Protokoll der Sitzung vom 30.04.2009

Der uns vorliegende Dringlichkeitsantrag der SPD und des Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Bremen – Logistikdrehscheibe im Nordwesten – zukunftssicher gestalten“ fordert den weiteren Ausbau des relativ umweltverträglichen schienengebundenen Verkehrs. Er weist in die richtige Richtung, aber geht uns nicht weit genug. Aufgrund dieser Tatsache haben wir einen Änderungsantrag eingebracht, der dieses zu korrigieren vermag.

Die Unterpunkte 2 bis 4 sind schlüssig und bedürften aus heutiger Sicht keiner Änderung. Wenn Sie aber in Ihrem Antrag im Unterpunkt 1 fordern, ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten: „Die Schienenkapazitäten von und zu den bremischen Häfen müssten ausgebaut werden, um sie dem zukünftigen Bedarf anzupassen“, ist dieses nur zum Teil richtig. Die LINKE lehnt es ab, diesen Ausbau um jeden Preis umzusetzen. Daher, Frau Dr. Schaefer, haben wir unseren Änderungsantrag eingebracht, der die Einbeziehung der Prüfung von ökologischen und ökonomischen Aspekten bei der Umsetzung fordert.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte einen kurzen Hinweis zu dem Unterpunkt 5 Ihres Dringlichkeitsantrags anführen! Sie verweisen zwar darauf, dass der Personennahverkehr nicht weiter zugunsten des Güterverkehrs beeinträchtigt werden darf, gleichzeitig erklären Sie aber, dass der Personen- und Güterverkehr gleichberechtigt behandelt werden soll. Meine Damen und Herren, wie wollen Sie so den Personennahverkehr ausbauen? Meiner Meinung nach kann die in Ihrem Dringlichkeitsantrag angedachte Taktverdichtung der Regio-S-Bahn nur dann realisiert werden, wenn auf der anderen Seite der Gütertransport eingeschränkt wird. Daher bin ich schon sehr auf Ihre Realisierungsvorschläge gespannt.

Aber kommen wir zu dem von uns eingefügten Unterpunkt 6! Der Tatsache Rechnung tragend, dass die derzeitigen starken Schallemissionen der Schienentransporte die Bevölkerung unserer beider Städte stark belasten und diese in ihrer Gesundheit bedrohen, haben wir zusätzlich zu den angedachten Lärmschutzmaßnahmen innerhalb geschlossener Ortschaften ein lärmreduzierendes Tempolimit für die schienengebundenen Verkehre eingefügt, Frau Dr. Schaefer! Gestern wurde ein sehr aufschlussreicher Bericht über das Hamburger Schallkontor gesendet, der sich genau in diesem Bereich bewegte. Dort wurde darauf hingewiesen, und ich spreche jetzt vom Straßen

verkehr, dass, wenn Sie die Geschwindigkeit im Straßenverkehr von 50 auf 30 Stundenkilometer senken, Sie eine Halbierung der Schallemissionen erzielen.

(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das ist aber etwas ganz an- deres!)

Beim Schienenverkehr wurde explizit darauf hingewiesen, dass die Senkung der Schallemissionen um ein Weiteres höher wären.

(Abg. W i l l m a n n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das ist aber etwas anders als beim Stra- ßenverkehr!)

Nun komme ich abschließend zum Unterpunkt 7! Meine Damen und Herren, in Ihrem Dringlichkeitsantrag wird der Senat darum gebeten, sich bei der Deutschen Bahn für Lärmschutzmaßnahmen einzusetzen. Dies ist uns zu schwach ausgefallen, daher fordern wir den Senat dazu auf, bei der Deutschen Bahn verstärkt den dringend notwendigen Ausbau von effektiven Lärmschutzmaßnahmen zu fordern.

Die Erfahrungen haben gezeigt, dass das bloße Bitten nicht zielführend ist. Auch der für die Deutsche Bahn zuständige Bremer SPD-Bundestagsabgeordnete hat es nicht geschafft, dies umzusetzen. Hier ist die Deutsche Bahn auf die rechtlichen Verbindlichkeiten der Lärmschutzmaßnahmen hinzuweisen. Meine Damen und Herren, sollte die Deutsche Bahn trotz allem an ihrer Verweigerungshaltung festhalten, ist das sowohl politisch als auch rechtlich zu beantworten.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte darum werben, dass Sie unseren Änderungsantrag unterstützen. Sollten Sie trotz meiner Ausführungen bei dem einen oder anderen Punkt Berührungsängste haben, beantrage ich hiermit, dass über unseren Änderungsantrag nach einzelnen Unterpunkten abgestimmt wird. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Ella.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das rasante Wachstum der Häfen in unserem Land und der damit einhergehende Schienenverkehr haben zu zunehmenden Kapazitätsproblemen und Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger in Bremerhaven und Bremen geführt. Die derzeitige Wirtschaftskrise, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, so schwer sie auch ist, wird nur eine Delle in dieser Entwicklung sein. Zugleich ist es sehr planungsintensiv und zeitaufwendig, das Schienennetz auszu

bauen und zu erweitern. Wenn wir also auch nur irgendetwas halbwegs Positives aus der derzeitigen Krise ziehen können, dann die Chance, jetzt die infrastrukturelle Grundlage für den nächsten Aufschwung zu legen, ohne mitten im Hochbetrieb zu operieren.

