel dazu!

(Beifall bei der LINKEN)

Es besteht kein Grund zu der Befürchtung, dass, würden Sie oder der Haushalts- und Finanzausschuss unseren Vorschlägen folgen, wir dann kein Geld mehr aus Berlin bekämen, das bekommen wir. Ich habe nur dafür geworben, dass wir angesichts von Wirtschafts- und Finanzkrise die soziale Krise in dieser Stadt ins Auge fassen, dass wir auf der Grundlage des Berichtes von Lebenslagen darüber nachdenken, ob es nicht notwendig ist, ganz bestimmte Investitionen in diese soziale Kompetenz, in die soziale Sicherheit dieser Stadt zu tätigen. Ich habe dafür geworben, dass man dafür auch Schulden macht, und ich habe gesagt, dafür machen wir sehr konkrete Vorschläge im Rahmen des Nachtragshaushalts, weil dieser Nachtragshaushalt eben die Chance bietet, beides zu tun, sowohl ein Stück weit die Wirtschafts- und Finanzkrise zu bekämpfen, als auch noch einmal hin––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

zuschauen, ob wir nicht frühzeitiger als geplant bestimmte Dinge tun müssen, um die soziale Krise in dieser Stadt zu bekämpfen. Dafür habe ich geworben, es besteht also überhaupt kein Grund zur Befürchtung, dass wir das Geld nicht bekommen. Wenn wir allerdings, um diese Anträge zu behandeln, um 7.00 Uhr anfangen müssen, bin ich gern dazu bereit. Diese Zeit müssten wir uns nehmen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ihre Kritik an dem Verfahren, Herr Röwekamp, habe ich nicht verstanden. Wir haben natürlich darüber nachgedacht, wie wir es machen, und sind sehr schnell einvernehmlich zu der Lösung gekommen, die wir heute praktizieren. Ich weiß nicht, warum Sie immer solche Märchen nachträglich in die Welt setzen. Das haben Sie das letzte Mal auch schon getan, das ist schlicht unsinnig.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Zu Herrn Woltemath will ich nichts sagen, das war sozusagen das Weltkind in der Mitte, dazu kann man eigentlich nichts sagen. Herr Röwekamp, jetzt weiß ich, wie Sie sich Oppositionspolitik vorstellen. So hätte ich das früher auch gern gehabt: Wir warten einmal, was der Senat so macht, lassen uns Listen vorlegen und kreuzen an.

(Heiterkeit beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: So haben Sie es doch auch gemacht!)

So stellen Sie sich das vor. Ich finde, da bleiben Sie ein wenig hinter Ihren Möglichkeiten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Sie sollten doch versuchen, ihre Möglichkeiten auszuschöpfen. Ich erwarte jedenfalls, dass Sie uns am Freitag in der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses konkrete Vorschläge machen. Vielleicht, ich rege einmal an, schauen Sie sich einmal andere Bundesländer an, etwa Hamburg, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie andere das machen, wo Christdemokraten die Wirtschaftssenatoren stellen, etwa das Verhältnis von direkten wirtschaftsrelevanten Investitionen zu anderen Investitionen. Wenn Sie da einmal nachrechnen und zusammenzählen, kommen Sie erstaunlicherweise bis nach dem Komma auf gleiche Prozentsätze. Das nur zu der Aussage, bei Wirt

schaft kommt in Bremen nichts heraus, das ist schlicht und einfach Unsinn!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Herr Kollege Rupp, ich habe wohl verstanden, was Sie gesagt haben, aber ich verstehe Ihre Denkweise nicht. Sie wollen möglicherweise also nicht nur das eine oder andere an Einzelmaßnahmen in diesem Konjunkturprogramm verändern. Sie reklamieren immer wieder die Beirätebeteiligung. Mitte Januar haben wir im Haushaltsausschuss gesessen, und Sie haben da schon vorweg beklagt, dass niemand beteiligt würde. Sechs, sieben Wochen haben Sie Zeit gehabt, mit allen zu diskutieren. Jetzt stellen Sie sich wieder hin und beklagen sich. Sie beklagen sich im Grunde nur über sich selbst, dass Sie in diesen sieben Wochen nichts auf die Reihe bekommen haben, mehr ist das nicht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Diese Vorhaben haben einen langen Vorlauf, und davon abgesehen, haben natürlich auch die Beiräte in dieser Zeit getagt. Also, ich bin gespannt auf Ihre konkreten Maßnahmen.

Das, was Sie darüber hinaus wollen – offensichtlich ganz außerhalb des Konjunkturprogramms –, innerhalb des Nachtragshaushalts noch einmal rund 30 Millionen Euro Schulden zu machen, das ist der eigentlich interessante Kern. Wenn ich versuche, das zu verstehen, was eigentlich dahintersteckt, ist es natürlich, erstens, Sie machen sich das Leben leicht, Sie machen es sich verdammt leicht.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens, Geldausgeben, Schuldenmachen war immer, das ist doch die Ursache für die Situation, vor der wir heute stehen, dass es sich Generationen von Politikern vor uns immer leicht gemacht haben. Es war immer gut, es war immer nützlich, es war schön, Dinge zu beschließen, und am Ende haben wir diesen Berg von Schulden. So ist die Lage.

Jetzt haben Sie gesagt, da müsste man das Geld eben denjenigen, die sich das angeeignet haben, wieder wegnehmen. Der Bürgermeister hat, auch von früher noch gut geschult, dazwischengerufen, das ist die Expropriation der Expropriateure. Richtig! So stellen Sie sich das offensichtlich vor. Wir machen weiter in der Verschuldung des Staates, wir häufen Schulden auf Schulden und gehen davon aus, dass wir irgendwann einmal einen Strich darunter machen. Dann sind die Schulden weg, und wir haben das Problem gelöst. So wird es aber nicht laufen, sehr verehrter Herr Kollege!