(Beifall bei der FDP)

Die Engpässe auf den Schienenwegen in unserem Bundesland sind dramatisch und werden bei vollem Betrieb von CT 4 und dem Tiefwasserhafen Wilhelmshaven noch einmal größer. Daher können die hier im Antrag unter Punkt 2 aufgestellten Forderungen nur eine Zwischenlösung sein. Sie dienen der Optimierung der vorhandenen Schienenwege, sind aber nicht ausreichend, um eine dauerhafte Entlastung zu erreichen. Ohne Umfahrungen der Engpässe des Schienenknotens Bremen werden wir nicht auskommen. Daher erhalten die vorgeschlagenen Lösungen eines östlichen und eines westlichen Bypasses von uns die volle Unterstützung. Ohne sie wird es in Bremen spätestens mit der Einführung der S-Bahn zu erheblichen Problemen kommen. Diese Umgehungsstrecken sind sowohl wirtschaftlich die sinnvollste Lösung als auch für die vielen Menschen, die in Bremen entlang der Schienenwege wohnen.

(Beifall bei der FDP)

Bedauerlicherweise findet der Ausbau der Bahnstrecke in Bremerhaven hier keine Erwähnung, auch hier werden wir aber in Zukunft mit neuen Engpässen rechnen müssen. Aus verkehrspolitischer Sicht ist etwa die Wiedereröffnung des Bahnhofs Speckenbüttel angeraten, der damit zu erwartende Anstieg des Personennahverkehrs und die nach der Krise steigenden Güterverkehre müssen schon jetzt berücksichtigt werden.

(Beifall bei der FDP – Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Das wird dann so ein Erfolg wie Ohls- dorf!)

Das haben Sie auch in Ihrem Parteiprogramm stehen, Herr Günthner, vielleicht sollten Sie das einmal lesen.

(Beifall bei der FDP)

Erfreulicherweise findet der Lärmschutz, der für die Akzeptanz des Schienenverkehrs in der Bevölkerung eine große Bedeutung hat, hier auch Berücksichtigung. Wir von der FDP-Fraktion haben schon im Oktober 2007 einen Antrag eingebracht, der verstärkte Bemühungen in diesem Bereich eingefordert hat. Leider ist dieser noch immer aufgrund fehlender Datenbasis zur Beratung in den Deputationen.

(Beifall bei der FDP)

Hier ist die Bahn gefordert, sich stärker zu engagieren und den Schutz bestehender Wohngebiete zu verbessern. Ich möchte auch noch einmal betonen, dass die Bahnstrecken mit Güterverkehr sowohl in Bremen als auch in Bremerhaven an einer Vielzahl von Wohngebieten vorbeiführen, von denen ein großer Teil noch immer ohne Lärmschutz ist. Wir in der Politik müssen uns vor Augen halten, dass ein besserer Schutz vor Lärm auch die Attraktivität unserer Städte als Lebensumfeld deutlich erhöht.

(Beifall bei der FDP)

Der vorliegende Antrag ist, auch wenn er in manchen Bereichen etwas schwammig bleibt, eine gute Basis. Daher werden wir ihm zustimmen. Den Änderungsantrag der Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN halten wir für nicht zustimmungsfähig. Die Umformulierung von Punkt 1 ist in dieser Form nur für die Galerie, die Forderungen zum Lärmschutz beinhalten einige bedenkenswerte Ansätze, die aber zum derzeitigen Zeitpunkt noch keine Rolle spielen. Daher werden wir uns beim Änderungsantrag enthalten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Focke.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte diese außerordentlich dynamische Debatte nicht unnötig verlängern. interjection: (Beifall bei der FDP)

Ich möchte aber doch ein oder zwei Punkte noch einmal nennen! Für uns ist die Y-Trasse nicht gestorben, und wir setzen natürlich weiter darauf, dass sie irgendwann einmal kommt.

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Wir auch!)

Insofern hätte man sie doch erwähnen können! Es ist aber ja kein neues Thema, das wir hier diskutieren, und man sieht ja, dass wir im Hause auch praktisch Einigkeit haben. Wir werden diesen Antrag natürlich auch unterstützen, insbesondere kann man natürlich sagen, dass die in Punkt 2 angesprochenen Maßnahmen sich ja teilweise schon in der Umsetzung befinden. Wenn man jetzt einmal zum Hauptbahnhof geht oder eine kleine Zugfahrt unternimmt, dann sieht man schon, dass da erhebliche Maßnahmen im Gange sind und dass sich die ersten Maßnahmen schon, bevor sie hier beschlossen sind, in der Umsetzung befinden, was jedenfalls auch dynamischer ist, als die Debatte es bisher gezeigt hat. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Ich weiß nicht ganz genau, warum das hier jetzt ein Dringlichkeitsantrag ist, denn in diesen Maßnahmen ist ja nicht viel Neues enthalten. Die Bahn ist schon vielfach mit diesen Maßnahmen konfrontiert worden, und in vielen Gremien ist darüber gesprochen worden. Mit der Handelskammer und mit der Bahn AG selbst haben wir viele Diskussionen geführt, diese Maßnahmen sind alle in Ordnung. Lärmschutzmaßnahmen müssen dringend gemacht werden. Das ist aber auch ein Punkt, den wir hier schon einmal angesprochen haben, wo wir auch Forderungen an die Bahn gestellt haben, da brauchen wir keine zusätzlichen Belehrungen von den LINKEN. Deswegen werden wir den Koalitionsantrag unterstützen und den Antrag der LINKEN ablehnen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Focke, Sie haben recht, das sind zum Teil keine neuen Forderungen, sondern uralte Forderungen, aber gerade weil sie so alt sind und so lange nichts passiert ist, glaube ich, muss man sie immer wieder stellen. Eines ist trotzdem neu, nämlich, dass die Finanzierung der Nebenstrecken jetzt auch vom Bund so gewährleistet wird. Insofern hat das schon eine Berechtigung, diesen Antrag heute zu stellen. Ich finde, man sollte diese Wirtschaftskrise jetzt auch nutzen, um die Infrastruktur im norddeutschen Schienennetz wirklich zu verbessern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich habe mich gemeldet, weil ich, Herr Müller, noch einmal auf Ihren Beitrag eingehen möchte. Sie sagen, Güterverkehr und Personennahverkehr müssen nicht gleichberechtigt auf der Schiene existieren. Das ist aber genau der Hintergrund für diesen Antrag, weil wir sagen, es muss beides gleichzeitig passieren. Natürlich darf der Personennahverkehr nicht zugunsten des Güterverkehrs reduziert werden. Deswegen haben wir aber ja Kapazitätsengpässe, und dieser Antrag will gerade, dass die aufgehoben werden. Wenn Sie das nicht verstehen, haben Sie diesen ganzen Antrag auch nicht verstanden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dann, da schließe ich mich Herrn Focke – oder Herr Ella war es, glaube ich – auch noch einmal an, konkretisieren Sie einmal, was mit ökologischen und ökonomischen Aspekten gemeint ist. So ist das erst einmal eine luftleere Blase. Herr Rupp hat gestern von einer Mindestrelevanzschwelle gesprochen, mit der man solche Sachen hier nur vorbringen sollte. Ich

finde, wenn Sie ökologische und ökonomische Aspekte erwähnen, müssen Sie aber auch einmal sagen, was sich dahinter versteckt und nicht dem Ganzen immer nur ein Umwelt-Symbol-Label geben.

Dann möchte ich noch einmal sagen, Schienen- und Straßenverkehr ist hinsichtlich des Lärms unterschiedlich. Sie können das nicht einfach so miteinander vergleichen. Wir hatten lange Diskussionen, Sie waren auch bei der Parlamentariergruppe Bahn dabei, wo uns ausführlich erklärt worden ist, wie auch der Bahnlärm zustande kommt, den wir ja alle beklagen, und wo wir sagen, wir wollen da Abhilfe, wir wollen da Lärmschutzwände, die Bahn muss da etwas tun. Das hat was mit Graugussklotzbremsen zu tun, das hat was mit den Rädern zu tun. Wenn Sie sich aber anschauen, wie langsam die Güterverkehre durch den Bahnhof rattern und wie laut es trotzdem ist, dann bezweifele ich, dass ein Tempolimit, was diese Kapazitätsengpässe verschlimmern würde, jetzt eine kurzfristige Abhilfe ist. Wenn aber doch, dann müsste man das prüfen. Mich aber nerven – ganz ehrlich – immer diese Anträge aus dem Bauch heraus. Nichts ist geprüft, aber es wird einfach einmal vorgeschlagen, das kann man ja machen, das kostet ja nicht die Welt, als ob man im Keller noch einmal Transferrubel drucken könnte.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich würde mir wirklich einmal wünschen, dass Sie einfach nachprüfen, ob irgendetwas machbar ist oder nicht, bevor Sie es hier fordern! – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Müller.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier sind verschiedene Fragen gestellt worden, die ich beantworten möchte.

Frau Dr. Schaefer, Sie sprechen davon, dass wir die Akzeptanz der Bahnverbindungen und deren Bahnlärmemissionen bei den Bürgern herbeiführen müssten. Wie wollen Sie das machen? Stellen Sie den Beiräten in Bremen doch einmal die Frage: Was halten Sie von den Lärmemissionen? Dann werden Sie genau diese Forderung hören, denn die Beiräte in Bremen fordern an bestimmten Strecken Tempolimits für den schienengebundenen Verkehr.

(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Ja, auf der Straße!)