Beim letzten Mal hat es mich schon so geärgert, wie Sie auf den Vorwurf der Verschuldung in der früheren Deutschen Demokratischen Republik eingegangen sind. Ich will auch dazu etwas sagen. Die Denke ist nämlich die gleiche, ungern bringe ich Sie in Verbindung mit diesem Denken, aber das muss auch einmal sein. Sie haben zwar damals in der DDR keine Schulden gemacht, aber sie haben schlicht die Substanz aufgegessen, die Substanz verzehrt. Da war am Ende nichts mehr übrig, das ist auch eine Art und Weise, die Zukunft zu verspielen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir werden aber mit Sicherheit niemanden haben, der uns dann aus der Patsche hilft, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Das ist der Unterschied, deswegen können wir diesen Weg nicht gehen. Wir machen jetzt Schulden, wir machen sie aber mit Maß, wir machen das, was wir gemeinsam für notwendig halten, wir machen es im Bewusstsein dessen, dass wir das nachhaltig machen müssen, damit wir in Zukunft auch wieder durch die Investitionen sparen. Sie aber machen Schulden, weil Sie es wollen, weil Sie das Geld ausgeben wollen, weil Sie sich damit Freunde machen wollen. Das kann man alles politisch verstehen, aber es führt uns in die völlig falsche Richtung. Wir werden das so nicht mitmachen, wie Sie uns das vorschlagen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

(Abg. W o l t e m a t h [FDP]: Keine Volks- kammerdebatten!)

Herr Präsident, verehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Wir sind hier ein Parlament und nicht die Volkskammer, wir sind die Bremische Bürgerschaft. Wir haben die Probleme hier, und es wird Sie nach wie vor ärgern, aber wir sind jetzt auch eine Weile dabei, und wir werden auch bleiben. Von daher werden wir möglicherweise solche Debatten auch öfter haben.

Erstens, sieben Wochen haben wir nichts auf die Reihe bekommen, das ist natürlich Unsinn. Ich jammere nicht, ich kritisiere. Für mich ist das ein Unterschied, und ich mache auch immer sehr konkrete Vorschläge, wie es anders geht, und oft ist es so, würde man diesen Vorschlägen gefolgt sein, wäre es besser gewesen. Aber davon abgesehen, bekommen wir es auf die Reihe, eine Anhörung zu machen, und wir haben sehr detaillierte Vorstellungen entwickelt, wo ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

man das Geld anders einsetzen kann. Also, dass wir nichts auf die Reihe bekommen, ist natürlich völliger Unsinn. Wir bekommen es auf die Reihe, wir haben nur eingeklagt, dass es nicht die Parteien sind, die herumlaufen und fragen müssen, sondern wir haben eingeklagt, dass es in diesem Verfahren von Haushalts- und Finanzausschuss, Bürgerschaft, Nachtragshaushalt einen Punkt geben muss, an dem Menschen und Beiräte in irgendeiner Weise institutionalisiert beteiligt werden müssen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Haben Sie gemacht oder die Bei- räte?)

Viele Beiräte haben auch einen Beschluss gefasst, dass sie deutlicher als bisher an diesem Prozess beteiligt werden müssen, fünf oder sechs sind unseren Anregungen gefolgt.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Die Schlaueren haben etliche Vor- schläge gemacht!)

Genau, dafür werbe ich ja, dass dieses Verfahren keinen Punkt hat, an dem Beiräte und Stadtteile institutionalisiert beteiligt worden sind, und das müsste für die Zukunft besser werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Was die Expropriation der Expropriateure angeht, können wir diese Debatte hier gern noch einmal führen, aber die letzten zehn Jahre sind eine Phase, in der interessengeleitete Politik dafür gesorgt hat, dass Menschen in unserem Land immer reicher geworden sind. Der Bericht der Lebenslagen zeigt es auch.

Die Anzahl der Leute, die über 50 000 Euro im Jahr verdienen, sowie die Anzahl der Leute, die unter 20 000 Euro verdienen, ist gestiegen, dazwischen ist die Anzahl der Menschen, die normal verdienen, geschrumpft. Das heißt, wir haben nach wie vor möglicherweise auch aufgrund der Steuersituation einen Prozess, wo Menschen, die viel Geld haben, immer schneller immer reicher werden, und Menschen, die wenig Geld haben, immer mehr und immer ärmer werden, und mit diesem Prozess muss man aufhören.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Aber dafür treffen wir uns nicht Freitag um 7.00 Uhr!)

Dafür treffen wir uns möglicherweise nicht Freitag um 7.00 Uhr. Ich will nur darauf hinweisen, dass es keinen Punkt gibt, an dem man einen Strich macht und alles glatt zieht. Ich möchte nur für etwas werben, was der Bericht der Lebenslagen auch sagt, dass wir irgendwann einmal gerechtere Steuern haben, und wenn wir gerechtere Steuern haben, zum Beispiel eine Anhebung des Spitzensteuersatzes, wer

den wir auch in der Lage sein, die gesellschaftlichen Kosten, die wir haben, zu bezahlen, und wir werden auch möglicherweise oder mit Sicherheit in der Lage sein, die Schulden, die wir jetzt zur Sicherung der sozialen Einheit dieser Stadt aufnehmen müssen, auch zurückzubezahlen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

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